OGH 1Ob900/54

OGH1Ob900/541.12.1954

SZ 27/307

Normen

ABGB §1045
ABGB §1053
ABGB §1045
ABGB §1053

 

Spruch:

Doppelkauf oder Tausch.

Entscheidung vom 1. Dezember 1954, 1 Ob 900/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Kufstein; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht wies die auf Bezahlung des Kaufpreises für einen Teppich in der Höhe von 1000 S gerichtete Klage ab. Es liege kein Kauf-, sondern ein Tauschvertrag vor, weil die Parteien am 25. Oktober 1952 vereinbart hätten, daß der Beklagte dem Kläger für den Wert des Teppichs, den der Kläger dem Beklagten geliefert habe, Möbel überlasse. Es sei niemals behauptet worden, daß der Wert des Teppichs in Geld bezahlt werden solle. Die Behauptung des Klägers, er habe mit dem Schreiben vom 3. Jänner 1953 den Rücktritt vom Vertrag angedroht und mit dem Schreiben vom 20. Jänner 1953 erklärt, weil der Beklagte die Möbel nicht geliefert habe, sei nicht zutreffend. Denn im erstgenannten Schreiben sei keine Androhung des Rücktritts enthalten. Dies wäre aber notwendig gewesen, damit der Kläger vom Vertrag abgehen könnte. Er sei an diesen gebunden geblieben und könnte nach Ansicht des Erstgerichtes höchstens verlangen, daß der Beklagte den Teppich zurückstelle und Schadenersatz bezahle, selbst wenn der Kläger vom Vertrag hätte zurücktreten können.

Infolge Berufung des Klägers änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß der Klage stattgegeben wurde. Die Parteien hätten keinen Tauschvertrag, sondern zwei getrennte Kaufverträge geschlossen, wobei die Nebenabrede zustande gekommen sei, daß der Preis der vom Beklagten dem Kläger zu liefernden Möbel gegen den Preis des Teppichs aufgerechnet werden solle. Der Kläger könne die Erfüllung des Kaufvertrages über den Teppich verlangen, weil er den anderen Vertrag dadurch aufgelöst habe, daß er seinen Rücktritt erklärt habe. Dazu sei der Kläger befugt gewesen, weil der Beklagte auf seine Mahnung vom 3. Jänner 1953 überhaupt nicht reagiert habe, obwohl er nach den Regeln und Gebräuchen des redlichen Verkehrs dazu verpflichtet gewesen wäre und der Kläger nach dem Ablauf von mehr als zwei Wochen habe annehmen können, daß der Beklagte weder die Möbel liefern, noch den Teppich zurückstellen wolle. Eine Nachfrist habe vom Kläger nur gewährt, aber nicht ausdrücklich gesetzt werden müssen. Da die vereinbarte Aufrechnung nicht stattfinden könne, müsse der Beklagte den Kaufpreis des Teppichs in der Höhe von 1000 S dem Kläger bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht nimmt zwar an, daß die Streitteile auch ein Gegengeschäft über Möbel geschlossen haben, die der Beklagte auf Abschlag des Kaufpreises für den Teppich dem Kläger liefern sollte, daß aber beide Geschäfte selbständig und nur in der Richtung in Verbindung waren, daß die beiden Kaufpreise gegeneinander verrechnet werden sollten. Dieser Rechtsansicht ist beizustimmen. Von einem Tausch, wie ihn das Erstgericht angenommen hat, kann nicht gesprochen werden, weil nach den vom Berufungsgericht festgestellten Abmachungen nicht der Teppich gegen die Möbel überlassen wurde (§ 1045 ABGB.), sondern beide Leistungen in Geld zu bezahlen waren und nur die zusätzliche Abmachung zustand kam, daß die Kaufpreise verrechnet werden sollten. Daß diese Annahme des Berufungsgerichtes zutreffend ist und es sich nur um einen Doppelkauf handelt, geht daraus hervor, daß der Kläger über den Kauf des Teppichs eine Rechnung über 1000 S ausgestellt hat; die Anführung dieses Preises kann nicht so angesehen werden, als ob nur der Wert des Teppichs angegeben werden sollte. Die beiden Abmachungen waren auch nicht voneinander insoweit abhängig, daß der Weiterbestand der einen die Bedingung für das Aufrechtbleiben der anderen gewesen wäre. Eine derartige Behauptung ist nicht aufgestellt und eine dahingehende Feststellung auch nicht getroffen worden.

Mit Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß der Kläger seinen Rücktritt vom Kauf der Möbel erklären konnte, ohne dadurch seiner Rechte aus dem Kaufvertrag über den Teppich verlustig zu gehen. Es ist auch richtig, daß der Kläger seinen Rücktritt im Schreiben vom 3. Jänner 1953 angedroht hat. Er hat darin zwar dem Beklagten neben der im Punkt 1) angeführten Möglichkeit, die Möbel ehestens zu liefern, auch freigestellt, statt der Möbellieferung 1000 S zu bezahlen oder den Teppich zurückzustellen. Diese beiden letzteren über die Vertragsabmachungen hinausgehenden Alternativen kamen aber dadurch in Wegfall, daß der Beklagte bis zum Schreiben des Klägers vom 20. Jänner 1953, somit innerhalb angemessener Frist, von dem Anbot des Klägers keinen Gebrauch machte. Es verblieb bei den ursprünglichen Abmachungen, insbesondere bei der Verpflichtung des Beklagten, die Möbel zu liefern, u. zw. ehestens zu liefern, widrigens sich der Kläger die Möbel anderweitig besorgen würde, wie er im Schreiben vom 3. Jänner 1953 androhte. In dieser Erklärung muß daher, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die Androhung des Rücktrittes vom Kaufvertrag über die Möbel erblickt werden. Der Beklagte hatte zur Nachholung der Lieferung ausreichend Zeit und die im Schreiben vom 20. Jänner 1953 erklärte Stornierung des Möbelgeschäftes war daher berechtigt.

Es galt nunmehr die Abmachung, daß der Beklagte für den Teppich 1000 S bezahlen müsse, weil die Möglichkeit diesen Kaufpreis gegen den Kaufpreis für die Möbel zu verrechnen, durch sein Verhalten weggefallen war.

Das Berufungsgericht ist mit Recht zur Überzeugung gekommen, daß der Klage auf Bezahlung der 1000 S stattzugeben sei.

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