OGH 1Ob630/92

OGH1Ob630/9226.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Angst und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz G*****, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagte Partei Rosa Maria G*****, vertreten durch Dr. Gert Üblacker-Risenfels, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen S 453.835,34, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 1. Juli 1992, GZ R 419/92-60, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes vom 31. Oktober 1991, GZ 2 C 5008/89-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile ist seit 17. September 1985 aus deren gleichteiligem Verschulden geschieden. Das Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse wurde mit Vergleich vom 3. Dezember 1986 beendet. Nach Punkt 8 dieses Vergleiches bleibt die Liegenschaft EZ 1486 KG Ybbs „aus der Regelung ausgeklammert“. Punkt 10 des Vergleiches zufolge ist „das übrige eheliche Gebrauchsvermögen und eheliche Ersparnisse (......)......bereits aufgeteilt, es erklären daher beide Parteien aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, keine weiteren Forderungen gegeneinander zu stellen, ........“

Der Kläger begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 453.835,34 s.A. und räumte ihr gleichzeitig die Befugnis ein, sich von diesem Leistungsbegehren dadurch zu lösen, daß sie ihm ihren Hälfteanteil an der genannten Liegenschaft ins Eigentum übertrage und die erforderlichen Aufsandungs- und sonstigen Erklärungen abgebe. Er bracht vor, er habe diese Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 11. April 1980 erworben, die Beklagte jedoch zur Hälfte „anschreiben“ lassen. In der Folge habe er auf der Liegenschaft ein Gebäude errichtet. Die Aufwendungen für den Erwerb der Liegenschaft und die Bauführung von insgesamt S 907.670,69 habe er aus seinem Vermögen getragen. Im Aufteilungsverfahren sei hierüber keine Vereinbarung getroffen worden, weil es sich dabei um eine Betriebsliegenschaft handle, die der Aufteilung nicht unterliege. Der Kläger habe diese Zuwendungen an die Beklagte ausschließlich in der Erwartung gemacht, daß die Ehe mit ihr Bestand haben werde. Da infolge der Scheidung die Geschäftsgrundlage weggefallen sei, habe ihm die Beklagte die Aufwendungen gemäß § 1435 ABGB zur Hälfte zu erstatten. Er sei aber auch mit der Rückübertragung des Hälfteanteils der Beklagten in sein Eigentum einverstanden.

Die Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil die Liegenschaft der Aufteilung nach den § 81 ff EheG unterworfen sei; im übrigen bestritt sie das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und erstattete auch weiteres Vorbringen in der Sache.

Im ersten Rechtsgang gab das Prozeßgericht dem Klagebegehren mit S 314.376,50 statt, sprach aus, daß sich die Beklagte von dieser Zahlungspflicht dadurch lösen könne, daß das Hälfteeigentum an den Kläger zurückübertrage und wies das Mehrbegehren von S 113.040,80 ab. Über die von der Beklagten erhobene Prozeßeinrede erkannte es zwar nicht im Spruch, führte in deren Erledigung jedoch in den Entscheidungsgründen aus, die Streitteile hätten die Liegenschaft von der Regelung im Vergleich, mit dem das Aufteilungsverfahren beigelegt worden sei, „unmißverständlich“ ausgenommen. Diese Vergleichsbestimmung könne nur so verstanden werden, daß die Liegenschaft nicht als Bestandteil des der Aufteilung unterliegenden Vermögens angesehen und deshalb auch nicht zum Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gemacht worden sei. Der Kläger müsse alle seine Ansprüche im Zusammenhang mit dieser Liegenschaft auf dem Rechtsweg verfolgen.

Diese Einredenerledigung hat die Beklagte mit ihrer im ersten Rechtsgang erstatteten Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nicht bekämpft, sodaß sowohl das Gericht zweiter Instanz, das das erstgerichtliche Urteil aufhob, als auch der Oberste Gerichtshof, der den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz bestätigte, ihre Entscheidung auf die Hauptsache beschränkten.

Rechtliche Beurteilung

Im zweiten Rechtsgang bestätigte das Berufungsgericht das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete es damit, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen der Zulässigkeit und der rechtlichen Folgen einer im Sinne des § 97 Abs 2 EheG getroffenen Vereinbarung, die nicht die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zum Inhalt habe, sondern bestimmte Teile des der Aufteilung unterliegenden Vermögens vom Aufteilungsverfahren ausnehme.

Das Gericht zweiter Instanz übersieht dabei jedoch, daß die Beklagte diese Frage bereits zum Gegenstand ihrer Prozeßeinrede gemacht und das Erstgericht über diese schon im ersten Rechtsgang mit bindender Wirkung für das weitere Verfahren abgesprochen hat; die damit begründete Unzulässigkeit des Rechtswegs könnte daher auch von Amts wegen nicht mehr wahrgenommen werden (Jud 63 uva), auch wenn sich das Gericht - wie hier - mit dem Vorliegen des Prozeßhindernisses nur in den Entscheidungsgründen auseinandergesetzt hat (RZ 1988/61; SZ 54/190 ua). Die vom Berufungsgericht als gemäß § 502 Abs 1 ZPO erheblich bezeichnete Rechtsfrage ist somit bereits mit bindender Wirkung gelöst und könnte schon deshalb nicht mehr weiter geprüft werden.

Auch die Beklagte zeigt in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf. Zur Erwiderung ihres Vorbringens, sie habe aus dem Wortlaut des Punktes 8 des Vergleiches im Aufteilungsverfahren geschlossen, daß an sie als Miteigentümerin keine weiteren Forderungen mehr gestellt werden könnten, genügt der Hinweis, daß sie derartiges in erster Instanz nicht behauptet hat und dieses daher als unzulässige Neuerung zu beurteilende Vorbringen somit nicht weiter zu beachten ist.

Auch mit der Behauptung, mit Punkt 10 des Vergleiches hätten die Parteien ausdrücklich erklärt, aus dem Titel der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff EheG keine weiteren Forderungen mehr zu stellen, das Berufungsgericht habe sich mit dieser Frage indessen nicht auseinandergesetzt, zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf: Abgesehen davon, daß der Auslegung individueller Abreden regelmäßig keiner über den Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung beizumessen ist, schließt diese Erklärung schon ihrem Wortlaut nach einen Verzicht auf die Verfolgung weiterer Ansprüche im Zusammenhang mit der „ausgeklammerten“ Liegenschaft gerade nicht in sich.

Soweit die Beklagte schließlich - wie schon im ersten Rechtsgang - erneut ins Treffen führt, bei Leistungen unter Ehegatten sei ein Rückgriff auf Geschäftsgrundlagenregeln ausgeschlossen, übersieht sie, daß der Oberste Gerichtshof die damit angeschnittene Frage im Grundsatz bereits mit seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang (1 Ob 502/91) bejaht und an diese Rechtsansicht gemäß § 511 Abs 1 ZPO nicht bloß die Vorinstanzen gebunden hat, sondern auch selbst an sie gebunden bleibt (SZ 24/139 uva; Fasching, LB2 Rz 1957 mwN); das gilt nicht bloß für den Fall der Aufhebung vorinstanzlicher Entscheidungen, sondern auch bei Überprüfung eines zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschlusses (JBl 1956, 449).

Da somit weder das Gericht zweiter Instanz noch die Rechtsmittelwerberin selbst erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bezeichnet oder diese wenigstens der Sache nach in der Revision dargestellt hat, noch die Entscheidung von der Lösung solcher Fragen abhängt, ist die Revision - als gemäß § 502 Abs 1 ZPO unzulässig - zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO; der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen.

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