Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.036,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.185,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei erzeugt und vertreibt Fenster- und Türelemente. Nachdem sie den Auftrag zur Lieferung der Fenster für die HTL Wien Nord, Donaustraße (Auftragssumme ca. S 9 Mio.), erhalten hatte, schloß sie am 9.4.1984 mit der klagenden Partei einen Vertrag über die Lieferung eines Teiles der Fenster (Auftragssumme S 4,133.967,60). Beide Werkverträge enthalten Bestimmungen über einzuhaltende Fertigstellungstermine und Vertragsstrafen für den Fall von Lieferfristüberschreitungen. Da die klagende Partei keinen Fertigungsbetrieb unterhält, gab sie den Auftrag zur Fertigung mit Wissen und Willen der beklagten Partei an die Firma Alfred S*** KG weiter. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 22.8.1984 der Konkurs eröffnet. Die Firma Alfred S*** KG stellte die bei ihr in Auftrag gegebenen Fenster in drei etwa gleich großen Chargen her. Der erste Teil wurde ordnungsgemäß gefertigt und ausgeliefert. Der zweite Teil wurde fertig verleimt und am 19.6.1984 von der beklagten Partei übernommen. Beim letzten Teil wurde die Produktion vor der Verleimung der einzelnen Teile über Weisung des Geschäftsführers der Alfred S*** KG Johannes H*** am 19.6.1984 eingestellt. Es hatte sich ergeben, daß der unter der Federführung von Alfred S*** übernommene Auftrag für die Alfred S*** KG ein Verlustgeschäft bedeutete. Hätte die Alfred S*** KG die Fertigung fortgesetzt, hätte sie die dritte Produktionscharge um 14 Tage früher fertigstellen können, als die Fertigstellung dann durch die beklagte Partei tatsächlich erfolgte. Der beklagten Partei wäre es nicht möglich gewesen, bei einem anderen Fenstererzeuger die benötigten Fensterelemente sofort zu bekommen. Zwischen den Streitteilen war vereinbart, daß die beklagte Partei der klagenden Partei nach Maßgabe des Produktionsfortschritts Wechselakzepte übergibt. Demgemäß erhielt die klagende Partei von der beklagten Partei akzeptierte Wechsel über die Beträge von S 503.745,48, S 325.898,92, S 400.000,--, S 333.125,10 und den dem Klagebegehren zugrundeliegenden Wechsel (vom 18.5.1984) über S 594.000,--. Wegen aufgetretener Differenzen kam es am 24.7.1984 zu einer Besprechung, an der Alfred S*** als Bevollmächtigter der beklagten Partei sowie Johannes H*** und Richard S*** als Bevollmächtigte der klagenden Partei teilnahmen. Dabei wurde zwischen den Streitteilen ein Generalvergleich abgeschlossen, dessen wesentlicher Inhalt in einem von Johannes H*** verfaßten, an die beklagte Partei gerichteten Schreiben vom 31.7.1984 festgehalten wurde.
Die Vereinbarung lautet:
"1. Fensterlieferung Objekt Donaustadtstraße Vertriebsgesellschaft an IPM.
Die Firma IPM S*** Fenster wird den Wechsel über S 503.745,48 vorzeitig (31.Woche) einlösen, sowie den Wechsel über S 325.898,92 ebenfalls vorzeitig am 10.08.84 unter folgenden Voraussetzungen einlösen.
Die Fensterelemente werden dann ausgefolgt, wenn der Wechsel über S 503.745,48 sofort (1.08.84) von der Fa. IPM S*** Fenster eingelöst wird und zur Einlösung des Wechsels über S 325.898,92 ein Scheck, datiert mit 10.8.1984 bei der Creditanstalt Wels zur Einlösung dieses Wechsels sofort, also spätestens am 1.8.84 hinterlegt wird.
2. Sobald die oben genannten Warentransaktionen wie Fensterelemente, Oberflächenmaterial, Glasleisten, Eckwinkelverbindungen (soweit vorhanden) durchgeführt sind, wird vereinbart, daß der Vertrag zwischen der Fa. ScC*** Fenster Vertriebsgesellschaft mbH und der Fa. IPM S*** Fenster GmbH hinsichtlich der Verpflichtungen der Fa. S*** Fenster Vertriebsgesellschaft mbH erfüllt ist.
3. Als endgültige Abrechnungssumme erhält daher die Fa. S*** Fenster VertriebsGmbH von der Fa. IPM S*** GmbH den Gesamtbetrag von S 2,156.769,58.
Mit Erfüllung der o.a. Punkte wird das Eigentumsrecht der Fa. S*** Fenster IPM an der gelieferten Ware bestätigt."
Das Schreiben wurde von Alfred S*** unterfertigt, der dabei noch den folgenden, von Johannes H*** mitgefertigten Zusatz anbrachte: "Glasleisten vollständig, Eckwinkel vollständig, Oberflächenmaterial soweit vorhanden". Die der klagenden Partei übergebenen Wechsel wurden mit Ausnahme des Wechsels über S 594.000,-- eingelöst. Auf diesen Wechsel wurden nach Indossierung an die Creditanstalt-Bankverein am Verfallstag S 200.000,-- bezahlt. In Ansehung des Restbetrages wurde Protest erhoben, der Wechsel wurde in der Folge von der klagenden Partei zurückgekauft. Das Erstgericht trug der beklagten Partei mit Wechselzahlungsauftrag vom 8.11.1984 auf Grund des Wechsels vom 18.5.1984 auf, der klagenden Partei die Wechselsumme von S 394.000,-- s.A. zu bezahlen.
In ihren Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag brachte die beklagte Partei vor, daß die Forderung nicht zu Recht bestehe, weil der wirtschaftliche Gegenwert der von der klagenden Partei erbrachten Leistungen höchstens S 1,394.139,-- betrage und dieser Betrag bereits an die klagende Partei bezahlt worden sei. Die Werklohnforderung sei auch nicht fällig, weil die klagende Partei nur unvollständig, verspätet und mangelhaft geliefert habe. Der beklagten Partei stünden Gegenforderungen im Betrag von S 516.750,-- zu, weil sie wegen des von der klagenden Partei verschuldeten Lieferverzuges Pönaleforderungen in dieser Höhe ausgesetzt sei. Die Lieferverzögerung der klagenden Partei habe Mehrleistungen der beklagten Partei erforderlich gemacht, die den Klagsbetrag übersteigen. Der Generalvergleich sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, die Vereinbarung sei sittenwidrig und unter Ausnützung einer Zwangslage erfolgt. Die klagende Partei habe ihrerseits ihre Verpflichtungen aus dem Generalvergleich nicht erfüllt. Die eingeklagte Forderung sei auch gestundet worden. Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht und stellte fest:
Ein Mißverhältnis zwischen der von der klagenden Partei der beklagten Partei erbrachten Leistungen und der im Generalvergleich vorgesehenen Gesamtzahlung der beklagten Partei von S 2,156.769,50 bestehe nicht. Eine Feststellung, ob der von Alfred S*** auf dem Schreiben der klagenden Partei vom 31.7.1984 handschriftlich angebrachte Zusatz bedeute, daß alle Glasleisten und alle Eckwinkel vollständig übergeben worden seien oder aber daß deren vollständige Übergabe (in Zukunft) Voraussetzung für die Erfüllung des Punktes 2 der Vereinbarung sein sollte, könne nicht getroffen werden. Die beklagte Partei sei wegen des Lieferverzuges der klagenden Partei (noch) nicht mit Pönaleforderungen konfrontiert worden, sie habe auch keine Zahlungen geleistet. Eine Feststellung, daß die beklagte Partei wegen des Leistungsverzuges der klagenden Partei Mehraufwendungen gehabt habe, könne nicht getroffen werden. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß die eingeklagte Forderung nach dem Inhalt des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vergleichs berechtigt sei, zumal die undeutliche Ausdrucksweise des Alfred S*** bei Abfassung des handschriftlichen Zusatzes auf der Vergleichsurkunde zum Nachteil der beklagten Partei auszulegen sei. Der Generalvergleich sei damit von der klagenden Partei voll erfüllt worden. Der Einwand der Sittenwidrigkeit des Vergleichs sei nicht näher substantiiert worden. Gegenforderungen der beklagten Partei bestünden nicht zu Recht, zumal ein näheres Sachvorbringen zur Behauptung, der beklagten Partei seien durch den Leistungsverzug der klagenden Partei Mehrkosten entstanden, nicht erstattet worden sei. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 19.7.1985, S 49/85, wurde über das Vermögen der klagenden Partei der Konkurs eröffnet. Der Konkurs wurde in der Folge gemäß § 166 Abs.2 KO aufgehoben. Das Berufungsgericht gab der gegen das Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Das Berufungsgericht bejahte in den Entscheidungsgründen die Parteifähigkeit der klagenden Partei. Ungeachtet der Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs.2 KO könne von einer Vermögenslosigkeit der klagenden Partei im Hinblick auf die Geltendmachung der dem Verfahren zugrundeliegenden Forderung nicht gesprochen werden. Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und billigte die Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der beklagten Partei kommt Berechtigung nicht zu.
Nichtig soll die Entscheidung des Berufungsgerichtes deshalb sein, weil die klagende Partei, wie die Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs.2 KO erweise, vermögenslos sei und ihr daher die Parteifähigkeit mangle. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrundes (von Amts wegen) geprüft und in den Entscheidungsgründen verneint. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist eine Aufrollung der Nichtigkeitsfrage in der Revision dann unzulässig, wenn das Berufungsgericht das Vorliegen eines Prozeßhindernisses von Amts wegen geprüft und - wenn auch nur in den Entscheidungsgründen - verneint hat (SZ 54/190; 1 Ob 38/84; RZ 1976/110 ua). Die Parteifähigkeit der klagenden Partei ist demnach zu bejahen.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).
Was die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung betrifft, so wurde die rechtliche Beurteilung des Erstrichters von der beklagten Partei in der Berufung nur in der Richtung bekämpft, daß das Erstgericht den von Alfred S*** der Urkunde vom 31.7.1984 beigesetzten Vermerk "Glasleisten vollständig, Eckwinkel vollständig, Oberflächenmaterial soweit vorhanden" als zusätzliche vertragliche Vereinbarung beurteilen und damit zum Ergebnis hätte gelangen müssen, daß die klagende Partei ihre Verpflichtung aus dieser Vereinbarung nicht erfüllt habe. Mit diesen Ausführungen entfernte sich die beklagte Partei bei Ausführung der Rechtsrüge von den vom Berufungsgericht gebilligten Tatsachenfeststellungen, wonach nicht festgestellt werden kann, daß mit dem erwähnten Beisatz eine vertragliche Verpflichtung übernommen werden sollte. Die Rechtsrüge war demgemäß nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Die in der Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge kann aber in der Revision nicht nachgeholt werden (SZ 51/8; JBl.1959,458 ua).
Demzufolge erweist sich die Revision insgesamt als nicht gerechtfertigt, so daß ihr der Erfolg zu versagen ist. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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