Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.929,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.154,90 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Auf einer drei Miteigentümern zu unterschiedlichen Anteilen gehörigen Liegenschaft in Wien-Fünfhaus errichteten je eine Vermögens- und Liegenschaftsverwaltungsgesellschaft m.b.H. ein Büro- und Geschäftshaus als Superädifikat ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel, vermietete es in der Folge der mit der Errichtung des Gebäudes beauftragten Generalunternehmerin und räumte dieser Kommanditgesellschaft gleichzeitig auch das Recht zur Untervermietung ein.
Die Mieterin gab der beklagten Partei ab 23.10.1972 in diesem Superädifikat zahlreiche Räumlichkeiten mietweise in Unterbestand. Schließlich wurden die verschiedenen Untermietverhältnisse von den Vertragsteilen durch zwei neue Mietverträge vom 25.7.1980 ersetzt (vgl deren Präambel). Beide Verträge konnten vom Mieter unter Einhaltung einer einjährigen, vom Vermieter dagegen unter Beachtung einer zweijährigen Frist jeweils zu jedem Monatsletzten gekündigt werden.
Mit Verträgen vom 31.10.1986 verkauften die Grundeigentümer und die Eigentümerin des Superädifikats die Liegenschaft und das Gebäude an die klagende Partei; hievon verständigte diese die beklagte Partei mit Schreiben vom 29.10.1986 mit dem Bemerken, daß damit alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mietverhältnissen an sie übergegangen seien. Die Untervermieterin bestätigte dieses Schreiben mit Brief vom 31.10.1986.
Da die beklagte Partei unterdessen die Fertigstellung ihres eigenen Bürohauses - von diesem Vorhaben hatte sie die damalige Vermieterin unterrichtet - absehen konnte, kündigte sie der klagenden Partei mittels eingeschriebenen Briefes vom 24.11.1986 die Mietverhältnisse zum 30.11.1987 auf. Der Geschäftsführer der klagenden Partei faßte dieses Schreiben als Angebot zur einvernehmlichen Auflösung der Mietverhältnisse auf und wies die Sachbearbeiterin, eine Prokuristin, an, diesem Angebot keineswegs zuzustimmen, aber den Markt dahin zu sondieren, ob eine Vermietung möglich sein werde.
Der beklagten Partei gegenüber reagierte die klagende Partei auf deren Kündigungsschreiben zunächst nicht ausdrücklich. Ihre Sachbearbeiterin beauftragte aber einen Immobilienmakler mit der Vermittlung der Büroräumlichkeiten; die beklagte Partei gestattete ihr über deren Ersuchen die Besichtigung der Mieträumlichkeiten mit Interessenten.
Das Ersuchen der beklagten Partei um einen Räumungsaufschub deshalb, weil eine witterungsbedingte Verzögerung der Fertigstellung ihres Bürohauses zu befürchten war, lehnte die klagende Partei im Februar oder März 1987 mit dem Bemerken ab, „daß sie den Auszugstermin genau wissen müsse“. Auch die Anfrage der beklagten Partei, ob sie Räumlichkeiten im Erdgeschoß einer Kundin für ein Jahr überlassen dürfe, beschied die Sachbearbeiterin der klagenden Partei am 24.7.1987 abschlägig.
Schon Ende Juni 1987 zeigte ein Unternehmen Interesse an der Anmietung von Teilen der an die beklagte Partei überlassenen Räume. Diese gab darauf sowohl der Interessentin als auch der klagenden Partei die von ihr geforderte Investitionsablöse bekannt, die beabsichtigte Vermietung kam jedoch aus Gründen auf seiten des Mietinteressenten nicht zustande.
Erst als die beklagte Partei im September 1987 Anstalten traf, aus den Mieträumlichkeiten auszuziehen, teilte ihr der Klagevertreter mit Schreiben vom 5.10.1987 mit, das Kündigungsschreiben vom 24.11.1986 sei nicht rechtswirksam, weil das Mietrechtsgesetz keine außergerichtliche Aufkündigung zulasse; die klagende Partei sei mit der Auflösung des Mietverhältnisses auch nicht einverstanden. Der Beklagtenvertreter erwiderte darauf mit Schreiben vom 12.10.1987, der klagenden Partei sei bekannt gewesen, daß die beklagte Partei ausziehen werde, sie habe auch durch ihr Verhalten deutlich genug zum Ausdruck gebracht, daß sie der Kündigung zustimme.
In einem weiteren Schreiben vom 30.10.1987 teilte der Beklagtenvertreter dem Vertreter der klagenden Partei mit, er habe angesichts des Rechtsstandpunkts der klagenden Partei zur Abwehr rechtlicher Nachteile für die beklagte Partei aus Gründen prozessualer Vorsicht unpräjudiziell der von seiner Mandantschaft vertretenen Auffassung die gerichtliche Aufkündigung eingebracht, und forderte die klagende Partei gleichzeitig zur Übernahme der Bestandräumlichkeiten auf.
Gegen die gerichtliche Kündigung zum 30.11.1988 erhob die klagende Partei keine Einwendungen.
Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von Mietzinsen von insgesamt S 320.000 und führte hiezu aus, das Mietverhältnis sei erst am 30.11.1988 durch gerichtliche Kündigung beendet worden; die beklagte Partei, die auf dem Standpunkt stehe, daß das Bestandverhältnis schon ein Jahr vorher aufgelöst worden sei, schulde ihr daher den Bestandzins für ein Jahr.
Die beklagte Partei wendet vor allem ein, die klagende Partei sei jedenfalls schlüssig mit der außergerichtlichen Kündigung einverstanden gewesen. Außerdem ergebe sich aus der Übergangsbestimmung des § 49 Abs 2 MRG, daß die außergerichtliche Kündigung durch die beklagte Partei als Mieterin wirksam gewesen sei.
In Beurteilung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes meinte das Erstgericht, die Übergangsbestimmung des § 49 Abs 2 MRG sei nicht anwendbar, weil die beklagte Partei das Bestandobjekt auf unbestimmte Zeit gemietet habe, sodaß das Bestandverhältnis gemäß § 33 Abs 1 MRG gerichtlich aufgekündigt werden müßte. Das Schreiben der beklagten Partei vom 24.11.1986 sei als Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Bestandverhältnisses zu beurteilen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Streitteile Kaufleute im Sinne des § 6 HGB seien und ein Kaufmann, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, gemäß § 362 Abs 1 HGB zur unverzüglichen Antwort verpflichtet sei. Sein Schweigen gelte daher als Annahme. Wenn auch der Gewerbebetrieb der klagenden Partei die Besorgung von Geschäften für andere nicht einschließe, sei diese Bestimmung doch auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Überdies habe die klagende Partei das Angebot der beklagten Partei auch schlüssig dadurch angenommen, daß sie Makler mit der Vermittlung der Vermietung dieser Räumlichkeiten beauftragt und mit Interessenten ernsthafte Vertragsgespräche geführt habe. Die klagende Partei hätte nach Treu und Glauben mit der Auflösungserklärung der beklagten Partei auch widersprechen müssen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, das zu Geschäftszwecken errichtete Superädifikat sei gemäß § 1 Abs 1 MG an sich den Bestimmungen dieses Gesetzes unterworfen gewesen, doch seien die Geschäftsräumlichkeiten in weiterer Folge durch § 1 Abs 2 Z 1 und 2 MG von dessen Anwendungsbereich wieder ausgenommen worden, weil sie in einem Haus gelegen seien, für das die Baubewilligung erst nach dem 27.1.1917 erteilt worden sei. Auch die Kündigungsbeschränkungen seien auf das Mietverhältnis nicht anwendbar, weil die Räume erst nach dem 31.12.1967 durch Neubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen worden seien (§ 1 Abs 3 Z 1 MRG). Hingegen fänden auf solche Mietgegenstände gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG die dort genannten Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere die §§ 29 bis 36 MRG, und damit die Bestimmungen über den Kündigungsschutz Anwendung. Die kündigungsrechtliche Übergangsbestimmung des § 49 Abs 2 MRG sehe bei Hauptmietverträgen über solche Mietgegenstände auf unbestimmte Zeit für den Vermieter die Möglichkeit vor, vom Mieter bis 30.6.1982 den Abschluß eines Zeitmietvertrages mit Geltung bis mindestens 31.12.1984 zu verlangen; habe der Mieter dieses Vertragsangebot angenommen, habe sich das Bestandverhältnis gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG in ein befristetes umgewandelt; habe es der Mieter nicht angenommen, sei das Bestandverhältnis außerhalb des mietrechtlichen Kündigungsschutzes geblieben. Habe der Vermieter von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht, gälten für diesen Hauptmietvertrag die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG, nicht jedoch auch jene des § 33 MRG. Die Kündigung sei eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses - hier eines dem Mietengesetz nicht unterliegenden Bestandverhältnisses - zu einem in der Zukunft liegenden bestimmten Zeitpunkt gerichtet sei. Diese Erklärung bedürfe der Annahme durch den Gegner nicht. Sie sei an keine bestimmte Form gebunden und müßte nur klar erkennen lassen, daß das Bestandverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet sein solle. Nur zur Schaffung eines Exekutionstitels seien gemäß § 565 ZPO die strengen Voraussetzungen des § 562 ZPO erforderlich, nicht jedoch zur Herbeiführung der materiellrechtlichen Folgen einer Aufkündigung. Bei außergerichtlicher Aufkündigung eines dem Mietengesetz nicht unterliegenden Bestandverhältnisses sei nur zu prüfen, ob sie nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes und den Vertragsbestimmungen geeignet war, das Bestandverhältnis rechtswirksam zu beenden. Das Bestandverhältnis sei danach von der beklagten Partei vertragskonform zum 30.11.1987 beendet worden. Das Erstgericht habe daher das Klagebegehren, das auf Mietzinszahlung und nicht auf Zahlung eines Benützungsentgelts gerichtet gewesen sei, zu Recht abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zwar zulässig, weil zur Frage, ob sich die Kündigungsbeschränkungen in den im § 49 Abs 2 und Abs 3 MRG umschriebenen Fällen auch auf das Gebot des § 33 Abs 1 erster Satz MRG erstrecken, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt, sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Die Streitteile gehen - gleich den Vorinstanzen - wie selbstverständlich von einem Hauptmietverhältnis über einen Mietgegenstand aus, der nach dem 31.12.1967 durch Neubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel geschaffen worden sei, und unterstellen diesen Vertrag dementsprechend dem Übergangsrecht des § 49 Abs 2 MRG (das sie dann allerdings unterschiedlich auslegen), übersehen dabei jedoch, daß die beklagte Partei das Bestandobjekt am 1.1.1982 (an dem das Mietrechtsgesetz gemäß dessen § 58 Abs 1 in Kraft trat) auf Grund ab 1972 begründeter und am 25.7.1980 erneuerter Untermietverträge (Beilagen 16 und 17) - Vertragspartner war nämlich jene Kommanditgesellschaft, der die Eigentümerin des Superädifikats die Hauptmietrechte und das Recht zur Untervermietung eingeräumt hatte - benützte. Erst mit dem Erwerb des Eigentums an Liegenschaft und Superädifikat mit Wirkung ab 1.11.1986 (Beilage 11) trat die klagende Partei mit Zustimmung der Hauptmieterin in die zwischen dieser und der beklagten Partei bestehenden Bestandverhältnisse ein, die - nun Vertragsverhältnisse zwischen Eigentümerin des Bestandgegenstandes und Bestandnehmerin - fortan als Hauptmietverhältnisse zu beurteilen waren und sind. Auf die Bestandverhältnisse mit der beklagten Partei war demnach nicht Abs 2, sondern Abs 3 des § 49 MRG anzuwenden, nach dem für einen vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossenen Untermietvertrag die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG nicht gelten, sofern die Kündigungsbeschränkungen des § 19 MG nicht gegolten haben. Vor dem 1.1.1982 begründete, gemäß § 1 Abs 3 Z 1 und 2 MG vom Kündigungsschutz ausgenommene Untermietverhältnisse waren demnach von den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes keinesfalls erfaßt (Würth in Rummel, ABGB2 § 49 MRG Rz 4). Das in allen drei Absätzen des § 49 MRG gebrauchte Zitat des § 30 MRG ist als pars pro toto für die §§ 29 ff MRG zu verstehen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht § 49 Rz 1 b und 5; anders allerdings Debolav in Korinek-Krejci, HBzMRG, 457), sodaß die Untermietverträge zwischen der Kommanditgesellschaft und der beklagten Partei auch im zeitlichen Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes nicht dem Gebot der gerichtlichen Kündigung gemäß § 33 Abs 1 erster Satz MRG unterlagen.
Damit allein wäre jedoch für die beklagte Partei nichts gewonnen. Da die klagende Partei am 31.10.1986 um 24 Uhr (vgl Beilage 11) in diese Bestandverhältnisse eintrat und von der beklagten Partei als Vertragspartnerin - sie kündigte der klagenden Partei wenig später (am 24.11.1986) die Bestandverhältnisse auf (Beilage 8) - akzeptiert wurde, kamen damit Hauptmietverhältnisse zustande, die nun gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG den Kündigungsbeschränkungen der §§ 29 ff MRG unterworfen waren.
Die beklagte Partei führt in diesem Zusammenhang weiters ins Treffen, § 33 Abs 1 erster Satz MRG sei nach dem Zweck dieses Gesetzes auf die Kündigung durch den Mieter nicht anzuwenden. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Wie der erkennende Senat erst jüngst mit Entscheidung vom 26.11.1992, 1 Ob 627/92, aussprach, ordne § 33 Abs 1 erster Satz MRG an, daß Mietverhältnisse nur gerichtlich gekündigt werden können; diese Bestimmung sei aus dem wortgleichen § 21 Abs 1 erster Satz MG übernommen worden. Nach - dort zitierter - Lehre und Rechtsprechung, die angesichts der übereinstimmenden Regelungen auch auf die derzeit geltende Vorschrift übertragen werden könnte, sei diese mietengesetzliche Bestimmung auch auf die Aufkündigung durch den Mieter anzuwenden, weil das Gesetz in dieser Hinsicht keine Unterscheidung getroffen habe. Zwar habe der Mieter auch ein geschütztes Mietverhältnis ohne Angabe bestimmter Gründe aufkündigen können, eine außergerichtliche Aufkündigung durch den Mieter habe für sich jedoch die Auflösung eines solchen Bestandverhältnisses nicht zur Folge gehabt. Dieser wörtlichen Auslegung seien Koziol-Welser (Grundriß I9 29, 387), Czoklich (WoBl 1988, 30) und Wohlfahrt (RdW 1988, 80) mit dem Bemerken entgegengetreten, daß mit der gerichtlichen Kündigung nur der Schutz des Mieters bezweckt sein könne; § 33 MRG befasse sich - außer im ersten Satz - ausschließlich mit der Kündigung durch den Vermieter, sodaß angenommen werden könne, daß nur dieser und nicht auch der Mieter gerichtlich kündigen müsse. In diesem Sinn sei die Bestimmung des § 33 Abs 1 erster Satz MRG teleologisch zu reduzieren. Diese Argumente seien zwar durchaus diskussionswert, rechtfertigten aber die den eindeutigen Wortlaut berichtigende Auslegung der Bestimmung im Wege der teleologischen Reduktion nicht. Schon die - in SZ 10/36 referierte - Entstehungsgeschichte des § 21 Abs 1 erster Satz MG ergebe für die Beweggründes des Gesetzgebers keinen verläßlichen Aufschluß. In den dem Mietengesetz vorausgegangenen Mieterschutz-Verordnungen sei vom Erfordernis der gerichtlichen Kündigung noch keine Rede gewesen. Diese Forderung habe sich erstmals in der Regierungsvorlage zum Mietengesetz (872 BlgNR 1.GP, 33) gefunden. § 14 Abs 1 des Entwurfs habe dahin gelautet, daß der Vermieter den Mietvertrag nur gerichtlich aufkündigen kann; das Kündigungsrecht des Mieters wäre danach nicht beschränkt gewesen. Der Justizausschuß habe den dieser Entwurfsbestimmung entsprechenden § 21 seines Vorschlags (1281 BlgNR 1.GP) in die schließlich Gesetz gewordene Fassung gebracht, im Ausschußbericht hingegen angemerkt, der Entwurf bestimme entsprechend dem Vorschlag der Regierungsvorlage, daß Mietverhältnisse nur gerichtlich gekündigt werden könnten; eine außergerichtliche Kündigung werde daher in Hinkunft nur dann rechtliche Bedeutung haben, wenn sie zur ausdrücklichen Annahme „durch den Mieter“ führe. Diese Erläuterungen, die den geänderten Wortlaut gewiß nicht trügen, könnten zwar auch als Hinweis auf ein Redaktionsversehen aufgefaßt werden, ebenso nahe liege aber der Schluß, daß der Justizausschuß das Erfordernis der gerichtlichen Kündigung zwar abweichend von der Regierungsvorlage auf alle kündigungsgeschützten Mietverhältnisse ausdehnen wollte, in den Erläuterungen jedoch in unreflektierter Wiedergabe der Argumente in der Regierungsvorlage nur den als typisch angesehenen Fall der Vermieterkündigung herausgriff. Auch der Zweck des Gesetzes - der Mieterschutz - rechtfertige keineswegs die geforderte Auslegung. Würth (in WoBl 1988, 32) führe in diesem Zusammenhang zutreffend aus, daß die Befürwortung einer teleologischen Reduktion die verfahrensrechtliche Problematik vernachlässige. Seitdem die Möglichkeit zur Erstattung von Einwendungen gegen eine förmliche außergerichtliche Aufkündigung bei Gericht (§§ 565 und 566 ZPO aF) durch Art 4 Z 123 ZVN 1983 beseitigt worden sei, komme neben der gerichtlichen Kündigung nur mehr die Kündigung im Sinn des § 1116 ABGB in Betracht. Deren Wirksamkeit, der nun - wie auch im vorliegenden Fall - nur mehr als Vorfrage im Räumungs- und noch mehr im Mietzinsstreit Bedeutung zukomme, hänge jedoch jedenfalls von der Anführung eines dem Vertrag oder sonst dem Gesetz entsprechenden Kündigungstermins und der Erbringung des dem Kündigenden obliegenden Nachweises der Einhaltung der vertraglichen oder sonst der gesetzlichen Kündigungsfrist ab, nach dem Inhalt des Mietvertrages mitunter darüber hinaus auch noch von der Einhaltung einer bestimmten Form o.ä. Umständen ab. Ob diese Wirksamkeitsvoraussetzungen beachtet wurden, bleibe nicht selten erst der Prüfung in dem über die Mietzinsklage eingeleiteten Verfahren vorbehalten, zumal der Vermieter grundsätzlich nicht verpflichtet sei, eine dem Vertrag oder dem Gesetz zuwiderlaufende Kündigung zurückzuweisen, oder sich sonst dem Mieter gegenüber in einem solchen Fall zu äußern. Schon deshalb bedürfe der Mieter rechtlicher Anleitung aus Anlaß der beabsichtigten Kündigung, damit er vor Nachteilen aus solchen Umständen bewahrt bleibe. Diese sei ihm bei Gericht jedenfalls zu erteilen, wenn er die Aufkündigung dort gemäß § 562 Abs 1 ZPO zu Protokoll erkläre. Durch die eigenhändige Zustellung an den Vermieter sichere sich der Mieter darüber hinaus auch noch den verläßlichen Nachweis dafür, daß die Kündigung rechtzeitig zugegangen sei. Diese besonderen rechtlichen Wirksamkeitserfordernisse seien dem rechtsunkundigen Mieter bei Verfassung bzw Übermittlung der Kündigung wohl nur in den seltensten Fällen geläufig; gerade der Mieter, der bereits disponiert oder gar schon eine andere Wohnung bezogen habe, sei aber auf eine wirksame Kündigung im besonderen Ausmaß angewiesen, um nicht Gefahr zu laufen, für das nicht mehr benötigte Bestandobjekt weiterhin den Mietzins entrichten zu müssen. Entspreche es damit aber auch den wohlverstandenen Interessen des Mieters, daß auch er wirksam nur gerichtlich kündigen könne, sofern nicht ohnehin eine einvernehmliche Auflösung des Bestandverhältnisses zustande komme, so lägen für eine teleologische Reduktion der genannten Bestimmung zu wenige stichhältige Gründe vor.
An dieser Ansicht ist festzuhalten; beizufügen bleibt nur, daß der Gesetzgeber des Mietrechtsgesetzes in Kenntnis der herrschenden Auffassung zu § 21 Abs 1 erster Satz MG diese Bestimmung dennoch im § 33 Abs 1 MRG wiederholte.
Das Klagebegehren ist aber aus anderen Gründen nicht berechtigt. Auch im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes bleibt eine bloß außergerichtliche Kündigung nicht immer ohne rechtliche Bedeutung. Da die einverständliche Auflösung auch geschützter Mietverhältnisse selbst formfrei und schlüssig möglich ist, versteht die herrschende Auffassung die außergerichtliche Aufkündigung als Angebot zu einvernehmlicher Vertragsauflösung (MietSlg 31.451 mwN uva; zuletzt wieder 1 Ob 627/92; Würth-Zingher aaO). Die schlüssige Annahme eines solchen Angebots setzt allerdings voraus, daß der Vermieter ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das bei Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln, übrig läßt (§ 863 Abs 1 ABGB). Da der Vermieter - wie schon erwähnt - zur Zurückweisung einer formwidrigen Kündigung an sich grundsätzlich nicht verpflichtet ist, kann sein Stillschweigen nur bei Vorliegen zureichender Gründe als Annahme der als Offerte zur Auflösung des Bestandverhältnisses umgedeuteten außergerichtlichen Kündigung verstanden werden.
Solche Gründe sind indessen im vorliegenden Fall gegeben. Vorauszuschicken ist, daß es für den Erklärungswert eines bestimmten Verhaltens nicht auf den Willen jener Person, deren Verhalten zu beurteilen ist, sondern auf das Verständnis ankommt, das ein redlicher Erklärungsempfänger von diesem gewinnen durfte und gewonnen hat; entscheidend sind demnach die Umstände aus dessen Sicht (Rummel in Rummel aaO § 863 Rz 8 mwN). Nun hat die Sachbearbeiterin der klagenden Partei, deren Einzelprokuristin, bereits kurze Zeit nach dem Zugang der außergerichtlichen Kündigung bei der beklagten Partei angefragt, ob sie die Räumlichkeiten Mietinteressenten zeigen dürfte; wenige Monate später hat sie sogar das Ersuchen der beklagten Partei um einen kurzen Räumungsaufschub mit dem Bemerken abgelehnt, sie müsse den Auszugstermin genau wissen, also damit rechnen können, daß die beklagte Partei zum genannten Termin räumen werde. Dagegen hat sie mit keinem Wort erwähnt, daß die klagende Partei nicht gewillt sei, die außergerichtliche Kündigung zu akzeptieren. Auch das Ansuchen der beklagten Partei, bestimmte Räume im Erdgeschoß einem anderen Unternehmen für eine kurze Zeit zu überlassen, lehnte sie ab. Mitte 1987 zeichnete sich die Vermietung eines ganzen Stockwerks an eine Interessentin ab; die beklagte Partei gab sowohl dieser als auch der klagenden Partei die geforderte Investitionsablöse bekannt, ohne daß diese dagegen einen Vorbehalt gemacht hätte.
Erst als die beklagte Partei Anstalten traf, die gemieteten Objekte zu dem im Kündigungsschreiben genannten Termin zu räumen, trat der Klagevertreter auf den Plan: Nun erst, also nahezu ein Jahr nach dem Zugang der Kündigung, gab die Vermieterin der beklagten Partei zu verstehen, daß sie die Kündigung keinesfalls akzeptieren wolle. Das gesamte Verhalten der klagenden Partei bis dahin durfte von der beklagten Partei zu Recht dahin gedeutet werden, daß sich die klagende Partei mit der in der Kündigung erklärten Auflösung des Bestandverhältnisses abfinden werde; die zuständige und als Einzelprokuristin jedenfalls vertretungsbefugte Sachbearbeiterin der klagenden Partei ging bei ihren Erklärungen der beklagten Partei gegenüber wie selbstverständlich davon aus, daß deren Auszug eine unverrückbare Tatsache sei, mit der sie sie bei ihren weiteren Dispositionen über die Bestandobjekte fest rechnen könne. Zur Vermeidung dieses Erklärungswertes hätte sie die beklagte Partei aufklären müssen, daß sie die außergerichtliche Kündigung überhaupt nicht oder doch wenigstens nur für den Fall akzeptiere, daß sie geeignete Mieter ausfindig machen könne. Im Ergebnis zu Recht hat das Erstgericht daher dem Verhalten der klagenden Partei - insbesondere der für sie in erster Linie handelnden Sachbearbeiterin - als Erklärungswert die Annahme des in der außergerichtlichen Kündigung liegenden Angebots auf einverständliche Beendigung des Vertragsverhältnisses beigemessen.
Keine Bedeutung kommt dagegen der Anweisung der Sachbearbeiterin durch den Geschäftsführer der klagenden Partei zu, die außergerichtliche Kündigung nicht anzunehmen, weil diese Erklärung der beklagten Partei nicht zugegangen ist, offensichtlich aber auch für sie gar nicht bestimmt war. Auch die nachgeholte gerichtliche Kündigung kann am Ergebnis der einverständlichen Vertragsauflösung nichts mehr ändern, weil sie nach ausdrücklicher Erklärung der beklagten Parteien aus Gründen besonderer Vorsicht und unpräjudiziell des hier eingenommenen Rechtsstandpunkts eingebracht wurde.
Hat die beklagte Partei zu dem in der außergerichtlichen Kündigung genannten Zeitpunkt das Bestandobjekt bereits geräumt, so erweist sich angesichts des bereits beendeten Bestandverhältnisses das Zinszahlungsbegehren für einen danach liegenden Zeitraum als nicht berechtigt, sodaß der an sich zulässigen außerordentlichen Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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