Spruch:
Unterläßt der Besteller zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt seine zur Herstellung des Werkes erforderliche Mitwirkung, kann der am Vertrag festhaltende Unternehmer den Werklohn, aber vermindert um das, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart, begehren
OGH 28. November 1979, 1 Ob 716/79 (KG Leoben R 257/79; BG Bruck an der Mur 3 C 1020/77)
Text
Der Beklagte bestellte am 21. August 1974 beim Kläger 25 Stück Aluminiumfenster zum Preise von 82 965 S ausschließlich Umsatzsteuer, wobei Lieferung auf Abruf vereinbart wurde. Im Bestellschein heißt es weiters: "Naturmaße und Aufgehrichtung werden nach Vereinbarung genommen." Auf ein Schreiben des Klägers vom 7. Jänner 1976 antwortete der Beklagte, er werde die Fenster erst im Laufe des Jahres 1976 nehmen. Am 14. Feber 1977 schrieb der Kläger dem Beklagten, er habe das ganze Jahr 1976 auf eine Mitteilung gewartet, daß die Fenster anzufertigen seien. Er setze letztmalig eine Frist bis 20. Feber 1977. Bis dahin müsse der Beklagte einen verbindlichen Liefertermin bekanntgeben bzw. einen Termin vorschlagen, zu welchem die Naturmaße abgenommen werden können. Wenn kein Schreiben einlange, werde die Klage auf Erfüllung eingereicht werden. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 20. Feber 1977, daß er in Schwierigkeiten geraten sei und am Rohbau nicht mehr weiterarbeiten könne. Bei seinen Schwiegereltern in Neuseeland hätte er in seinem Beruf als Schweißer die Möglichkeit, in drei Jahren so viel Geld zu verdienen, daß er sein Haus dann bezugsfertig herstellen könne. Ohne bei einer Bank Schulden zu machen, was er derzeit nicht tun wolle, sei es ihm unmöglich, das Geld für die Fenster aufzubringen. Nach drei Jahren wolle er den Bau fortsetzen und die Fenster kaufen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 14. März 1977, er sei damit einverstanden, daß die Fenster erst in drei Jahren abgenommen werden; es sei jedoch unbedingt erforderlich, daß der Beklagte eine Anzahlung von 20 000 S bar überweise oder einen Wechsel, fällig nach drei Monaten, über diesen Betrag ausstelle. Am 5. April 1977 erklärte der anwaltliche Vertreter des Beklagten, es seien zufolge der Übersiedlung nach Neuseeland Änderungen eingetreten, die einen Abruf derzeit nicht möglich machten. Es stehe gegenwärtig nicht fest, ob der Beklagte den Bau vollenden werde können, weil seine Gattin sich weigere, mit den Kindern wieder nach Österreich zurückzukehren und hier zu bleiben, und weil er sich von seiner Familie nicht trennen wolle. Eine Anzahlung sei nicht vereinbart worden. Der Beklagte ist im Verlaufe des Verfahrens erster Instanz nach Neuseeland verzogen.
Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, den Betrag von 82 965 S zuzüglich 14 933.70 S Umsatzsteuer, zusammen sohin 97
898.70 S, samt 10.5% Zinsen seit 1. Jänner 1976 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, er habe die Lieferung noch nicht abgerufen. Der Kläger habe die Fenster auch noch nicht hergestellt und ein Naturmaß, obwohl dessen Abnahme vor der Lieferung erforderlich gewesen wäre, nicht abgenommen. Da der Abruf der Lieferung von ihm, Beklagten, abhänge, müsse der Kläger Hindernisse auf seiten des Beklagten zur Kenntnis nehmen. Das Entgelt sollte vereinbarungsgemäß erst bei Lieferung bezahlt werden, so daß die Forderung derzeit nicht fällig sei.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt und ging davon aus, daß der Beklagte mit der Zuhaltung des Vertrages spätestens seit 20. Feber 1977 säumig geworden sei. Der Kläger habe die Vertragsbedingungen erfüllt und sei jederzeit zur Lieferung bereit. Demzufolge habe aber der Beklagte den Klagsbetrag zuzüglich Zinsen zu ersetzen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten Folge, hob es unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht führte aus, es sei davon auszugehen, daß der Kläger mit seinem Begehren einen Erfüllungsanspruch geltend mache. Dieser Anspruch wäre zweifellos gerechtfertigt, wenn es sich bei einem Vertrag um einen Kaufvertrag ohne besondere Nebenabreden handelte und der Beklagte als Käufer mit der Annahme der vertragsmäßig zu erbringenden Leistung und mit der Zahlung des fälligen Kaufpreises in Verzug wäre. Im vorliegenden Fall sei jedoch zunächst die Lieferung auf Abruf vereinbart worden. An sich sei damit dem Beklagten eingeräumt worden, den Zeitpunkt und damit auch die Fälligkeit der Lieferung zu bestimmen. Es sei jedoch nicht festgestellt worden, was die Parteien anläßlich der Aufnahme der Bestellung mit dieser Nebenabrede näher bezweckt hätten, von welchen Verhältnissen und Erwartungen sie ausgegangen seien. Sollte der Abruf vollständig von der Willkür des Beklagten abhängen, dann wäre der Klagsanspruch, gleichgültig ob der Vertrag als Kauf- oder als Werkvertrag anzusehen sei, nicht begrundet, weil Fälligkeit des Entgelts mangels Abrufs der Leistung noch nicht eingetreten wäre. Wenn hingegen der Abruf, was wahrscheinlicher sei und wofür auch die im Bestellschein vermerkte Preisgarantie bis zum Tage der Lieferung spreche, derart aufzufassen sei, daß bei Aufnahme der Bestellung von dem nach den damaligen Verhältnissen zu erwartenden Baufortschritt ausgegangen worden sei, dann wäre es nicht im Belieben des Beklagten gestanden, einen Abruf, etwa wegen einer Änderung der Verhältnisse, mit der der Kläger nicht rechnen mußte, auf unabsehbare Zeit zu verzögern und damit auch die Fälligkeit der Entgeltleistung zu verhindern. In diesem Falle müßte der Beklagte vielmehr gegen sich gelten lassen, daß der Kläger mit Rücksicht auf den tatsächlichen Baufortschritt das Recht erlangt hätte, die Lieferung auch ohne Abruf anzubieten und damit eine Fälligkeit der Gegenleistung herbeizuführen. Für eine Festsetzung dieses Zeitpunktes könne von Bedeutung sein, daß der Beklagte im Jänner 1976 selbst die Abnahme der Fenster im Verlaufe dieses Jahres in Aussicht gestellt habe und daß der Kläger ihm zuletzt für die Bekanntgabe eines Liefertermins eine Frist bis 20. Feber 1977 gesetzt habe. Im Hinblick darauf, daß nach dem Inhalt des Bestellscheins die Anfertigung der Aluminiumfenster von einer Abnahme der Naturmaße abhängig gemacht wurde, sei ferner zu klären, ob der Kläger nicht mit der Abnahme dieser Naturmaße säumig geworden sei. Dies setze freilich voraus, daß der Hausbau des Beklagten entsprechend weit gediehen sei, was gleichfalls nicht feststehe. Im Hinblick auf die Abrede der Lieferung von Fenstern nach Naturmaßen sei ferner zu prüfen, ob der abgeschlossene Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren sei. Der OGH habe in der Entscheidung JBl. 1973, 309 ausgeführt, daß der Werkunternehmer keinen Anspruch auf Herstellung und Abnahme des Werkes habe, wohl aber die Gegenleistung verlangen könne, wenn die Ausführung des Werkes, zu der er bereit sei, endgültig unterbleibe. Der Unternehmer habe jedoch in diesem Fall nicht den Anspruch auf volles Entgelt, sondern er müsse sich gemäß § 1168 Abs. 1 ABGB anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart habe. Könne hingegen nicht davon ausgegangen werden, daß die Lieferung der Fenster endgültig vereitelt sei, sondern liege nur ein vorübergehendes Leistungshindernis vor, dann könne nach der vorzitierten Entscheidung weder der volle Entgeltanspruch noch der durch Anrechnungen eingeschränkte Anspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB, sondern allein der im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle vorgesehene Anspruch auf angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis geltend gemacht werden. Im vorliegenden Fall stehe nun nicht fest, ob von einem endgültigen oder einem bloß vorübergehenden Leistungshindernis auszugehen sei. Es stehe auch nicht fest, ob die Streitteile überhaupt noch am abgeschlossenen Werkvertrag festhalten. Der Beklagte habe weiters eingewendet, der Kläger habe die Fenster noch gar nicht hergestellt. Darin sei die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu erblicken, so daß der Beklagte nicht unbedingt, sondern nur Zug um Zug die Lieferung der bestellten Fenster zur Bezahlung des Entgelts verurteilt werden könnte.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß der Kläger mit seinem Klagebegehren einen Erfüllungsanspruch aus dem mit dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag betreffend die Lieferung näher bestimmter Fenster geltend macht. Dieser Erfüllungsanspruch wäre nach Meinung des Berufungsgerichtes dann nicht gegeben, wenn sich der Kläger selbst in Leistungsverzug befände, weil er die an sich mögliche Abnahme der Naturmaße versäumt hätte. Für eine derartige Annahme fehlen aber hinreichende Behauptungen des Beklagten; wohl hat der Beklagte vorgebracht, daß der Kläger Naturmaße nicht abgenommen habe, keineswegs aber, daß er selbst die Voraussetzungen hiefür, nämlich einen entsprechenden Baufortschritt geschaffen habe. Auf die Anfrage des Klägers, wann Naturmaße abgenommen werden könnten, antwortete der Beklagte, daß er den Bau nicht weiterführen könne, was nur dahin verstanden werden konnte, daß die Voraussetzungen für die Abnahme der Naturmaße noch nicht gegeben seien. Auf die Frage eines allfälligen Leistungsverzugs des Klägers ist demnach aber nicht einzugehen.
Da im vorliegenden Fall die Fenster nach Maßgabe der abzunehmenden Naturmaße anzufertigen waren, somit eine auf individuelle Bedürfnisse des Bestellers abgestellte Leistung vorliegt, ist der abgeschlossene Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren. Wäre davon auszugehen, daß der Kläger Kaufmann ist, läge ein Werklieferungsvertrag (§ 381 Abs. 2 HGB) vor, auf den zwar die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über den Handelskauf anzuwenden sind, die jedoch in den hier entscheidenden Punkten keine Sonderregelung enthalten, so daß ohnehin die Normen des bürgerlichen Rechts Anwendung zu finden haben. Richtig ist nun, daß in der Entscheidung des OGH SZ 45/11 = JBl. 1973, 309 ausgesprochen wurde, daß bei einem Werkvertrag ein Erfüllungsbegehren auf Bezahlung des vereinbarten Entgelts bei Nichtausführung des Werkes nur gerechtfertigt sei, wenn das endgültige Unterbleiben des Werkes feststehe. Bis dahin könne der Unternehmer, der am Vertrag festhalte, nur einen allfälligen Verzögerungsschaden wegen Zeitverlusts geltend machen. Diese Rechtsansicht wurde von Bydlinski in JBl. 1973, 281 abgelehnt. Bydlinski verwies darauf, daß auch im Falle eines nur vorübergehenden Leistungshindernisses der gewöhnliche Erfüllungsanspruch des Werkunternehmers auf Bezahlung des Werklohns nach allgemeinen schuldrechtlichen Regeln (§§ 918, 1151 ABGB) bestehe. Der Zahlungsanspruch des Werkunternehmers bei vorübergehendem, aber noch andauerndem Leistungshindernis auf der Bestellerseite sei allein nach dem Vertrag und den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln zu beurteilen. Es könne dem vertragstreuen Teil - auch beim Werkvertrag - nicht verwehrt sein, den im Verzug befindlichen Partner auf Erfüllung zu belangen. Wollte man annehmen, daß die allein auf das Verhalten des Bestellers zurückzuführende Nichterbringung der Leistung auch den Entgeltanspruch nicht fällig werden lasse, würde man die Frage, ob und wann der Vertrag erfüllt wird, vollkommen der Willkür des Schuldners überlassen. Zur Abnahme der Leistung könne der Besteller nicht gezwungen werden, andererseits könnte er durch sein Verhalten auch das Fälligwerden der eigenen Leistung hindern. Dem Werkunternehmer stunde freilich die Möglichkeit offen, vom Vertrag zurückzutreten, wie auch der Besteller erklären könnte, die Leistung endgültig nicht mehr annehmen zu wollen, in welchem Falle dem Unternehmer der durch Anrechnungsvorschriften eingeschränkte Entgeltanspruch des § 1168 Abs. 1 erster Satz ABGB zustehe.
Im vorliegenden Fall halten beide Vertragsteile am Vertrag fest. Der Kläger hat dies in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er den (vollen) Erfüllungsanspruch geltend macht. Auch der Beklagte bekundete seine Bereitschaft, die Fenster in der Folge nach seiner Rückkehr aus Neuseeland abzunehmen; er hat deren Abnahme jedenfalls nicht endgültig abgelehnt. Auch im Prozeß wurde, wie der Rekurswerber richtig ausführt, lediglich geltend gemacht, daß die Forderung des Klägers nicht fällig sei, weil der Beklagte die Lieferung nicht abgerufen habe und für den Abruf ein Termin nicht genannt worden sei. Der Beklagte hat sich also keineswegs darauf berufen, an der Lieferung der Fenster nicht mehr interessiert zu sein und die Annahme endgültig abzulehnen. Zu prüfen ist daher zunächst, ob sich der Beklagte mit der Abnahme der Fenster in Verzug befindet. Im Vertrag selbst war dem Beklagten das Recht auf Abruf eingeräumt worden, ohne daß vertraglich eine bestimmte Frist hiefür vorgesehen worden wäre. Wie diese Vereinbarung auszulegen ist, ob dem Beklagten damit das Recht eingeräumt werden sollte, die Leistung nach Willkür abzurufen oder ob nicht beide Vertragsteile davon ausgingen, daß der Abruf nach Maßgabe eines ordnungsgemäß voranzutreibenden Baufortschritts erfolgen sollte, kann dahingestellt bleiben, weil der Beklagte selbst erklärte, die Fenster noch im Laufe des Jahres 1976 abnehmen zu wollen. Der Kläger war damit einverstanden, räumte er doch dem Beklagten im Schreiben vom 14. Feber 1977 noch eine weitere Frist bis 20. Feber 1977 für den Abruf ein. Da der Abruf auch innerhalb dieser Frist nicht erfolgte, befindet sich der Beklagte seither in Annahmeverzug (SZ 5/309; HS 205/23; SZ 39/223).
Entscheidende Bedeutung kommt daher dem Umstand zu, ob dem Werkunternehmer nach Eintritt des Annahmeverzugs des Bestellers der volle Entgeltanspruch zuerkannt werden kann. Der OGH vermag sich der von Bydlinski a. a. O. geäußerten Rechtsansicht nicht vollinhaltlich anzuschließen. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Werkunternehmer nach dem Gesetz (§ 1170 ABGB) vorausleistungspflichtig ist. Diese gesetzliche Vorausleistungspflicht schützt den Besteller gegen Risken, die die Unternehmersphäre betreffen, so dagegen, daß die Erbringung der Werkleistung, etwa zufolge Konkurses des Unternehmers, überhaupt unterbleibt. Es muß schon unter diesem Gesichtspunkt Bedenken begegnen, die grundsätzliche Vorausleistungspflicht des Unternehmers selbst im Falle des Annahmeverzugs des Bestellers zu vernachlässigen und dem Unternehmer auch dann, wenn er das Werk nicht ausführen konnte, den vollen Entgeltanspruch einzuräumen. Es sei darauf verwiesen, daß bei vertraglich vereinbarter Vorausleistungspflicht gemäß § 1052 Satz 2 ABGB die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Vertragspartners dem Vorausleistungspflichtigen nur die Möglichkeit eröffnet, seine Leistung zu verweigern oder Sicherstellung (§§ 1373, 1374) zu begehren; nur insofern wird die Vorausleistungspflicht eingeschränkt. Keineswegs knüpft das Gesetz daran aber die Folge, daß bei Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Vertragspartners der Vertragsinhalt geändert wird. Dem vorausleistungspflichtigen Verkäufer steht daher, wie der OGH in seiner Entscheidung JBl. 1972, 320 zum Ausdruck gebracht hat, keineswegs das Recht zu, nunmehr Erfüllung durch den Käufer Zug um Zug gegen Erbringung der eigenen Leistung zu begehren. Beim Kaufvertrag ist die Gesetzeslage insofern anders, als der Verkäufer den vollen Erfüllungsanspruch gegenüber dem Käufer nur geltend machen kann, wenn er selbst leistungsbereit, also bereit ist, seine Leistung Zug um Zug gegen Erbringung der Gegenleistung zu erbringen (§§ 1052, 1062 ABGB). Der Verkäufer, der den Erfüllungsanspruch geltend machen will, muß also entweder die zu liefernde Sache bereits vorrätig oder doch angeschafft haben; er hat demnach, jedenfalls im Regelfall, bereits Aufwendungen getätigt, um leistungsbereit sein zu können. Der Rechtsansicht Bydlinskis könnte nur dann beigepflichtet werden, wenn der Unternehmer beim Werkvertrag die zu erbringende Werkleistung bereits angefertigt hat und lediglich die Abnahme der Leistung durch den Besteller verzögert bzw. verweigert wird. Behauptungen bzw. Verfahrensergebnisse in dieser Richtung liegen nicht vor. Der Behauptung des Beklagten, der Kläger habe die bestellten Fenster nicht hergestellt, ist der Kläger nicht entgegengetreten. Nach dem Inhalt seines Schreibens vom 14. Feber 1977 hat er auf eine Mitteilung gewartet, daß die Fenster anzufertigen sind; wegen der Unmöglichkeit der Abnahme von Naturmaßen ist die Anfertigung der Fenster bisher offenbar unterblieben. Es kann nun dem Gesetz nach Ansicht des OGH nicht entnommen werden, daß dem Unternehmer, ungeachtet seiner Vorausleistungspflicht, der volle Entgeltanspruch auch schon dann zusteht, wenn er das Werk noch nicht ausgeführt hat und andererseits auch noch gar nicht feststeht, ob es je zur Ausführung kommen wird. In einem solchen Fall erscheint es aber - entgegen SZ 45/11 = JBl. 1973, 309 - angemessen, dem Werkunternehmer den eingeschränkten Entgeltanspruch des § 1168 Abs. 1 erster Satz ABGB ab dem Zeitpunkt, zu dem bei vertragsgemäßer Mitwirkung des Bestellers das Werk ausgeführt gewesen wäre, zuzuerkennen. Damit wird einerseits dem Umstand Rechnung getragen, daß sich der Beklagte, der die Fenster im Laufe des Jahres 1976 abzunehmen versprach, in Verzug befindet, andererseits das Interesse des Unternehmers berücksichtigt, der nicht - wie dies letztlich das Ergebnis der Entscheidung SZ 45/11 war - von der Willkür des Bestellers abhängig sein soll, wann es zur vollständigen Erfüllung des Vertrages kommt. Der Unternehmer soll aber auch nicht gezwungen werden, vom Vertrag zurückzutreten, um diesen eingeschränkten, ihm jedenfalls zustehenden Entgeltanspruch geltend machen zu können. Die Zuerkennung des eingeschränkten Entgeltanspruches steht einem späteren Erfüllungsbegehren des Beklagten nicht entgegen. Beharrt der Beklagte auf Erfüllung, also auf Lieferung der Fenster, so steht dem Kläger dann nach Erbringung der Werkleistung jedenfalls der restliche Entgeltanspruch zu. Im vorliegenden Fall ist dem Kläger demnach nur der eingeschränkte Entgeltanspruch gemäß § 1168 Abs. 1 erster Satz ABGB zuzuerkennen. Die entsprechenden Feststellungen über die Höhe dieses Anspruches werden im fortgesetzten Verfahren nachzutragen sein.
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