Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Rückzahlung eines Kredits von S 431.051,88 sA. Sie brachte vor, der Beklagte sei seinen Rückzahlungsverpflichtungen trotz Mahnung und Klagsandrohung über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen nicht nachgekommen, weshalb sie den Kredit fälliggestellt habe. Zahlung sei jedoch nicht erfolgt. Es lägen die Voraussetzungen nach § 13 KSchG vor.
Bei der am 24.2.1995 abgehaltenen ersten Tagsatzung erschien der Beklagte. Der darauf für den 25.4.1995 anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung blieb er dagegen fern, weshalb die klagende Partei die Fällung eines Versäumungsurteils nach ihrem Antrag begehrte. Das Erstgericht erließ das Versäumungsurteil antragsgemäß.
Der Beklagte erhob dagegen Berufung, mit der er die Unschlüssigkeit der Klage geltend machte.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Auf das Vertragsverhältnis seien die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes anzuwenden. Gemäß § 13 KSchG dürfe ein Unternehmer das ihm vertraglich vorbehaltene Recht des Terminsverlustes nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ausüben, insbesondere werde das Vorliegen einer qualifizierten Mahnung des Verbrauchers gefordert. Die klagende Partei habe lediglich behauptet, der Beklagte sei trotz Mahnung und Klagsandrohung über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen seinen Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen, weshalb die Klägerin den Kredit fälliggestellt habe; Zahlung sei nicht erfolgt. Die rechtserzeugende Tatsache einer qualifizierten Mahnung habe die klagende Partei nicht behauptet. Demnach sei das Klagebegehren gemäß § 396 ZPO mangels Schlüssigkeit mit (negativem) Versäumungsurteil abzuweisen. Die bloße Behauptung, die Voraussetzungen des § 13 KSchG seien erfüllt, genüge den Anforderungen des § 226 Abs.1 ZPO nicht.
Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 226 Abs.1 ZPO hat die Klage die rechtserzeugenden Tatsachen im einzelnen kurz und vollständig anzugeben. Sie muß soviel an rechtserzeugenden Tatsachen enthalten, daß der geltend gemachte Anspruch aufgrund dieser Tatsachen hinreichend substantiiert erscheint. Das Klagevorbringen muß somit schlüssig sein. Ob alle für eine Stattgebung des Klagebegehrens erforderlichen rechtserzeugenden Tatsachen behauptet worden sind, hat das Gericht, wenn die klagende Partei die Fällung eines Versäumungsurteils beantragt, nach amtswegiger Prüfung der Rechtslage zu beurteilen und das Klagebegehren abzuweisen, wenn der vorgebrachte Sachverhalt den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertigt (ZVR 1986/9; SZ 57/69; JBl 1979, 492 uva; Rechberger in JBl 1974, 562). Undeutliches und unvollständiges Vorbringen in der Klage geht zu Lasten der klagenden Partei und wenn diese die Fällung eines Versäumungsurteils beantragt, zur Abweisung des Klagebegehrens (JBl 1979, 492 ua; zuletzt wieder 1 Ob 516/93).
Die von einem Unternehmer zur Geltendmachung des Terminsverlustes des Verbrauchers eingebrachte Klage ist nur dann schlüssig, wenn sie auch entsprechende Behauptungen über den Eintritt jener tatsächlichen Voraussetzungen enthält, von denen § 13 KSchG die Ausübung dieses Rechtes abhängig macht (Erbringung der eigenen Leistungen des Unternehmers, mindestens sechswöchiger Leistungsverzug des Verbrauchers, qualifizierte Mahnung). Die klagende Partei behauptet in der Klage nicht, dem Beklagten eine qualifizierte Mahnung zugesandt zu haben; es fehlt also an einer von der klagenden Partei bereits in der Klage anzuführenden rechtserzeugenden Tatsache (JBl 1992, 395; SZ 57/69 ua). Beim Vorbringen der klagenden Partei, die Voraussetzungen nach § 13 KSchG lägen vor, handelt es sich nicht um eine tatsächliche Behauptung, sondern um eine Rechtsausführung, für die die Wahrheitsfiktion des § 396 ZPO nicht gilt (4 Ob 98/89 ua).
Ein unschlüssiges Klagebegehren ist grundsätzlich mit (negativem) Versäumungsurteil abzuweisen (SZ 57/69 ua). Die klagende Partei rügt aber als in erster Instanz siegreich gebliebene Partei in ihrer Revision zulässigerweise als einen zu ihren Lasten vorgefallenen Verfahrensfehler (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 468 mwN) die Unterlassung eines Verbesserungsverfahrens. Gemäß § 182 Abs.1 ZPO hat der Verhandlungsrichter darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung des Anspruchs geltend gemachten Umstände vervollständigt werden. Damit soll die Möglichkeit eröffnet werden, entscheidungserhebliche Tatsachen, die von den Parteien erkennbar übersehen wurden, geltend zu machen und zu klären. Die Anleitungspflicht der Gerichte geht zwar nicht so weit, daß einer Partei die Möglichkeit zu eröffnen ist, ein nach den getroffenen Feststellungen abzuweisendes Klagebegehren durch Klagsänderung dahin zu ändern, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stattgebung gegeben sein könnten, doch muß das Gericht, bevor es ein unbestimmtes, unschlüssiges oder widerspruchsvolles Begehren abweist, dessen Verbesserung anregen (JBl 1988, 730; JBl 1978, 545; SZ 44/155, Rechberger in JBl 1974, 563, Fucik in Rechberger aaO Rz 1 zu § 182 mwN). Das Vortragen weiterer Tatsachen, wodurch die bisherigen Behauptungen der klagenden Partei ergänzt wurden, ist selbst bei der ersten Tagsatzung möglich (SZ 44/155 ua), und demgemäß umso eher noch bei der danach stattgefundenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung. Zumindest in Fällen wie dem vorliegenden, in dem mit Ausnahme der qualifizierten Mahnung des Beklagten alle tatsächlichen Voraussetzungen für den Terminsverlust nach § 13 KSchG schon in der Klage behauptet wurden und unter Hinweis auf die einschlägige Gesetzesstelle ausgeführt wurde, es lägen damit alle Voraussetzungen dafür vor, hat das Gericht in Anwendung des § 182 ZPO die allein erschienene klagende Partei zur Erstattung entsprechenden, die Schlüssigkeit der Klage herbeiführenden Tatsachenvorbringens anzuleiten. Zu beachten ist dabei aber, daß im Zuge des Verbesserungsverfahrens das rechtliche Gehör des Beklagten (vgl Art 6 EMRK) nicht verletzt werden darf. Wird über Anleitung durch das Gericht ergänzendes Tatsachenvorbringen erstattet, ist der nicht erschienenen beklagten Partei Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, zu geben, sodaß sich die Erstreckung der Tagsatzung als unumgänglich erweist. Es könnte immerhin für den Säumigen Motiv seines Fernbleibens gewesen sein, daß er angesichts der Unschlüssigkeit des tatsächlichen Vorbringens die Fällung eines Versäumungsurteils nach dem Antrag des Klägers nicht befürchten mußte.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
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