Spruch:
Der Bürge, der sich "bis zum Höchstbetrag von 10.000 S" verbürgt, haftet mangels besonderer Vereinbarung nicht für Nebengebühren wie Zinsen, Kreditprovision oder Spesen, die diesen Betrag übersteigen.
Entscheidung vom 18. Jänner 1956, 1 Ob 755/55.
I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Klagsbetrag wird aus einer Bürgschaft für einen Kontokorrentkredit im Höchstbetrag von 10.000 S und aus Nebenspesen (Kreditprovision, Porto und Spesen) gefordert.
Das Erstgericht hat dem auf den Bürgschaftsvertrag der Parteien gestützten Begehren von insgesamt 10.134 S 20 g samt 8 1/2% Zinsen aus 10.000 S ab 28. April 1955 Folge gegeben.
Das Berufungsgericht hat der Berufung der beklagten Partei nicht Folge gegeben.
Der Oberste Gerichtshof änderte in teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er die Beklagte zur Zahlung des Betrages von 10.000 S samt Zinsen seit dem Klagstag verpflichtete, das Mehrbegehren der Klägern dagegen abwies.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagte macht zunächst geltend, daß die klagende Partei das Anbot der beklagten Partei, für den von der klagenden Partei dem Anton H. gewährten Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrage von 10.000 S die Bürgschaft als Bürge und Zahler zu übernehmen, mit dem Schreiben vom 14. September 1954 angenommen habe und in diesem Annahmeschreiben ausdrücklich erwähnte, daß es sich um die angebotene Haftung als Bürge und Zahler für einen Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrage von 10.000 S gehandelt habe. Es sei daher rechtlich verfehlt, wenn beide Unterinstanzen über den Betrag von 10.000 S hinaus, den H. unbestrittenermaßen schuldet, zur Zahlung weiterer Beträge die Beklagte verurteilten. Da es sich um einen Höchstbetrag handle, könne nicht ins Treffen geführt werden, daß mit dem Betrage von 10.000 S nur das "Kapital" zu verstehen sei, und daß es sich von selbst verstehe, Zinsen und sonstige Spesen zu verlangen, zumal das Kapital verzinslich sei.
Diesbezüglich ist die Revision begrundet. Der Oberste Gerichtshof folgt der Meinung von Klang, daß die Haftungsbeschränkung zwar keine Einschränkung der Bürgschaft auf einen bestimmten Teil des Kreditschuldverhältnisses ist, also nicht etwa bloß auf das Kapital, sondern daß der Bürge, der sich für Forderungen aus einem Kreditverhältnisse bis zu einem bestimmten Höchstbetrage verbürgt hat, auch dann nur mit diesem Betrage - mangels gegenteiliger Abrede - haftet, wenn der Gläubiger dem Hauptschuldner Kredit im weiteren Umfange gewährt hat (Klang 2. Aufl. VI 218 Anm. 3 zu § 1353). Für den Bürgen und Zahler nach § 1357 ABGB. gelten alle Vorschriften des Bürgschaftsrechtes (Klang a. a. O. 226). Den gleichen materiellrechtlichen Gedanken hat der Oberste Gerichtshof zur Frage des Höchstbetrages in der Entscheidung SZ. XIX 134 vertreten, und sogar in einem weitergehenden Maße, nämlich so, daß bei einer unzulässigen Eintragung einer Kredit- oder Kautionshypothek der Höchstbetrag durch Nebengebühren nicht überschritten werden dürfe, und daß durch eine solche unzulässige Eintragung auch keine Pfandhaftung der Liegenschaft entstehe. Die Ansicht der Untergerichte, daß im Anbot der Beklagten davon die Rede sei, daß sich die Haftung auf alle Verbindlichkeiten des Kreditnehmers erstrecke, welche aus dem Kreditverhältnisse an Kapital, Zinsen und Provisionen sowie sonstigen, wie immer Namen habenden, Nebengebühren bereits entstanden sind oder in Hinkunft entstehen sollten, und daß sich aus diesem Anbote auch ergebe, daß über den "Höchstbetrag von 10.000 S" hinaus die Beklagte noch für Zinsen und Nebengebühren hafte, kann nicht geteilt werden. Wohl haftet die Beklagte für Nebengebühren, aber nur innerhalb des Rahmens des Höchstbetrages, oder mit anderen Worten bis zum Höchstbetrage von 10.000 S, wobei es gleichgültig ist, wie ihr gegenüber die klagende Partei die Haftungssumme verrechnet. Das Entscheidende zu dieser Frage liegt nicht in der Art des Verrechnungsverhältnisses, sondern in der Haftungsbeschränkung, die zwischen den Parteien vereinbart wurde, wobei es rechtlich belanglos ist, ob die beklagte Partei einfacher Bürge oder Bürge und Zahler ist.
Wenn sich die klagende Partei bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages eines hektographierten Formulares bediente, das in der entscheidenden Frage undeutlich ist, so ist diese undeutliche Bestimmung gemäß § 915 ABGB. gegen sie selbst auszulegen, wozu noch kommt, daß sich im Zweifel der Bürge die geringere Belastung auferlegen wollte.
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