European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00086.14Z.0522.000
Spruch:
1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
3. Über den Antragsteller wird eine Ordnungsstrafe von 600 EUR verhängt.
Begründung
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss, mit dem der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Amtshaftungsklage abgewiesen wurde; es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Darüber hinaus verhängte das Rekursgericht über den Antragsteller eine Ordnungsstrafe in Höhe von 300 EUR wegen beleidigender Ausfälle in seinem Rekurs. Er werfe dem Erstrichter Schädigungsvorsatz vor, bezeichne die Begründung des angefochtenen Beschlusses als „sinnlose und unsinnige Ausführungen“, die Beschlüsse des Erstrichters als „Pamphlete“ und in der Vergangenheit ergangene Beschlüsse als „frühere Ergüsse“. Damit habe sich der Antragsteller entgegen dem Regelungszweck des § 86 ZPO keiner sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise bedient. Es sei eine angemessene Ordnungsstrafe zu verhängen, weil die Ausdrucksweise nichts mehr mit berechtigter Kritik an einer gerichtlichen Entscheidung zu tun habe.
Rechtliche Beurteilung
1. Soweit sich das Rechtsmittel des Antragstellers gegen die Entscheidung über die Verfahrenshilfe richtet, ist es ‑ worauf schon das Rekursgericht hingewiesen hat ‑ gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen. Zu einer inhaltlichen Überprüfung ist der Oberste Gerichtshof somit nicht berufen.
2. Der Rekurs gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe ist zwar zulässig (RIS‑Justiz RS0036270; vgl auch RS0121603), aber nicht berechtigt. Eine Nichtigkeit wegen Ausgeschlossenheit der Mitglieder des Rekurssenats liegt entgegen der Auffassung des Rekurswerbers nicht vor, ist doch das Rekursgericht von § 9 Abs 4 AHG nicht erfasst; die beabsichtigte Amtshaftungsklage soll nicht auf einen Fehler dieses Gerichtshofs gestützt werden.
Wie bereits das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, ordnet § 86 ZPO an, dass gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt, eine Ordnungsstrafe zu verhängen ist, wobei nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen ist, ob eine solche Beleidigung vorliegt (RIS‑Justiz RS0036303; RS0036397 [T5]; RS0036256). Wie der Rekurswerber selbst erkennt, ist der von ihm verwendete Ausdruck „Pamphlet“ im gegebenen Zusammenhang dahin zu verstehen, dass er dem Erstgericht eine überspitzte und polemische Argumentation vorwirft, bei der die sachliche Argumentation in den Hintergrund tritt. Eine derartige Äußerung ist zweifellos ebenso als Beleidigung aufzufassen wie der Vorwurf, der erstgerichtliche Beschluss enthalte „sinnlose und unsinnige Ausführungen“. Auch wenn eine gerichtliche Entscheidung inhaltlich unrichtig sein sollte ‑ was hier vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann ‑ hat sich eine Prozesspartei dagegen mit sachlichen Argumenten zu wehren. Persönliche Angriffe gegen das Entscheidungsorgan und beleidigende Kritik haben keinen Argumentationswert und haben daher zu unterbleiben (vgl RIS‑Justiz RS0036327 [T1]). Nachdem sich der Antragsteller nicht an diese gesetzlichen Vorgaben gehalten hat, hat das Rekursgericht zu Recht eine Ordnungsstrafe verhängt.
3. Da die Rechtsmittelschrift des Antragstellers neuerlich entgegen § 86 ZPO beleidigende Ausfälle enthält, ist auch dies mit einer angemessenen Ordnungsstrafe zu sanktionieren, die gegenüber der vorigen höher ausfallen muss, um dem Antragsteller vor Augen zu führen, dass sein Fehlverhalten nicht toleriert werden kann, und seine Auffassung, er sei berechtigt, seiner Ansicht nach unrichtige Entscheidungen auch mit beleidigenden Formulierungen zu kritisieren, unrichtig ist.
Wie bereits dargelegt wurde, geht es auch im Rechtsmittelverfahren darum, dass der Rechtsmittelwerber den Argumenten der angefochtenen Entscheidung auf sachlicher Ebene entgegentritt und dabei versucht, aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen die Begründung der angefochtenen Entscheidung unrichtig ist. Beleidigende Formulierungen sind in diesem Zusammenhang weder der Sache dienlich noch sonst angebracht. Wenn der Antragsteller in seiner Eingabe unter anderem ausführt, es sei eine unvorstellbare Schande für die Justiz, wenn ein Verfahrenshilfeantrag volle drei Jahre benötigt und schließlich lauter Unsinn herauskommt, den Vorwurf erhebt, „die Justiz“ versuche mündige Bürger mit dümmsten Argumenten und Einschüchterungsversuchen mundtot zu machen, oder Entscheidungsorganen vorwirft, sie wollten lediglich ruhig dahin dösen und seien ihm gegenüber zweifelsfrei voreingenommen, weil auszuschließen sei, dass Fehlleistungen aus Inkompetenz oder aus fehlender Lesekompetenz gepaart mit fehlendem Verstehen des Gelesenen produziert würden, ist die Grenze berechtigter Kritik an einer Verfahrenspartei unangenehmen Gerichtsentscheidungen zweifellos weit überschritten. Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die vom Antragsteller beklagte lange Verfahrensdauer darauf zurückzuführen ist, dass er wiederholt erfolglose Ablehnungsanträge und Rechtsmittel erhoben hat, weshalb für ihn auch subjektiv klar sein muss, dass nicht „die Justiz“ für die Verfahrensdauer verantwortlich ist.
Angesichts der (aktenkundigen) Vermögensverhältnisse des Antragstellers ist der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen (§ 220 Abs 1 ZPO) nicht auszuschöpfen.
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