OGH 1Ob828/53

OGH1Ob828/533.12.1953

SZ 26/296

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1333
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1336
Ratengesetz §3
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1333
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1336
Ratengesetz §3

 

Spruch:

Die bei einem Ratengeschäft getroffene Vereinbarung, daß bei Nichteinhaltung der vereinbarten Zahlungstermine der gesamte Restkaufschilling fällig werde und überdies - vom gesamten Betrag - Verzugszinsen in Höhe von 1% pro Monat in Anrechnung gebracht werden, ist bezüglich der Zinsen eine gemäß § 3 Abs. 2 RatenG. ungültige Vereinbarung einer Konventionalstrafe.

Entscheidung vom 3. Dezember 1953, 1 Ob 828/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die klagende Partei verlangt von der Beklagten die Bezahlung von 525 S samt vereinbarten 1% Zinsen pro Monat von 510 S ab 1. März 1952 auf Grund eines Ratengeschäftes. Wegen Nichterscheinens der Beklagten bei der ersten Tagsatzung hat das Erstgericht mit Versäumungsurteil vom 20. April 1953 die Beklagte zur Bezahlung von 510 S samt 4% Zinsen seit 1. März 1952 und der mit 31.50 S bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen verurteilt, jedoch das Mehrbegehren von 15 S und das Zinsenmehrbegehren mit der Begründung abgewiesen, daß das Zinsenbegehren von 1% pro Monat, somit von 12% pro Jahr, § 2 der Ausbeutungsverordnung vom 17. März 1933, BGBl. Nr. 66, widerspreche und daher unzulässig sei.

Das Berufungsgericht hat dagegen mit dem angefochtenen Urteil in Abänderung der erstrichterlichen Entscheidung der klagenden Partei 1% Zinsen pro Monat von 510 S vom 1. März 1952 zugesprochen, da es sich um Verzugszinsen handle und die klagende Partei einen durch den Verzug der Beklagten ihr entstandenen Schaden behaupte, das Vorbringen der klagenden Partei gemäß § 396 ZPO. für wahr zu halten sei und die Vereinbarung von Verzugszinsen in der Höhe von 1% monatlich mit Rücksicht auf die gerichtsbekannten Verhältnisse auf dem Geldmarkt durchaus üblich erscheine, die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausbeutungsverordnung aber überhaupt nicht gegeben seien.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil im Ausspruch über die Zinsen wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Durch das Vorbringen in der Klage selbst ist das Zinsenbegehren von 1% pro Monat nicht gedeckt, weil Tatsachenbehauptungen zur Begründung der Höhe der verlangten Zinsen überhaupt fehlen. Die Behauptung der klagenden Partei bei der ersten Tagsatzung, daß sie selbst 1% pro Monat zwecks Kreditbeschaffung bei der Kreditanstalt bezahle, genügt noch nicht zur Rechtfertigung des Zinsenbegehrens, zumal nicht klar daraus hervorgeht, daß sie wegen des Verzuges der Beklagten einen Kredit zu diesen Bedingungen habe aufnehmen müssen oder einen bereits vorher aufgenommenen Kredit nicht habe zurückzahlen können, also der klagenden Partei ein konkreter Schaden in dieser Höhe aus dem Verzug der Beklagten erwachsen sei. Auch könnten dann die Zinsen nur von den einzelnen Teilbeträgen und von den für diese vereinbarten Fälligkeitstermine, nicht aber von der ganzen zufolge Terminsverlustes fällig gewordenen Summe begehrt werden. Was die klagende Partei in dieser Richtung ergänzend in ihrer Berufung ausgeführt hat, kann wegen des Neuerungsverbotes nicht beachtet werden. Hievon abgesehen hat jedoch die klagende Partei schon in der Klage die Teilzahlungsvereinbarung vorgelegt und sich auf deren Inhalt berufen. Diese war daher zur Ergänzung des mangelhaften Klagsvorbringens heranzuziehen und als Teil desselben zu behandeln. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung wurde zwischen den Streitteilen ausgemacht, daß bei Nichteinhaltung der vereinbarten Zahlungstermine der gesamte Restkaufschilling fällig werde und außerdem Verzugszinsen von 1% pro Monat in Anrechnung gebracht werden. In Übereinstimmung damit werden diese vereinbarten Verzugszinsen in der Klage nicht von den einzelnen Teilbeträgen und den für sie festgesetzten Zahlungsterminen gerechnet, sondern von dem ganzen, zufolge des vereinbarten Terminsverlustes fällig gewordenen Betrag von 510 S u. zw. ab 1. März 1953, dem Tag der Fälligkeit der zweiten Rate. Hier handelt es sich also um eine Vereinbarung, wonach erst im Falle des Verzuges außer dem Eintritt des Terminsverlustes ohne Rücksicht auf ein Verschulden der Käuferin am Verzug noch Zinsen in einer bestimmten Höhe für eine bei rechtzeitiger Entrichtung der Raten unverzinsliche Schuld zu bezahlen sind. Einer derartigen Zinsenvereinbarung kommt der Charakter einer Vertragsstrafe zu (vgl. GlUNF. 3519, Wolff - Klang Komm. 2. Auflage zu § 1336, S. 187). Die Vereinbarung einer anderen Vertragsstrafe als des Terminverlustes ist aber bei Ratengeschäften gemäß § 3 Abs. 2 Ratengesetz ungültig. Da es sich bei dieser gesetzlichen Bestimmung um eine zwingende Norm handelt, war die Unzulässigkeit, obwohl es sich um ein Versäumnisurteil handelt, von Amts wegen wahrzunehmen.

Aus diesen Erwägungen erscheint die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens allerdings gerechtfertigt, wenn auch aus anderen Gründen, als jenen die das Erstgericht herangezogen hat. Denn die Ausbeutungsverordnung ist mangels der in der Einleitung vor § 1 angeführten Voraussetzungen hier nicht anwendbar.

Es war daher der Revision Folge zu geben und wie im Spruche zu erkennen.

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