Normen
ABGB §140
AnfO §2
AnfO §3
AnfO §6
AnfO §7
AnfO §8
AnfO §12
EO §1
ABGB §140
AnfO §2
AnfO §3
AnfO §6
AnfO §7
AnfO §8
AnfO §12
EO §1
Spruch:
Exekutionshandlungen eines Unterhaltsgläubigers aus im Zusammenwirken mit dem Unterhaltsschuldner geschaffenen überhöhten Unterhaltsverpflichtungen können mit dem Begehren auf Duldung der Befriedigung aus künftig fällig werdenden Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis des Unterhaltsschuldners vor den überhöhten Ansprüchen des Beklagten angefochten werden
OGH 10. November 1982, 1 Ob 756/82 (OLG Graz 4 R 101/82; KG Leoben 9 Cg 33/82)
Text
Die Ehe der Klägerin mit Johann R, dem Vater der minderjährigen Beklagten, wurde am 3. 5. 1979 gemäß § 55 Abs. 3 EheG aus dem alleinigen Verschulden des Ehemannes geschieden. Johann R lebte seit etwa 1970 in Lebensgemeinschaft mit Maria S, der Mutter der beklagten Kinder; diese erhielten durch die Eheschließung des Johann R mit Maria S am 16. 6. 1979 die Rechtstellung ehelicher Kinder.
Johann R verpflichtete sich am 12. 6. 1974 durch Vergleich, für die damals noch unehelichen Kinder ab 1. Juni 1974 einen Unterhalt von monatlich 900 S, 700 S und 500 S, zusammen daher 2100 S, zuhanden des Amtsvormundes zu bezahlen. Die Klägerin erwirkte auf Grund einer am 2. 1. 1975 eingebrachten Klage ein Urteil, mit dem ihr damaliger Ehemann Johann R ab 10. 1. 1975 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 3000 S verpflichtet wurde. Unmittelbar nach Zustellung der dieses Verfahren beendenden Entscheidung zweiter Instanz wurde den Beklagten am 29. 7. 1975 zu E 692/75 des BG Murau zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 28 400 S für die Zeit vom 1. 6. 1974 bis 31. 7. 1975 und der laufenden, ab 1. August 1975 weiterhin fällig werdenden Unterhaltsbeträge von zusammen 2100 S die Pfändung und Überweisung des Arbeitseinkommens des Johann R bewilligt. Maria S wurde über ihren Antrag vom 28. 7. 1975 mit Beschluß des BG Murau vom 29. 7. 1975, P 55/77, zur Vormunderin der beklagten Kinder bestellt. Am 12. 8. 1975 beantragte sie Unterhaltserhöhung auf 1200 S monatlich pro Kind. Diesem Antrag wurde mit Zustimmung des Johann R mit Beschluß vom 18. 8. 1975 stattgegeben. Am 29. 8. 1975 wurde der Klägerin zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 14 000 S für die Zeit vom 10. 1. bis 10. 8. 1975 und der ab 1. 9. 1975 fällig werdenden laufenden Unterhaltsbeträge von 3000 S ebenfalls die Pfändung und Überweisung des Arbeitseinkommens des Johann R bewilligt. Am 28. 6. 1976 wurde einem Antrag der Mutter, den Unterhalt der beklagten Kinder ab 1. 6. 1976 auf je 1500 S monatlich zu erhöhen, nach Zustimmung des Johann R stattgegeben. Auf Grund der Unterhaltserhöhungsbeschlüsse bewilligte das BG Murau zu E 961/78 zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 58 800 S für die Zeit vom 1. 6. 1976 bis 30. 9. 1978 und der ab 1. 10. 1978 fällig werdenden Unterhaltsbeträge von zusammen 2400 S monatlich - das ist die Differenz zwischen der bereits bewilligten Lohnexekution in der Höhe von 2100 S monatlich und dem erhöhten Unterhaltsbetrag - wiederum die Pfändung und Überweisung des Arbeitseinkommens des Johann R. Mit Urteil des BG Murau vom 29. 10. 1980, 3 C 6/80-26, wurde dem Begehren der Klägerin, Johann R ab 1. 10. 1979 zu einer erhöhten Unterhaltsleistung von 4000 S monatlich zu verpflichten, stattgegeben.
Eine von der Klägerin zur Hereinbringung offener Kosten des Scheidungsverfahrens in der Höhe von 6000 S gegen Johann R zu E 49/79 des BG Murau bewilligte Fahrnis- und Lohnexekution blieb ebenso erfolglos wie die zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 18 000 S und der Unterhaltserhöhungsbeträge von 1000 S monatlich zu E 310/81 des BG Murau bewilligte Lohnexekution, weil diese Forderungen im pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens des Johann R bei der Firma E (bisher) keine Deckung fanden. Aus einem von der Klägerin gegen diese Arbeitgeberin als Drittschuldnerin geführten Arbeitsgerichtsprozeß ergab sich nämlich, daß die Bezüge des Johann R unter Berücksichtigung der nach dem Lohnpfändungsgesetz eingeräumten Freibeträge nur zur Abdeckung der im ersten Pfandrang stehenden Unterhaltsforderung der beklagten Kinder in der Höhe von 2100 S monatlich (E 692/75 BG Murau), der im zweiten Pfandrang stehenden Unterhaltsforderung der Klägerin von 3000 S monatlich (E 789/75 BG Murau) und teilweise noch der im dritten Pfandrang stehenden Unterhaltsforderung der beklagten Kinder in der Höhe von 2400 S monatlich (E 961/78 BG Murau) ausreichten.
Die Klägerin stellte das Hauptbegehren, die Unwirksamkeit der von den Beklagten zu E 692/75 und E 961/78 des BG Murau erworbenen richterlichen Pfandrechte am Arbeitseinkommen des Johann R festzustellen und die Beklagten zur Einstellung dieser Exekutionsverfahren zu verpflichten, sowie die Eventualbegehren, die (relative) Unwirksamkeit dieser Pfandrechte gegenüber der in Exekution gezogenen Kostenforderungen der Klägerin und ihrer monatlichen Unterhaltsforderung in der Höhe von 1000 S monatlich ab 1. 10. 1979 auszusprechen, hilfsweise die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Duldung der Befriedigung der genannten Forderung der Klägerin vor den zu E 692/75 und E 961/78 des BG Murau erworbenen Pfandrechten zu verpflichten. Die Klägerin behauptet, daß mit dem Tage der Legitimation der Beklagten deren Geld Unterhaltsanspruch gegen ihren Vater erloschen sei. Als eheliche, im Haushalt der Eltern lebende Kinder hätten sie nur Anspruch auf Naturalunterhalt. Die Aufrechterhaltung der Pfandrechte durch Unterlassung der Einstellung der beiden Exekutionsverfahren verfolge nur den Zweck, die Befriedigung der Forderungen der Klägerin zu vereiteln; schon bei den Unterhaltsbemessungen, Unterhaltserhöhungen und Exekutionsführungen habe es sich um Scheinakte zum Nachteil der Klägerin gehandelt, da die beklagten Kinder stets im Haushalt ihrer Eltern naturalversorgt worden seien, so daß zu einer Unterhaltsfestsetzung und Exekutionsführung keine Veranlassung bestanden habe. Mit diesen Akten sei nur die Absicht verfolgt worden, die Forderungen der Klägerin gegen Johann R uneinbringlich zu machen.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendeten ein, daß zwischen Unterhaltsansprüchen ehelicher und unehelicher Kinder kein Unterschied bestehe, so daß mit der Legitimation der unehelichen Kinder auch kein Erlöschen vorher erworbener Exekutionstitel und Pfandrechte eintrete. Es seien keine Scheinexekutionen geführt worden. Die Beklagten, die mit ihren Unterhaltsansprüchen zur Klägerin in Konkurrenz stunden, hätten das Recht, ihre Ansprüche titulieren und exekutiv absichern zu lassen. Johann R habe überhaupt keine Rechtshandlung zum Nachteil der Klägerin vorgenommen, so daß der Anfechtungstatbestand nach § 2 Z 1 AnfO begrifflich ausgeschlossen sei. Was die übrigen Anfechtungstatbestände nach den §§ 2 und 3 AnfO betreffe, sei die zweijährige Anfechtungsfrist bei Klagseinbringung bereits abgelaufen gewesen.
Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Es stellte fest, daß Johann R im Zeitpunkte der Unterhaltsfestsetzung und Einleitung der Exekutionsverfahren durch die Beklagten Personalkreditraten von rund 2000 S monatlich zurückzuzahlen gehabt habe. Für PKW-Betriebskosten habe er monatlich zirka 2000 S auslegen müssen. Er sei zum Zeitpunkt der Stellung der Exekutionsanträge mit den Unterhaltszahlungen in Rückstand gewesen. Die exekutive Hereinbringung dieser Rückstände sei auf Anraten eines Beamten der BH Murau erfolgt. Eine anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners, die in Umtrieben im Einverständnis mit dem bevorzugten Gläubiger bestehen müßte, liege nicht vor. Das bloße Bestehenlassen des Zustandes vor der Eheschließung der Eltern könne nicht als ein Umtrieb gegen andere Gläubiger angesehen werden, so daß die Voraussetzungen nach § 2 AnfO nicht vorlägen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge. Es bestätigte das angefochtene Urteil - insoweit unbekämpft - im Ausspruch über das gesamte Hauptbegehren und das Eventualfeststellungsbegehren als Teilurteil und hob es im Ausspruch über das weitere auf Duldung gerichtete Eventualbegehren unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück. Das Erstgericht habe insoweit, von zum Teil unrichtigen Rechtsansichten ausgehend, erheblich erscheinende Tatsachen nicht erörtert, erhoben und festgestellt, so daß sein Verfahren iS des § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO mangelhaft geblieben sei. Die Klägerin fechte nicht nur die Unterlassung der Exekutionseinstellung, sondern auch alle zum richterlichen Pfandrechtserwerb der Beklagten führenden Rechtshandlungen und Unterlassungen des Schuldners Johann R an. Das Gesetz erkläre zwar - von hier nicht interessieren den Ausnahmen abgesehen - nur Rechtshandlungen und Unterlassungen des Schuldners für anfechtbar, doch kämen auch Rechtshandlungen von Gläubigern, insbesondere Exekutionsführungen mit Pfandrechtserwerb, als anfechtbare Rechtshandlungen in Betracht, wenn sie auf einer Kollusion mit einem Schuldner beruhten. Der Gläubiger habe, wenn die Exekution für einen an sich anfechtbaren Anspruch erwirkt worden sei, die Wahl, seine Anfechtung gegen den Anspruch, den Erwerb des Exekutionstitels oder den exekutiven Erwerb der Sache zu richten. Voraussetzung einer erfolgreichen Anfechtung sei die - im vorliegenden Fall derzeit nicht bestrittene - Befriedigungsverletzung des Anfechtungswerbers, aber auch eine Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung. Diese müsse noch geprüft werden. Da das derzeitige Einkommen des Johann R nicht ermittelt worden sei, könne nicht beurteilt werden, ob bei Stattgebung des Anfechtungsbegehrens ein Teil seines Einkommens zur Befriedigung der (nachrangigen) Unterhaltsansprüche der Klägerin (Erhöhungsbetrag von 1000 S monatlich) verfügbar wäre. Infolge der mit 1. 7. 1971 normierten Gleichstellung der Unterhaltsansprüche ehelicher und unehelicher Kinder sei durch die Legitimierung der beklagten Kinder keine Änderung in der Art ihres Unterhaltsanspruches eingetreten. Hätten die unehelichen Kinder seit 1. 7. 1971 im gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen gelebt, so hätten sie Anspruch auf Naturalunterhalt gehabt, der sich erst dann in einen Geldunterhaltsanspruch verwandelt hätte, wenn der Naturalunterhaltspflicht auch nur teilweise nicht entsprochen worden wäre. Einige Anfechtungstatbestände kämen wegen Fristablaufs nicht zur Anwendung. Der Titelerwerb in den Jahren 1974, 1975 und 1976 sowie der Pfandrechtserwerb in den Jahren 1975 und 1978 könne wegen Ablaufs der von der Klagseinbringung zurückzurechnenden Zweijahresfrist nur mehr nach § 2 Z 1 AnfO, also unter der Voraussetzung der Kenntnis der Beklagten von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners, angefochten werden. Dies schade aber der Klägerin nicht, weil sie unter mehreren Akten einer kausal verknüpften Kette anfechtbarer Rechtshandlungen die Wahl habe und bei Durchdringen auch nur mit der Anfechtung des letzten Gliedes dieser Kette den Klagserfolg erziele. Das letzte Glied dieser Kette, das nach den Klagsbehauptungen in der von den Beklagten in Kollusion mit dem Schuldner begangenen Unterlassungen - Nichteinstellung von Exekutionsverfahren - bestehe, sei jedenfalls innerhalb der Zweijahresfrist der §§ 2 Z 3 und 3 Z 1 AnfO gelegen. Anfechtbar wären demnach alle von Johann R allein oder von den Beklagten in Kollusion mit Johann R begangenen Handlungen und Unterlassungen nach § 2 Z 1 AnfO, wenn die Beklagten Kenntnis von einer Benachteiligungsabsicht des Schuldners gehabt hätten. Den Beklagten sei dabei die Kenntnis des jeweiligen gesetzlichen Vertreters (Amtsvormund; Vormunderin) zuzurechnen. Ein Indiz für das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht könne darin liegen, daß Johann R trotz Leistung des gesetzlich zustehenden Naturalunterhaltes eine Geldunterhaltsverpflichtung eingegangen sei oder daß eine (sachlich gerechtfertigte) Geldunterhaltsverpflichtung ohne wesentliche Änderung der Verhältnisse auf seiten der Berechtigten oder des Verpflichteten erhöht worden sei. Schon die Absicht nur eventueller Benachteiligung (dolus eventualis) reiche aus. Sie könne auch gegenüber erst künftig entstehenden Forderungen gegeben sein. Voraussetzung der Anfechtung sei also, daß die anfechtbaren Rechtshandlungen von Johann R in der Absicht der Benachteiligung der Klägerin gesetzt worden seien, es sei denn, daß den Beklagten bzw. deren gesetzlichen Vertretern diese Absicht des Schuldners weder bekannt gewesen sei noch habe bekannt sein müssen (§ 2 Z 3 AnfO). Im Falle einer Benachteiligungsabsicht des Johann R könnten die Beklagten wegen Identität von Schuldner und gesetzlichem Vertreter diese schuldlose Unkenntnis nicht beweisen; diesfalls wäre die Anfechtung erfolgreich. Anfechtbar wären die mit der Weiterführung der Exekutionen verbundenen Unterlassungen aber auch nach § 3 Z 1 AnfO, wenn die Exekutionsführung der Beklagten über den ihnen gesetzlich zustehenden Unterhalt hinausgegangen wäre und damit unentgeltliche Zuwendungen des Unterhaltspflichtigen zur Grundlage gehabt haben sollte. Dringe die Klägerin mit diesem Anfechtungsgrund, der eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners nicht erfordere und zu einer Teilanfechtung führe, durch, käme allenfalls die teilweise Beseitigung des Vorranges der Pfandrechte der Beklagten in Frage. Alle diese Fragen seien in erster Instanz nicht erörtert, Feststellungen hierüber seien nicht getroffen worden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das noch streitverfangene Eventualbegehren der Klägerin geht dahin, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Befriedigung der Forderung der Klägerin (Prozeß- und Exekutionskosten; Unterhaltsrückstände seit 1. 1. 1979 und laufende Unterhaltsforderungen) vor den zu E 692/75 und E 961/78 des Bezirksgerichtes Murau erworbenen richterlichen Pfandrechten der Beklagten zu dulden (vgl. zur Formulierung des Begehrens Ehrenzweig, Komm z. AnfO 538; EvBl. 1957/48; SZ 12/69). Die Klägerin begehrt somit von den Beklagten nicht (sofortige) Zahlung (Ersatzleistung), weil sie schon bisher auf Grund des angefochtenen Exekutionstitels etwas bezogen hätten, was sonst ihr zugefallen wäre, sondern will in Zukunft einen "Vorrang" bei der Befriedigung aus dem gemeinsamen Pfandobjekt dadurch eingeräumt erhalten, daß die Beklagten die vorrangige Befriedigung "zu dulden", also in diese einzuwilligen haben. Eine solche Willenserklärung gilt mit der Rechtskraft des Urteiles als erteilt (§ 367 Abs. 1 EO). Dieses Begehren ist auch für künftig fällig werdende Ansprüche zulässig, weil § 8 AnfO zwischen den einzelnen Arten von Forderungen nicht unterscheidet, also auch die Anfechtung zugunsten von (Unterhalts-)Forderungen zuläßt, bei denen der vollstreckbare Exekutionstitel zu künftigen Leistungen verhält (SZ 10/247; Bartsch - Pollak[3] II 55), und das Pfandrecht, welches durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer anderen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Bezüge erstreckt (§ 299 Abs. 1 EO). Entgegen der Ansicht der Rekurswerber kann sich die Anfechtung auch auf Rechtshandlungen beziehen, die vor dem Entstehen (oder dem Eintritt der Vollstreckbarkeit) der Forderung des Anfechtenden gesetzt wurden (SZ 27/67; JBl. 1959, 215; SZ 10/157; 1 Ob 515/82; Bartsch - Pollak[3] II 553). Auch eine Benachteiligungsabsicht beim Schuldner kann vorhanden (und dem Anfechtungsgegner erkennbar) sein, noch bevor für die Forderung des Anfechtenden überhaupt ein Exekutionstitel vorhanden ist (EvBl. 1957/48; SZ 9/250; SZ 8/25).
Die Klägerin ficht die Begründung von Exekutionstiteln und die Aufrechterhaltung (Nichteinstellung) der auch auf laufende Bezüge geführten Exekution als sie benachteiligende "Scheinhandlungen" mit der Begründung an, der Vater der Beklagten habe seinen Kindern stets den vollen Naturalunterhalt geleistet, so daß zu keiner Zeit Anlaß zu einer Unterhaltsfestsetzung durch das Gericht bestanden habe. Die Rekurswerber treten dem Auftrag des Berufungsgerichtes, das Vorliegen der damit behaupteten Benachteiligungsabsicht zu erörtern und darüber Feststellungen zu treffen, mit der Begründung entgegen, diese Frage sei bereits im negativen Sinn geklärt. Eine auf Kollusion zwischen dem Schuldner und den Anfechtungsgegnern als Unterhaltsgläubigern beruhende, die Klägerin benachteiligende Rechtshandlung ist aber nicht, wie die Rekurswerber meinen, schon deshalb auszuschließen, weil der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners (derzeit) ohnehin nicht ausreicht, die titelmäßigen Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Eine anfechtbare Rechtshandlung könnte gerade darin gelegen sein, daß sich der Schuldner in den Unterhaltsbemessungsverfahren zu überhöhten, mit seinen jeweiligen Lebensverhältnissen nicht in Einklang stehenden Unterhaltsleistungen verpflichtet, also im Zusammenwirken mit den Anfechtungsgegnern "Übertitel" geschaffen und durch die Exekutionsführung aus diesen Titeln den Zugriff der Klägerin auf sein Arbeitseinkommen (teilweise) unmöglich gemacht hätte. Richtig ist zwar, daß der Unterhaltsanspruch von Kindern, die im Haushalt des (der) Unterhaltspflichtigen leben, grundsätzlich auf Naturalunterhalt gerichtet ist und sich erst dann in einen - der Schaffung eines Exekutionstitels zugänglichen - Anspruch auf Geldunterhalt verwandelt, wenn der Unterhaltspflichtige seine Naturalunterhaltspflicht auch nur zum Teil verletzt. Solange der eheliche Vater seine Unterhaltspflichten freiwillig voll erfüllt, ist ihm kein Auftrag zur Zahlung des Unterhaltes zu erteilen (SZ 43/79 ua.). Daraus folgt jedoch nicht, daß ein Dritter die mit Zustimmung des Vaters vorgenommene gerichtliche Festsetzung eines Geldunterhaltes allein deshalb anfechten kann, weil gegen den Willen des Vaters ein Auftrag zur Zahlung des Unterhaltes nicht zu erteilen gewesen wäre. Der Gesetzgeber schließt Vereinbarungen über die Art der Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten nicht aus, so daß mit Zustimmung der Beteiligten die Leistung von Geldunterhalt anstelle von Naturalunterhalt vereinbart werden kann. Daß sich der Schuldner mit der Schaffung eines gegen ihn gerichteten Exekutionstitels einverstanden erklärte, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme einer Kollusion (JBl. 1959, 215). Eine Gläubigerbenachteiligung läge in dieser Vorgangsweise erst dann, wenn das Ausmaß der vom Unterhaltspflichtigen nach seinen Lebensverhältnissen - also auch unter Bedachtnahme auf seine sonstigen Unterhaltspflichten - übernommenen Unterhaltsverpflichtungen erkennbar überschritten würde.
Die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlungen könnten im vorliegenden Fall nur insoweit vorliegen, als sich der Schuldner zu überhöhten Unterhaltsleistungen an seine Kinder verpflichtet und für diese Mehrbeträge im Zusammenwirken mit den Beklagten Pfandrechte an seinem Arbeitseinkommen begrunden lassen hätte und zu Unrecht die Exekution zur Hereinbringung überhöhter Unterhaltsforderungen hinnahm und hinnimmt. Für die Beurteilung dieser Frage ist für angebliche Unterhaltsrückstände der Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit, für künftig fällig werdende Ansprüche der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgebend, weil die Klägerin nur die Duldung der zukünftigen vorrangigen Befriedigung ihrer Ansprüche vor den laufenden Unterhaltsansprüchen der Kinder anstrebt, so daß es darauf ankommt, ob die zugunsten der Beklagten bestehenden Unterhaltsexekutionstitel im Zeitpunkte des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz immer noch als überhöht anzusehen sind. Entgegen der Ansicht der Rekurswerber bedarf es der Prüfung der Frage, ob der Unterhaltsschuldner Unterhaltsleistungen erbrachte oder zu erbringen sich verpflichtete, die seinen Lebensverhältnissen nicht entsprachen. Die Ansicht der Rekurswerber, dies sei nicht mehr zu prüfen, weil die angefochtenen Exekutionstitel die Höhe des jeweiligen "Regelbedarfes" nicht überschreiten, ist verfehlt. Abgesehen davon, daß die von der Klägerin als Scheinakte angefochtenen Exekutionen auch vorgeschützte Unterhaltsrückstände beinhalten könnten, ist der sogenannte Regelunterhalt nur eine statistische Größe über den durchschnittlichen Lebensbedarf von Kindern bestimmter Altersgruppen. Wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zur Aufbringung dieses Betrages nicht ausreicht, ist ein geringerer Unterhaltsbetrag zuzusprechen.
Auch der weiteren Ansicht der Rekurswerber, daß allfällige Vorgänge anläßlich der Begründung der angefochtenen Pfandrechte als Anfechtungstatbestand längst präkludiert seien, kann nicht beigepflichtet werden. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, hat der anfechtungsberechtigte Gläubiger dann, wenn für die anzufechtende Handlung ein Exekutionstitel erworben oder sie durch Exekution bewirkt worden ist (§ 6 AnfO), die Wahl, ob er seine Anfechtung gegen den Anspruch, gegen den Erwerb des Exekutionstitels oder gegen die Exekutionshandlung richten will (Bartsch - Pollak aaO I 227, II 550). Da eine Exekution niemals Rechtshandlung des Schuldners ist, kann sie allerdings, abgesehen vom Tatbestand des § 3 Z 2 AnfO, bei dem Handeln durch wen immer genügt (Bartsch - Pollak aaO I 165; II 543), nur dann angefochten werden, wenn die Exekution auf einer Kollusion mit dem Schuldner beruht, weil dieser an der Schaffung des Exekutionstitels mitgewirkt hat (Bartsch - Pollak aaO I 165, 227, II 550). Als solche Rechtshandlungen des Schuldners sind auch Unterlassungen anzusehen, durch die gegen ihn vermögensrechtliche Ansprüche begrundet, erhalten oder gesichert werden (§§ 7 AnfO). Es kann jeder einzelne Unterlassungsakt angefochten werden (Bartsch - Pollak aaO I 229, II 551). Eine Unterlassung wird so lange begangen, als man die unterlassene Handlung vornehmen könnte. Die Anfechtungsfrist ist daher gewahrt, wenn wenigstens der Schluß der in Betracht kommenden Zeit in die Anfechtungsfrist fällt (Bartsch - Pollak aaO I 230). Da sich die Anfechtung der Klägerin gegen die Aufrechterhaltung der Exekution richtet und die Beklagten diese Exekution bisher nicht einstellten (bzw. einschränkten), begann die zweijährige Anfechtungsfrist noch gar nicht zu laufen.
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