Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.069,20 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 3.178,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung
Mit der am 16.4.1981 beim Erstgericht eingebrachten Amtshaftungsklage begehrte die klagende Partei die Verurteilung des beklagten Rechtsträgers zum Ersatz ihres mit S 5,504.280,- bezifferten Schadens, weil ihr dessen Organe die Bebauungsbestimmungen schuldhaft verspätet bekannt gegeben hätten, ferner zur Verzinsung des Schadensbetrags entsprechend der von ihr Banken geschuldeten Sollzinsen in unterschiedlicher, stets aber 4 % übersteigender Höhe, unter anderem zur Zahlung von 9,75 % Zinsen seit 13.8.1983. Nachdem das Erstgericht die Verhandlung am 16.6.1989 geschlossen hatte, gab es dem Klagebegehren samt den bis 30.4.1984 angesprochenen Zinsen zur Gänze, dem weiteren Zinsenbegehren ab 1.5.1984 jedoch nur im Ausmaß von 4 % aus dem Klagsbetrag statt, unterließ es jedoch, das Zinsenmehrbegehren im Spruch seines Urteils ausdrücklich abzuweisen. Die Entscheidung über das Zinsenbegehren begründete es damit, die klagende Partei habe den Beweis höherer als der gesetzlichen Zinsen nur bis zum 30.4.1984 angetreten. Dieses Urteil erwuchs nach Erschöpfung des Instanzenzugs in Rechtskraft.
Mit der nun vorliegenden Amtshaftungsklage begehrte die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 2,105.387,- sA. Sie brachte vor, sie habe auch für die Zeit ab dem 1.5.1984 Kredit in einem den im Vorprozeß zuerkannten Betrag übersteigenden Ausmaß in Anspruch nehmen und diesen in der Zeit zwischen 1.5.1984 und 30.6.1986 mit 10,5 %, zwischen 1.7.1986 bis 28.2.1987 mit 10,25 % und vom 1.3.1987 bis 30.6.1990 mit 10 % verzinsen müssen. Bei Bedachtnahme auf die bereits im Vorprozeß zuerkannten Zinsen habe ihr Zinsenmehraufwand für die genannten Zeiträume 6,5, 6,25 und 6 % betragen; daraus lasse sich der Klagsbetrag errechnen.
Die beklagte Partei beantragte Klagszurückweisung und hilfweise Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, für die Zeit vom 1.5.1984 an seien 4 % Zinsen für alle Zukunft zugesprochen worden; das Erstgericht habe dort das Zinsenmehrbegehren zwar nicht ausdrücklich, so doch schlüssig abgewiesen, sodaß der neuerlichen Einklagung die Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozeß entgegenstehe. Im übrigen seien die Zinsen, soweit sie vor dem 12.7.1987 abgereift seien, verjährt. Das Begehren werde auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 513.142,01 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1990 statt und wies das Mehrbegehren von S 1,592.245,- sA ab.
Es stellte fest, die klagende Partei habe ab 1984 bei verschiedenen Banken Kredit aufgenommen, den sie in der Zeit zwischen 17.6. und 20.10.1989 mit 8,75 %, vom 21.10 bis 21.11.1989 mit 9,75 %, vom 22.11.1989 bis 14.2.1990 mit 8,25 %, vom 15.2. bis 28.2.1990 mit 8,875 %, vom 1.3. bis 31.5.1990 mit 9,5 % und vom 1.6. bis 30.6.1990 mit 9,625 % habe verzinsen müssen. Sie habe in den angeführten Zeiträumen somit Zinsen in Höhe von S 166.259,-, S 47.050,03, S 105.750,-, S 18.737,02, S 131.801,01 und S 43.544,13 bezahlen müssen. Die Kredite hätten stets die im Vorprozeß zuerkannte Schadensersatzforderung von S 5,504.280,- überstiegen.
Rechtlich meinte das Erstgericht, für die Zeit bis zum Schluß der Verhandlung im Vorprozeß stehe der Einklagung von Zinsen die Rechtskraft der dort, wenngleich nicht im Spruch, so doch auch über das Zinsenmehrbegehren ergangenen Entscheidung entgegen. Ab diesem Zeitpunkt könne die klagende Partei, da die Schadenersatzpflicht der beklagten Partei aus der geltend gemachten Amtshaftung außer Frage stehe, diese auf den darauf entfallenden Zinsenmehraufwand von S 513.142,01 mit Erfolg in Anspruch nehmen; das Mehrbegehren sei dagegen abzuweisen.
Das Gericht zweiter Instanz hob das erstgerichtliche Urteil, das im abweislichen Teil unbekämpft geblieben war, im Zuspruch eines Teilbetrags von S 498.807,95 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1990 als nichtig auf, wie die Klage in diesem Umfang zurück, änderte das Urteil im Zuspruch des restlichen Teils von S 14.334,06 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1990 dahin ab, daß das Klagebegehren in diesem Umfang abgewiesen wird, und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte aus, im Vorprozeß sei das Klagebegehren - unter anderem - auf den Zuspruch von 9,75 % Zinsen seit 13.8.1983 ohne weitere Befristung dieser Zahlungspflicht gerichtet gewesen und habe sich deshalb auch auf die Zeit nach Schluß der Verhandlung erster Instanz im Vorprozeß erstreckt. Dort sei das 4 % übersteigende Zinsenbegehren ab 1.5.1984 abgewiesen worden. Die Entscheidung über das Zinsenbegehren habe daher im stattgebenden wie im abweislichen Teil den Schluß der Verhandlung erster Instanz hinausgereicht. Entfalte das Urteil über diesen Zeitpunkt hinaus Wirkungen, könne "nur eine Änderung des Sachverhalts zu einer Änderung des Urteilsspruchs in diesem zeitlichen Bereich führen". Ändere sich der Sachverhalt nicht, stehe die Rechtskraft der Entscheidung einer neuerlichen Einklagung entgegen. Eine Änderung im Sachverhalt liege im vorliegenden Fall aber nur insoweit vor, als die klagende Partei für den Zeitraum vom 17.6.1989 bis 30.6.1990 eine Verzinsung von mehr als 9,75 % behauptet habe. Da bereits im Vorprozeß über das Begehren von 9,75 % aus dem Klagsbetrag rechtskräftig abgesprochen worden sei, wirke das dort ergangene Urteil in diesem Umfang materielle Rechtskraft, sodaß bloß noch die Entscheidung über das weitere Zinsenbegehren von 0,25 % aus S 5,504.280,- ausstehe. Verzinse man den zuerkannten Betrag von S 5,504.280,- für den Zeitraum von zwölfeinhalb Monaten mit 0,25 %, so ergebe sich daraus ein Betrag von S 14.334,06. Somit sei die Klage im Umfang des (noch offenen) Begehrens von S 498.807,95 wegen entschiedener Streitsache zurückzuweisen. Im maßgeblichen Zeitraum vom 17.6.1989 bis 30.6.1990 sei der klagenden Partei nach den Feststellungen des Erstgerichts der Beweis, daß sie 9,75 % übersteigende Sollzinsen habe zahlen müssen, nicht gelungen, sodaß das Klagebegehren in diesem Umfang abzuweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem es die Klage aus formellen Gründen zurückweist (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), ist zwar jedenfalls zulässig (JAB, 991 BlgNR 17.GP, 12), das Rechtsmittel der klagenden Partei gegen den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluß des Gerichts zweiter Instanz ist jedoch nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin beschränkt sich in ihren Rekursausführungen auf die Darlegung, die Frage, in welchem Umfang die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung einem neuerlichen Begehren entgegenstehe, sei ausschließlich nach deren Spruch zu beurteilen. Da das Erstgericht im Vorprozeß das Zinsenmehrbegehren, das nun im vorliegenden Rechtsstreit erneut geltend gemacht wurde, im Spruch seines Endurteils nicht abgewiesen habe, hätte das Berufungsgericht die Klage nicht zurückweisen dürfen. Diesen Ausführungen kann indessen nicht beigepflichtet werden:
Das Erstgericht hat dem Zinsenbegehren im Spruch seines Urteils vom 28.8.1989 im Vorprozeß vom 1.5.1984 an nur in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes von 4 % stattgegeben. Es hat das Mehrbegehren auf Zuerkennung der begehrten höheren Zinsen im Urteilstenor zwar nicht ausdrücklich abgewiesen, in den Entscheidungsgründen jedoch dargelegt, der klagenden Partei sei der "nachgewiesene" erhöhte Zinsfuß zuzuerkennen, weil das schadensstiftende Verhalten einerseits grob fahrlässig gewesen und der beklagten Partei auch bei der Schadensabwicklung der gleiche Verschuldensgrad anzulasten sei. Damit hat das Erstgericht im Vorprozeß seinen Entscheidungswillen, dem Zinsenbegehren über das Ausmaß der gesetzlichen Zinsen (4 %) hinaus nur insoweit stattzugeben, als die klagende Partei einen entsprechenden Kreditdebetsaldo und den sie belastenden Zinsfuß nachgewiesen habe, und das darüber hinausgehende Zinsenmehrbegehren mangels des erforderlichen Nachweises nicht als berechtigt zu erkennen, mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Das Urteil und seine (materielle) Rechtskraft erstrecken sich demnach auf das gesamte Klagebegehren, auch wenn das Erstgericht im Vorprozeß das Zinsenbegehren im abweislich beschiedenen Teil (mehr als 4 % ab 1.5.1984) versehentlich nicht im Spruch erwähnt hat. Keinesfalls ist der den Rekursausführungen unterstellte Schluß zulässig, das Erstgericht im Vorprozeß habe erkennbar über das Zinsenbegehren nur im stattgebenden Teil entscheiden wollen, sodaß das Mehrbegehren mangels Bekämpfung seiner Nichterledigung im Rechtsmittelverfahren aus dem Prozeßrechtsverhältnis ausgeschieden sei (vgl. hiezu SSV-NF 5/26).
Die Richtigkeit der hier getroffenen Lösung der Frage, ob sich die Wirkungen der materiellen Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß, insbesondere das daran geknüpfte Wiederholungsverbot (vgl Fasching, LB2 Rz 1500), auch auf das im Spruch nicht erledigte Zinsenmehrbegehren erstrecken, läßt sich auch an Hand der Erwägungen nachweisen, daß das Erstgericht im Vorprozeß die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens im Berichtigungsweg (§ 419 ZPO) nachtragen könnte. Die im Urteilsspruch unterlassene ausdrückliche Abweisung eines Teils des Klagebegehrens kann auf diesem Weg dann eingefügt werden, wenn die Diskrepanz zwischen Klagebegehren und entschiedenem Betrag aus dem Urteil klar hervorgeht, die Tatsache der Teilabweisung, deren Ausmaß und deren Begründung also in den Entscheidungsgründen angeführt sind (Fasching, Komm IV 810 f). Da die Parteien im Vorprozeß aus den schon angestellten Erwägungen über den wahren Inhalt des Ausspruchs des Erstgerichts keine Zweifel haben konnten, sodaß deshalb auch die Berufungsfrist bei Berichtigung des Urteilsspruchs schon mit der Zustellung des nicht berichtigten Urteils in Gang gesetzt worden wäre (RZ 1983/5; EvBl 1981/131; JBl 1978, 100; SZ 27/219 uva), müssen sich die Wirkungen des Urteils, insbesondere dessen materielle Rechtskraft, in solchen Fällen denknotwendig schon von Anfang an, also auch ohne Berichtigung, auch auf die nur in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebrachte Erledigung des Klagebegehrens erstrecken. Dies ist eine notwendige Konsequenz des Wesens der Entscheidungsberichtigung, weil durch diese die vom Richter gewollte Entscheidung inhaltlich unverändert bleibt (Fasching, LB2 Rz 1567).
Daher lägen die Dinge nicht anders, würde die Berufungsfrist im Falle der Berichtigung durch die Einfügung der Teilabweisung erst mit Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung in Gang gesetzt werden (SpR 8 uva). Auch in diesen Fällen wird durch die Berichtigung der Inhalt der Entscheidung nicht verändert; der Beginn der Rechtsmittelfrist wird nur deshalb an die spätere Zustellung geknüpft, weil die Parteien erst durch die Berichtigung volle Klarheit über den Inhalt der Entscheidung erlangen.
Zu Recht hat das Berufungsgericht daher entschiedene Streitsache angenommen, sodaß dem Rekurs der klagenden Partei ein Erfolg versagt bleiben muß.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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