OGH 1Ob6/00i

OGH1Ob6/00i28.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Johann A*****, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in Lienz, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Franz S*****, und 2. Franz S*****, beide vertreten durch Dr. Reinhard Kraler, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000,- -), hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 6. Dezember 1999, GZ 4 R 283/99w-15, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Oktober 1999, GZ 41 Cg 115/99a-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die beantragte

einstweilige Verfügung

wie folgt erlassen wird:

"Den Gegnern der gefährdeten Partei wird bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 41 Cg 115/99a des Landesgerichts Innsbruck die mit Bescheid der Gemeinde K***** vom 18. 9. 1998, Zl 131-9-23/98, bewilligte Bauführung auf dem Grundstück ***** untersagt.

Die Gegner der gefährdeten Partei haben die Kosten des Provisorialverfahrens selbst zu tragen; die gefährdete Partei hat diese Kosten vorläufig selbst zu tragen."

Text

Begründung

Der Zweitbeklagte ist Eigentümer des Grundstücks Nr *****. Auf diesem Grundstück befindet sich eine Quelle, die im Jahr 1958 unter Anlegung eines Quellbassins gefasst wurde, wobei unter anderem eine Wasserleitung zu dem nunmehr im Eigentum des Klägers stehenden landwirtschaftlichen Betrieb angelegt wurde. Die Rechtsvorgänger des Klägers bezogen bereits seit dem Jahr 1951 aus dieser Quelle das Wasser, ohne dass sie von den jeweiligen Eigentümern des dienenden Grundstücks beanstandet worden wären. Auf Grund einer Vereinbarung vom 29. 5. 1958 ist der Kläger zur Hälfte Nutzungsberechtigter, wogegen je 1/4 der Quellschüttung zwei anderen Landwirten zusteht. Das Quellwasser hat Trinkwasserqualität. Am 25. 3. 1999 suchte der Kläger um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der Quellnutzung an und gab als Zweck der Wasserversorgungsanlage seine und der beiden weiteren Nutzungsberechtigten Versorgung mit Trinkwasser an.

Mit Bescheid vom 18. 9. 1998 wurde den beiden Beklagten die Bewilligung zum Neubau eines Wohnhauses mit Garage und landwirtschaftlichem Geräteabstellraum auf dem Grundstück ***** unter einigen Auflagen erteilt. Der Kläger und die beiden weiteren Nutzungsberechtigten wurden mit ihrem Einwand, infolge der Bauführung drohe ihnen die Verminderung der Quellschüttung und die Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden Quellstube auf dem Bauplatz, gemäß § 25 Abs 4 der Tiroler Bauordnung auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.

Im Falle einer Bauführung auf Grund der genannten Bewilligung besteht die Gefahr, dass die Quelle entweder versiegen oder deren Wasserqualität verschlechtert werden könnte.

Mit seiner am 4. 6. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zuletzt (AS 75), die Beklagten schuldig zu erkennen, "die Errichtung des Neubaus eines Wohnhauses mit Garage und landwirtschaftlichem Geräteabstellraum" auf dem Grundstück ***** im Schutzgebiet des "Quellzuflusses der Quelle" des Klägers auf dem Grundstück ***** (Joasquelle, dargestellt im angeschlossenen Lageplan) zu unterlassen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten dem Kläger "im Rahmen der Errichtung" des Neubaus zur ungeteilten Hand für alle Schäden und Nachteile "in der Wassernutzung der Quelle" insbesondere für jedwede Verminderung der Schüttung der Quelle hafteten. Der Abstand des geplanten Baus zur Quellstube und zur Quelle betrage lediglich 70 cm. Der Baubewilligungsbescheid räume selbst ein, dass eine nachhaltige Beeinträchtigung der Quellschüttung auf Grund der geplanten Bauführung nicht ausgeschlossen werden könne. Die Quelle decke nicht nur den Trinkwasserbedarf des Klägers und seiner Angehörigen, sondern auch jenen des landwirtschaftlichen Betriebs, in dem 22 Stück Großvieh gehalten würden. Auf dem Grundstück des Zweitbeklagten hätten sich ursprünglich drei Quellen befunden. Der Großvater des Klägers habe die betonierte Quellstube errichtet. Obwohl die Grabarbeiten händisch erfolgt seien, seien zwei der drei Quellen versiegt. Für den Kläger bestehe kein Zweifel, dass auch die letzte Quelle bei Realisierung des Bauprojekts kein Wasser mehr liefern werde. Der Kläger benötige erhebliche Wassermengen für seine Liegenschaft; die Quelle decke den Bedarf für seinen Hof und die Höfe der anderen Nutzungsberechtigten zur Gänze. Die Beklagten hätten auf die ihnen mitgeteilten Befürchtungen lediglich mit dem Hinweis reagiert, das ganze interessiere sie nicht, sollte die Quelle versiegen, könne der Kläger Wasser aus der Gemeindewasserleitung beziehen. Die Beklagten seien jedoch nicht bereit, die Kosten des Anschlusses an diese Wasserleitung zu zahlen.

Die Beklagten bestritten das Wasserbezugsrecht des Klägers nicht, wendeten jedoch ein, dass sie mit dem Bau noch nicht begonnen hätten, sodass keinerlei Schäden des Klägers absehbar seien. Die Beklagten seien im Besitz eines rechtskräftigen Baubescheids. Das Privatrecht sei nicht geeignet, öffentliches Recht außer Kraft zu setzen.

Mit Schriftsatz vom 13. 10. 1999 (ON 9) beantragte der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den Beklagten die baubehördlich genehmigte Bauführung untersagt werden möge. Der Kläger, seine mit ihm auf dem Hof lebende Mutter und sein Vieh seien auf die Versorgung durch die Quelle mit Wasser angewiesen. Werde das Bauvorhaben ausgeführt, versiege die Quelle mit hoher Wahrscheinlichkeit oder werde stark verschmutzt. Diese Gefahr bestehe schon, wenn nur mit Erdaushubarbeiten begonnen werde, seien doch auch im Jahr 1958 anlässlich der Arbeiten zur Errichtung der Quellstube zwei Quellen versiegt. Da zu erwarten sei, dass der Beklagtenvertreter den Beklagten raten werde, vor rechtskräftiger Entscheidung des Verfahrens mit der Bauführung zu beginnen und die Baugrube in einem Zuge und demnach nicht vorsichtig auszuheben, werde der Kläger konkret in seinem ersessenen Wasserbezugsrecht gefährdet.

Die Beklagten äußerten sich dahin, dass die vorliegende Klage als Bauverbotsklage anzusehen sei. Gemäß §§ 340 f ABGB könne ein Bauverbot aber nur erlassen werden, wenn die Gefahr durch den bereits erfolgten (und nicht erst beabsichtigten) Baubeginn herbeigeführt werde. Davon könne hier keine Rede sein, weil die Baubewilligung vom 18. 9. 1998 stamme. Bis zur Überreichung der Klage am 4. 6. 1999 hatten die Beklagten bereits ausreichende Gelegenheit gehabt, mit der Bauführung zu beginnen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es führte aus, die gemäß § 381 EO erforderliche Besorgnis einer unmittelbaren drohenden konkreten Gefährdung sei nicht einmal behauptet worden, jedenfalls aber nicht bescheinigt. In Anbetracht des Datums des Bewilligungsbescheids hätten die Beklagten ausreichend Zeit gehabt, um mit den Baumaßnahmen zu beginnen. Der Kläger habe nicht behauptet, dass die Beklagten irgendwelche Ausführungshandlungen gesetzt hätten.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zunächst sei klarzustellen, dass das Verfahren nicht nach den Bestimmungen der §§ 340 f ABGB zu beurteilen sei, weil der Kläger einen Anspruch aus einem dinglichen Recht, nämlich einer Dienstbarkeit, geltend mache. Ob das Unterlassungsbegehren berechtigt sei, hänge also jedenfalls nicht davon ab, dass mit dem Bau tatsächlich schon begonnen worden sei. Die vorliegende Unterlassungsklage gründe sich vielmehr auf die §§ 523, 364 und 364b ABGB. Die §§ 364 ff ABGB verdrängten bei den vom Nachbargrund ausgehenden Einwirkungen weitgehend die allgemeine Bestimmung des § 523 ABGB. Dem Kläger gehe es nach seinem Vorbringen darum, dass die Beklagten keine mittelbaren Einwirkungen auf seine Quellfassungsanlage verursachten. Eine Klage nach § 364 Abs 2 ABGB, allenfalls nach § 364b ABGB, ziele aber nicht auf ein Handlungs-, sondern ein "Erfolgsverbot" ab. Die Art, wie der Verpflichtete dafür sorge, dass ein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt werde, bleibe dem Verpflichteten überlassen. Das Begehren auf Unterlassung von Baumaßnahmen stelle gegenüber jenem auf Unterlassung weiterer Immissionen ein Aliud dar. Das Klagebegehren sei daher verfehlt, weshalb zu dessen Sicherung auch eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden könne.

Zu 1.):

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist verspätet.

Dem Beklagtenvertreter wurde die Mitteilung gemäß § 78 EO sowie § 528 Abs 3 und § 508a Abs 2 ZPO am 20. 3. 2000 zugestellt. Er gab die Revisionsrekurs- beantwortung am 17. 4. 2000, dem letzten Tag einer vierwöchigen Frist, zur Post. Gemäß § 402 Abs 3 EO beträgt die Frist für den Rekurs gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und dessen Beantwortung vierzehn Tage. Dies gilt auch für Revisionsrekurse und deren Beantwortung (SZ 67/191; 10 Ob 302/97b ua).

Zu 2.):

Der - wie der erkennende Senat im Zwischenverfahren erhoben hat - rechtzeitig eingebrachte Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil die Vorinstanzen, wie in der Folge noch darzustellen sein wird, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind. Es kommt ihm auch Berechtigung zu.

Vorweg ist auf den Einwand der Beklagten einzugehen, die öffentlich-rechtliche Baubewilligung könne nicht im Prozessweg außer Kraft gesetzt werden. Mit der - hier vorliegenden - Eigentumsfreiheitsklage wird stets ein privatrechtlicher Anspruch erhoben, dessen Beurteilung auch dann im ordentlichen Rechtsweg zu erfolgen hat, wenn sich die Beklagten auf ein Recht berufen, für dessen Begründung, Inhalt und Umfang öffentlich-rechtliche Vorschriften maßgebend und die Verwaltungsbehörden zur Entscheidung berufen sind (RZ 1994/32; NZ 1996, 142; 1 Ob 143/97d; 1 Ob 83/99h ua). Die Baubewilligung schafft lediglich die (öffentlich-rechtlichen) Voraussetzungen für entsprechende Baumaßnahmen, begründet aber im Gegensatz zu einem behördlichen Auftrag keine Verpflichtung (WoBl 1992, 155). Gemäß § 25 Abs 4 der Tiroler Bauordnung 1998 sind, mangels Zustandekommens einer Einigung, privatrechtliche Einwendungen eines Nachbarn auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Wenn derartige Einwendungen auf die Entscheidung der Baubehörde keinen Einfluss haben, kann die erteilte Baubewilligung als eine (bloß) öffentlich-rechtliche Zulässigerklärung privatrechtliche Einwendungen niemals präjudizieren. Die Baubehörde ist nicht dazu berufen, über Privatrechte zu entscheiden (RZ 1993/72); gerade deshalb hat sie den Verfahrensbeteiligten auch mit darauf gegründeten Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen.

Auch die Tatsache, dass der Kläger bloß Mitberechtigter aus der Dienstbarkeit ist, steht der Klage nicht entgegen, weil nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung jeder, der an einer Rechtsgemeinschaft beteiligt ist, allein berechtigt ist, Eingriffe in das ihm gemeinschaftlich mit einem anderen zustehende Recht abzuwehren. Dieser Rechtssatz gilt insbesondere auch für die Geltendmachung von Rechten aus Grunddienstbarkeiten (NZ 1990, 18 mwH; SZ 69/110; 1 Ob 2003/96g ua).

Schließlich ist dem Rekursgericht auch darin zuzustimmen, dass die Klage keine Bauverbotsklage gemäß § 340 ABGB ist. Die Bestimmungen der §§ 340 bis 342 ABGB sind im § 456 ZPO aufrecht erhalten und zufolge Art XXVII EGEO durch die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen nicht berührt worden. Das Verfahren ist das in Besitzstörungsfällen vorgezeichnete (§§ 454 ff ZPO) und wird mit dem gerichtlichen Endbeschluss (§ 459 ZPO) abgeschlossen (EvBl 1976/270). Klagstatbestand der Bauverbotsklage ist der Besitz des Klägers. Wird der Anspruch auf Unterlassung hingegen aus dem Eigentum oder einem anderen dinglichen Recht abgeleitet, liegt kein Fall des § 340 ABGB vor. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung richtet sich dann nach den Voraussetzungen der §§ 381 ff EO (Klicka in Schwimann ABGB2 Rz 7 zu § 340).

Die Anordnungen der §§ 364 Abs 2, 364a und 364b ABGB dienen der Abwehr der von einem Grundstück ausgehenden Einwirkungen auf die Nachbargrundstücke; als Nachbarn gelten alle jene Eigentümer, deren Grundstücke im Einflussbereich des emittierenden Grundstücks liegen. Zweck der nicht auf bestimmte Schutzmaßnahmen beschränkbaren (SZ 52/55; SZ 56/50; SZ 63/3; SZ 70/199 ua) Klage ist somit die Abwehr von Emissionen. Eine Bauführung und ein Bauwerk stellen als solche aber keine Emissionen dar (SZ 61/278). Das Begehren des Klägers ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichts nicht auf die Untersagung von Einwirkungen etwa durch Abwässer oder auch bloß durch Erschütterung im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB gerichtet, sondern darauf, die Bauführung zu unterbinden, weil diese auf mannigfaltige Art, so etwa durch Unterbrechung des Grundwasserstroms, zu einem Versiegen der Quelle führen könnte.

Der Kläger hat sich im Verfahren auch nicht auf Nachbarrechte berufen, sondern darauf, dass er ein durch mehr als 30 Jahre ersessenes Wasserbezugsrecht habe. Dieses Vorbringen ist im Verfahren unbestritten geblieben, sodass es der rechtlichen Beurteilung ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden kann. Das Wasserbezugs- und Wasserleitungsrecht ist eine Felddienstbarkeit im Sinn der §§ 473, 477 Z 2 ABGB. Der aus § 472 ABGB abzuleitenden Duldungspflicht zufolge hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Dienstbarkeit gefährden könnten. Gegen Störungen der Dienstbarkeit steht dem Berechtigten neben dem possessorischen Rechtsschutz die Servitutenklage nach § 523 ABGB offen. Nach dem Wortlaut des § 523 ABGB würde zwar nur der Eigentümer der dienstbaren Sache als Beklagter in Betracht kommen, doch gehen Lehre und Rechtsprechung dahin, dass die Klage gegen jeden gerichtet werden könne, der den Dienstbarkeitsberechtigten an der Ausübung seines Rechts hindert oder ihn darin stört. Das Klagebegehren geht auf Ersatz des verursachten Schadens, auf Wiederherstellung, Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung zukünftiger Störungen (SZ 39/21; 1 Ob 36/95; 1 Ob 145/98z [betreffend behauptete Eingriffe in ein Wasserbezugsrecht aus einer Quelle] ua).

Der Servitutsberechtigte ist kraft seines absoluten Rechts bei drohendem, objektiv rechtswidrigem Eingriff durch eigenmächtige Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstbarkeit erschweren, zur Erhebung einer vorbeugenden Unterlassungsklage berechtigt. Einem solchen Unterlassungsbegehren ist dann stattzugeben, wenn der Gegner individualisiert ist und konkrete Tatsachen, aus denen sich zumindest eine Verletzungsgefahr ableiten lässt, als anspruchsbegründend festgestellt werden können (1 Ob 15/80 [betreffend die befürchtete Verschmutzung einer Quelle durch Ablagerungen]). Zwar ist regelmäßige Voraussetzung der vorbeugenden Unterlassungsklage der Beginn der Rechtsverletzung. Die bloße Drohung einer Rechtsverletzung rechtfertigt jedoch ein solches Begehren dann, wenn dies aus einem dringenden Rechtsschutzbedürfnis des Bedrohten geboten ist, insbesondere wenn das Abwarten einer Rechtsverletzung zu einer nicht wieder gutzumachenden Schädigung führt (SZ 33/130; ÖBl 1989, 56; SZ 69/187 ua).

Es kann daher keine Rede davon sein, dass das auf Unterlassung der Bauführung gerichtete Klagebegehren verfehlt wäre. Die Beklagten haben insbesondere die Behauptung, das Bauvorhaben solle im Schutzgebiet des Zuflusses der Quelle nur rund 70 cm von dieser entfernt realisiert werden, im Verfahren nicht bestritten, sodass das Vorbringen des Klägers, schon der Beginn der Bauarbeiten könne zu der von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Gefahr für die Quelle führen, der rechtlichen Beurteilung ohne weiters zugrunde gelegt werden kann. Bei dieser Sachlage ist aber die im § 381 Z 2 EO genannte Gefährdung als gegeben anzusehen, weil schon der Baubeginn zum Schadenseintritt führen könnte. Dass die Beklagten bisher mit dem Bau nicht begonnen haben, mindert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht, weil die vorhandene Baubewilligung den Beklagten dazu jederzeit die Möglichkeit eröffnet und sie im Verfahren konkret gar nicht behauptet haben, dass und aus welchen Gründen sie das Bauwerk nicht errichten wollten. Ungeachtet der Frage, ob die von den Beklagten behauptete Möglichkeit eines Anschlusses an die öffentliche Wasserleitung für den Kläger tatsächlich in adäquater Weise bestünde, ist die Unwiederbringlichkeit eines möglichen Schadens schon deshalb zu bejahen, weil sich aus dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers ergibt, dass das Anwesen des Klägers im Falle des Versiegens der Quelle jedenfalls für die Zeit bis zur Errichtung eines Anschlusses an das öffentliche Wassernetz unversorgt wäre.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Rechtsmittelkosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 ZPO.

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