OGH 20Os5/16k

OGH20Os5/16k10.6.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 10. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Haslinger und Dr. Grassner als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Kammeranwalts der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 9. November 2015, AZ D 7/15 (DV 17/15), TZ 19, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Kammeranwalts Mag. Lughofer, LL.M. und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0200OS00005.16K.0610.000

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.

Danach hat er entgegen § 8 Abs 1 RAO über das Internetportal FinanzOnline eine Einheitswertabfrage hinsichtlich einer Liegenschaft unter Berufung auf eine ‑ tatsächlich nicht ‑ erteilte Vollmacht der Eigentümerin (der Prozessgegnerin seines Mandanten, der die Rückabwicklung eines von der Erstgenannten nicht zugehaltenen Kaufvertrags über eine Liegenschaft anstrebte) vorgenommen.

Der Disziplinarrat verhängte wegen des Vorwurfs bloßer Fahrlässigkeit und der bisherigen disziplinären Unbescholtenheit des Disziplinarbeschuldigten trotz Zusammentreffens zweier Vergehen einen Verweis.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Kammeranwalts, der eine tatschuldangemessene Geldbuße begehrt.

Nach den erstinstanzlichen Annahmen liegt der Schuldvorwurf in unterlassener Auseinandersetzung mit dem Internetportal FinanzOnline und nicht ausreichender Instruktion von Kanzleimitarbeitern. So konnte es geschehen, dass in Befolgung einer nicht näher spezifizierten Anweisung des (mit FinanzOnline nicht vertrauten) Disziplinarbeschuldigten, „den Einheitswert zu ermitteln“, die Abfrage (durch Auswahl einer von drei in der Abfragemaske vorgegebenen Möglichkeiten) unter der objektiv falschen Behauptung eines aufrechten Vollmachtsverhältnisses zur Liegenschaftseigentümerin vorgenommen wurde.

Der Berufungswerber betont zwar zu Recht die besondere Wichtigkeit und Sensibilität des letzten Satzes des § 8 Abs 1 RAO. Im (hinsichtlich der Abfragerolle einen Grenzfall darstellenden) Gegenstand wurde diese Norm aber nicht dolos umgangen, sondern vom Disziplinarbeschuldigten ‑ bloß, aber immerhin ‑ nicht ausreichend Vorsorge gegen deren fahrlässige Verletzung durch eine Kanzleimitarbeiterin getroffen.

Für diesen Gehalt an Tatschuld erachtete der Disziplinarrat zutreffend einen Verweis (§ 16 Abs 1 Z 1 DSt) als angemessen.

Der Berufung des Kammeranwalts war daher nicht näherzutreten.

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