Spruch:
Soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen für das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen enthalten, richtet sich dieses nach den Vorschriften des Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt; besteht in diesem Verfahren kein Anwaltszwang, müssen schriftliche Rekurse nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein
OGH 17. Juni 1981, 1 Ob 645/81 (LGZ Graz 1 a R 56/81: BGZ Graz Jv 128/81)
Text
Beim Bezirksgericht für ZRS Graz ist ein Entmündigungsverfahren betreffend den Rekurswerber anhängig. Dieser lehnte den mit dieser Rechtssache befaßten Richter Dr. Kurt W ab. Der Vorsteher des Bezirksgerichtes für ZRS Graz wies den Ablehnungsantrag zurück. Dagegen erhob der Ablehnungswerber schriftlich Rekurs, der nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen war. Der Vorsteher des Bezirksgerichtes für ZRS Graz trug dem Ablehnungswerber die Beseitigung dieses Mangels binnen drei Wochen auf. Erst während der Verbesserungsfrist beantragte der Ablehnungswerber die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter Beigabe eines Rechtsanwaltes, damit dieser den schriftlichen Rekurs fertige. Der bestellte Verfahrenshilfeanwalt überreichte den von ihm unterfertigten Rekurs erst nach Ablauf der Verbesserungsfrist.
Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück.
In Rechtsmittelverfahren mit absolutem Anwaltszwang werde die Rechtsmittelfrist nur dann unterbrochen, wenn die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist beantragt werde. Ein nach Ablauf dieser Frist, wenn auch innerhalb der gesetzten Verbesserungsfrist gestellter Antrag auf Beigebung eines Anwaltes könne an der Verspätung des Rechtsmittels nichts ändern.
Der Oberste Gerichtshof sah den gegen den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes erhobenen Rekurs des Ablehnungswerbers als zulässig an, weil das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes nicht meritorisch überprüfte, sondern den Rekurs aus formellen Gründen zurückwies (SZ 42/74 u. a.). Er hob den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem die sachliche Erledigung des Rekurses auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
In nicht streitigen Rechtssachen ist in der Regel niemand schuldig, sich eines Rechtsanwaltes zu bedienen (§ 5 AußStrG). Dies gilt auch für das Verfahren nach der Entmündigungsordnung, in dem, soweit nicht abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften der §§ 1 bis 19 AußStrG Anwendung finden und es den Beteiligten freisteht, sich durch Rechtsanwälte vertreten zu lassen (§ 56 Abs. 1 EntmO). Auch für schriftliche Rekurse gegen die Zurückweisung eines in einer Außerstreitsache gestellten Ablehnungsantrages besteht kein Anwaltszwang. Die Voraussetzungen der und das Verfahren bei Ablehnung von Richtern richten sich zwar auch in Außerstreitsachen nach den für alle bürgerlichen Rechtssachen und nicht nur für Zivilprozesse geltenden Vorschriften der §§ 19 bis 25 JN. Damit gilt auch für den Rechtsmittelzug im Ablehnungsverfahren in Außerstreitsachen § 24 Abs. 2 JN, sodaß die Erhebung eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG und die Berücksichtigung verspäteter Rechtsmittel nach § 11 Abs. 2 AußStrG nicht in Frage kommt (SZ 42/74; EvBl. 1968/429; RZ 1967, 15 und 71; JBl. 1966, 45; SZ 33/71; SZ 18/6; anderer Meinung Fasching I, 212). Soweit aber die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen für das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen enthalten, richtet sich das Ablehnungsverfahren, auch wenn keine Verfügung über die Außerstreitsache selbst getroffen wird (SZ 33/71), nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt. Die Anordnung des § 24 Abs. 2 JN, daß gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht stattfindet, ist nicht als eine allgemeine Verweisung auf die Bestimmungen der §§ 514 ff. ZPO aufzufassen, die zur Folge hätte, daß sich das Rechtsmittelverfahren bei Ablehnungen in Außerstreitsachen schlechthin nach den Vorschriften der ZPO über das Rekursverfahren richten müßte. Der erkennende Senat vermag sich der in der Entscheidung SZ 42/74 vertretenen Ansicht, daß schriftliche Rekurse gegen die Zurückweisung der Ablehnung auch in Außerstreitverfahren mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein müssen, nicht anzuschließen. Der OGH stützte diese Ansicht ausschließlich auf den in der Vorentscheidung EvBl. 1966/409 ausgesprochenen Rechtssatz, daß auch im Ablehnungsverfahren schriftliche Rekurse mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein müßten. Diese Vorentscheidung betraf aber keine Außerstreitsache und besagte, ebenso wie die später im gleichen Sinne ergangene, auch einen Fall der streitigen Gerichtsbarkeit betreffende Entscheidung SZ 43/86 nur, daß dort, wo die Vorschrift des § 520 Abs. 1 ZPO gilt, auch schriftliche Rekurse gegen die Zurückweisung der Ablehnung mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein müssen. Was für die Ablehnung im streitigen Verfahren selbstverständliche Regel ist, wäre im Außerstreitverfahren eine den dort geltenden Grundsatz der Freiheit vom Anwaltszwang durchbrechende Ausnahme, für die das Gesetz keinen Anhaltspunkt bietet; der OGH bejahte daher auch schon ausdrücklich das Recht des Entmundigten, im Ablehnungsverfahren persönlich Rechtsmittel zu erheben (JBl. 1966, 45). Dieser Auffassung ist auch für das Entmündigungsverfahren zu folgen. Es kann das Gesetz nicht dahin verstanden werden, daß allein für ein Zwischenverfahren über einen Ablehnungsantrag Anwaltszwang und damit eine strengere Vorschrift als im Hauptverfahren gelten sollte.
Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, daß der rechtzeitig eingebrachte Rekurs des Ablehnungswerbers keiner Verbesserung durch Beisetzung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes bedurfte und die Zurückweisung des Rekurses wegen nicht rechtzeitiger Verbesserung zu Unrecht erfolgte.
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