OGH 1Ob588/86

OGH1Ob588/8622.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria A***, Weberin, Lustenau, Höchsterstraße 1, vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1.) Franz A***, Pensionist, Lustenau, Höchsterstaße 1, vertreten durch Dr. Günther Hagen, Rechtsanwalt in Dornbirn,

2.) Eugenie K***, Pensionistin, Wien 14, Straßgschwandtnerstraße 2/36, vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Feststellung und Löschung (Streitwert S 61.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25. Februar 1986, GZ 1 R 369/85-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3. Oktober 1985, GZ 4 Cg 949/85-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.737,09 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 339,74 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach der Scheidung seiner ersten Ehe erwarb der Erstbeklagte im Jahre 1964 das Haus Lustenau, Höchsterstraße Nr. 1. In der Folge zog dort auch die Klägerin, die schon vor 1964 zeitweise die Lebensgefährtin des Erstbeklagten gewesen war, mit einem aus dieser Lebensgemeinschaft stammenden Kind und mit ihren aus erster Ehe stammenden Kindern ein. Am 26. Dezember 1969 fiel das Haus einem Brand zum Opfer, worauf sich der Erstbeklagte um den Wiederaufbau bemühte. Nach Wiedererrichtung des Hauses bezogen der Erstbeklagte, die Klägerin, die vorgenannten Kinder und ein weiteres inzwischen geborenes, vom Erstbeklagten abstammendes Kind den Neubau. Im Frühjahr 1973 wurde der Erstbeklagte vorübergehend im Untersuchungsgefängnis St. Gallen festgehalten. Er übersandte der Klägerin eine selbstverfaßte unterfertigte Urkunde ("Ehevertrag" vom 1. Mai 1973) in der es u.a. heißt:

"Frau Maria S*** (die Klägerin) zahlt mit dem Erlös von ihrem Haus in Pichling 15 unter Abfertigung ihrer Witwenrente die restlichen Schulden vom Haus Höchsterstraße 1, Lustenau. Franz A*** geht mit Frau Maria S*** in den Ehestand, womit der Ehevertrag in Rechtskraft tritt. Im Todesfall eines Ehepartners fällt seine Hälfte dem verbleibenden Ehepartner mit folgender Bedingung zu: Die noch minderjährigen Kinder beiderseits, für einen gesetzmäßigen Unterhalt und Ausbildung zu sorgen, dafür mit der ererbten Hälfte gehaftet wird, eventuell mit der Vermietung der Besitzhälfte. Im Fall einer Scheidung ist Franz A*** verpflichtet, Frau Maria S*** die Hälfte des Verkaufswertes amtlich gemeindegeschätzt, innerhalb eines Jahres, auszubezahlen. Bei Vermietung von Wohnräumen müssen beide Ehepartner einverstanden sein, ansonsten eine Vermietung zu unterbleiben hat. .... Dieser Vertrag soll ins Grundbuch eingetragen werden."

Die Klägerin und der Erstbeklagte schlossen am 10. August 1973 die Ehe. Am 10. Juni 1976 brachte der Erstbeklagte zu 7 a Cg 4250/76 des Landesgerichtes Feldkirch die Ehescheidungsklage gegen die Klägerin ein. Die Ehe wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. Juni 1983 geschieden.

Am 26. August 1976 begehrte die Klägerin mit der beim Landesgericht Feldkirch zu 7 a Cg 4307/76 gegen den Erstbeklagten erhobenen Klage, diesen schuldig zu erkennen, alle Erklärungen und Unterschriften abzugeben, welche zur grundbücherlichen Übereignung eines Hälfteanteils der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau (mit dem Haus Höchsterstraße 1) erforderlich seien. Am 27. Oktober 1976 unterfertigten die Beklagten vor dem Notar Dr. Richard T***, Bregenz, einen Übergabsvertrag, mit dem der Erstbeklagte der Zweitbeklagten die erwähnte Liegenschaft zum Kaufpreis von S 700.000,-- übertrug; S 300.000,-- wurden als bereits berichtigt angenommen, der Rest sollte von der Zweitbeklagten in Teilbeträgen an die Kinder des Erstbeklagten bzw. diesen selbst ausbezahlt werden. Am 23. November 1976 erwirkte der Erstbeklagte zu TZ 5271/76 des Bezirksgerichtes Dornbirn die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft. Am 13. Dezember 1976 verpflichtete er sich in einem zu C 2275/76 des Bezirksgerichtes Dornbirn abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich zur Räumung der Liegenschaft bis 1. Jänner 1977. Vom notariellen Übergabsvertrag setzte der Erstbeklagte die Klägerin im Verfahren 7 a Cg 4307/76 bei seiner Parteienvernehmung am 19. Jänner 1977 in Kenntnis. Am 20. Jänner 1977 richtete der Vertreter der Klägerin an die Zweitbeklagte ein Schreiben, in welchem er ihr vorhielt, es sei ihr bekannt gewesen, daß sich in dem Wohnhaus die Ehewohnung der Ehegatten A*** befinde, die Klägerin habe ihren Gatten auf bücherliche Übertragung eines Hälfteanteils der Liegenschaft geklagt. Die Zweitbeklagte wurde aufgefordert, die Verbücherung des Übergabsvertrages zu unterlassen. Auf Antrag der Klägerin erließ das Landesgericht Feldkirch zu 7 a Cg 4307/76 am 24. Jänner 1977 eine einstweilige Verfügung, mit der es dem Erstbeklagten zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin verbot, einen größeren als einen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau zu veräußern. Die antragsgemäß bewilligte einstweilige Verfügung wurde der Zweitbeklagten am 28. Jänner 1977 zugestellt. Sie war jedoch zur Herausgabe des in ihren Händen befindlichen Rangordnungsbescheides nicht bereit. Am 1. Februar 1977 erhielt die Zweitbeklagte ein Schreiben des Notars Dr. Richard T***, in dem dieser der Zweitbeklagten von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Übergabsvertrages Mitteilung machte und sie zur Bekanntgabe aufforderte, ob die Verbücherung vorgenommen werden solle. Mit Schreiben vom 5. Februar 1977 ersuchte die Zweitbeklagte Notar Dr. Richard T*** um Verbücherung ihres Eigentumsrechtes. Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. März 1977, 7 a Cg 4307/76, wurde dem gestellten Begehren der Klägerin stattgegeben und der Erstbeklagte zur Abgabe aller Erklärungen und Unterschriften verpflichtet, die zur grundbücherlichen Übereignung eines Hälfteanteils der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau an die Klägerin erforderlich sind. Der Vertreter der Klägerin brachte dieses Urteil der Zweitbeklagten mit Schreiben vom selben Tag zur Kenntnis. Am 28. März 1977 überreichte die Zweitbeklagte persönlich zu TZ 1570/77 des Bezirksgerichtes Dornbirn den Antrag auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes ob der EZ 618 KG Lustenau im Range der Rangordnungsanmerkung vom 23. November 1976. Der Antrag wurde am 28. März 1977 bewilligt, die bücherliche Durchführung erfolgte am 30. März 1977. Mit der am 20. April 1977 beim Landesgericht Feldkirch zu 3 Cg 1023/77 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, die Zweitbeklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an einem Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau einzuwilligen. Das Landesgericht Feldkirch gab diesem Begehren mit Urteil vom 27. Dezember 1978 statt und begründete seine Entscheidung damit, daß die nunmehrige Zweitbeklagte beim Erwerb der Liegenschaft schlechtgläubig gewesen sei. Die gegen dieses Urteil von der (nunmehrigen) Zweitbeklagten erhobene Berufung und Revision blieben erfolglos. Der Oberste Gerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 30. August 1979, 6 Ob 675/79, u.a. aus:

"Auch wenn man der Beklagten (= hier Zweitbeklagten) zubilligt, sie habe aus dem sog. "Ehevertrag" allein einen Anspruch der Klägerin (im vorliegenden Verfahren ebenfalls die Klägerin) gegenüber ihrem Gatten (in diesem Verfahren der Erstbeklagte) auf Übertragung einer Hälfte der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau nicht zweifelsfrei entnehmen können, ist damit für sie nichts gewonnen. Im Zusammenhalt mit der ihr am 28. Jänner 1977 zugestellten Ausfertigung der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. Jänner 1977 konnte sie (die Zweitbeklagte) über den Anspruch der Klägerin nicht mehr im Zweifel sein, weshalb ab dem Zeitpunkt dieser Zustellung ihr guter Glaube über die Verfügungsberechtigung des Franz A*** in Ansehung der ganzen Liegenschaft ausgeschlossen war. Vom Besitz der Klägerin am Liegenschaftsanteil war die Beklagte überdies durch das Schreiben des Klagsvertreters vom 20. Jänner 1977 in Kenntnis gesetzt worden

...."

Auf Grund dieses Urteils wurde für die Klägerin am 16. Oktober 1980 das Hälfteeigentum an der strittigen Liegenschaft

einverleibt.

Beim Bezirksgericht Dornbirn ist zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten zu F 3/84 ein Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens anhängig. Die Klägerin hat in diesem Verfahren beantragt, ihr nach Rechtskraft eines in diesem Verfahren erwirkten klagsstattgebenden Urteils die dem Franz A*** gehörige Liegenschaftshälfte gegen eine angemessene Ausgleichszahlung ins Eigentum zuzuweisen.

Mit der am 11. Juli 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß der zwischen den beklagten Parteien abgeschlossene Übergabsvertrag vom 27. Oktober 1976 nichtig und die darauf beruhende Einverleibung des Eigentumsrechtes der Zweitbeklagten an einem Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau als nichtig zu löschen sei. Der Erstbeklagte habe durch die während des Ehescheidungsverfahrens an die Zweitbeklagte vorgenommene Veräußerung der Liegenschaft EZ 618 KG Lustenau gegen § 97 ABGB verstoßen; die - festgestelltermaßen schlechtgläubige und daher bereits eines Hälfteanteils an der Liegenschaft verlustig gegangene - Zweitbeklagte habe an dieser Rechtsverletzung mitgewirtk. Die Beklagten hätten dadurch rechtswidrig und schuldhaft das gemäß §§ 81 ff EheG der Aufteilung unterliegende Vermögen der Klägerin und des Erstbeklagten geschmälert. Der abgeschlossene Vertrag sei daher wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot und als den guten Sitten zuwiderlaufend nichtig.

Die Beklagten beantragen Abweisung des Klagebegehrens. Im Zeitpunkt der Einbringung der Ehescheidungsklage bzw. der Abfassung des Übergabsvertrages seien die Bestimmungen der §§ 81 ff EheG nicht in Kraft gestanden, weshalb ein Verstoß gegen diese Gesetzesnormen nicht möglich gewesen sei. Die Handlungsweise der Beklagten sei weder gesetz- noch sittenwidrig, die Übertragung des Eigentumsrechtes am Hälfteanteil habe vielmehr einer sittlichen Verpflichtung des Erstbeklagten gegenüber der Zweitbeklagten und ihrer Mutter entsprochen.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab und stellte fest:

Der Erstbeklagte habe von der Mutter der Zweitbeklagten zur Finanzierung des Wiederaufbaus des am 26. Dezember 1969 abgebrannten Hauses einen Betrag von S 150.000,-- gegen die Übernahme der Verpflichtung erhalten, für die Zweitbeklagte und ihre Mutter in dem wieder zu errichtenden Haus eine abgeschlossene Zweizimmerwohnung auszubauen; der Erstbeklagte habe ihnen auch ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Am 2. September 1971 hätten die Zweitbeklagte und ihre Mutter die ihnen im Haus zugedachte Wohnung besichtigt und dabei von der Existenz der Klägerin erfahren. Es sei deshalb vereinbart worden, daß der Erstbeklagte die der Zweitbeklagten und ihrer Mutter zugedachte Wohnung selbst behalten und vermieten könne, dafür aber die erhaltenen Darlehensbeträge mit 6 % p.a. zu verzinsen habe. Er habe einen weiteren Darlehensbetrag von S 50.000,-- erhalten. Mit Vertrag vom selben Tag habe der Erstbeklagte der Zweitbeklagten einen Teil des noch unverbauten Grundstückes verkauft. Eine Vermessung des Grundstückes sei ebenso unterblieben wie die Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde. Am 17. Februar 1976 habe der Erstbeklagte mit der Zweitbeklagten einen "Vorverkaufsvertrag" abgeschlossen, mit dem er ihr um den Kaufpreis von S 350.000,-- die Kellerwohnung und einen Teil des Gartens veräußert habe. Nachdem die Mutter der Zweitbeklagten am 25. März 1976 verstorben war, sei der Erstbeklagte im April 1976 neuerlich zur Zweitbeklagten gekommen, um von ihr Geld zu erbitten. Diese habe sich dazu unter der Bedingung bereit erklärt, daß ihr der Erstbeklagte die ganze Liegenschaft verkaufe. Nach dem mit der Zweitbeklagten am 27. April 1976 abgeschlossenen "Vorverkaufsvertrag" sollte die Zweitbeklagte die Liegenschaft Höchsterstraße 1 um S 700.000,-- erwerben. Einschließlich der bereits erhaltenen Beträge, der aufgelaufenen Zinsen und eines bar ausbezahlten weiteren Betrages von S 20.000,-- seien S 300.000,-- als bereits beglichen ausgewiesen worden, S 260.000,-- hätten die Kinder des Erstbeklagten erhalten sollen. Die Zweitbeklagte sollte weiters eine Schuld des Erstbeklagten bei der Raiffeisenkasse übernehmen und den Rest des Kaufpreises bis 31. Jänner 1976 an ihn bezahlen.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter im Hinblick auf die vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang (Aufhebungsbeschluß vom 15. April 1985) geäußerte Rechtsansicht aus, der Übergabsvertrag vom 27. Oktober 1976 beinhalte keine Verletzung der Bestimmung des § 97 ABGB, so daß das Klagebegehren, soweit es auf diese Gesetzesstelle und § 879 Abs 1 erster Fall ABGB gegründet werde, nicht gerechtfertigt sei. Auch eine Sittenwidrigkeit des abgeschlossenen Vertrages sei nicht gegeben. Der Erstbeklagte sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Der Veräußerung des nunmehr strittigen Liegenschaftsanteils sei eine entsprechende Gegenleistung der Zweitbeklagten gegenübergestanden. Der Umstand, daß es dem Erstbeklagten, der damals mit der Klägerin bereits in Scheidung und Feindschaft gelebt habe, zusätzlich darauf angekommen sei, gegen seine damalige Ehegattin einen böswilligen Akt zu setzen, ändere nichts daran, daß von einer Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht die Rede sein könne, zumal die Zweitbeklagte zumindest in Ansehung eines Hälfteanteils bis zur Einbringung der Klage guten Glaubens sein konnte. Die angefochtene Eigentumsübertragung könne im Aufteilungsverfahren nach billigem Ermessen Berücksichtigung finden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Sittenwidrige Verträge seien nach der Rechtsprechung nur von den jeweiligen Vertragspartnern anfechtbar. Auf die Nichtigkeit eines sittenwidrigen Geschäftes könne sich ein außerhalb des Vertrages stehender Dritter allenfalls dann berufen, wenn er in seinen rechtlichen Interessen beeinträchtigt sei. Andere rechtliche Nachteile als die des behaupteten Entgangs der Möglichkeit einer Übertragung des Hälfteanteils an die Klägerin im Verfahren F 3/84 des Bezirksgerichtes Dornbirn seien nicht behauptet worden. Ihre Legitimation zur Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung des Übergabsvertrages sei daher zu verneinen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision der Klägerin kommt Berechtigung nicht zu. Die Revisionswerberin führt aus, der Erstbeklagte habe entgegen der Bestimmung des § 97 ABGB, die eine Schutznorm zugunsten des nicht verfügungsberechtigten Ehegatten sei, das Haus, in dem sich die Ehewohnung befand, veräußert. Zweck der Bestimmung sei es, dem wohnungsbedürftigen Ehegatten Schutz vor Willkürakten des anderen Ehegatten zu gewähren. Dies setze aber voraus, daß dem wohnungsbedürftigen Ehegatten das Recht eingeräumt werde, Verträge, die der verfügungsberechtigte Ehegatte mit einem schlechtgläubigen Dritten abgeschlossen habe, anzufechten. Das Interesse an der Vertragsanfechtung sei mit der Scheidung der Ehe nicht weggefallen, weil nur durch die Anfechtung des Übergabsvertrages vom 27. Oktober 1976 die rechtliche Möglichkeit geschaffen werde, den Liegenschaftsanteil der Zweitbeklagten dem Verfahren nach den §§ 81 ff EheG zu unterziehen. Darüber hinaus habe sie Umstände vorgebracht, bei deren Zutreffen der Übergabsvertrag auch dann sittenwidrig wäre, wenn die Bestimmung des § 97 ABGB nicht existierte.

Gemäß § 97 ABGB hat der Ehegatte, dem eine Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnungsbedürfnisses dient, gegen den über diese Wohnung verfügungsberechtigten Ehegatten einen Anspruch darauf, daß dieser alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt dann nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird. Der Bestimmung des § 97 ABGB liegt der Gedanke zugrunde, daß ein Ehegatte durch die Eheschließung ein Wohnrecht an der ihm nicht oder nicht allein gehörigen Wohnung, die seinem dringenden Wohnungsbedürfnis dient, erwirbt; die Bestimmung soll diesen Ehegatten in seinem Anliegen auf Sicherung seines Wohnbedürfnisses schützen (851 BlgNR XIII. GP 23). Aus ihr wird ein Anspruch des Ehegatten, dem eine Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnungsbedürfnisses dient, auf Benützung dieser Wohnung abgeleitet (SZ 52/190; SZ 50/105; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 97). Dieser Anspruch besteht grundsätzlich nur gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten und gewährt dem wohnungsbedürftigen Ehegatten einen Unterlassungs-, allenfalls auch einen Leistungsanspruch (MietSlg. 34.004; Pichler in Rummel a.a.O. Rdz 2 und 4), der durch einstweilige Verfügung gemäß § 382 EO, insbesondere durch ein Veräußerungsverbot nach Z 6, gesichert werden kann (SZ 50/105). Gegen den gutgläubigen Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten hat der bedürftige Ehegatte keinen unmittelbaren Anspruch. Der gutgläubige Erwerber der Liegenschaft kann sein Eigentumsrecht ohne Rücksicht auf ihm unverschuldet nicht bekannte Rechte eines wohnungsbedürftigen Ehegatten geltend machen (7 Ob 691/85; SZ 56/26; MietSlg. 35.002, 32.004 u.a.; Pichler a.a.O. Rdz 4). Anders ist die Rechtslage dann, wenn der Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten schlechtgläubig ist. Lehre und Rechtsprechung gewähren bei Verletzung eines fremden Forderungsrechtes dem Betroffenen einen grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch, wenn der Schuldner zum Vertragsbruch verleitet wurde, bei arglistigem Zusammenwirken mit dem Schuldner oder bei Verletzung eines durch den Besitz verstärkten und damit erkennbaren Forderungsrechtes (JBl 1981, 535; EvBl 1981/156; JBl 1977, 257 u.a.; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 II 40, 44, 46 f). Auch der dem wohnungsbedürftigen Ehegatten gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten gemäß § 97 ABGB zustehende Anspruch ist dem Dritten gegenüber in diesem Sinne geschützt (7 Ob 691/85; SZ 56/26; MietSlg. 35.002, 32.004/38). Der Anspruch des wohnungsbedürftigen Ehegatten gemäß § 97 ABGB, der sich als persönliche Rechtswirkung der Ehe darstellt (vgl. Überschrift vor § 89 ABGB), ist auf die Dauer der Ehe beschränkt. Mit der Auflösung der Ehe sind die auf dem Eheband beruhenden wechselseitigen Verpflichtungen beendet. Ist darüber hinaus der wohnungsbedürftige Ehegatte, wie im vorliegenden Fall, ungeachtet der Veräußerung der Ehewohnung in der Wohnung verblieben, kann er nach Auflösung der Ehe einen auf § 97 ABGB gestützten Anspruch gegen den Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten nicht mehr erheben. Der Zweck dieser Bestimmung, die Sicherung des wohnungsbedürftigen Ehegatten während der Ehe, wurde ungeachtet der Veräußerung der Ehewohnung erreicht.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß der nach § 97 ABGB gewährte Anspruch im Falle rechtzeitiger Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG im Aufteilungsanspruch des geschiedenen Ehegatten fortbesteht (6 Ob 598/85) und auch dieser Anspruch gegen Eingriffe Dritter wie der Anspruch nach § 97 ABGB geschützt ist (7 Ob 691/85). Es könnte erwogen werden, bei einem Eingriff in den Aufteilungsanspruch unter den dargestellten Voraussetzungen einen Anspruch auf Naturalrestitution in der Form anzuerkennen, daß das der Aufteilungsmasse Entzogene wieder in die Aufteilungsmasse zurückzustellen ist; bei Veräußerung einer Liegenschaft wäre demnach ein Löschungsanspruch gegen den Erwerber und die Wiederherstellung des vorigen Buchstandes anzuerkennen. Die Beklagten verweisen aber mit Recht darauf, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages (27. Oktober 1976) zwar die Bestimmung des § 97 ABGB, nicht aber die Bestimmungen der §§ 81 ff EheG über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse in Kraft waren. Die Bestimmung des § 3 der 6. DVEheG sah aber für den Fall, daß einer der bisherigen Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten Eigentümer des Hauses ist, in dem sich die Ehewohnung befindet, nur vor, daß der Richter die Wohnung dem anderen Ehegatten zuweisen soll, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft oder auf Einräumung eines Fruchtgenußrechts bzw. eines dinglichen Wohnrechts konnte aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden (vgl. Hoffmann-Stephan, Hausratsverordnung 2 29, 30; Soergel-Häberle, BGB, Rz 3 zu § 3 HausratsVO). Mit dem Erwerb der Liegenschaft konnte die (schlechtgläubige) Zweitbeklagte daher arglistig nur in einen auf Einräumung eines Bestandrechts gerichteten Anspruch der Klägerin eingreifen, nicht aber in den nunmehr geltend gemachten Anspruch auf Übertragung des Eigentums. Die Veräußerung der Liegenschaft kann dann auch nicht unter dem Gesichtspunkt mißbräuchlicher Rechtsausübung als sittenwidrig (§ 879 Abs 1 ABGB) beurteilt werden, abgesehen davon, daß nach der gegebenen Sachlage nicht gesagt werden könnte, daß die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft an die Zweitbeklagte ausschließlich den Zweck hatte, die Klägerin zu schädigen; nur unter dieser Voraussetzung läge nach ständiger Rechtsprechung eine schikanöse Rechtsausübung vor (EvBl 1980/44; SZ 51/115; EvBl 1976/127; SZ 47/67 u.a.; Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 138 zu § 879). Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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