OGH 1Ob652/92

OGH1Ob652/9215.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jitka T*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Karl Arlamovsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 14.12.1988 verstorbenen Kurt T*****, vertreten durch den erbserklärten Erben Andreas Georg T*****, Student, ***** dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Jeannee, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 480.000 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. Mai 1992, GZ 12 R 51/92-22, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. November 1991, GZ 27 Cg 184/89-15, im Ausspruch über die Klagsforderung bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, das erstgerichtliche Urteil allerdings nur im Ausspruch über die eingeklagte Forderung, werden aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Anfang 1988 trug sich der Vater des erbserklärten Alleinerben (im folgenden kurz Erblasser) mit dem Gedanken, die Klägerin zu heiraten. Um seinen einzigen Sohn, den er als Alleinerben ausersehen hatte, nicht vor den Kopf zu stoßen, suchte er nach einer Lösung der Frage, wie er diesem sein Vermögen zukommen lassen konnte, ohne daß die Klägerin nach seinem Tod neben den ihr zugedachten Vermächtnissen darauf weitere Ansprüche zu erheben vermochte. Er zog deshalb den Beklagtenvertreter schon am 1.3.1988 zu Rate. Am 8.3.1988 erschien er in Begleitung der Klägerin in dessen Kanzlei und äußerte dort seinen Willen, sein Testament zu errichten. In den vom Beklagtenvertreter verfaßten letzten Willen setzte er seinen Sohn zum Alleinerben ein und verfügte weiters wie folgt:

„... (die Klägerin) ... soll als Legat eine monatliche Rente von S 15.000 ..., wertgesichert ... beginnend mit dem meinem Todestag folgenden Monatsersten erhalten. Diese Rente soll im Falle einer Verehelichung von ... (der Klägerin) ... zur Gänze eingestellt werden. Diese Rentenzahlung ... (an die Klägerin) geht von den derzeitigen jährlichen Ausschüttungen der Firma ... (dem Unternehmen, an dem der Erblasser als Kommanditist beteiligt war) ... aus. Sollten die jährlichen Ausschüttungen der Firma ... an meinen Sohn unter 700.000 betragen, reduziert sich die Rente auf S 7.000 ... monatlich wertgesichert. Wenn seitens der Firma ... an meinen Sohn keine Ausschüttungen geleistet werden, entfällt die monatliche Rente an … (die Klägerin) ... solange, bis wiederum Ausschüttungen erfolgen.

Sollte ich zum Zeitpunkt meines Todes eine weitere Eigentumswohnung erworben haben, vermache ich diese Wohnung samt der darin befindlichen Einrichtung ... (der Klägerin).

Obige Regelung soll auch für den Fall gelten, daß ich … (die Klägerin) ... eheliche.“

Dieses Testament unterfertigte der Erblasser noch am selben Tag.

Bei einer weiteren Zusammenkunft am 14.3.1988 schlug der Beklagtenvertreter dem Erblasser vor, sein Vermögen noch vor der geplanten Verehelichung mit der Klägerin seinem Sohn zu schenken, weil es dann bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin nicht mehr zu berücksichtigen sei. Der Erblasser beauftragte den Beklagtenvertreter, zu diesem Zweck einen solchen Schenkungsvertrag abzufassen. Die Schenkung sollte sein gesamtes Vermögen im Schenkungszeitpunkt erfassen; der Erblasser wollte sich lediglich den Fruchtgenuß an allen Vermögenswerten vorbehalten. Er machte den Beklagtenvertreter in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, daß in seiner Erklärung nicht aufscheinende Werte vorhanden seien. Deshalb wurde der Schenkungsvertrag wie folgt konzipiert:

„... (der Erblasser) ... schenkt und übergibt seinem Sohn ... die nachstehenden Vermögenswerte:

I.

Seine Kommanditbeteiligung an der Firma ..., die zum 31.12.1987 einen Kapitalstand von S 13,018.329,63 aufweist, und die im Handelsregister mit einer Haftungseinlage von S 5,416.700 ... aufscheint. Der Anteil des Geschenkgebers am Einheitswert des Betriebsvermögens der Firma ... betrug zum 1.1.1985 S 31,722.206,63. Die Schenkung dieses Kommanditanteils bezieht sich auf alle mit diesem Anteil verbundenen Rechte und Pflichten, wie sich diese im Gesellschaftsvertrag, den dazugehörigen Nachträgen sowie im Syndikatsvertrag darstellen.

Als Stichtag für den Übergang dieses Kommanditanteils soll der 1.1.1988 gelten, ... (Erblasser) ... behält sich aber ausdrücklich einen Fruchtgenuß an dem geschenkten Kommanditanteil auf Lebenszeit vor, sodaß ihm auch künftighin alle mit dem geschenkten Anteil verbundenen Gewinnanteile und Auszahlungen zukommen, wofür der Geschenkgeber auch künftighin die entfallende Einkommensteuer bezahlen wird.

Alle auf Grund des Gesellschaftsvertrages, dessen Nachträgen und des Syndikatsvertrages notwendigen Beschlußfassungen werden für die Dauer des Fruchtgenusses weiterhin vom Geschenkgeber ausgeübt, dem somit auch in allen Abstimmungen das Stimmrecht zusteht, die Ausübung dieser Rechte kann der Geschenkgeber persönlich oder durch einen Bevollmächtigten vornehmen.

II.

... (der Erblasser) ... schenkt seinem Sohn ... die ihm gehörigen 2.167/10.000Anteile der Liegenschaft ..., bestehend aus dem Grundstück ..., Baufläche mit einer Gesamtfläche von 53.846 m2, Grundstücksadresse ..., und der Liegenschaft ..., bestehend aus den Grundstücken ... landwirtschaftlich genutzt, mit einer Grundfläche von 230 m2, sowie des auf der Liegenschaft ... errichteten Superädifikats.

Der Geschenkgeber behält sich das lebenslange unentgeltliche Fruchtgenußrecht an den schenkungsgegenständlichen Liegenschaftsanteilen vor und bsteht zwischen den Vertragsteilen Einvernehmen, daß dieses Recht der lebenslänglichen Fruchtnießung für ... (den Erblasser) ... grundbücherlich einverleibt werde.

III.

Schließlich ist Gegenstand dieses Schenkungsvertrages das gesamte, wo immer befindliche, dem Geschenkgeber ... zum Stichtag gehörende Bar- und Wertpapiervermögen, insbesondere die Guthaben auf den Konten der ... Stichtag ist der Tag der Unterfertigung dieses Vertrages, dem Geschenkgeber steht jedoch das Recht auf lebenslängliche Fruchtnießung an allen aus diesen Barbeträgen, bzw Wertpapieren fließenden Erträge (...). Von diesem Fruchtgenußrecht sind jedoch nicht erfaßt jene Beträge, die der Geschenknehmer zur Bezahlung fälliger Steuern aus dem gegenständlichen Schenkungsvertrag benötigt.

IV.

... (der Erblasser) ... begibt sich ausdrücklich des Rechts, diese Schenkung zu widerrufen; ... (sein Sohn) ... nimmt diese Schenkung hiemit ausdrücklich bindend an.

...“

In Punkt II. findet sich auch die erforderliche Aufsandungserklärung, dem Punkt III. sind die erforderlichen Übergabserklärungen beigefügt.

In der Folge verzögerte sich der Abschluß des Schenkungsvertrages, weil die im Vertrag genannten Liegenschaftsanteile erst auf den Erblasser bücherlich übertragen werden mußten. Deshalb wurde der Schenkungsvertrag erst am 9.5.1988 im Allgemeinen Krankenhaus in Wien in Form eines Notariatsaktes errichtet.

Am 10.5.1988 schloß der Erblasser die Ehe mit der Klägerin. Im Zusammenhang mit der Eheschließung schaffte er eine neue Wohnung in Wien-Döbling an, für die er rund S 1,960.000 auslegte. Die Wohnung repräsentiert einen Wert von 2,5 Mio S, deren Einrichtung einen solchen von 1 Mio S.

Am 14.12.1988 verstarb der Erblasser. Im Verlassenschaftsverfahren beantragte die Klägerin die Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses. Am 7.3.1989 erschien die Klägerin bei einem Rechtsanwalt und teilte diesem mit, daß sich in einem Banksafe in Wien Unterlagen über Vermögenswerte des Erblassers in Höhe von 1 Mio Sfr befänden sowie weitere Wertpapiere im Wert von 2 Mio S bei einem anderen Bankinstitut verwahrt würden. Sie gab dem Rechtsanwalt zu verstehen, daß sie einen gerechten Anteil an diesen Vermögenswerten haben wolle. Dieser nahm deshalb mit dem Beklagtenvertreter Kontakt auf, worauf es zu einer Besprechung zwischen dem von der Klägerin beauftragten Rechtsanwalt, dem Beklagtenvertreter und dem erbserklärten Alleinerben kam. Dabei wurde vereinbart, daß die Klägerin ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Inhalt des Banksafes eine Abfindung von 1 Mio S erhalten und im Gegenzug im Verlassenschaftsverfahren den Antrag auf Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses zurückziehen sollte. Die Fragen der Leibrente und der Eigentumswohnung in Wien-Währing blieben von dieser Vereinbarung ausdrücklich ausgenommen.

Diese Vereinbarung hielt der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt am 23.5.1989 in einem Aktenvermerk fest:

„Da heute ... das ... zu behandelnde Problem einvernehmlich gelöst wurde, wird Herr Notar ... sofort den Antrag auf Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses beim BG zurückziehn, und (den Beklagtenvertreter) ... hievon durch Übermittlung eines Durchschlages mit dem Bemerken verständigen, daß am 1. Juni die Klage auf Zahlung der fälligen monatlichen Renten (...) überreicht wird, wenn bis dahin das Geld nicht bei ... (dem Notar) ... eingegangen ist.“

Tatsächlich wurde der vereinbarte Betrag von 1 Mio S der Klägerin überwiesen. Als sich aber abzeichnete, daß über die Rente und die Eigentumswohnung kein Einvernehmen erzielt werden würde, beantragte die Klägerin Anfang Jänner 1990 erneut die Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses. Das Nachlaßgericht gab diesem Antrag statt, ein gegen diesen Beschluß vom Alleinerben erhobener Rekurs blieb erfolglos. In einem Teilinventar vom 16.5.1991 ist ein reiner Nachlaß von S 2,813.251,39 ausgewiesen.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der beklagten Verlassenschaft zur Zahlung von S 480.000 s.A. Sie brachte hiezu vor, der Erblasser habe ihr für die Zeit bis zu ihrer allfälligen Wiederverehelichung letztwillig eine wertgesicherte monatliche Rente von S 15.000 ausgesetzt, die nach dessen Willen nur unter bestimmten, jedoch nicht vorliegenden Voraussetzungen zu kürzen oder vorübergehend einzustellen sei. Die beklagte Partei verweigere die Zahlung mit der unzutreffenden Begründung, daß die Erfüllung des Rentenlegats eine Verletzung der Pflichtteilsansprüche des Alleinerben zur Folge hätte. Sie übergehe dabei jedoch die Tatsache, daß der Erblasser schon zu Lebzeiten sein gesamtes damaliges Vermögen dem Alleinerben geschenkt habe. Diese Schenkung und die letztwillige Verfügung bildeten eine Einheit, weil der Erblasser einerseits die Versorgung der Klägerin und andererseits die Absicherung der Rechtsstellung seines Sohnes als Alleinerben beabsichtigt habe. Im übrigen sei der Reinnachlaß weit höher als von der beklagten Partei behauptet.

Die beklagte Partei wendete ein, der Reinnachlaß betrage lediglich 3,9 Mio S, der Pflichtteilsanspruch des Alleinerben daher 1,3 Mio S, sodaß für die Befriedigung der Legatsansprüche der Klägerin nur mehr ein Betrag von 2,6 Mio S zur Verfügung stehe. Durch die Annahme des Legats einer Eigentumswohnung samt Einrichtung im Wert von 3,5 Mio S habe die Klägerin bereits mehr erhalten, als ihr von Rechts wegen gebühre. Außerdem habe die Klägerin gegen ein Entgelt von 1 Mio S auf die Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses verzichtet, nach Erhalt des Entgelts hiefür jedoch vereinbarungswidrig die Schätzung und Inventarisierung erwirkt, sodaß sie zur Rückzahlung dieses Betrages verpflichtet sei; dieser Anspruch werde zur Aufrechnung eingewendet.

Das Erstgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 480.000 und die Gegenforderung bis zu dieser Höhe zu Recht bestünden und wies deshalb das Klagebegehren ab. Es stellte - abgesehen von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - fest, es könne nicht festgestellt werden, daß der Beklagtenvertreter oder der erbserklärte Alleinerbe die Erfüllung des Renten- bzw des Eigentumswohnungslegats zugesagt hätten. Ferner könne nicht festgestellt werden, daß im Verlassenschaftsverfahren bereits ein vollständiges Inventar errichtet worden sei.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, die Nichterfüllung des Rentenlegats zugunsten des Pflichtteils des Alleinerben widerspreche dem wahren Willen des Erblassers, sodaß die mangelnde Pflichtteilsdeckung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könne. Der Rentenanspruch der Klägerin bestehe daher zu Recht. Aber auch die Gegenforderung sei berechtigt, weil die Klägerin ihre Verpflichtung aus der dem Empfang von 1 Mio S zugrunde liegenden Vereinbarung nicht eingehalten habe; die beklagte Partei sei daher berechtigt gewesen, von diesem Vertrag zurückzutreten, sodaß die Klägerin in dessen Rückabwicklung das Erhaltene zurückzustellen habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren mit Teilurteil statt, hob das erstinstanzliche Urteil jedoch im Ausspruch über die eingewendete Gegenforderung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei; einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof fügte es nicht bei.

In Erledigung der Rechtsrüge der beklagten Partei führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, gehe man von der „objektivierten Zielsetzung“ aus, die der Erblasser mit der Schenkung und der letztwilligen Verfügung verfolgte, wäre eine Verweigerung der Rentenzahlung an die Klägerin zur Deckung des Pflichtteils des bereits zu Lebzeiten des Erblassers „in die wirtschaftliche Position eines Universalerben erhobenen Sohnes mit dem Willen des Erblassers unvereinbar“. Ausgehend von der unbekämpft gebliebenen tatsächlichen Annahme des Erstgerichtes, der Erblasser habe die Klägerin versorgt sehen wollen, sei der ersten Instanz auch darin zuzustimmen, daß der Erblasser die Rentenzahlung an die Klägerin durch Anrechnung der Schenkung oder auf andere Weise gesichert hätte, hätte er bedacht, daß sein Sohn die Berechtigung des Legats unter Berufung auf seine Stellung als Pflichtteilsberechtigter ablehnen werde.

Da der Berufung der Klägerin gegen den Ausspruch über die Gegenforderung - aus hier mangels dessen Anfechtbarkeit im Revisionsverfahren nicht weiter zu erörternden Gründen - Folge zu geben und das erstinstanzliche Urteil in diesem Umfang aufzuheben sei, müsse dieses Urteil im Ausspruch über die Klagsforderung als Teilurteil bestätigt werden.

Die von der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist im Ergebnis berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Verfehlt sind allerdings die Ausführungen über die verfahrensrechtliche Unzulässigkeit eines Teilurteils, weil sich Klags- und Gegenforderung aus einem unter einem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt herleiteten. Gemäß § 391 Abs 3 ZPO kann über den Klagsanspruch nur dann nicht durch Teilurteil erkannt werden, wenn die Gegenforderung mit der vom Kläger geltend gemachten Forderung im rechtlichen Zusammenhang steht, der aber nur dann bejaht werden kann, wenn beide Forderungen aus einem einheitlichen Vertrag, einer einzigen gesetzlichen Vorschrift oder einem unter einem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt abgeleitet werden (RZ 1977/14 uva); davon kann im vorliegenden Fall indessen keine Rede sein: Stützt die Klägerin ihre Forderung - was mit aller Deutlichkeit ihrem hilfsweise gestellten Feststellungsbegehren zu entnehmen ist - auf das ihr im Testament vom 8.3.1988 ausgesetzte Rentenlegat, macht die beklagte Partei als Gegenforderung Ansprüche aus der Rückabwicklung der - wenn auch im Zusammenhang mit der Verlassenschaftsabhandlung getroffenen - Vereinbarung zwischen den Streitteilen vom 23.5.1989 geltend. Eine der Zulässigkeit eines Teilurteils über die Klagsforderung entgegenstehende Konnexität der beiden Forderungen ist somit zu verneinen.

Auch auf jene Ausführungen in der Revision, mit welchen sich die beklagte Partei gegen das vom Berufungsgericht erwogene Aufrechnungsverbot und damit erkennbar gegen dessen Aufhebungsbeschluß wendet, ist nicht weiter einzugehen, weil dieser Beschluß mangels eines Ausspruchs gemäß § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 erster Satz ZPO jedenfalls nicht - und zwar auch nicht mittels außerordentlichen Rechtsmittels - bekämpfbar ist (JAB, 991 BlGNR, 17.GP, 68; Petrasch in ÖJZ 1989, 750).

Zu Recht führt die beklagte Partei jedoch ins Treffen, der Erbe sei, weil er zugleich pflichtteilsberechtigt ist, zur Legatsreduktion berechtigt, sofern die Erfüllung des Vermächtnisses die Entrichtung seines Pflichtteils beeinträchtigt. Der erkennende Senat führte in seiner in NRsp 1992/115 teilweise veröffentlichten Entscheidung vom 15.1.1992, 1 Ob 627/91, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum aus, gemäß § 783 ABGB hätten sowohl die Erben als auch die Vermächtnisnehmer zur vollständigen Erfüllung des Pflichtteils beizutragen, wenn dem Noterben der ihm gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen wurde. Diese Bestimmung regle die materielle Beitragspflicht des Legatars und sei deshalb nicht als bloße Verweisung auf die Bestimmungen der §§ 692 ff ABGB aufzufassen. Daher seien neben den Erben auch die Legatare mit der Verpflichtung zur Entrichtung des Pflichtteils im Verhältnis ihrer Beteiligung am Nachlaß belastet, ohne daß es dabei auf die Art der Erbfolge ankäme. Ist der Erbe zugleich pflichtteilsberechtigt, sei sein Erbteil, wenn er den Wert des Pflichtteils nicht erreicht, aus dem Wert des Vermächtnisses auf den Betrag seines Pflichtteils zu ergänzen. Sei danach die Kürzung des oder der Vermächtnisse erforderlich, seien die Erben zur Vornahme der Legatsreduktion berufen. Sie hätten demgemäß den Vermächtnisnehmern entsprechend gekürzte Legate auszufolgen oder, wenn diese - wie das im vorliegenden Fall behauptet wird - bereits zumindest zum Teil ungekürzt ausgefolgt wurden, zuviel Geleistetes zurückzufordern. Der Erbe (bzw vor Einantwortung der ruhende Nachlaß) schulde den Vermächtnisnehmern nur die Entrichtung der bereits gemäß § 783 ABGB gekürzten Legate. An dieser Auffassung ist festzuhalten.

Daran kann auch die von den Vorinstanzen als erwiesen angenommene Absicht des Erblassers, die Klägerin für die Zeit nach seinem Ableben zu versorgen, sodaß er die Rentenzahlung an die Klägerin durch eine Anrechnungsanordnung „oder auf andere geeignete Weise“ sichergestellt hätte, hätte er bedacht, daß sein Sohn die Erfüllung des Legats unter Berufung auf seinen Pflichtteil ablehnen werde, nichts ändern: Der Wille des Erblassers darf schon dann nicht mehr beachtet werden, wenn er nicht in einer formgebundenen Verfügung (Erbvertrag, Testament oder Kodizill) erklärt worden ist (vgl etwa Koziol-Welser, Grundriß II9 333), noch weniger aber darf der hypothetische, also der dem Erblasser für den Fall dessen Kenntnis bestimmter Umstände unterstellte Testierwille bei der Zuweisung des von ihm hinterlassenen Vermögens Beachtung finden; auch kann - von wenigen hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - durch selbst formwirksame Verfügungen des Erblassers der Pflichtteilsberechtigte in seinen Ansprüchen nicht verkürzt werden. Werden die zwingenden Formgebote nicht erfüllt, ist die nicht formgerechte Verfügung selbst bei klar und eindeutig erweisbarem Willen des Erblassers ungültig (JBl 1955, 264; Koziol-Welser aaO).

Dem Recht des Erben zur Legatsreduktion kann auch die von der Klägerin der Sache nach geforderte Schenkungsanrechnung gemäß § 785 ABGB keinen Abbruch tun. Soweit diese in erster Instanz behauptete, die Schenkung des Erblassers an seinen Sohn sei eine solche auf den Todesfall (§ 956 ABGB) und daher mangels Notariatsaktsform ungültig, verkennt sie - abgesehen davon, daß die Schenkung mittels eines in Ablichtung im Akt erliegenden Notariatsakts vorgenommen wurde - das Wesen dieser Schenkung: sie sollte sofort wirksam sein, nur behielt sich der Erblasser, um weiter über die Erträgnisse des geschenkten Vermögens verfügen zu können, den Fruchtgenuß vor, was bei einer Schenkung auf den Todesfall gewiß überflüssig gewesen wäre. Auch die Schenkungsanrechnung, also das Recht als pflichtteilsberechtigte Ehegattin zu verlangen, daß bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag gebracht werden (§ 785 Abs 1 ABGB), ist der Klägerin verwehrt, weil dem Ehegatten dieses Recht nur bei solchen Schenkungen zusteht, die während seiner Ehe mit dem Erblasser gemacht worden sind (§ 785 Abs 2 ABGB). Der Notariatsakt über die Schenkung des Erblassers an dessen Sohn wurde aber - in voller Absicht - schon einen Tag vor der Eheschließung errichtet; bei Schenkungen ohne wirkliche Übergabe genügt, um sie vor der Anrechnung zu schützen, schon der Titelvertrag, sofern nur die vorgeschriebene Form (§ 1 Abs 1 lit d NZwG) erfüllt ist; der Zeitpunkt der Erfüllung ist gleichgültig (SZ 44/137; Welser in Rummel, ABGB2 § 785 Rz 8 mwN).

Auch die in erster Instanz geforderte Anrechnung im Sinne des § 788 ABGB kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, weil nach dieser Vorschrift nur dasjenige anzurechnen ist, was unmittelbar zum Antritt eines Amts oder Gewerbes, also zu Aufnahme einer Berufstätigkeit (Welser aaO §§ 788, 789 Rz 10) gegeben wurde; davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.

Da die Klägerin - wie ausgeführt - ihr Zahlungsbegehren ausdrücklich auf das ihr im Testament ausgesetzte Unterhaltslegat stützt und auf letztwilliger Verfügung beruhende Ansprüche der Witwe nicht als Ansprüche auf den gesetzlichen Unterhalt nach § 796 ABGB anzusehen sind (vgl VwGH in NZ 1976, 14), bedarf es der Klärung der im Schrifttum (vgl die Nachweise bei Welser aaO § 796 Rz 10) umstrittenen Frage, ob der gesetzliche Unterhaltsanspruch des überlebenden Ehegatten oder die Rechte des Noterben Vorrang genießen, ebensowenig wie der Prüfung der weiteren Frage, ob und in welchem Umfang vertragliche oder letztwillige Zuwendungen des Erblassers an die Klägerin oder die sonst im § 796 zweiter Satz ABGB genannten Erträgnisse in diesen Anspruch einzurechnen sind.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher - gegebenenfalls nach Erörterung des Sachverhalts mit den Parteien (§ 182 ZPO) - den Wert des Nachlasses, das Ausmaß des Pflichtteilsanspruchs des Klägers und ferner festzustellen haben, ob und in welchem Umfang die Klägerin bereits Vermögenswerte aus dem Nachlaß - die beklagte Partei behauptet, diese habe bereits eine Eigentumswohnung und deren Inventar im Gesamtwert von 3,5 Mio S aus dem Nachlaß als Vermächtnis in Besitz genommen - zugekommen sind; erst auf Grund dieser Feststellungen kann ermittelt werden, ob und in welchem Ausmaß die von der beklagten Verlassenschaft in Anspruch genommene Legatsreduktion erforderlich und demnach das Zahlungsbegehren der Klägerin möglicherweise nicht berechtigt ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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