Spruch:
Den Revisionen wird Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.677,64 EUR (darin 1.168 EUR Barauslagen und 584,94 EUR USt) sowie der Nebenintervenientin die mit 4.679,80 EUR (darin 585,30 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Nebenintervenientin ist Eigentümerin zweier benachbarter Liegenschaften, auf denen sich ein Büro- und Betriebsgebäude befindet. In den Jahren 1996 bis 2002 wurden auf dem Dach des Betriebsgebäudes aufgrund von mit der Nebenintervenientin abgeschlossenen Mietverträgen von vier verschiedenen Mobilfunkbetreibern Mobilfunksendeanlagen errichtet. In diesen Verträgen wurde den Mobilfunkbetreibern das Recht eingeräumt, die Sendeanlagen zu warten und zu diesen über die Stiegenhäuser zuzugehen. In einem mit 8. 11. 2001/19. 9. 2002 datierten Mietvertrag, welcher vom Rechtsvertreter der Beklagten ausgearbeitet worden war, mietete die Beklagte von der Nebenintervenientin Teile der Liegenschaft und des Gebäudes. Nicht erfasst waren etwa der Eingangsbereich sowie die unmittelbar daran angrenzenden Räumlichkeiten und die in diesem Bereich liegenden Stiegenhäuser sowie ein in der nordwestlichen Ecke befindliches Stiegenhaus.
Die Klägerin und die Nebenintervenientin schlossen im Oktober 2002 einen Nutzungsvertrag, mit dem die Klägerin das Recht erlangte, auf dem Dach des Gebäudes eine Telekommunikationsanlage zu errichten. Bei der bautechnischen Begehung im November 2002 war unter anderem der für die Haustechnik zuständige Mitarbeiter der Beklagten anwesend. Die Errichtung der Mobilfunksendeanlage erfolgte in der Zeit zwischen 3. und 18. 12. 2002, wobei jeweils zwei bis sieben Arbeiter auf der Baustelle anwesend waren. Diese konnten die Baustelle nur nach Rücksprache mit Mitarbeitern der Beklagten betreten. Deren Haustechniker war fast täglich anwesend. Der bei der Errichtung verwendete Kran befand sich vor der Glasfront des Gebäudes und konnte aus sämtlichen dort befindlichen Fenstern gesehen werden. Sämtliche Mobilfunksendeanlagen sind auch vom Parkplatz aus gut sichtbar. Ein Geschäftsführer der Beklagten, der unter anderem für Bautätigkeiten zuständig war, hatte zu diesem Zeitpunkt seine Büroräumlichkeiten (schon) in diesen Gebäude. Der Haustechniker hatte mit ihm wegen der Bautätigkeit nicht Rücksprache gehalten. Er war bereits bei den früheren Anlagen Ansprechpartner der Mobilfunkbetreiber gewesen und der Klägerin von der Nebenintervenientin als Ansprechpartner bei der Beklagten genannt worden.
Mit Mietvertrag vom 14. 3. 2003 mietete die Beklagte von der Nebenintervenientin die gesamte Liegenschaft „samt dem darauf errichteten Betriebsgebäude, Freiflächen und Parkplätzen, im derzeitigen, den Vertragsparteien bekannten Zustand, insoweit dieser nicht bereits mit Mietvertrag vom 8. 11. 2001 an die Mieterin vermietet wurde". Ausdrücklich ausgenommen wurden einzelne Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss eines Gebäudeteils. Der Mietvertrag wurde vom anderen Geschäftsführer der Beklagten unterfertigt. Dieser hatte zu diesem Zeitpunkt weder die mobile Sendefunkanlage bewusst wahrgenommen, noch wusste er über die Verträge mit den Mobilfunkbetreibern Bescheid.
Seit Juni 2003 verweigert die Beklagte den Mitarbeitern der Klägerin den Zutritt zu den Mobilfunksendeanlagen, sowohl durch das Stiegenhaus als auch von außen mittels Hebebühne.
Die Klägerin begehrte nun die Beklagte schuldig zu erkennen, den Zutritt der Klägerin zu den auf dem Dach der Liegenschaft gelegenen Mobilfunksendeanlagen über das Stiegenhaus und von außen mittels einer Hebebühne zu dulden; darüber hinaus stellte sie mehrere Eventualbegehren. Die Klägerin habe ihre Rechte bereits vor der Vermietung weiterer Liegenschaftsteile an die Beklagte erlangt. Der Nutzungsvertrag, der ihr jederzeitigen ungehinderten Zugang gestatte, sei aufrecht. Die Errichtung der Sendeanlage sei unter ständiger Einbeziehung der Beklagten erfolgt, die durch ihren Haustechniker vertreten gewesen sei. Die zweiwöchige Bautätigkeit in der Vorweihnachtszeit sei unübersehbar und die fertiggestellte Antennenanlage für jedermann weithin ersichtlich gewesen. Das Dach sei an die Beklagte nicht mitvermietet worden. Die Beklagte habe die Liegenschaft auch in dem „den Vertragsparteien bekannten Zustand" gemietet, weshalb sie die Nutzung der Mobilfunksendeanlage durch die Klägerin dulden müsse. Jedenfalls hätte sich die Beklagte bei der Anmietung der Liegenschaft über Rechte Dritter erkundigen und die Liegenschaft besichtigen müssen. Schon allein aufgrund der Existenz der Anlagen seien Rechte Dritter offenkundig gewesen. Die Beklagte müsse sich auch das Wissen ihres Haustechnikers, der in dem ihm übertragenen Wirkungsbereich (technische Verwaltung des Betriebsgebäudes) zumindest passiv vertretungsbefugt gewesen sei, zurechnen lassen. Die Beklagte könne daher nicht gutgläubig uneingeschränkte Mietrechte am Gebäude erworben haben.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, eine Duldungsklage könne nicht zum Erfolg führen, wenn der gemeinsame Bestandgeber dem Dritten als Bestandnehmer ein Recht eingeräumt habe, dessen Ausübung zur Störung führe, und der Dritte dieses Recht gutgläubig erworben habe. Die Beklagte habe mit Abschluss des (zweiten) Mietvertrags gutgläubig Mietrechte am (gesamten) Mietgegenstand erworben. Allenfalls liege eine Doppelvermietung vor, auf welche der Grundsatz der mehrfachen Veräußerung von Sachen anzuwenden sei. Dabei obsiege grundsätzlich jener Bestandnehmer, dem entsprechend § 430 ABGB das Objekt zuerst übergeben worden sei. Die Klägerin habe an Dach und Stiegenhaus nicht regelmäßig Besitz ausgeübt, die Beklagte hingegen ruhigen Besitz an diesen Flächen gehabt. Aufgrund der Doppelvermietung sei die Beklagte nicht verpflichtet, das Betreten des Daches durch die Klägerin zu dulden. Der Haustechniker sei für die Beklagte nicht vertretungsbefugt. Er habe gegenüber der Geschäftsführung zu keinem Zeitpunkt bekanntgegeben, dass Arbeiten am Dach durch Dritte durchgeführt worden seien. Beide Geschäftsführer hätten bis zu den ersten Störungshandlungen im Jahr 2003 keine Kenntnis von der Errichtung der Anlagen gehabt.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Im vorliegenden Fall stelle sich das Problem der Doppelvermietung. Die Nebenintervenientin habe einerseits der Beklagten (nahezu) die gesamte Liegenschaft vermietet. Auf der anderen Seite habe sie der Klägerin die Dachflächen in Bezug auf die Mobilfunksendeanlagen vermietet und ihr einen ungehinderten Zugang zugesichert. Es komme daher auf die Besitzverhältnisse und die Redlichkeit der Beteiligten an. Zu prüfen sei, ob die Beklagte die Sache auf eine unredliche oder unrechtmäßige Weise besitze. Nicht qualifizierte (unrechtmäßige, unredliche oder unechte) Besitzer müssten dem früheren qualifizierten Besitzer jedenfalls weichen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe zwar nichts von den auf dem Gebäude vorhandenen Mobilfunkanlagen gewusst, diese seien aber weithin sichtbar gewesen. Bei Anmietung des Gebäudes hätte er diese sehen können und müssen. Das Vorhandensein einer derartigen „Anlagen-Landschaft" indiziere, dass Wartungsarbeiten durchzuführen seien, was der Haustechniker der Beklagten aufgrund der Beteiligung am Aufbau der Anlage gewusst habe. Dass er die vorgenommenen Bauarbeiten nicht mit der Geschäftsführung besprochen habe und auch eine Berichtspflicht nicht vorgesehen sei, sei nicht der Klägerin zuzurechnen, sondern der Beklagten selbst. Im Übrigen sei der andere Geschäftsführer der Beklagten für Bautätigkeiten zuständig gewesen. Dessen Büro habe sich im Gebäude befunden, sodass er nicht nur die Anlagen auf dem Gebäude sehen, sondern auch die etwa zwei Wochen andauernde Bautätigkeit bemerken hätte müssen. Der Besitz der Beklagten sei sohin zum Zeitpunkt des (zweiten) Vertragsabschlusses (14. 3. 2003) nicht redlich gewesen, da sie zumindest leichte Fahrlässigkeit in Bezug auf das Vorhandensein der Mobilfunksendeanlage zu vertreten habe. Demgegenüber sei der Besitz der Klägerin rechtmäßig, weshalb die Beklagte Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten und den dafür notwendigen Zugang der Klägerin dulden müsse.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im klageabweisenden Sinn ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Nach einem Teil der Lehre und der Rechtsprechung sei bei der Kollision von Mietrechten die analoge Anwendung der §§ 372 bis 374 ABGB am Platz. Der ältere Mieter dringe gegen den neuen Mieter nur dann durch, wenn dieser einen schwächeren Titel aufzuweisen habe, also insbesondere nicht gutgläubig gewesen sei, wobei schon leichte Fahrlässigkeit schade. Unredlichkeit liege dann vor, wenn der zweite Mieter bei Abschluss des Bestandvertrags aufgrund des vorhandenen objektiven Sachverhalts gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er mit früheren Bestandrechten in Kollision gerate. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre sei auch eine bloß schuldrechtliche Beziehung zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter zu schützen. Dritte dürften das Recht auf obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners nicht beeinträchtigen, was insbesondere der Fall sei, wenn in Kenntnis des fremden Forderungsrechts die schlichte Leistungsbewirkung vereitelt werde. Wisse der Eingreifer um den Bestand des Gläubigerrechts, könne ihm durchaus zugemutet werden, dieses zu respektieren; positive Kenntnis im Einzelfall sei der Offenkundigkeit daher gleichzuhalten. Während in den anderen Fällen für einen absoluten Schutz von Forderungsrechten doloses Verhalten gefordert werde, genüge bei der Verletzung eines besitzverstärkten Forderungsrechts zur Durchsetzung des schadenersatzrechtlichen Restitutionsanspruchs bereits, dass der Erwerber die obligatorische Position kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen musste. Der schadenersatzrechtliche Herausgabeanspruch gegen den Zweiterwerber bestehe schon dann, wenn er leicht fahrlässig das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers nicht erkannt habe, wobei nur deutliche Besitzausübung den Fahrlässigkeitsvorwurf begründen könne. Im vorliegenden Fall stelle sich das Problem der Doppelvermietung nur im Hinblick auf jenen Teil der Dachfläche, auf dem sich die von der Klägerin errichteten Anlagen befinden. Hinsichtlich der - hier ausschließlich streitgegenständlichen - Stiegenhäuser und Freiflächen, über die die Beklagte den Zugang der Klägerin zu ihren Anlagen dulden solle, liege keine Doppelvermietung „im engeren Sinn" vor, weil diese zu keinem Zeitpunkt an die Klägerin, sondern ausschließlich an die Beklagte vermietet gewesen seien. Hier stelle sich sinngemäß die Frage, ob die Beklagte eine „Belastung" der daran erworbenen Mietrechte mit dem Zusatzrecht der Klägerin hinnehmen müsse. Nach den Feststellungen sei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt ein freier und ungehinderter Zugang zu ihren Anlagen eingeräumt worden. Vielmehr hätten deren Arbeiter auch während der Errichtungsphase stets nur durch den Haustechniker oder eine von ihm beauftragte Person Einlass in das Gebäude und Zutritt zum Dach erhalten. Die Klägerin habe keinen „(Rechts-)Besitz am Zugangsrecht" über das Stiegenhaus bzw mittels Hebebühne innegehabt. Da somit hinsichtlich der Stiegenhäuser und der Freiflächen keine kollidierenden Bestandrechte bestünden und die Klägerin „am Zutrittsrecht zu ihren Anlagen am Dach" Rechtsbesitz weder gehabt hätte noch habe, könne das Klagebegehren nicht auf § 372 ABGB gestützt werden. Es lägen aber wohl konkurrierende Forderungsrechte vor: Das Bestandrecht der Beklagten an der gesamten Liegenschaft kollidiere mit dem der Klägerin durch den Nutzungsvertrag eingeräumten Recht auf jederzeitigen freien Zutritt zu den Anlagen am Dach. Nach den für die Doppelveräußerung/Doppelvermietung geltenden Grundsätzen komme es auf die Besitzverhältnisse und die Redlichkeit der Beteiligten an. Zu prüfen sei, ob das Zutrittsrecht der Klägerin durch den Besitz einer körperlichen Sache offenkundig gewesen sei, ob sie also ein „besitzverstärktes Forderungsrecht" gehabt habe. Dies sei zu verneinen, weil der einzige äußere Hinweis auf allfällige Rechte der Klägerin im Vorhandensein der weithin sichtbaren Antennenanlage auf dem Dach bestanden habe. Dieser Umstand allein bilde jedoch keineswegs ein Ausdrucksmittel der (sozial-)typischen Erkennbarkeit eines jederzeitigen Zutrittsrechts der Klägerin. Weitere Hinweise auf Nutzungsrechte der Klägerin seien der Beklagten bei Abschluss des Mietvertrags nicht vorgelegen. Das Verhalten und das Wissen ihres Haustechnikers sei ihr nicht zuzurechnen; dieser sei der Klägerin auch nicht von der Beklagten, sondern vielmehr von der Nebenintervenientin als Ansprechpartner genannt worden. Er sei bei seiner Mitwirkung nicht im Auftrag und im Interesse der Beklagten, sondern in jenem der Nebenintervenientin tätig geworden. Zutreffend wende sich die Berufung schließlich auch gegen die Auffassung, der Geschäftsführer der Beklagten, der seine Büroräumlichkeiten im gegenständlichen Gebäude gehabt habe, hätte die Anlagen auf dem Weg zum Büro sehen und die etwa zwei Wochen andauernden Bautätigkeiten samt Verwendung eines Krans bemerken müssen. Der der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Schluss, dass dieser Geschäftsführer die Bauarbeiten hätte bemerken müssen, finde in den Feststellungen keine Deckung. Zusammengefasst sei der Klägerin zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses am 14. 3. 2003 kein „besitzverstärktes" Zutrittsrecht zu ihren Anlagen am Dach zugestanden, die Beklagte habe auch sonst keine Kenntnis von diesen Rechten gehabt. Das Klagebegehren könne daher nicht auf eine schuldhafte Verletzung der obligatorischen Rechte der Klägerin gestützt werden.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, ob das sichtbare Vorhandensein einer Funkanlage auf einem Dach „sozial-typische" Erkennbarkeit eines Zutrittsrechts des Betreibers der Anlage im Sinne der Rechtsprechung zur Haftung eines Dritten wegen Beeinträchtigung eines bekannten fremden Forderungsrechts begründe und ob in einem solchen Fall der schadenersatzrechtliche Restitutionsanspruch auch eine Duldungspflicht des späteren Erwerbers umfasse, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch nicht behandelt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Revisionen der Klägerin und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin sind zulässig und berechtigt.
Zutreffend haben bereits die Vorinstanzen darauf hingewiesen, dass im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht nur absolute Rechtspositionen Dritter zu respektieren sind, sondern auch bloß obligatorische Rechte, sofern diese bekannt oder zumindest leicht erkennbar sind. Fraglich ist im vorliegenden Fall nun, ob es für die Vertreter der Beklagten bei Abschluss des (zweiten) Mietvertrags ohne weiteres erkennbar gewesen ist, dass die Nebenintervenientin als Liegenschaftseigentümerin und Vermieterin der Klägerin das Recht eingeräumt hatte, auf dem Dach des Mietobjekts eine Mobilfunksendeanlage zu betreiben und im Rahmen des Betriebs dieser Anlage den Zugang über das Stiegenhaus zu benutzen. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu bejahen.
Nach den maßgeblichen Tatsachenfeststellungen war die Beklagte seit spätestens September 2002 Mieterin eines erheblichen Teils des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes, auf dem sich Mobilfunksendeanlagen mehrerer Betreiber befanden. Im Dezember 2002 wurde in zweiwöchiger unübersehbarer Bautätigkeit - unter Assistenz eines Mitarbeiters der Beklagten - die Mobilfunksendeanlage der Klägerin errichtet. Diese war - ebenso wie die übrigen Anlagen - von dem von den Mitarbeitern der Beklagten benützten Parkplatz aus gut sichtbar. Zum Zeitpunkt der Bauarbeiten hatte einer der Geschäftsführer der Beklagten seine Büroräumlichkeiten in diesem Gebäude. Unter diesen Umständen kann kein Zweifel daran bestehen, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Mietvertrags für die Vertreter der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich über die den Mobilfunkbetreibern - und damit auch der Klägerin - von der Liegenschaftseigentümerin und Vermieterin eingeräumten Rechte zu informieren. Es ist mehr als naheliegend, dass Betreibern von Mobilfunkanlagen vom Liegenschaftseigentümer auch der Zugang zu diesen eingeräumt wird, der regelmäßig über das Innere des Gebäudes erfolgt. Hätten die Vertreter der Beklagten nun angesichts der unübersehbaren Mobilfunkanlage der Klägerin zweckmäßige Erkundigungen - etwa bei der Nebenintervenientin - angestellt, so wäre zu Tage gekommen, dass zwischen dieser und der Klägerin ein schriftlicher Nutzungsvertrag besteht, in dessen Rahmen der Klägerin der ungehinderte Zugang zu der Sendeanlage zugesichert worden war. Bereits eine Rückfrage beim eigenen Haustechniker hätte klargestellt, dass die Anlage der Klägerin erst drei Monate vor Mietvertragsabschluss mit Billigung der Nebenintervenientin errichtet worden war. Auch wenn nun die Organe der Beklagten insoweit vor der (naheliegenden) Realität die Augen verschlossen haben, als sie derartige Nachforschungen unterließen, kann dies nicht dazu führen, dass sie das dargelegte Zugangsrecht der Klägerin nicht zu respektieren hätten, und zwar selbst dann, wenn ihnen die Nebenintervenientin im Mietvertrag tatsächlich das ausschließliche Nutzungsrecht eingeräumt haben sollte. Dass die durch die rechtswidrige Verhinderung des Zugangs benachteiligte Klägerin nicht auf Schadenersatzansprüche beschränkt ist, sondern auch das Recht hat, von der Beklagten die Duldung der Benützung der bestehenden Zugangsmöglichkeiten zu verlangen, bedarf keiner weiteren Begründung.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht gesagt werden, dass der Klägerin zum Zeitpunkt des (zweiten) Mietvertragsabschlusses kein „besitzverstärktes" Forderungsrecht (vgl dazu etwa RIS-Justiz RS0113118) zugekommen wäre, zumal es hier nicht auf den Besitz als Institut des Sachenrechts, sondern auf seine Funktion als Instrument der typischen Erkennbarkeit von Forderungsrechten ankommt (vgl RIS-Justiz RS0023657). Die Klägerin hat immerhin dadurch Besitzausübungshandlungen getätigt, dass sie zwei Wochen lang vorhandene Zugangsmöglichkeiten im Gebäude nutzte und auf dem Dach eine Mobilfunksendeanlage errichtete und in Betrieb nahm. Dass sich die Besitzausübung nach diesem Zeitpunkt darauf beschränken konnte, die Liegenschaft - in größeren Zeitabständen - zu betreten, um Einstellungs-, Wartungs- oder andere Arbeiten durchzuführen, ist ganz einfach dadurch zu erklären, dass der Betrieb einer derartigen, auf einem Gebäudedach montierten Anlage keine Notwendigkeit mit sich bringt, die Liegenschaft häufiger aufzusuchen. Dies muss auch für jeden Dritten - im Sinne des Kriteriums der „sozial-typischen" Erkennbarkeit (Judikaturnachweise etwa in RIS-Justiz RS0011226) - klar sein, der das Vorhandensein derartiger Anlagen auf dem Dach des gemieteten Gebäudes wahrnehmen muss.
Mit der Verweigerung der Zutrittsgewährung hat die Beklagte somit in die offenkundige - und auch ausreichend „besitzverstärkte" - obligatorische Rechtsposition der Klägerin rechtswidrig eingegriffen. Sie hat solche Eingriffe in Zukunft zu unterlassen und der Klägerin den erforderlichen Zutritt zu ihrer Anlage zu gestatten.
Damit ist das klagestattgebende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 50 Abs 1 und 41 Abs 1 ZPO. Streitgenossenzuschlag ist allerdings auf Seiten der Klägerin nicht angefallen, da sie nur einer Partei gegenüberstand. Der der Klägerin unterlaufene Rechenfehler bei Ermittlung des Einheitssatzes für die Berufungsbeantwortung war zu korrigieren.
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