European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0200DS00017.21M.0405.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschuldigte der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt und hierfür zu einer Geldbuße von 6.000 Euro verurteilt.
[2] Danach hat er jedenfalls ab November 2020 (ES 5) bis zur Fällung des Erkenntnisses erster Instanz als Rechtsanwalt sowohl auf der Website www.a*.at als auch im sonstigen Außenauftritt (Kanzleipapier und E‑Mails) den Eindruck erweckt, als Partner der (tatsächlich nicht existenten) GbR „A* Rechtsanwälte“ aufzutreten bzw deren Gesellschafter zu sein.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe.
[4] Der Disziplinarrat konstatierte (ES 8), bereits durch die namentliche Anführung mehrerer Rechtsanwälte im Rahmen des gesamten Außenauftritts werde das Bestehen einer aus mehreren Rechtsanwälten – darunter auch der Beschuldigte – gebildeten Anwaltsgesellschaft suggeriert, dies unabhängig vom Zusatz „+Partner“, weiters sei der Außenauftritt des Beschuldigten trotz des Hinweises „selbständige Rechtsanwälte in Kooperation“ in einer Fußnote auf dem verwendeten Briefpapier sowie der Formulierung im Impressum der sehr umfangreichen Website in seiner Gesamtheit so beschaffen, dass die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der durchgehenden Verwendung der Bezeichnung „A* Rechtsanwälte“ in der gesamten Kommunikation und Präsentation den Eindruck erhielten, es mit einer Anwaltsgesellschaft zu tun haben. Dies steht der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider nicht in Widerspruch zu den Feststellungen (ES 4 bis 7), welche die Gestaltung von Website (Konvolut Beilage ./1), Kanzleischild (Beilage ./8), Briefpapier des Beschuldigten (TZ 10) sowie E‑Mails (Beilagen ./2, ./7) richtig wiedergeben. Ebenso wenig besteht ein Widerspruch zur Beweiswürdigung, die sich auch auf die Aussage des Beschuldigten stützen kann, er sei nicht im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig (ES 4). Daraus ergibt sich weiters, dass die kritisierten Feststellungen entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht offenbar unzureichend begründet sind, sondern auf Basis der verlesenen Urkunden sowie der Aussage des Beschuldigten getroffen wurden (ES 4 unter Hinweis auf Protokoll TZ 18).
[5] Der vom Disziplinarrat aus der im Außenauftritt durchgehend verwendeten Bezeichnung A* auf der Website (./1 – Startseite: „5 Gründe für A*“ – ES 6), auf dem Kanzleischild (./8 mit Zusatz „+Partner“ – ES 6), auf dem Briefpapier TZ 10 (Kopfzeile – ES 4) gezogene Schluss, es werde bei gesamthafter Betrachtung das Bestehen einer aus mehreren Rechtsanwälten – darunter auch der Beschuldigte – gebildeten Rechtsanwaltsgesellschaft suggeriert (ES 8), dies trotz Hinweisen in Fußnoten auf dem Briefpapier und auf der Website, der Beschuldigte sei „nur“ Kooperationspartner, begegnet keinen Bedenken und begründet im Gegensatz zu der im Disziplinarverfahren unzulässigen Tatsachenrüge (Z 5a) des Beschuldigten (RIS‑Justiz RS0132515 [T1]) keine Nichtigkeit.
[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verweist auf die Entscheidungen 20 Os 6/14d und 20 Os 9/14w, es sei in Österreich allgemein üblich, in den einzelnen Kanzleien tätige Juristen ohne Hinweis auf ihr Verhältnis zu den anderen genannten Rechtsanwälten oder einer allfälligen Rechtsanwalts-GmbH auf dem Briefpapier anzuführen. Sie verkennt jedoch, dass zu den damaligen Tatzeitpunkten eine andere Rechtslage bestand, im Unterschied dazu der Beschuldigte nicht gemäß § 1b Abs 1 RAO zum Kreis jener Personen gehörte, deren Name die Bezeichnung einer Rechtsanwalts-Gesellschaft enthalten darf, und keine Gesellschaft mit seiner Beteiligung bestand. Die Namensfolge A* (ob allein oder mit dem Zusatz „+Partner“) stellt eine (hier unzulässige) Werbung gemäß § 47 Abs 2 RL‑BA 2015 dar. Darunter ist jedes Mittel zu verstehen, mit welchem ein Rechtsanwalt auf sich, seine Kanzlei und seine Leistungen aufmerksam machen will; Werbemittel ist jede Kommunikationsform für den Außenauftritt des Rechtsanwalts (Engelhart in Engelhart et al, RAO10, § 47 RL‑BA 2015 Rz 3 und Rz 11). Die gebotene Wahrheit der Werbung beinhaltet auch das Verbot der Irreführung als unlautere Geschäftspraktik iSd § 1a UWG (Engelhart in Engelhart et al, RAO10, § 47 RL‑BA 2015 Rz 12). Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen verletzt darüber hinaus die Verpflichtung zu Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit gemäß § 10 Abs 2 RAO. Der Rechtsanwalt hat danach stets richtige und klare Angaben zu machen. Bereits fahrlässig unrichtige Formulierungen können zu disziplinärer Haftung führen (Rohregger in Engelhart et al RAO10 § 10 RAO Rz 30; 20 Ds 3/20a). Eine Berufspflichtenverletzung setzt voraus, dass der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs gehandelt hat. Berufspflichten bestehen ua dann, wenn durch RAO oder RL‑BA Pflichten für Mitglieder des Berufsstandes begründet werden, die eben nur Kammerangehörige, nicht aber jedermann treffen (Lehner in Engelhart et al RAO10 § 1 DSt Rz 9). Der gesamte Außenauftritt diente vorliegend der Werbung des Beschuldigten im Rahmen seiner Berufsausübung. Zu Recht hat der Disziplinarrat somit in der Schaffung des (falschen) Anscheins des Bestehens einer Rechtsanwaltsgesellschaft (der heutzutage weite Verkehrskreise umfassendere Kompetenz zutrauen) die Verwirklichung der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt angenommen.
[7] Mit seiner weiteren, erkennbar auf Z 9 lit b gestützten Rechtsrüge reklamiert der Beschuldigte die Anwendung von § 3 DSt. Der Verweis auf die Annahme eines im (damaligen) Gegenstand – Tatzeitraum bis einschließlich März 2019 – vergleichsweise geringen Tatschuldgehalts bei der einschlägigen Vorverurteilung zu 20 Ds 3/20a (OGH‑Erkenntnis vom 3. September 2020) schlägt fehl, hat doch der Beschuldigte sein Verhalten bis zur neuerlichen Verurteilung im laufenden Verfahren fortgesetzt (die geringe Relevanz des zuletzt nicht mehr durchgehend verwendeten Zusatzes „+Partner“ wurde bereits dargetan). Seine Rechtsrüge legt auch nicht dar, weshalb sein Verschulden absolut und im Vergleich zu typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein soll (vgl Lehner in Engelhart et al RAO10 § 3 DSt Rz 5), mithin ein Bagatelldelikt vorliege (vgl Lehner in Engelhart et al RAO10 § 3 DSt Rz 1).
[8] Im Rahmen der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe zieht der Beschuldigte die Strafzumessung des Disziplinarrats in dem 20 Os 6/14d zugrundeliegenden Verfahren heran, lässt jedoch außer Acht, dass Beurteilungsgrundlage und -maßstab damals (Gesamtbild des Außenauftritts, Rechtslage und Strafzumessungsgründe) fallbezogen nicht vergleichbar sind. Die Ausführungen des Disziplinarrats zum besonderen Erschwerungsgrund von § 33 Abs 1 Z 2 StGB, die sich durch zwei Instanzen ziehende Vorverurteilung hätte zu keiner wesentlichen Änderung des Außenauftritts geführt und der Beschuldigte hätte auch die Einleitung des gegenständlichen Verfahrens nicht zum Anlass genommen, den Außenauftritt den einschlägigen rechtlichen Vorschriften anzupassen, sind nicht zu beanstanden. Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers in der Berufungsverhandlung (Betonung der Inanspruchnahme als Privatbeteiligtenvertreter in einem Großverfahren und der technischen Probleme bei der Änderung des Außenauftritts) lassen keine mildere Sicht zu: Wochen nach Zustellung des Erkenntnisses 20 Ds 3/20a (vgl oben zu § 3 DSt) waren E‑Mail‑Adresse und Verweis auf eine Internet‑Seite unverändert (ES 5), das eingeräumte Liegenlassen eines neuen Kanzleischildes über „sechs bis acht Wochen“ zeigt zumindest Gleichgültigkeit (wenn nicht Ablehnung) gegenüber dem gebotenen Zustand. Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten liegen nicht vor, sodass von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen ist. Eine Herabsetzung der Geldbuße kommt überdies aus spezialpräventiven Erfordernissen nicht in Betracht.
[9] Der Berufung war daher – im Einklang mit den Ausführungen der Generalprokuratur – nicht Folge zu geben.
[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 54 Abs 5 DSt.
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