OGH 1Ob591/91

OGH1Ob591/9129.1.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Waltraude L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Günther L*****, vertreten durch Dr. Helmut Hoppel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. Juni 1991, GZ 44 R 476/91-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 8. März 1991, GZ 10 F 1/89-33, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird hingegen Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt. Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 30.724,20 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 5.120,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beiderseits zweite, am 20. Juni 1977 geschlossene, kinderlos gebliebene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Juli 1987, AZ 22 Cg 357, 384/84, aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Die Berufungen beider Teile und die Revision der Frau blieben erfolglos (hg 7 Ob 581, 582/88). Das Scheidungsurteil ist seit 21. Juli 1988 rechtskräftig. Aus der ersten Ehe des Mannes entstammen zwei Kinder.

Der Mann erhielt 1970, somit vor Eheschließung, von einer Wahltante den Hälfteanteil einer Liegenschaft mit einem Zweifamilienhaus in Wien geschenkt; eine Wohnung in diesem Haus bewohnte die Wahltante des Mannes, die andere war - offenbar auf Grund einer Benützungsregelung unter den Miteigentümern - die Wohnung des Mannes und spätere Ehewohnung der Streitteile. Die Streitteile hatten vereinbart, daß die Frau keiner Berufstätigkeit nachgeht, sondern die Haushaltsführung übernimmt und die Wahltante ihres Gatten pflegt. Die Frau verkaufte anläßlich der Eheschließung eine ihr gehörige Eigentumswohnung um 331.817,60 S; von dem an den Mann überwiesenen Verkaufserlös wurden Beträge zur Anschaffung eines Ölofens im Wert von

25.572 S, neuer Bodenbeläge im Wert von 19.000 S, einer Stereoanlage, von Geschirr etc für die Ehewohnung verwendet. Während aufrechter Ehe wurde für beide Ehegatten eine mit 1. Oktober 2003 ablaufende Lebensversicherung zur Polizze Nr. ... abgeschlossen, die am 1. Oktober 1982 mit einem Betrag von 17.557 S stillgelegt wurde. Der Verkehrswert der Liegenschaftshälfte des Mannes betrug im Zeitpunkt der Heimtrennung 976.000 S und im Fall des Verkaufes im Frühjahr 1990, 1,156.500 S. Die Liegenschaft wurde mit Kaufvertrag vom 31. Mai 1985 um 1,500.000 S verkauft, vom Verkaufserlös erhielt der Mann als Hälfteeigentümer 750.000 S; die Maklergebühr betrug 54.000 S. Der Verkauf war notwendig geworden, weil in dem zwischen den Ehegatten anhängigen Scheidungsverfahren für den Fall einer Einigung über eine einvernehmliche Scheidung nach § 55 a EheG ein Vergleich ausgearbeitet worden war, wonach der Mann der Frau eine - anders als durch den Verkauf der Liegenschaftshälfte nicht zu finanzierende - Ausgleichszahlung von 450.000 S zu leisten gehabt hätte. Es kam jedoch zu keiner einvernehmlichen Scheidung, der vorbereitete Vergleich wurde nicht abgeschlossen. Die eheliche Gemeinschaft wurde am 17. Juni 1985 aufgelöst, die Frau verließ die Ehewohnung, der Mann wohnte zunächst weiterhin dort. Der Mann leistete auf Grund des vor dem Bezirksgericht Fünfhaus am 26. Juni 1985 zu GZ 2 C 27, 32/85-3, abgeschlossenen Vergleiches eine Zahlung von 150.000 S an die Frau unter Anrechnung auf deren Ansprüche aus der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Die Frau bedarf der Ehewohnung zur Sicherung ihrer vitalen Lebensbedürfnisse nicht. Ein PKW wurde vom Mann in die Ehe eingebracht, ein anderer ihm von seiner Wahltante nur zur Verfügung gestellt.

Die Frau begehrt gemäß §§ 81 ff EheG

a) eine Ausgleichszahlung von 350.000 S für die Einbringung des Erlöses ihrer nach der Eheschließung verkauften Eigentumswohnung von rund 332.000 S, welcher Betrag zur Renovierung des Hauses in dem sich die Ehewohnung befunden habe, verwendet worden sei, sowie von 50.000 S für während der Ehe angeschaffte PKWs und eine Lebensversicherung.

b) die Herausgabe diverser von ihr in die Ehe eingebrachter Fahrnisse, in eventu die Zahlung weiterer 50.000 S.

Das Erstgericht wies das Begehren der Frau zur Gänze - das Herausgabe- und das dieses betreffende Eventualbegehren unangefochten - im wesentlichen aus der Erwägung ab, die Frau habe aus dem Erlös ihrer Wohnung mit 250.000 S zur Schaffung von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen beigetragen, der Mann mit etwa 100.000 S (Teile von ihm aufgenommener Kredite, Differenz aus dem Erlös eines Kleingartens bzw eines Legates abzüglich der Ausgleichszahlung an seine erste Ehefrau), sodaß die Differenz von 150.000 S zugunsten der Frau eine Ausgleichszahlung von 75.000 S rechtfertige, worauf der Mann aber schon 150.000 S akontiert habe. Ein Anspruch der Frau auf den Verkaufserlös der Liegenschaftshälfte des Mannes bestehe nicht, weil der Mann diese Wohnung in die Ehe eingebracht habe und die Frau darauf zur Sicherung ihres Wohnbedürfnisses nicht angewiesen sei.

Das Rekursgericht verhielt den Mann zu einer Ausgleichszahlung von 240.000 S und wies das Mehrbegehren von 160.000 S ab. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es zu.

Die zweite Instanz stellte "aufgrund der aktenkundigen Aussagen ergänzend" fest: Die Aufwendungen für die Ehewohnung für Gas, Strom, Telefon, Betriebskosten und Abgaben hätten monatlich etwa 10.000 S betragen. Der Mann habe 1977 monatlich rund 9.000 S netto verdient und für seine Kinder aus erster Ehe monatlich rund 1.000 S bezahlen müssen. Mit dem Verkaufserlös der Eigentumswohnung der Frau seien in erster Linie die laufenden Betriebskosten der Ehewohnung bezahlt worden. Rechtlich folgerte das Rekursgericht, daß der Mann nicht in der Lage gewesen wäre, die ihm geschenkte Liegenschaftshälfte zu erhalten, sondern auf die Zahlungen der Frau angewiesen gewesen sei. Insoweit habe der nach Anschaffung diverser Gebrauchsgegenstände verbleibende Betrag von rund 280.000 S im wesentlichen der Erhaltung des Vermögens des Mannes gedient. Ohne diese Leistungen hätte der Mann seinen Hälfteanteil wesentlich früher veräußern müssen. Bei dieser Liegenschaftshälfte handle es sich aber nicht nur und die Ehewohnung, sondern auch um eheliches, im Zeitpunkt der Haushaltstrennung bereits verkauftes Gebrauchsvermögen. Zur Schaffung dieses Vermögens und des an seine Stelle tretenden Erlöses hätte nicht nur der Mann durch die Einbringung der ihm geschenkten Liegenschaftshälfte, sondern auch die Frau durch die von ihr geleisteten Zahlungen zu dessen Erhalt wesentlich beigetragen. Die Einbringung könne daher nicht nur dem Mann, sondern müsse im Ausmaß ihres Beitrages auch der Frau zugerechnet werden.

Da im Jahr 1985 der halbe Verkaufserlös der Liegenschaft nur 750.000 S betragen habe, könne der Verkehrswert 1977 nur entsprechend weniger betragen haben, somit rund zwei Drittel davon oder 500.000 S. In diesem Fall hätte der Beitrag der Frau zur Erhaltung der Liegenschaftshälfte drei Fünftel ihres Wertes betragen; es erscheine insgesamt billig, der Frau 50 % des unbestrittenen Liegenschaftserlöses als Ausgleichszahlung zuzuweisen, das seien 375.000 S und entspreche damit einer geringfügigen Verzinsung des von der Frau zur Verfügung gestellten Betrages. Der überwiegende Beitrag zur Erhaltung der Liegenschaft müsse ungeachtet des tatsächlichen Wertes der Liegenschaft vom Mann gekommen sein, weil die Frau während der Ehe über kein Einkommen verfügt habe und die Summe der Betriebskosten während der achtjährigen Haushaltsgemeinschaft rund 900.000 S ausgemacht hätten, sodaß die Frau davon nur 30 % getragen habe. Dennoch habe sie dem Mann gerade während der Zeit, als er selbst noch kein ausreichendes Einkommen bezogen habe, den Erhalt der Liegenschaftshälfte ermöglicht, sodaß ihr Anteil höher, also mit 50 % zu bewerten sei. Es erscheine daher eine Ausgleichszahlung für den Verlust der Liegenschaftshälfte von 375.000 S als angemessen. Der Wert der übrigen Anschaffungen könne hingegen nicht mit den vom Erstgericht festgestellten Neuwerten, sondern nur mit einem geringfügigen Restwert angesetzt werden, weil die übliche Gebrauchsdauer nahezu abgelaufen sei. Die Ergänzung des Versicherungswertes von 17.557 S auf 30.000 S in sinngemäßer Anwendung des § 273 ZPO erschiene daher eher angebracht als die Einholung eines Gutachtens, dessen Kosten den Wert der zu schätzenden Fahrnisse (Ölofen, Bodenbelag, Geschirr) fast erreichen würde. Die Aufteilung dieser Werte im Verhältnis 1 : 1 ergebe daher noch einen zusätzlichen Anspruch der Frau von 15.000 S, sodaß ihr insgesamt 390.000 S zustünden. Da sie 150.000 S bereits erhalten habe, seien ihr noch 240.000 S zuzuerkennen.

Der Revisionsrekurs der Frau, die eine weitere Ausgleichszahlung von 160.000 S begehrt, ist nicht berechtigt, wohl hingegen der des Mannes, der die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Auf die im Revisionsrekurs des Mannes enthaltene unzulässige Beweisrüge kann nicht eingegangen werden. § 15 AußStrG idF der WGN 1989, welcher vollinhaltlich dem § 503 ZPO entspricht, macht deutlich, daß der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz ist, sondern nur wegen rechtlicher oder sonst aktenkundiger Fehler angerufen werden darf (3 Ob 1532/91 ua).

Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen ist, daß sie im Zeitpunkt der Heimtrennung zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehörte (EFSlg 51.727; SZ 54/149 = EFSlg 38.845; Koziol-Welser, Grundriß II9 233). Nach den Feststellungen des Erstrichters wurden, von einem Speise- und Gläserservice sowie einer Fernsehsäule abgesehen, die von der Frau in ihrem Aufteilungsantrag begehrten Gegenstände in die Ehe eingebracht bzw ihr geschenkt. Gegenstand des Aufteilungsverfahrens konnte daher nur das Service und die Fernsehsäule sein. Der entsprechende Zuweisungsantrag der Frau wurde vom Erstrichter unangefochten abgewiesen. Auch der Zuspruch des Hälftebetrages von 15.000 S durch die zweite Instanz, der jedoch in dem der Antragstellerin bereits geleisteten Betrag von 150.000 S Deckung findet, wird nicht bekämpft.

Die vom Mann in die Ehe eingebrachte Ehewohnung (§ 82 Abs 2 EheG) - als Hälfteanteil an einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Zweifamilienhaus, in dem sich die Ehewohnung befand, die offenbar aufgrund einer Benützungsregelung unter den beiden Miteigentümern zuerst vom Mann allein und dann von den Eheleuten gemeinsam bewohnt wurde - ist schon deshalb nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil nach den Feststellungen die Frau auf die Weiterbenützung der Wohnung zur Sicherung ihrer (vitalen) Lebensbedürfnisse nicht angewiesen ist (RZ 1989/42; SZ 58/126, SZ 56/193 ua; Koziol-Welser aaO, 235 mwN in FN 131). Der Mann hat die Liegenschaftshälfte mit dem Zweifamilienhaus und der darin befindlichen Ehewohnung am 31. Mai 1985, somit noch vor Heimtrennung verkauft. Werden von einem Ehegatten eingebrachte Sachen während der Ehe veräußert, so ist nach dem Substitutionsprinzip auch der an ihre Stelle tretende Vermögenswert von der Aufteilung auszunehmen, wenn er noch klar abgrenzbar (EFSlg 54.541, 48.919, 46.342; SZ 53/52 ua; Pichler in Rummel, §§ 81, 82 EheG Rz 10 mwN; Bernat aaO, § 82 EheG Rz 16; Koziol-Welser aaO, 235) und keine deutliche Umwidmung erfolgt ist (EFSlg 54.543 ua). Im vorliegenden Fall wurde eine solche deutliche Umwidmung des Verkaufserlöses, von dem auch nicht feststeht, wann er dem Mann zugeflossen ist, weder behauptet noch festgestellt. Die Frau hat somit keinen Anspruch auf den Verkaufserlös der Liegenschaftshälfte, weil sie nach den Feststellungen keinen vitalen Bedarf an der vormaligen Ehewohnung hat und eine Umwidmung des Verkaufserlöses, der eine Behandlung als der Aufteilung unterliegende eheliche Ersparnisse ermöglichen würde, nicht einmal behauptet wurde.

Selbst wenn eine Liegenschaft als Sache gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegt, sind die von den Ehepartnern auf die Liegenschaft gemachten wertsteigernden Aufwendungen - aber auch nur diese und nicht der Gesamtwert der Liegenschaft - im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen (RZ 1991/3, SZ 61/4; SZ 56/42 ua; Bernat aaO, § 82 EheG Rz 5; Koziol-Welser aaO, 234 mwN in FN 128; Gimpel-Hinteregger, Billigkeitserwägungen bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in JBl 1986, 553 ff, 559). Dies hat auch dann zu gelten, wenn die in die Ehe eingebrachte Liegenschaft noch vor Heimtrennung verkauft wird, weil wertsteigernde Investitionen regelmäßig in einem höheren Kaufpreis Berücksichtigung finden. Solche wertsteigernden Aufwendungen (als eheliche Errungenschaft) der Frau für die Sache des Mannes stehen hier aber ebensowenig fest wie solche des Mannes selbst. Auch wenn, wie die zweite Instanz meint, der Mann ohne die finanziellen Beiträge der Frau seinen Liegenschaftsanteil wesentlich früher hätte veräußern müssen und die Frau durch den dem Mann überlassenen Erlös ihrer Eigentumswohnung (zum Teil mittelbar) zur Erhaltung der Sache des Mannes beigetragen hat, fehlt es dennoch am Erfordernis jeder Aufteilung, einer ehelichen Errungenschaft, einem Zugewinn, also zu etwas, was die Gatten während der Ehe durch gemeinsame Tätigkeit oder Konsumverzicht erarbeitet oder erspart haben (JAB 916 BlgNR 14. GP, 14; EFSlg 60.239; EvBl 1986/13 uva; Gimpel-Hinteregger aaO, 556), somit an einer Aufteilungsmasse, aus der hier der Frau etwas zugewiesen werden könnte. Durch die bloße Erhaltung der Sache des Mannes mag eine Wertsteigerung derselben eingetreten sein, die aber nicht auf den Anstrengungen oder dem Konsumverzicht der Eheleute, sondern auf der allgemeinen Preissteigerung von Liegenschaften beruhte.

Da die vom Mann in die Ehe eingebrachte Liegenschaftshälfte und dessen Verkaufserlös als Surrogat nicht in die Aufteilung einzubeziehen ist und wertsteigernde Investitionen nicht vorliegen, ist dem Revisionsrekurs des Mannes iS einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Antragsabweisung Folge zu geben und dem der Frau der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG iVm §§ 41, 50 ZPO. Streitwert und Bemessungsgrundlage ist beim Revisionsrekurs des Antragsgegners ON 41 nur ein Betrag von 240.000 S, bei seiner Revisionsrekursbeantwortung ON 43 nur ein Betrag von 160.000 S.

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