OGH 22Ns1/24b

OGH22Ns1/24b6.6.2024

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 6. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer als weiteren Richter sowie die Rechtsanwältin Dr. Mascher und den Rechtsanwalt Dr. Schimik als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwältin in *, AZ D 11/24 des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, über den Antrag des Kammeranwalts auf Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0220NS00001.24B.0606.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte

 

Spruch:

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Salzburger Rechtsanwaltskammer übertragen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

[1] *, Rechtsanwalt in *, erstattete bei der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer am 6. Dezember 2023 Disziplinaranzeige gegen *, Rechtsanwältin in *.

[2] * ist Mitglied des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer.

[3] Am 5. Februar 2024 beantragte der Kammeranwalt (noch vor der Bestellung eines Untersuchungskommissärs) die Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat.

[4] Der Umstand, dass sich die Disziplinaranzeige gegen ein Mitglied des nach dem Gesetz zur Entscheidung berufenen Disziplinarrats richtet, stellt einen die Übertragung rechtfertigenden wichtigen Grund im Sinn des § 25 Abs 1 DSt dar (RIS‑Justiz RS0055477 [T5]).

[5] Da die Rechtsprechung in Bezug auf die Möglichkeit einer Delegierung nicht auf die formale Einleitung eines Disziplinarverfahrens (§ 22 Abs 3 DSt), sondern – im Wege der Analogie – darauf abstellt, ob das Gesetz dem Disziplinarrat (wie beispielsweise in §§ 27 Abs 1, 29 DSt) eine disziplinarrechtliche Kompetenz einräumt, ist § 25 Abs 1 DSt schon nach dem Einlangen einer Disziplinaranzeige, also auch im hier vorliegenden Verfahrensstadium, analog anwendbar, weil § 22 Abs 1 DSt dem Disziplinarrat die Kompetenz zuweist, einlangende Anzeigen wegen eines Disziplinarvergehens dem Kammeranwalt zuzuleiten (RIS‑Justiz RS0119913 [T5]).

Oberster Gerichtshofals Disziplinargericht für Rechtsanwälteund RechtsanwaltsanwärterWien, am 6. Juni 2024Dr. L ä s s i gFür die Richtigkeit der Ausfertigungdie Leiterin der Geschäftsabteilung:

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