Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte wurde mit Versäumungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 31.10.1979, 13 Cg 330/79, verurteilt, der klagenden Partei den Betrag von 231.113,-- S samt Anhang bei Exekution zu bezahlen. Gegen dieses Versäumungsurteil erhob er im Juni 1985 Berufung, in der er auch geltend machte, daß die 1979 vorgenommenen Zustellungen der Klage sowie des Versäumungsurteiles nicht wirksam gewesen seien. Nach Erhebungen des Erstgerichtes über die Rechtzeitigkeit der Berufung wurde der Akt dem Oberlandesgericht Wien am 18.3.1986 zu 12 R 73/86 zur Entscheidung vorgelegt. Vom Berufungssenat wurde der Akt am 30.3.1987 dem Erstgericht mit dem Ersuchen rückgeleitet, die behauptete Prozeßunfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Zustellung von Klage und Versäumungsurteil unter Berücksichtigung seiner Anträge zu überprüfen und den Akt nach Abschluß der Erhebungen wieder vorzulegen. Eine Wiedervorlage ist bisher nicht erfolgt. Am 26.11.1987 brachte der Beklagte beim Landesgericht für ZRS Wien gegen die Republik Österreich eine Amtshaftungsklage ein, mit der er die Fällung des Urteiles begehrte, es werde im Verhältnis zwischen ihm und der Republik Österreich festgestellt, daß die Republik Österreich ihm für allen und jeden Schaden zu haften habe, den er aus der Nichterledigung seiner Berufung gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 31.Oktober 1979, 13 Cg 330/79, in der Zeit vom 12.März 1986 bis 30.März 1987 durch das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht erleide. Er führte aus, der Berichterstatter Mag. Walter H*** und der Senatsvorsitzende Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. Gerhard W*** hätten gegen die Bestimmung des § 57 Abs 1 RDG schuldhaft verstoßen. Es sei offensichtlich, daß der Berichterstatter die ihm zur Erledigung zugewiesenen Rechtssachen nicht in der Reihenfolge ihres Anfalles erledigte. Dem Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Gerhard W*** hätte auf Grund des von ihm geführten Hilfsregisters oder bei der gemäß § 369 Abs 1 Geo vierteljährlich vorzunehmenden Prüfung der Eintragungen im Register auffallen müssen, daß diese Rechtssache noch nicht erledigt sei. Der Beklagte habe durch diese Verzögerung bei der Erledigung seines Rechtsmittels jedenfalls einen vermögensrechtlichen Schaden erlitten, weil dadurch das Endergebnis des Prozesses 13 Cg 330/79 des Landesgerichtes für ZRS Wien mindestens um ein Jahr später vorliegen werde, als dies bei zeitgerechter und pflichtgemäßer Erledigung der Berufung der Fall sein könnte. Die ziffernmäßige Höhe dieses Schadens sei derzeit nicht absehbar, weshalb er die Anerkennung seiner Amtshaftungsansprüche dem Grunde nach begehre. Der Oberste Gerichtshof bestimmte mit Beschluß vom 7.12.1987, 1 Nd 19/87, gemäß § 9 Abs 5 AHG das Landesgericht für ZRS Graz zur Verhandlung und Entscheidung über diese Amtshaftungsklage. Bei diesem Gericht ist das Verfahren anhängig, die Klagebeantwortung wurde erstattet. Mit dem am 23.12.1987 eingelangten Antrag lehnte der Beklagte den Vorsitzenden des Senates 12 des Oberlandesgerichtes Wien, Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Gerhard W***, und den Berichterstatter, Richter des Oberlandesgerichtes Mag. Walter H***, wegen mangelnder Unparteilichkeit ab. Durch die einjährige Anhängigkeit des Aktes beim Berufungsgericht bis zur Rückleitung an das Erstgericht sei eine auffällige und nicht begründete Verzögerung des Berufungsverfahrens gegeben. Der Beklagte sei in seinem Anspruch auf Erledigung der Rechtssache innerhalb angemessener Frist beeinträchtigt. Er habe daher Amtshaftungsansprüche wegen dieser Verzögerung geltend gemacht. Die Einbringung der Amtshaftungsklage rechtfertige es, die volle Unparteilichkeit der beiden Richter ernstlich in Zweifel zu ziehen, weil im Hinblick auf eine möglicherweise eintretende Regreßpflicht dieser Richter nach § 3 Abs 1 AHG ein Ausschließungstatbestand im Sinne des § 20 JN auch in jener Rechtssache hergestellt werde, die mit diesem behaupteten Amtshaftungsanspruch zusammenhänge.
Das Oberlandesgericht Wien wies diesen Ablehnungsantrag zurück. Ein Ausschließungsgrund nach § 20 Z 1 JN sei nur in Sachen gegeben, in denen der Richter selbst Partei sei oder in Ansehung derer er zu einer der Parteien in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regreßpflichtigen stehe. Dies treffe auf die beiden abgelehnten Richter nicht zu, weil sie eine Regreßpflicht in dem Streitgegenstand dieses Prozesses zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten auch dann nicht treffen könne, wenn sie im Amtshaftungsverfahren regreßpflichtig würden. Gegenstand des Amtshaftungsverfahrens sei ein allenfalls durch die Verzögerung entstandener Schaden, nicht aber die geltend gemachte Forderung der klagenden Partei. Der Beklagte habe selbst nicht aufzuzeigen vermocht, aus welchen Erwägungen sich daraus, daß der Akt vom Berufungsgericht erst nach einem Jahr dem Erstgericht zu Erhebungen über Behauptungen des Beklagten rückgeleitet worden sei, eine Parteilichkeit oder Voreingenommenheit gegen ihn ergeben sollte. Auf Grund dieses Sachverhaltes sei kein Anhaltspunkt für eine Voreingenommenheit gegen den Beklagten zu erkennen. Die vom Beklagten jetzt geltend gemachten Amtshaftungsansprüche wegen Verfahrensverzögerung seien kein tauglicher Ablehnungsgrund, weil angenommen werden müsse, daß ein Richter auch dann unbefangen entscheiden könne, wenn gegen ihn Anzeigen, Beschwerden oder auch Amtshaftungsansprüche erhoben würden. Sonst könnte jede Partei einen ihr nicht genehmen Richter durch die bloße Behauptung von Amtshaftungsansprüchen ausschalten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten, in dem er nur mehr das Vorliegen von Befangenheitsgründen behauptet, ist nicht berechtigt. Gemäß § 19 Z 2 JN kann ein Richter von einer Prozeßpartei abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Der abgelehnte Richter ist nach ständiger Rechtsprechung (RZ 1984/81; SZ 43/104; JBl 1954, 286 uva) dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die solche Zweifel nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen; dabei genügt es, daß eine solche Befangenheit mit Grund befürchtet werden muß (RZ 1984/81 ua). Es genügt, daß eine Partei nach dem äußeren Anschein berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit haben kann (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EuGRZ 1985, 301, 303 Z 30 und EuGRZ 1985, 336, 340 Z 42). Solche Umstände liegen aber nicht vor. Die bloße Tatsache, daß der Beklagte Amtshaftungsansprüche geltend machen könnte, weil eine Berufungsentscheidung in einem Verfahren, in dem er Partei ist, nicht rechtzeitig erging, läßt für sich allein noch keine objektive Besorgnis der Befangenheit der im Senat tätigen Richter annehmen; andernfalls könnte jeder Richter durch Behauptung und Geltendmachung solcher Ansprüche als befangen abgelehnt und damit von der Entscheidung ausgeschaltet werden (JBl 1965, 92). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn Amtshaftungsansprüche bereits erhoben wurden, jedenfalls so lange, als die Richter vom beklagten Rechtsträger noch nicht durch Streitverkündung für einen Rückersatzanspruch haftbar erachtet wurden (§ 10 Abs 1 AHG). Es müssen dann besondere Umstände hinzutreten, um Zweifel an der Unbefangenheit der deshalb abgelehnten Richter annehmen zu können (1 Ob 2/88).
Solche konkreten Zweifel werden erstmals im Rekurs behauptet. Die abgelehnten Richter hätten es (theoretisch) an der Hand, durch die Bestätigung des angefochtenen erstgerichtlichen Urteiles die geltend gemachten Amtshaftungsansprüche und damit auch allfällige Regreßansprüche gegen sie endgültig zunichte zu machen. Der Beklagte machte aber in der nunmehr zu 13 Cg 5/88 des Landesgerichtes für ZRS Graz anhängigen Amtshaftungsklage als Kläger ausdrücklich nur einen Verzögerungsschaden geltend; sein Feststellungsbegehren wird darauf gestützt, daß er einen vermögensrechtlichen Schaden dadurch erlitten hat, weil das Endergebnis des Prozesses 13 Cg 330/79 des Landesgerichtes für ZRS Wien mindestens um ein Jahr später vorliegen wird als bei rechtzeitiger und pflichtgemäßer Erledigung der Berufung. Es handelt sich demnach um einen vom Beklagten behaupteten, nicht näher substantiierten Schaden, der unabhängig von der Entscheidung über die eingebrachte Berufung bereits eingetreten sein müßte oder eintreten könnte, so daß eine negative Berufungsentscheidung seinen Feststellungsanspruch nicht beeinflussen könnte. Es liegt daher entgegen den Ausführungen im Rekurs kein der Entscheidung EvBl 1963/211 vergleichbarer Sachverhalt vor. Dort wurde ausgesprochen, daß von der Entscheidung über einen Antrag auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Führung eines Amtshaftungsprozesses derjenige Richter ausgeschlossen ist, aus dessen angeblich grob fahrlässigem Verhalten der Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird.
Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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