Normen
Mietengesetz §1 Abs2 Z1
Mietengesetz §1 Abs2 Z1
Spruch:
Die Bestimmungen des Mietengesetzes finden mit Ausnahme der Kündigungsbeschränkungen auf eine wiederaufgebaute Wohnung dann keine Anwendung, wenn der Hauseigentümer zumindest einen bedeutenden Teil der Aufbaukosten bestritten hat.
Entscheidung vom 2. November 1950, 1 Ob 624/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger begehrt von den Geklagten die Zahlung eines Betrages von 516.60 S mit der Behauptung, er habe mit Mietvertrag von 23. August 1948 die von ihm benützte Wohnung gemietet. Er habe sich verpflichtet die Wohnung wiederherzustellen und habe hiefür 20.000 S aufgewendet. Es sei der nach dem Mietengesetz zulässige Mietzins vereinbart worden, der ihm mit 55 S monatlich verrechnet wurde. Nach der Entscheidung der Schlichtungsstelle betrage jedoch der gesetzliche Mietzins nur 26.66 S, so daß er monatlich 36.90 S zu viel bezahlt habe.
Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Dabei ging es von folgendem Sachverhalte aus: Es handelt sich um eine schwer bombenbeschädigte Wohnung, welche zusammen mit anderen derartigen Wohnungen des Hauses X-Gasse 41 durch Mittel instandgesetzt wurde, zu welchen die Hauseigentümer und auch die Mietwerber durch Baukostenbeiträge beigesteuert haben. Durch den bisher vorgenommenen Wiederaufbau wurde nur ein Teil des Gesamtschadens behoben. Der Ausbau des Gebäudeteiles, der bisher instandgesetzt wurde, erforderte 185.000 S, wozu die Mieter dreier Wohnungen, darunter auch der Kläger, je 20.000 S beigetragen haben. Ungeachtet dessen, daß die Wohnung vor der Beschädigung dem Mietengesetz unterlag, unterliegt sie nun weder dem Wohnungsanforderungsgesetz noch den Bestimmungen des Mietengesetzes (ausgenommen den Kündigungsbeschränkungen), da die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Z. 1 MietG. nicht nur dann eintritt, wenn der Hauseigentümer allein die Aufbaukosten bestritten hat, sondern auch dann, wenn er einen bedeutenden Teil oder gar überwiegend dazu beigetragen hat. Im Punkte 8 des Mietvertrages des Klägers ist nicht der Mietzins nach dem Mietengesetz vereinbart worden, sondern der nach den preisbehördlichen Vorschriften höchstzulässige Zins.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Unter dem Revisionsgrunde der Aktenwidrigkeit wird geltend gemacht, das Berufungsgericht habe aus der Aussage des Zeugen W. als erwiesen angenommen, daß für die Reparatur 185.000 S erforderlich waren. Aus der Aussage dieses Zeugen ergäbe sich aber, daß der Kläger nicht nur die früher bombenbeschädigte Wohnung wiederhergestellt habe, sondern auch den Anteil bezahlte, der sich für die übrigen Reparaturen im Hause quotenmäßig auf seine Wohnung bezog. Es seien auch 23 Wohnungen im Hause.
Abgesehen davon, daß mit diesen Ausführungen unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Untergerichte bekämpft wird, ist dieses Vorbringen selbst aktenwidrig. Das Berufungsgericht hat die Aussage des Zeugen W. richtig wiedergegeben. Der Zeuge hat aber niemals angegeben, daß der Kläger die gesamten Baukosten seiner Wohnung und seine Quote an den übrigen Reparaturen des Hauses bezahlte, sondern hat vielmehr angegeben, daß der Aufbau der drei Wohnungen allein 135.000 S gekostet hat, wovon jeder Mieter 20.000 S beigesteuert hat. Der Erstrichter hat aber auch festgestellt, daß der über den Baukostenbeitrag der Mieter hinausgehende Teil der Baukosten vom Hauseigentümer getragen wurde, wodurch sich die Behauptung der Revision eindeutig widerlegt.
Bei dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geht die Revision nicht von den tatsächlichen Feststellungen der Untergerichte aus, an welche aber der Oberste Gerichtshof gebunden ist. Die Untergerichte haben niemals festgestellt, daß der Kläger zur Gänze die Wiederbenützung der Wohnung durch seine Geldmittel allein bewerkstelligt hätte, vielmehr ist das Gegenteil festgestellt. Daraus folgt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, daß die Bestimmungen des Mietengesetzes auf diese Wohnung mit Ausnahme der Kündigungsbeschränkungen nicht Anwendung zu finden haben. Mit Recht hat das Berufungsgericht ausgesprochen, daß die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Z. 1 MietG. nicht nur dann eintritt, wenn der Hauseigentümer allein die Aufbaukosten bestritten hat, sondern auch dann, wenn er einen bedeutenden Teil dazu beigetragen hat, da der Grund der Ausnehmung von der Zinsbildung die Beistellung sonst nicht verfügbarer Mittel seitens des Hauseigentümers ist. Nur wenn der Mieter den ganzen oder doch den weitaus überwiegenden Teil der Baukosten getragen hätte, läge diese Ausnahme nicht vor (vgl. SZ. VII/362, SZ. XII/121). Das ist aber hier nach den untergerichtlichen Feststellungen nicht der Fall.
Auch die weitere Behauptung der Revision, daß im Mietvertrag ausdrücklich festgehalten worden wäre, daß hinsichtlich der Zinshöhe der Betrag gelten sollte, der für diese Wohnung nach den Bestimmungen des Mietengesetzes seinerzeit gegolten hat, ist aktenwidrig und stimmt mit den untergerichtlichen Feststellungen nicht überein. Im bezüglichen Punkt 8 des Mietvertrages wird weder das Mietengesetz, noch ein Friedenszins 1914 erwähnt und das Berufungsgericht hat auch ausdrücklich festgestellt, u. zw. auf Grund der eigenen Angaben des Klägers in seinem Antrage an die Schlichtungsstelle, daß bei der Zinsvereinbarung davon ausgegangen wurde, daß für die Zinsbildung das Mietengesetz keine Anwendung zu finden habe. Auch hier handelt es sich um die Feststellung des Vertragswillens der Parteien, somit um eine tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichtes, an welche der Oberste Gerichtshof gebunden ist und die in der Revision nicht mehr bekämpft werden kann. Ist aber die Mietzinsbildung des Mietengesetzes weder kraft gesetzlicher Vorschrift noch kraft privatrechtlicher Vereinbarung anzuwenden, dann kann sich der Kläger nicht auf die Entscheidung der Schlichtungsstelle, die unter der Voraussetzung der Anwendbarkeit des Mietengesetzes ergangen ist, und nicht auf den Friedenszins 1914 berufen, vielmehr hat er den vereinbarten Zins zu bezahlen. Daß der vorgeschriebene Zins der unter der Voraussetzung der Mieterschutzfreiheit getroffenen Vereinbarung widerspreche, wurde nicht
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