Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 514,35 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte kaufte am 1.4.1978 beim Kläger unter Eigentumsvorbehalt ein Elektro-Diesel-Aggregat der Type SCDE mit 250 KVA-Ausgangsleistung. Das Gerät wurde im August 1978 montiert. Der Beklagte leistete eine Anzahlung von S 163.700,--. Das auf Zahlung des Restkaufpreises von S 155.183,19 gerichtete Klagebegehren wurde wegen Verjährung abgewiesen.
Der Kläger begehrt die Herausgabe des Gerätes, weil der Beklagte den Kaufpreis nicht zur Gänze bezahlt habe.
Der Beklagte wendete ein, der Eigentumsvorbehalt könne nur geltend gemacht werden, wenn der Verkäufer vom Vertrag zurücktrete; der Rücktritt sei jedoch nicht erfolgt. Voraussetzung für den Vertragsrücktritt sei ein Leistungsverzug des Vertragspartners; ein solcher komme wegen der Verjährung der Kaufpreisforderung nicht mehr in Betracht. Außerdem habe der Kläger bei berechtigtem Rücktritt in Rückabwicklung des Vertrages die von ihm empfangene Gegenleistung, die der Beklagte mit S 334.516,91 bezifferte, Zug um Zug zurückzustellen.
In der Tagsatzung vom 16.10.1985 (ON 5) brachte der Beklagte ergänzend vor, der Kaufpreis sei unter Berücksichtigung der geltend gemachten Mängel, der begehrten Preisminderung und der Gegenforderungen zur Gänze entrichtet. Der Kläger bestritt dieses Vorbringen und erklärte über Befragen durch den Richter, er wolle das Klagebegehren nicht ändern.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte Leistungen des Beklagten fest. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Verjährung der Restkaufpreisforderung stehe der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes nicht entgegen. Das Herausgabebegehren ersetze die Rücktrittserklärung. Im Zuge der Rückabwicklung habe der Kläger das Empfangene ebenso zurückzustellen wie der Beklagte die Sache und alle Vorteile infolge Gebrauches und Nutzung; der Leistungsaustausch sei Zug um Zug zu bewirken. Eine Verurteilung des Beklagten setze voraus, daß der Kläger die Erfüllung seiner Verpflichtung zumindest angeboten habe. Verweigere der Kläger die Gegenleistung, so sei sein Begehren abzuweisen. Das treffe hier zu, weil er seine Gegenleistung nicht nur nicht angeboten, sondern sogar eine Änderung seines unbedingten Leistungsbegehrens abgelehnt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 60.000,--, nicht aber nicht S 300.000,-- übersteige, und ließ die Revision zu. Der Kläger habe weder in der Klage noch im Zuge des Verfahrens seine Bereitwilligkeit zur Erbringung der Gegenleistung zu erkennen gegeben; er habe sogar die Änderung seines auf unbedingte Herausgabe gerichteten Klagebegehrens abgelehnt. Er habe aber auch nicht behauptet, daß er nichts zurückzustellen habe, weil der Vorteil der Benützung durch den Beklagten überwiege und der Rückforderungsanspruch des Beklagten durch Aufrechnung erloschen sei. Zwar wäre eine Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung auch dann kein aliud, wenn der Kläger diese im Prozeß nicht ausdrücklich oder schlüssig angeboten habe, doch habe sich dieser geweigert, sein unbedingtes Herausgabebegehren auf eine Verurteilung Zug um Zug umzustellen. Diese Weigerung beinhalte gegenüber dem Fall, daß der Kläger die Gegenleistung nicht anbiete, ein plus. Der Kläger strebe so die unbedingte Verurteilung des Beklagten an und wolle ihn damit zwingen, seinerseits die Klage auf Erbringung der Gegenleistung zu erheben. Er wolle damit die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vereiteln. Das Vorbringen in der Berufung, weshalb er die Änderung des Klagebegehrens abgelehnt habe, scheitere am Neuerungsverbot. Bestreite der Kläger seine Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung Zug um Zug gegen die begehrte Herausgabe und damit seine Gegenleistungspflicht überhaupt, verstieße eine Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe Zug um Zug gegen eine Leistung durch den Kläger gegen § 405 ZPO und stellte eine Rechtslage her, die der Kläger möglicherweise nicht anstrebe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zwar zulässig, weil zur Frage, ob das auf Herausgabe des Vorbehaltsgutes gerichtete Klagebegehren abzuweisen ist, wenn der Kläger nach Einwendung einer Zug-um-Zug-Verpflichtung die Änderung des Klagebegehrens ablehnt, Rechtsprechung fehlt; sie ist aber nicht berechtigt. Soweit der Kläger "Nichtigkeit gemäß § 503 Z.4 ZPO" geltend macht, erörtert er ausschließlich die Frage, ob und inwieweit das Gericht gegen die Verfahrensvorschrift des § 405 ZPO verstößt, wenn es den Beklagten zur Leistung Zug um Zug gegen Erbringung der behaupteten Gegenleistung verurteilt, obwohl der Kläger diese verweigert. Damit wird aber keine Nichtigkeit aufgezeigt; auf die von ihm aufgegriffene Frage wird bei Erledigung der Rechtsrüge einzugehen sein.
Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Kläger strebte die unbedingte Herausgabe des Vorbehaltsgutes an und lehnte selbst dann, als der Beklagte eingewendet hatte, es könne im ungünstigsten Fall nur Zug um Zug gegen Zurückstellung seiner selbst erbrachten Gegenleistung zur Herausgabe verurteilt werden, über Befragen durch den Richter eine Änderung des Klagebegehrens ab, ohne Gründe für die Verweigerung vorzubringen; er hatte auch in seinem vorbereitenden Schriftsatz ON 4 zwar auf das übrige Vorbringen des Beklagten repliziert, nicht aber auf die vorher erwähnte Einwendung. In der Revision wendet sich der Kläger nur gegen die Zulässigkeit des von den Vorinstanzen gezogenen Schlusses, mit der Ablehnung der Klagsänderung habe er zum Ausdruck gebracht, daß er zur Zurückstellung der auf den Kaufpreis erbrachten Gegenleistungen des Beklagten nicht bereit sei.
Vorauszuschicken ist, daß der Kläger in der Tagsatzung vom 16.10.1985 angesichts seiner Bestreitung der behaupteten Gegenforderungen des Beklagten das Klagebegehren nicht ändern mußte. Aus seinem dort erstatteten Vorbringen erscheint der Schluß auf die Verweigerung der Zurückerstattung der festgestellten Gegenforderungen für sich noch nicht gerechtfertigt, weil die Verurteilung Zug um Zug - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte - gegenüber einer unbedingten Verurteilung als minus zu beurteilen ist, wenn sich die Bereitwilligkeit des Klägers, die Gegenleistung zu erbringen, aus seinem Vorbringen ergibt (SZ 48/140; SZ 38/17; SZ 25/273 ua; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1451). Der Erstrichter hätte den Kläger gemäß § 182 ZPO zu einem Vorbringen über die Gründe der Bestreitung auffordern und hierüber gegebenenfalls ein Beweisverfahren abführen müssen. Daß das Erstgericht seiner materiellen Prozeßleitungspflicht nicht nachgekommen ist, hätte der Kläger allerdings in der Berufung als Verfahrensmangel rügen müssen, hat dies aber unterlassen. Vielmehr war der Kläger - wie sich aus seinen Ausführungen in der Berufung ergibt - tatsächlich zur Zurückstellung der vom Erstgericht festgestellten Leistungen des Beklagten nicht bereit, weil das ihm seiner Meinung nach vom Beklagten geschuldete Benützungsentgelt dessen Forderungen aus der Rückabwicklung übersteige und diese durch Aufrechnung erloschen seien. Das Berufungsgericht durfte den dem Erstgericht unterlaufenen Verfahrensmangel nicht aufgreifen, sondern hat seiner Entscheidung zu Recht die Weigerung des Klägers, die Gegenleistungen des Beklagten zurückzustellen, zugrundegelegt. Die in der Revision aufgestellte Behauptung, das Gericht zweiter Instanz vermenge die bloße Unterlassung des Klägers, die Zurückstellung der Gegenleistung anzubieten, mit der ausdrücklichen Verweigerung derselben, ist aktenwidrig: Das Berufungsgericht hat im Gegenteil dargelegt, daß das unbedingt erhobene Herausgabebegehren nicht schon dann abzuweisen ist, wenn der Kläger die Erstattung der Gegenleistung nicht ausdrücklich oder doch zumindest schlüssig angeboten hat, sondern nur, wenn er diese überhaupt verweigert (AS 70).
Hat der Kläger aber die Zurückstellung der von ihm empfangenen Gegenleistungen des Beklagten verweigert, so haben die Vorinstanzen das Herausgabebegehren zu Recht abgewiesen. Es entspricht herrschender Lehre (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 17 zu § 1052; Koziol-Welser, Grundriß 7 I 208) und ständiger Rechtsprechung (EvBl 1986/54; SZ 53/63 uva), daß der Beklagte bei Verweigerung der Gegenleistung (oder eines Teiles davon) nicht zur Leistung gegen gleichzeitige Erbringung der Gegenleistung zu verurteilen, sondern das Klagebegehren abzuweisen ist; andernfalls läge ein Verstoß gegen § 405 ZPO vor, weil das Urteil eine Zug-um-Zug-Leistungspflicht ausspräche, obwohl der Kläger eine solche bestreitet (Fasching aaO). Dieser Grundsatz, mit dem auch Wahle in seiner kritischen Auseinandersetzung mit der Entscheidung SZ 35/126 (JBl 1965,281 ff) im wesentlichen übereinstimmt, ist aber nicht allein Ausdruck des funktionellen Synallagmas für die Erfüllung zweiseitig verbindlicher Verträge (vgl. Koziol-Welser aaO), sondern muß in gleicher Weise auch für die Rückabwicklung solcher Verträge nach deren Aufhebung gelten, weil auch dann die beiderseits empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückzustellen sind (JBl 1981,256; Bydlinski in Klang 2 IV/2,517; Rummel, Reischauer und Aicher in Rummel aaO Rdz 4 zu § 877, Rdz 10 zu § 921 und Rdz 56 zu § 1063). Zutreffend verweist das Gericht zweiter Instanz darauf, daß der Kläger andernfalls durch die Verweigerung der Zurückstellung der Leistungen des Beklagten dessen unbedingte Verurteilung erzwingen und ihn auf diese Weise dazu nötigen könnte, nunmehr seinerseits Klage auf Zurückstellung der von ihm erbrachten Gegenleistungen zu erheben. Damit könnte der Kläger die nach Aufhebung des Kaufvertrages mit Wirkung ex tunc gebotene Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen vereiteln.
Dem Kläger ist beizupflichten, daß der Vorbehaltskäufer bei wirksamem Rücktritt des Verkäufers vom Kaufvertrag bei berechtigter Verweigerung der Zurückstellung von Gegenleistungen durch den Vorbehaltsverkäufer unbedingt zur Herausgabe des Vorbehaltsgutes zu verurteilen ist (6 Ob 295/67); das träfe etwa dann zu, wenn dem Kläger Forderungen aus der Entwertung des Vorbehaltsgutes oder auf Zahlung eines angemessenen Benützungsentgeltes zustünden, so daß der Rückforderungsanspruch des Beklagten durch Aufrechnung erloschen wäre. Solches Vorbringen hat der Kläger auch erstattet, aber erst in der Berufung und somit als unbeachtliche Neuerung.
Der Revision ist somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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