OGH 1Ob673/79

OGH1Ob673/7929.8.1979

SZ 52/120

Normen

ABGB §868
ABGB §1063
HGB §346
ABGB §868
ABGB §1063
HGB §346

 

Spruch:

Ein nach mündlichem Vertragsabschluß in mit der schriftlichen Auftragsbestätigung übermittelten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltener Eigentumsvorbehalt wird durch bloßes Stillschweigen des Empfängers hiezu nicht wirksam

OGH 29. August 1979, 1 Ob 673/79 (OLG Graz 5 R 48/79; KG Leoben 3 Cg 153/78)

Text

Die klagende Partei begehrte die Herausgabe eines im Anspruch näher bezeichneten Portalkrans samt Katze und brachte vor, daß sie der Firma R Ges. m. b. H diese Geräte verkauft und geliefert habe. Anläßlich der Auftragsbestätigung seien der Käuferin die allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen übermittelt worden, aus denen ersichtlich sei, daß sich die klagende Partei das Eigentum bis zur vollen Zahlung des Kaufpreises vorbehalte. Im Konkurs der Käuferin habe der Masseverwalter die Herausgabe ungeachtet des Umstandes, daß der Kaufpreis noch nicht voll bezahlt sei, abgelehnt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil beim Kaufvertragsabschluß kein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei; auch in der Auftragsbestätigung finde sich ein solcher Vorbehalt nicht. Allgemeine Verkaufs- und Lieferbedingungen seien der Käuferin nicht übermittelt worden. Der Kran sei zudem fest eingebaut und Liegenschaftszubehör, so daß ein Eigentumsvorbehalt nicht geltend gemacht werden könne.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt und stellte fest: Die klagende Partei stand mit der Firma R Ges. m. b. H., über deren Vermögen zu S 24/77 des Kreisgerichtes Leoben der Konkurs eröffnet wurde, seit März 1974 in geschäftlicher Verbindung. Aus dieser Zeit datieren fünf Geschäftsfälle; über Auftrag der Firma R Ges. m. b. H. wurden von der klagenden Partei Wellen und Läufer bearbeitet, Gießereisand versuchsweise transportiert und 10 Walzen, 4 Läufer und 4 Wellen bearbeitet sowie 2 Basen gehobelt. Im Mai 1974 lieferte die klagende Partei an die Firma R Ges. m. b. H. ein Muldenförderband. Weiters kam es zur Lieferung und Montage einer Stahlkonstruktion, die der Erweiterung einer bestehenden Halle diente. Schließlich wurde auch noch eine gebrauchte Tischhobelmaschine an die Firma R geliefert. Sämtliche Lieferungen erfolgten unter Eigentumsvorbehalt. Das gegenständliche Geschäft wurde von Karl Heinz M, der damals noch Angestellter der klagenden Partei war, in den Betriebsräumlichkeiten der Firma R Ges. m. b. H. in Leoben angebahnt. Nachdem die technischen und finanziellen Fragen der Bestellung abgeklärt waren, kam es mündlich zur Annahme des Auftrages der klagenden Partei durch Karl Heinz M. Mit Schreiben vom 19. August 1974, unterfertigt von Karl Heinz M, erging eine schriftliche Auftragsbestätigung, und zwar unter Zugrundelegung der allgemeinen Lieferbedingungen des Fachverbandes der Maschinen- und Stahlbauindustrie Österreichs. Diese allgemeinen Lieferbedingungen lagen der Auftragsbestätigung bei. Darin ist festgehalten, daß sich der Verkäufer bis zur vollständigen Erfüllung aller finanziellen Verpflichtungen des Käufers das Eigentumsrecht am Kaufgegenstand vorbehält. Die Firma R Ges. m. b. H. hat dem nicht widersprochen. Die Auslieferung des Portalkrans und der Laufkatze erfolgten im März 1975. Die gelieferten Gegenstände befinden sich in der Betriebsstätte der Firma R Ges. m. b. H. in Leoben. Das Unternehmen wurde mit Vertrag vom 2. August 1976 an die R-Pacht- und Betriebsgesellschaft m. b. H. mit dem Sitz in Graz verpachtet.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Eigentumsvorbehalt sei durch Übersendung der allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Auftragsbestätigung und das nachfolgende Stillschweigen der Käuferin als vereinbart anzusehen. Demzufolge sei aber das Klagebegehren auf Herausgabe gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 60 000 S übersteigt.

Über die Revision der beklagten Partei änderte der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß er das Klagebegehren auf Herausgabe des Portalkrans und der Katze abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bedeutung kommt im vorliegenden Fall der Frage zu, ob ein Eigentumsvorbehalt an den Gegenständen, deren Herausgabe begehrt wird, wirksam vereinbart wurde. Die Vorinstanzen stützten ihre Rechtsansicht, der Eigentumsvorbehalt sei rechtswirksam zustande gekommen, auf die Ausführungen von Bydlinski in Klang, Kommentar[2] IV/2, 472. Dort wird ausgeführt, daß eine konkludente Zustimmung (§ 863 ABGB) des Kunden zur Geltung allgemeiner Geschäftsbedingungen, die einen Eigentumsvorbehalt enthalten, in der Rechtsprechung (SZ 18/144) bejaht wurde, wenn der Verkäufer in seinen schriftlichen Äußerungen, wie insbesondere der Auftragsbestätigung, deutlich sichtbar seine Vertragsbedingungen erklärt hat und der Kunde diese nicht ablehnt, sondern die Kaufsache annimmt. Bydlinski führt aus (FN 298), wenn ein Offert gestellt werde, in dem von allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Rede war, und eine Annahmeerklärung abgegeben wird, in der nunmehr auf allgemeine Geschäftsbedingungen des Verkäufers verwiesen wird, so liege in Wahrheit ein Gegenoffert vor, der Vertrag sei also noch nicht perfekt. Nehme aber nun der Käufer die Kaufsache ohne weiteres an, so sei nach den Umständen erschließbar, daß er mit der Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden sei. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kam ja der Kaufvertrag - ohne Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes - mündlich durch Abschluß mit dem Angestellten der Firma R Ges. m. b. H., Karl Heinz M, zustande. In der Folge erging dann die Auftragsbestätigung vom 19. August 1974, die wiederum von M gezeichnet war. Dieser Auftragsbestätigung lagen dann allgemeine Geschäftsbedingungen bei, die den Eigentumsvorbehalt enthielten. Es handelt sich also darum, ob ein Eigentumsvorbehalt nach perfektem Vertragsschluß durch einseitige Erklärung in einer Auftragsbestätigung, die von der mündlichen Vereinbarung abweicht, dann zustande kommt, wenn der Käufer auf diese Auftragsbestätigung schweigt. Nun hat der OGH schon in der grundlegenden Entscheidung SZ 47/83 = JBl. 1975, 89 (mit zustimmender Glosse von Bydlinski) ausgesprochen, daß das Schweigen eines Kaufmanns zu einem ihm zugegangenen "Bestätigungsschreiben", das vom wirklich Vereinbarten abweicht, keine nachträgliche Vertragsänderung bewirkt, wenn nicht ganz besondere Ausnahmsfälle vorliegen. Es gelte der Grundsatz, daß Vereinbartes gelten müsse und nicht das, was ein Beteiligter einseitig darüber zu schreiben befinde. Diese Rechtsansicht wurde in der Folge (vgl. JBl. 1977, 593; 7 Ob 606/78; 7 Ob 613/78) aufrechterhalten. Bydlinski selbst behandelt den hier zur Entscheidung stehenden Fall in Klang a. a. O., 474. Er führt überzeugend aus, daß der dem schon perfekten Vertragsschluß nachfolgende Eigentumsvorbehalt im übrigen nur die Besonderheit habe, daß in diesem Zeitraum in aller Regel eine konkludente Zustimmung des Käufers zu den ihm erst jetzt vom Verkäufer angesonnenen Eigentumsvorbehalt nicht angenommen werden könne, möge der Verkäufer den Eigentumsvorbehalt direkt begehren oder unter Verwendung seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen der Eigentumsvorbehalt vorgesehen ist. Hier habe der Käufer bereits einen Anspruch auf vollständige, auch den Eigentumsübergang umfassende Vorleistung des Verkäufers aus dem Kreditkauf nach § 1063 ABGB erworben. Werde jetzt erst durch einen Vermerk auf der Faktura, dem Lieferschein oder durch eine sonstige Erklärung des Verkäufers der Eigentumsvorbehalt verlangt, so werde damit dem Käufer eine Änderung des bereits bestehenden Vertrages vorgeschlagen, die ihm offensichtlich ausschließlich Nachteile bringt. Der Käufer habe regelmäßig gar keinen Grund, sich darauf einzulassen, was dem Verkäufer durchaus erkennbar sei. Ein Zweifelsfreier Schluß auf den Zustimmungswillen im Sinne des § 863 ABGB lasse sich also hier durchaus nicht ziehen. Diesen Ausführungen ist voll und ganz beizupflichten. Die nachträgliche Forderung des Eigentumsvorbehaltes in allgemeinen Geschäftsbedingungen berührt die Interessen des Vertragspartners so entscheidend, daß im bloßen Stillschweigen keine konkludente Zustimmung erblickt werden kann. Es kann aber auch nicht gesagt werden, daß zwischen der klagenden Partei und der Firma R Ges. m. b. H. schon vor dem gegenständlichen Geschäft eine Geschäftsbeziehung vorlag, die auf Lieferungen mit Eigentumsvorbehalt aufgebaut war, in welchem Fall freilich der Käufer widersprechen muß, wenn ihm eine Ware z. B. mit einem Fakturenvermerk über einen Eigentumsvorbehalt zugesendet oder auf ähnliche Weise nachträglich ein Eigentumsvorbehalt aufgezwungen werden soll. Hier wurden aber, abgesehen von Werkverträgen (Bearbeitungen), bei den der Eigentumsvorbehalt begrifflich ausscheidet, im Rahmen einer lediglich wenige Monate dauernden Geschäftsverbindung lediglich zwei oder drei Kaufverträge mit Eigentumsvorbehalt abgeschlossen. Dies rechtfertigt noch nicht die Annahme, daß auch bei dem hier vorliegenden, schon dem Auftragswert nach bedeutenden Geschäft stillschweigend ein Eigentumsvorbehalt als vereinbart zu gelten habe. Es kann dann von einer Art konkludent geschlossenem Rahmenvertrag, wonach für alle Lieferungen der Eigentumsvorbehalt zu gelten habe (Bydlinski a. a. O., 475), keine Rede sein. Ein wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt liegt demnach nicht vor.

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