Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 6.248,64 (darin enthalten S 1.041,44 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger brachten vor, Eigentümer der EZ 339 KG G***** zu sein. Zugunsten von den Beklagten gehörigen Liegenschaften bestünden Weiderechte, die jedoch nicht das Recht umfaßten, hiebsreife Bäume zu fällen. Dessenungeachtet hätten die Beklagten als Weideberechtigte die Fällung solcher Bäume vorgenommen. Die Kläger begehrten daher, die Beklagten schuldig zu erkennen, das Schlägern von hiebsreifen Bäumen auf der Liegenschaft EZ 339 KG G***** zu unterlassen, wenn nicht dem Schlägern försterliche Anweisung und Auszeigung des Holzes vorangegangen ist. In eventu begehrten sie die Unterlassung des Schlägerns frischen Stammholzes ohne försterliche Anweisung und Auszeigung (AS 2 f, 12 f).
Die Beklagten wendeten ein, keine hiebsreifen Bäume gefällt zu haben. Im übrigen hätten sie nur von einem ihnen aufgrund des Regulierungserkenntnisses vom 28.4.1863 zustehenden Recht Gebrauch gemacht (AS 6). Schließlich erhoben sie die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, gestützt auf § 39 des oberösterreichischen Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes (oöWWG, LGBl 1953/2).
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es ging davon aus, daß den Beklagten auf den klagsgegenständlichen Liegenschaftsteilen der Kläger ein Weiderecht zustehe. Die Beklagten hätten dort Holz oder Bäume gefällt. Mit den Weiderechten sei unter anderem das Recht verbunden, das Weideterrain auszuputzen und von dem darauf befindlichen Holz zu räumen; weiters hätten die Beklagten das Recht zum Bezug von Brennholz, Hagholz und in Ermangelung solchen Holzes auch von frischem Stammholz sowie zur Herstellung und Erhaltung der Alpengebäude erforderlichem Bau- und Zeugholz gegen försterliche Anweisung. Streitgegenstand sei das Ausmaß des mit den Weiderechten verbundenen Holzbezuges. Gemäß § 39 oöWWG seien die in diesem Gesetz getroffenen Bestimmungen und Anordnungen mit Ausschluß des Rechtsweges im Sinne der Bestimmungen des Agrarbehördengesetzen 1950 von den Agrarbehörden durchzuführen. Nach § 1 oöWWG fielen darunter alle Weiderechte auf fremdem Grund und alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstprodukten. Demnach sei der Rechtsweg für die vorliegende Klage ausgeschlossen.
Das Rekursgericht gab dem von den Klägern wider diese Entscheidung erhobenen Rekurs Folge. Für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges sei in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt maßgebend. Es sei für die Zulässigkeit des Rechtsweges bedeutungslos, was die Beklagtenseite einwende. Die Entscheidungsbefugnis des Zivilrichters sei nicht dadurch ausgeschlossen, daß dem Anspruch eine auf einen öffentlich-rechtlichen Titel gestützte Einwendung entgegengehalten werde, und ebensowenig dadurch, daß Vorfragen geprüft werden müßten, zu deren selbständigen Entscheidung er nicht berufen sei. Es handle sich bei der vorliegenden Klage um eine Eigentumsfreiheitsklage, für die der Rechtsweg zulässig sei. Die Beklagten machten Servituten im Sinne des § 1 oöWWG geltend. Aus den Bestimmungen der §§ 39 f oöWWG könne nicht erschlossen werden, daß Eigentumsfreiheitsklagen betreffend Grundstücke, an denen Nutzungsrechte im Sinne des genannten Gesetzes bestehen, nicht von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden wären.
Der gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, daß bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus die Klagebehauptungen maßgebend sind; ohne Einfluß ist, was der Beklagte einwendet. Es kommt darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein Anspruch erhoben wird, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben. Wird mit der Klage ein dem Privatrecht angehörender Anspruch geltend gemacht, dann ist gemäß § 1 JN, sofern nicht die Sache durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen wird, der ordentliche Rechtsweg zulässig. Soll eine bürgerliche Rechtssache ausnahmsweise der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen werden, dann muß dies in einem besonderen Gesetz klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden. Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, welche die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (4 Ob 524/93; SZ 44/165; SZ 47/108; JBl 1974, 483; ÖBl 1991, 127; WoBl 1992/74; SZ 64/57; MuR 1992, 154; SZ 45/139; JBl 1994, 422; EvBl 1993/194; JBl 1992, 108; 1 Ob 22, 23/80; vgl VfSlg 10.219; vgl 1 Ob 652/90 uva).
Die Kläger haben in ihrer Klage vorgebracht, daß den Beklagten ein Weiderecht zustehe; sie leiten aber ihre Ansprüche daraus ab, daß die Beklagten ungeachtet des ihnen zustehenden Weiderechtes Maßnahmen auf der Liegenschaft der Kläger gesetzt hätten, zu welchen sie nicht berechtigt gewesen seien. Sie haben daher ihren Anspruch auf ihr Eigentumsrecht gegründet und die Unterlassung der Vornahme bestimmter Handlungsweisen auf ihrem Grundstück begehrt. Es liegt daher eine Eigentumsfreiheitsklage im Sinne des § 523 ABGB vor. Hätten die Kläger in ihrer Klage das den Beklagten zustehende Weiderecht nicht erwähnt, dann hätte - nach dem Grundsatz, daß der Inhalt der Klage maßgebend ist - die Zulässigkeit des Rechtsweges überhaupt nicht in Zweifel gezogen werden können. Sollten sich die Beklagten dann auf einen öffentlich-rechtlichen Eingriffstitel - wie etwa das Weiderecht - berufen, dann bleibt für die Klage der Rechtsweg zulässig; der Einwand der Beklagten ist als Vorfrage zu prüfen und führt bei seiner Bejahung zur Abweisung des Klagebegehrens. Nichts anderes kann aber dann gelten, wenn die Kläger die Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechtes zur Grundlage ihrer Klage machen und dabei von sich aus darauf hinweisen, daß die Beklagten die beanstandeten Eingriffe eigenmächtig, außerhalb des ihnen zustehenden Weiderechts gemacht hätten (vgl 4 Ob 524/93; RZ 1991/40; SZ 50/70; 7 Ob 668/86; 3 Ob 184/75; EvBl 1993/194; RZ 1994/32; RZ 1984/18 uva).
Wie schon das Rekursgericht ausgeführt hat, ergibt sich durch die §§ 39, 40 oöWWG nicht, daß Eigentumsfreiheitsklagen betreffend Grundstücke, an denen Nutzungsrechte im Sinne des genannten Gesetzes bestehen oder behauptet werden, nicht von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden wären. Ob gerade das genannte Gesetz eine von den Beklagten behauptete Ausnahmebestimmung enthielte, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Die grundsätzlich zu entscheidende Frage, nämlich ob die Kläger ihre Ansprüche auf einen Privatrechtstitel stützen, bzw ob der von den Beklagten erhobene Einwand für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges bedeutsam ist, ist aber bereits durch die oben zitierte einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst. Der Mangel an Entscheidungen zu den §§ 39 f oöWWG ist demnach bedeutungslos, weshalb der Revisionsrekurs trotz des Ausspruches des Rekursgerichtes, an welchen der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO), als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl 7 Ob 668/86; 1 Ob 4/84; 2 Ob 513/92 uva).
Die Kläger haben Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung, weil sie darin auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Beklagten hingewiesen haben (§§ 41, 50 ZPO).
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