OGH 1Ob97/17x

OGH1Ob97/17x28.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** G*****, vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Parteien 1. O*****, und 2. W***** AG *****, beide vertreten durch Mag. Gerlinde Füssel, Rechtsanwältin in Linz, wegen 12.500 EUR sA und Feststellung (Streitwert 3.500 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. März 2017, GZ 1 R 39/17m‑33, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 30. Dezember 2016, GZ 40 Cg 14/16k‑27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00097.17X.0628.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Vorinstanzen sind aufgrund beweiswürdigender Erwägungen von der Tatsachenfeststellung ausgegangen, dass die Klägerin auch bei vollständiger Risikoaufklärung in den medizinischen Eingriff eingewilligt hätte.

Auch wenn die Revisionswerberin dies unter den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft, wendet sie sich in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (vgl nur RIS‑Justiz RS0043383; RS0117019), die aber einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich ist.

2. Auch die Revisionsausführungen zur vermeintlich unzutreffenden Verneinung eines Anscheinsbeweises durch das Berufungsgericht zeigen die unrichtige Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht auf, zumal die Revisionswerberin selbst nicht in Frage stellt, dass der Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehnisabläufen eingreift, also in Fällen, in denen bestimmte Sachverhaltselemente nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweisen (vgl RIS‑Justiz RS0040266; RS0040287; RS0039895). Die Revisionswerberin ist insbesondere nicht in der Lage, nachvollziehbar darzulegen, von welchen (von den Tatsacheninstanzen festgestellten) Sachverhaltselementen sie im Sinne eines typischen Geschehnisablaufs auf einen bestimmten Kausalverlauf schließen will. Abgesehen davon, dass die von ihr angesprochenen Passagen in der Beweiswürdigung des Erstgerichts lediglich Ausführungen des Sachverständigen wiedergeben, nach denen von Patienten Verbesserungen der Beschwerdesymptomatik bei der Verabreichung eines bestimmten Arzneimittels angegeben worden seien, der Nutzen dieses Medikaments jedoch nicht wissenschaftlich belegt sei, wäre ein typischer Geschehnisablauf auch dann nicht erkennbar, wenn es sich um explizite (und dislozierte) Tatsachenfeststellungen handeln sollte. Insbesondere fehlt jede Konkretisierung dahin, in wie vielen Fällen bei welchen Patienten Verbesserungen der Beschwerden eintreten und zu welchen Zeitpunkten diesen Patienten das Medikament verabreicht wurde. Die Revisionswerberin beruft sich ja in erster Linie darauf, eine frühere Verabreichung dieses Medikaments hätte bei ihr zu maßgeblichen Verbesserungen der Beschwerden geführt. Eine Tatsachengrundlage, auf die ein entsprechender Anscheinsbeweis gestützt werden könnte, ist aber nicht zu erkennen.

Im Übrigen übersieht die Revisionswerberin offenbar, dass sie ihren Anspruch im Verfahren erster Instanz gar nicht auf eine verspätete Medikamentengabe gestützt hat. Vielmehr hat sie vorerst lediglich die allgemeine Behauptung aufgestellt, es sei ihr im Rahmen der Nachbehandlung das Medikament verabreicht worden; diese Medikamenten-verabreichung sei aber „unzureichend“ gewesen. Im weiteren Verfahren konkretisierte sie diesen Vorwurf – in Zusammenhang mit der Fragestellung an den Sachverständigen – dahin, dass das Medikament laut wissenschaftlicher Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Zahn‑, Mund- und Kieferheilkunde zur Regeneration des verletzten Nervs nicht geeignet sei. Hat sie nun aber den Vorwurf einer verspäteten Verabreichung des Medikaments gar nicht erhoben, kann dem Berufungsgericht im Zusammenhang damit keinesfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgeworfen werden.

3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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