OGH 1Ob776/76

OGH1Ob776/761.12.1976

SZ 49/148

Normen

ABGB §650
ABGB §810
AußStrG §145
ABGB §650
ABGB §810
AußStrG §145

 

Spruch:

Einem Miterben, dem durch Praelegat die inländischen Vermögenswerte des Erblassers überlassen wurden, kann die Besorgung und Verwaltung dieses Vermögens überlassen werden, auch wenn der Miterbe in Form eines Sublegates verpflichtet wurde, dem anderen Miterben einen Teil des Erträgnisses dieses Vermögens zukommen zu lassen OGH 1. Dezember 1976, 1 Ob 776/76 (LGZ Wien 44 R 265/76; BG Innere Stadt Wien 6 A 460/76)

Text

Mit letztwilliger Erklärung vom 10. Dezember 1975 setzte der Erblasser seine Ehegattin Helene M und Friederike S zu "gleichteiligen Erben" vorbehaltlich einer folgenden Aufteilung unter III ein. Nach dieser hinterließ der Erblasser seiner Ehegattin u. a. alle in Österreich befindlichen Vermögenswerte mit der Verpflichtung, auf Lebensdauer der Friederike S an diese 50% des Ertrages der dem Erblasser zustehenden Gewinnbeteiligungen aus dem Verlagskomplex Hermann T zu bezahlen; Friederike S kamen (im Ausland befindliche) Vorausvermächtnisse zu, außerdem die 50%ige Gewinnbeteiligung. Friederike S gab auf Grund dieses Testamentes zur Hälfte des Nachlasses unter Berücksichtigung der im Punkt III des Testamentes verfügten Praelegate die bedingte Erbserklärung ab, Helene M zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung; beide wurden vom Verlassenschaftsgericht angenommen.

Die erblasserische Witwe beantragte, ihr die Verwahrung und Verwaltung der Verlassenschaft, soweit sich die Vermögenswerte in Österreich befinden, zu übertragen.

Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.

Über Rekurs der Friederike S änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß insoweit ab, als es den Antrag der Witwe, ihr auch die Besorgung und Verwaltung des Verlagskomplexes Hermann T zu übertragen, abwies. Miterben sei das Verwaltungs- und Vertretungsrecht des Nachlasses gemeinsam zu überlassen, es sei denn, sie einigten sich auf einen von ihnen oder einen Dritten. Widersprechende Erbserklärungen verhinderten die Überlassung der Besorgung des Nachlasses, da in einem solchen Fall der Ausweis des Erbrechtes erst mit der rechtskräftigen Erledigung des Erbrechtsprozesses als erbracht angesehen werden könne. Im vorliegenden Fall lägen widersprechende Erbserklärungen vor, da die Witwe ihre Erbserklärung zum gesamten Nachlaß, Friederike S zu dessen Hälfte abgegeben habe. Keiner der beiden Erbinnen hätte daher die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen werden dürfen. Nur weil Friederike S mit der Überlassung der Besorgung und Verwaltung des in Österreich befindlichen Nachlasses durch die Witwe mit Ausnahme des Verlagskomplexes Hermann T einverstanden sei, habe es insoweit beim erstgerichtlichen Beschluß zu verbleiben. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht zunächst zu klären haben, ob die von der Witwe abgegebene Erbserklärung nicht nur irrtümlich auf den gesamten Nachlaß bezogen worden sei. Sollte dies der Fall sein, werde der Erbrechtsausweis mit Recht als erbracht anzusehen und beiden Erbinnen gemeinsam die Besorgung und Verwaltung des Verlagskomplexes Hermann T zu überlassen sein. Sonst werde nach den §§ 125 ff. AußStrG vorzugehen und im Falle dringender Verwaltungshandlungen ein Verlassenschaftskurator mit auf den Verlagskomplex Hermann T eingeschränkten Wirkungsbereich zu bestellen sein.

Über Revisionsrekurs der Witwe änderte der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Rekursgerichtes dahin ab, daß er den Beschluß des Erstgerichtes vollinhaltlich wieder herstellte.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Aus der Formulierung "dem Erben" (und nicht etwa "einem Erben") im § 145 AußStrG (vgl. auch § 810 ABGB) hat die ständige Rechtsprechung den Schluß gezogen, daß die Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft an einen Erben grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn entweder nur ein Erbe vorhanden ist oder bei Vorhandensein mehrerer Miterben deren Gesamtheit verlangt, daß ihr als Gesamtheit oder einem der Erben die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft übertragen werden soll; die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich schon aus § 550 ABGB, wonach mehrere Erben in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbrechtes vor der Einantwortung für eine Person angesehen werden. Den Miterben steht das Recht auf Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft also grundsätzlich nur zur ungeteilten Hand zu (NZ 1974, 25; RZ 1938, 13), sie haben eine Rechtsgemeinschaft zu bilden, auf die die Bestimmungen der §§ 833 ff. ABGB anzuwenden sind (SZ 38/168 u. a.). Hingegen ist es grundsätzlich nicht zulässig gegen den Willen eines oder mehrerer der Erben die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft einem einzelnen Miterben zu übertragen, weil dann das durch die angeführten Gesetzesbestimmungen begrundete Recht dadurch, daß es nur dem einen Erben zugesprochen wird, dem anderen Miterben genommen würde (NZ 1974, 25 und die dort zitierte weitere Judikatur und Literatur). Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz können nur dann gemacht werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen (NZ 1974, 25; Weißin Klang[2], III, 159). Das ist etwa der Fall, wenn ein Miterbe bereits zum Übernehmer des Hofes (Anerben; §§ 7 ff. Kärntner Erbhofgesetz) bestimmt wurde (in diesem Sinne 2 Ob 814/52). Nichts anderes hat zu gelten, wenn der Erblasser etwa anordnete, daß ein bestimmter Erbe ein Unternehmen weiterzuführen und die Geschwister auszuzahlen habe; durch eine solche Erbteilungsvorschrift wurde das Unternehmen nur einem der Erben zugewendet; in diesem Falle ist auch die einstweilige Vertretung der Verlassenschaft diesem Erben anzuvertrauen (8 Ob 215/65). Einem solchen in einem Praelegat zum Ausdruck gebrachten Willen des Erblassers muß auch schon im Verlassenschaftsverfahren entsprochen werden (Demelius, Das kaufmännische Nachlaßverfahren, 142). Im vorliegenden Fall ist der Inhalt der letztwilligen Anordnung, auch wenn entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses bisher zu einer Hälfte des Nachlasses tatsächlich widersprechende Erbserklärungen vorlagen, die erst durch die nunmehrige Erklärung der Witwe im Revisionsrekurs behoben wurden, in dem für die Entscheidung des Revisionsrekurses maßgeblichen Teil unbestritten. Danach kommender Witwe in Form eines Vorausvermächtnisses (§ 648 ABGB) alle in Österreich befindlichen Vermögenswerte zu. Damit wurde allerdings die Verpflichtung verbunden, 50% des Ertrages aus dem Verlagskomplex Hermann T auf Lebensdauer der Friederike S zukommen zu lassen. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Auflage (Auftrag) im Sinne des § 709 ABGB, sondern, wie sich schon aus dem Inhalt der letztwilligen Verfügung ergibt, ebenfalls um ein Vermächtnis zugunsten der Friederike S, da der Erblasser zweifellos einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Legatarin Helene M begrunden wollte (siehe dazu EvBl. 1974/260; JBl. 1969, 666; Koziol - Welser[3] II, 250; Gschnitzer in Klang[2] III, 691; Ehrenzweig[2]II/2, 452). Es liegt ein sogenanntes Untervermächtnis (Sublegat) vor, das nach österreichischem Recht zulässig ist (§ 650 ABGB) und ein Forderungsrecht des Untervermächtnisnehmers als Gläubiger gegen den belasteten Vermächtnisnehmer als Schuldner erzeugt, aber - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme der Nichtannahme des Legats durch den Hauptlegatar (EvBl. 1975/43; Ehrenzweig, 538) abgesehen - keine Nachlaßverbindlichkeit darstellt (Weiß, 511). Nach dem unmißverständlichen Willen des Erblassers soll die Ausübung aller Rechte betreffend die in Österreich befindlichen Vermögenswerte der Verlassenschaft einschließlich des Verlagskomplexes Hermann T ausschließlich der Witwe zukommen; nach außen hin und insbesondere Hermann T, sowie allenfalls anderen Gesellschaftern oder Geschäftspartnern gegenüber soll ausschließlich die Witwe auftreten, nur im Innenverhältnis ist diese verpflichtet, 50% des erzielten Ertrages Friederike S auszufolgen. Diesen Sinn des letzten Willens bestreitet Friederike S gar nicht; sie behauptete in ihrem gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs nur, daß die genaue Spezifizierung dessen, was als Verlagskomplex Hermann T gemeint gewesen sei, erst im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung zu erfolgen haben werde. Die Beurteilung des Umfanges des Verlagskomplexes Hermann T ist aber nur für den Umfang des allenfalls klagsweise geltend zu machenden Anspruches der Friederike S gegen die Witwe maßgebend, ändert aber nichts daran, daß die genaue österreichischen Vermögenswerte, ob sie zum Verlagskomplex gehören oder nicht, zuzukommen hat. Unter dieser Voraussetzung können aber keine Bedenken dagegen bestehen, der Witwe bereits jetzt die Besorgung und Verwaltung aller in Österreich befindlichen Nachlaßwerte zu übertragen. Gewiß ist damit auch das Recht zum Bezug der Einkünfte aus dem verwalteten Nachlaßvermögen verbunden (7 Ob 1 592/76; Weiß, 1013), was aber nichts daran ändert, daß die Witwe vorerst ohnehin nur Verwaltungsrechte erhält und, was den Verlagskomplex Hermann T betrifft, Friederike S gegenüber rechnungslegungspflichtig und zur Herausgabe der Hälfte des Ertrages des Verlagskomplexes verhalten sein wird.

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