OGH 1Ob638/94

OGH1Ob638/9423.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Maximilian Schludermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 189.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23.Juni 1994, GZ 5 R 46/94-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3.Dezember 1993, GZ 24 Cg 544/92-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben hat, aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Namens der beklagten Partei erteilte deren Geschäftsführer der klagenden Partei am 8.11.1990 den Auftrag zur Herstellung und Vorführung eines Werbefilms. Dabei wurde besprochen, daß das Vertragsverhältnis ein Jahr dauern sollte. In dem von der klagenden Partei herrührenden Vertragsformular findet sich auf der Vorderseite in der rechten Spalte - u.a. - folgende Passage:

"........

Vertragsdauer

(Laufzeit/Umfang)

Der Leistungsumfang umfaßt die Vorführung eines Werbe mittels für 12 Monate.

Die Vorführungen erfolgen innerhalb eines Zeitraums von +Ank.Abg. 1 Jahr.

Preis für den o.g. 66.900,-- öS + Mwst.

Umfang

Die Herstellung eines u.g. Werbemittels ist im Auftrag/Vorführpreis nicht enthalten.

Zahlungsbedingungen:

Bei Genehmigung des Werbemittels 6.900,--

monatl.fällig jeweils am Ersten eines Monats 5.000,--

Der monatliche Vorführpreis erhöht sich jährlich um 5 %,

spätestens aber 3 Monate nach Auftragserteilung

erstmalig 15 Monate nach Auftragserteilung.

Im Preis enthalten ist die Vorführung folgender Werbung:

KS mit FL 10

Werbmittel Ton sec/Ges.Länge

DIA: stehendes Dia ohne Ton; Dia auf Film mit oder ohne Ton FI-Anfertigung eines real-gedrehten Films für die Einschaltung, ohne Trickaufnahmen in Farbe/Ton (Sprecher)

Der Vorführauftrag (Laufzeit/Umfang) verlängert sich automatisch um jeweils 12 Vorführmonate, wenn die Kündigung des Auftrags nicht vor Beginn der letzten 3 Einschaltmonate mittels eingeschriebenen Briefes bei ... (klagende Partei) .. einlangt.

........"

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 189.000,-- s.A. und brachte hiezu vor, diese habe ihr am 8.11.1990 den Auftrag und am 21.2.1991 einen Zusatzauftrag zur Herstellung und Vorführung eines Werbefilmes in drei Kinos erteilt. Der Werbefilm sei ab 1.4.1991 eingeschaltet worden. Der Auftrag sei mangels rechtzeitiger Kündigung um ein weiteres Jahr verlängert worden. Die beklagte Partei schulde ihr für das zweite Vorführjahr Einschaltkosten (ohne Ankündigungsabgabe) in Höhe von S 150.000,-- zuzüglich 5 % Teuerungszuschlag von S 7.500,- - zuzüglich 20 % USt von S 31.550,-- sowie vereinbarte Verzugszinsen von 12 %.

Die beklagte Partei wendete ein, der Auftrag sei ausdrücklich nur für ein Jahr erteilt worden und habe keiner Kündigung bedurft. Sie sei auf die kleingedruckte Bestimmung über die Vertragsverlängerung nicht hingewiesen worden, sodaß diese Klausel unwirksam sei. Diese Bestimmung sei auch absprache- und sittenwidrig und widerspreche dem Konsumentenschutzgesetz. Die Forderung für das zweite Einschaltjahr sei auch deshalb nicht fällig, weil die klagende Partei keine Einschaltungen durchgeführt habe. Auch die Auftragserweiterung habe nur für ein Jahr gegolten.

Die klagende Partei erwiderte darauf unter anderem, die Klausel über die Vertragsverlängerung sei zwischen den Streitteilen besonders ausgehandelt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens) statt.

Es stellte fest, die Kündigungsfrist sei vor Unterfertigung geändert worden, was auch aus der bei der beklagten Partei zurückgebliebenen Abschrift ersichtlich sei. Den Auftrag habe namens der beklagten Partei deren Geschäftsführer, der - wenn auch nicht besonders gut - deutsch spreche und sich bei den Vertragsgesprächen keines Dolmetschers bedient habe, unterfertigt. Die kleingedruckten Vertragsklauseln habe er nicht durchgelesen und sich - soweit er sie nicht verstanden habe - auch nicht übersetzen lassen. Nach Herstellung des Filmentwurfs sei der beklagten Partei nahegebracht worden, daß mit einem längeren Film ein besseres Ergebnis zu erzielen sei. Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe die Endabnahme unterzeichnet, womit die Gesamtdauer der Filmwerbung in Abänderung des Auftrags auf 25 Sekunden erhöht und für die Auftragserweiterung ein zusätzlicher Preis von S 100.350,-- zuzüglich Ankündigungsabgabe und Umsatzsteuer vereinbart worden sei. Im Vertragsformular sei angeführt, daß die Ausführung laut Bestellschein vorgenommen werde. Der beklagten Partei seien die Einschaltzeiträume und -orte brieflich, zuletzt am 18.12.1991 für die Monate Jänner bis März 1992, mitgeteilt worden. Sie habe die Einschaltkosten zuzüglich Ankündigungsabgabe und Umsatzsteuer für den Auftrag und die Auftragserweiterung für ein Jahr sowie die Filmherstellungskosten beglichen. Nachdem die klagende Partei am 15.5.1992 mitgeteilt habe, daß der Vertrag um ein weiteres Vorführjahr verlängert worden sei, habe ihr die Ehegattin des Geschäftsführers der beklagten Partei erklärt, daß sie den Vertrag nicht verlängern wolle und habe dies auch über Aufforderung durch die klagende Partei im Schreiben vom 29.5.1992 festgehalten. Die klagende Partei habe dem nicht zugestimmt. Die beklagte Partei habe am 25.6.1992 durch ihren Rechtsvertreter erklärt, daß kein weiterer Auftrag erteilt werde und das Werbemittel nicht mehr zum Einsatz gelangen dürfe. Daß die klagende Partei der beklagten Partei über das Verlängerungsjahr eine Rechnung übermittelt habe, könne nicht festgestellt werden. Sie habe ihr am 20.7.1992 die Gesamtkosten für das Verlängerungsjahr mit S 245.473,20 bekannt gegeben. In einem Mahnschreiben des Klagevertreters vom 9.7.1992 sei der aushaftende Betrag mit S 189.000,-- angegeben worden. Wie sich dieser Betrag zusammensetze, sei erstmals im Rechtstreit mittels der beklagten Partei am 17.12.1992 zugestellten Schriftsatzes bekanntgegeben worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Verbindlichkeit der Vertragsklausel erfahre nur durch § 864a ABGB eine Einschränkung. Danach gälten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel dann nicht, wenn sie den Vertragspartner benachteiligten, von ungewöhnlichem Inhalt seien und der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen brauche. Die Klausel über die Vertragsverlängerung sei in der relativ übersichtlich gestalteten rechten Spalte der Vorderseite des Vertrags oberhalb der Unterschrift des Kunden eingeordnet; in diesem Bereich sei insbesondere die Vertragsdauer geregelt. Weiters müsse die handschriftliche Änderung der Kündigungsfrist einem einigermaßen sorgfältigen Leser gerade dann auffallen, wenn sie nicht aufgrund ausdrücklicher Absprache zustandegekommen wäre. Mangelnde Sprachkenntnisse entschuldigten den Geschäftsführer der beklagten Partei nicht. Ziehe er keinen Dolmetscher bei, habe er sich die Folgen selbst zuzuschreiben. Der Vertrag sei daher wirksam verlängert worden. Aus rechtlichen Gründen könne dahingestellt bleiben, ob über die Kündigung und die Änderung des Termines ausdrücklich bei der Bestellung gesprochen worden sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, das vorliegende Rechtsgeschäft gehöre ohne Zweifel für beide Parteien zum Betrieb ihres Unternehmens und unterliege deshalb nicht dem Konsumentenschutzgesetz, sodaß die beklagte Partei den Verbraucherschutz nach § 6 Abs 1 Z 2 KschG nicht in Anspruch nehmen könne. Nach der in erster Linie zu beurteilenden Bestimmung des § 864a ABGB würden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie den anderen Teil benachteiligten und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht rechnen müsse. Bei Verstößen gegen § 864a ABGB gelte der Vertrag ohne die Klausel. Die Ungewöhnlichkeit einer Vertragsbestimmung ergebe sich nicht allein aus ihrem Inhalt, sondern vor allem aus der Art ihrer Einordnung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in das Vertragsformblatt, etwa wenn die vertragliche Bestimmung im Vertragstext derart versteckt sei, daß sie der Vertragspartner dort nicht vermute, wo sie sich befinde, und dort nicht finde, wo er sie vermuten könne. In Wahrheit komme es nur darauf an, ob der Vertragspartner mit der Bestimmung den Umständen nach habe rechnen müssen; dadurch erfahre der allgemeine Grundsatz, daß derjenige, der eine Urkunde unterfertige, den durch seine Unterschrift gedeckten Text auch dann zum Inhalt seine Erklärung mache, wenn er den Text nicht gekannt habe, eine Einschränkung. Die in einem eigenen Absatz angeführte Klausel über die Vertragsverlängerung nehme im Gesamtgefüge des Textes eine relativ übersichtliche Stellung ein und sei für einen durchschnittlich sorgfältigen Leser "recht gut auffindbar"; die Auffälligkeit werde durch die handschriftliche Änderung der Kündigungsfrist noch deutlich erhöht. Eine Vertragsklausel sei aus der Sicht des redlichen Aufstellers nicht deshalb überraschend, weil die Sprachkenntnisse des Vertragspartners mangelhaft seien. Eine Wertung der Benachteiligung finde erst bei der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB statt.

Da die Klausel der Geltungskontrolle standhalte, sei ferner zu prüfen, ob sie den Vertragspartner gröblich benachteilige. Dabei sei auf die sachliche Rechtfertigung und den Grad der Abweichung vom nachgiebigen Recht als dem im Gesetz vorgesehenen Interessenausgleich und auf das Ausmaß der "verdünnten Willensfreiheit" des Vertragspartners abzustellen; nach diesen Kriterien stelle sie keine gröbliche Benachteiligung des Bestellers dar. Eine solche wäre nur dann zu bejahen, wenn die diesem vom nachgiebigen Recht zugedachte Rechtspositionen in auffallendem Mißverhältnis zur vergleichbaren Rechtsstellung des Vertragspartners stünde. Die Vertragsklausel bewirke aber weder eine Einschränkung der freien Willensentscheidung des Bestellers zur Vertragsbeendigung noch eine ihn benachteiligende Rechtsfolge für den Fall der Vertragsverlängerung. Der Umstand, daß ein befristeter Vertrag eine Bestimmung mit einer gängigen Kündigungsklausel enthalte, begründe auch kein Mißverhältnis in den Rechtspositionen der Vertragspartner.

Die von der beklagten Partei dagegen erhobene Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin steht nach wie vor auf dem Standpunkt, die in dem von der klagenden Partei verwendeten Auftragsformular an versteckter Stelle angeordnete Klausel über die Vertragsverlängerung sei nicht Vertragsbestandteil geworden und sie benachteilige sie obendrein gröblich. Nur der erstere der beiden Einwände erweist sich bei richtiger Würdigung des Formblatts als berechtigt:

Die beklagte Partei begehrt damit die - der Inhaltskontrolle (gemäß § 879 Abs 3 ABGB) vorangehende (SZ56/62 ua; Welser in JBl 1979, 453) - Geltungskontrolle nach § 864a ABGB. Danach werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder - wie hier - in Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen. Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen diese Vorschrift, so gilt der Vertrag ohne sie (Rummel in Rummel, ABGB2 § 864a Rz 4 u 9). Als objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel dann zu beurteilen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, sodaß er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht: Einer solchen Vertragsbestimmung muß somit eine Überrumpelungs- oder gar Übertölpelungseffekt innewohnen (SZ 64/31; SZ 62/99; SZ 60/52 ua). Es kommt aber nicht nur auf deren Inhalt allein an, das Ungewöhnliche einer Klausel ergibt sich vielmehr vor allem aus deren Einordnung in das Gesamtgefüge des Texts: Die Vertragsbestimmung ist dort derart "versteckt" eingefügt, daß sie der Vertragspartner des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedigungen oder des Formblatts dort nicht vermutet, wo sie angeordnet ist, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (SZ 56/62 ua; Krejci in HBzKSchG, 112). Die Tragweite dieser Grundsätze haben die Vorinstanzen im konkreten Fall indessen verkannt:

Vorauszuschicken ist, daß die Vertragsdauer bei den der Unterfertigung des Auftragsformulars durch den Geschäftsführer der beklagten Partei vorangegangenen Vertragsgesprächen mit einem Jahr festgelegt wurde. Fraglos steht die Verlängerungsklausel in engstem inhaltlichen Zusammenhang mit der festgeschriebenen Vertragsdauer, wird dadurch doch das Vertragsverhältnis nicht einfach durch den Zeitablauf beendet, sondern seine Beendigung an eine Kündigung (bedingter Endtermin) gebunden. Der Vertragspartner konnte daher erwarten, daß allfällige Modifikationen - wie die Gestaltung des Vertragsendes als bedingter Endtermin - entweder in die Bestimmung über die Vertragsdauer ("Laufzeit") integriert oder ihr wenigstens unmittelbar angefügt sein würden; keinesfalls mußte er damit rechnen, daß die Verlängerungsklausel im Text an ganz anderer Stelle ohne jeden echten Auffälligkeitswert plaziert sein würde, zumal bei den Vertragsgesprächen ohnehin nur von einer einjährigen Vertragslaufzeit die Rede war. Daß diese Vertragsbestimmung erst nach den sechs verschieden lange Abschnitte umfassenden Preis- und Zahlungsbedingungen, die zudem durch übergroß geschriebene handschriftliche Eintragungen deutlich herausgehoben sind, in ohnedies schwer leserlichem Kleindruck (woran die im Gegensatz zu den sonstigen handgeschriebenen Eintragungen sehr klein geratene handschriftliche Korrektur der Kündigungsfrist nichts ändern kann!) folgen, verleiht ihr deshalb den Charakter einer geradezu lehrbuchhaften "versteckten Klausel", die der Vertragspartner an dieser Stelle nicht vermutet und dort nicht findet, wo er sie vermutet. Ihre Anordnung im Textgefüge - sie steht mit den unmittelbar vorangehenden Bestimmungen in keinem inhaltlichen Zusammenhang - kommt damit nachgerade einer Überrumpelung, wenn nicht gar einer Übertölpelung gleich.

Mag es sich bei der Verlängerungsklausel auch um eine nicht ungewöhnliche Vertragsbestimmung eines Dauerschuldverhältnisses handeln, mußte der Geschäftsführer der beklagten Partei mit ihr angesichts der abweichenden Vertragsgespräche, des geschilderten äußeren Erscheinungsbildes des ausgefüllten Auftragsformulars und der von der Laufzeitregelung dislozierten Anordnung der Klausel, durch die sie im Text "versteckt" wurde, doch nicht rechnen, selbst wenn in Rechnung gestellt wird, daß der Auftrag vom Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erteilt wurde und diesem die gebotene Sorgfalt unterstellt wird. Die Klausel ist so angeordnet und gestaltet, daß sie wohl nur ein argwöhnischer Besteller nicht übersehen hätte; zum Argwohn bestand für den Geschäftsführer der beklagten Partei indessen kein Anlaß.

Damit wäre an sich der mittels Auftragsformulars der klagenden Partei verfaßte Vertrag ohne diese Klausel zustandegekommen, doch hat die klagende Partei schon in erster Instanz behauptet, daß die Bestimmung über die Vertragsverlängerung eigens ausgehandelt worden sei (ON 3, S. 2). Die Vorinstanzen haben - von ihrer unrichtigen Rechtsansicht, daß es sich dabei um keine versteckte Klausel handle, ausgehend - Feststellungen darüber als entbehrlich angesehen, sodaß das Verfahren in dieser Richtung noch ergänzungsbedürftig ist.

Vorerst muß allerdings noch geprüft werden, ob die umstrittene Klausel nicht doch als die beklagte Partei im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend nichtig ist, wäre doch das Klagebegehren dann schon aus diesem Grunde abzuweisen. Führt die Geltungskontrolle (§ 864a ABGB) nicht zur Ausschaltung der beanstandeten Vertragsklausel, ist - wenn, wie hier, entsprechende Einwendungen erhoben wurden - nachzuprüfen, ob die Vertragsinhalt gewordene, im Vertragsformblatt enthaltene Klausel eine gröbliche Benachteiligung des anderen Vertragsteils mit sich bringt. Durch die im § 879 Abs 3 ABGB verankerte Generalklausel sollen unfaire Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern hintangehalten werden. In dort enthaltenen Nebenbestimmungen treffen nicht selten die objektive Unbilligkeit der Bestimmung infolge einseitiger Verschiebung des vom Gesetz vorgesehenen Interessenausgleichs durch den Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formblätter zum Nachteil des Vertragspartners und die "verdünnte Willensfreiheit" zusammen, vermöge deren dieser Vertragsbestandteile zum Inhalt seiner Erklärung macht, die er in Wahrheit nicht will. Die Verschiebung ist umso eher unangemessen, desto stärker die Willensfreiheit des anderen Vertragsteils ausgehöhlt ist. Kann die Abweichung vom dispositiven Recht schon schlechthin eine gröbliche Benachteiligung des anderen Vertragsteils zur Folge haben, wenn sie jedweder sachlicher Rechtfertigung entbehrt, so ist eine solche Benachteiligung jedenfalls stets dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem Mißverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht. Das Ergebnis einer solchen Interessenabwägung zeigt auf, ob die Klausel - noch - als sachlich gerechtfertigte Abweichung vom nachgiebigen Recht zu beurteilen ist; vor allem ist bei dieser Interessenabwägung der den vom Verwender damit verfolgten Interessen beizumessende Stellenwert mit den Belastungen, die damit für den Vertragspartner verbunden sein könnten, ins Verhältnis zu setzen (SZ 56/62 mwN uva).

Zu Recht haben die Vorinstanzen, nimmt man diese Interessenabwägung vor, in der umstrittenen Vertragsklausel keine deren Nichtigkeit nach sich ziehende gröbliche Benachteiligung erblickt. Ganz abgesehen davon, daß diese Klausel - auch wenn darin nur die klagende Partei als jener Vertragsteil genannt ist, der die Kündigung zugehen muß, - nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung durchaus auch als zweiseitig gelesen werden könnte, läge auch bei anderer Auffassung in der unterschiedlichen Lösungsmöglichkeit keine gröbliche Benachteiligung der beklagten Partei, wäre es doch auch dann deren freier Willensbestimmung anheimgestellt gewesen, sich nach Ablauf der vereinbarten Dauer vom Vertragsverhältnis zu lösen, ohne daß die klagende Partei dem hätte entgegentreten können. Der bedingte Endtermin entbehrt auch - aus der Sicht der klagenden Partei - nicht jeder sachlichen Rechtfertigung, kann doch der Vertragsteil, der die charakteristische Vertragsleistung zu erbringen hat, schon vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit und damit noch rechtzeitig die erforderlichen weiteren Dispositionen treffen, vor allem etwa auch die notwendigen Aufträge an andere Unternehmer erteilen, die diese später möglicherweise wegen Kapazitätserschöpfung oder aus anderen wirtschaftlichen Gründen nicht mehr rechtzeitig entgegennehmen könnten, wenn nicht gekündigt wurde. Mag die Klausel somit den anderen Vertragsteil auch belasten, weil er jedenfalls die Kündigungsfrist evident halten muß, so ist der darin gelegene Nachteil für einen ohnehin zur Buchführung verpflichteten Unternehmer doch noch nicht von jenem Gewicht, an das der Gesetzgeber die zivilrechtlich weitreichenden Folgen der Nichtigkeitssanktion knüpft.

Demnach wird das Erstgericht entsprechende Feststellungen über die Behauptung, daß die Klausel besonders ausgehandelt worden sei, zu treffen und danach neuerlich zu entscheiden haben, ob die Klausel gemäß § 864a ABGB auszuschalten ist. Wäre dies zu bejahen, wäre das Vertragsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Jahresfrist beendet worden, sodaß der klagenden Partei der begehrte, auf das Folgejahr entfallende Klagsvertrag nicht zustünde; das Erstgericht hat unbekämpft festgestellt, daß die beklagte Partei das gesamte, auf die Dauer eines Jahres entfallende Entgelt einschließlich aller Kosten und Abgaben entrichtet hat (Ersturteil, S. 6).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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