Spruch:
Für das Begehren auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 23 Abs. 1 letzter Satz PresseG. ist der Rechtsweg unzulässig.
Entscheidung vom 7. Mai 1958, 1 Ob 562/57.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger bringt vor, der Beklagte sei der verantwortliche Redakteur der Zeitschrift "D.". In der zweiten Nummer dieser Zeitschrift mit dem Erscheinungsdatum 16. November 1956 habe der Beklagte verschiedene die Stellung des Klägers im Prüfungsausschuß des "A.-Gütezeichens" betreffende Mitteilungen gemacht, die nicht den Tatsachen entsprächen. Mit eingeschriebenem Brief vom 18. Dezember 1956 habe der Kläger dem Beklagten seine Entgegnung auf diese Tatsachenmitteilungen mit der Aufforderung zur Veröffentlichung übersendet und ihn gleichzeitig im Sinne des § 23 Abs. 1 PresseG. aufgefordert, das Einlangen dieser Entgegnung bis spätestens 22. Dezember 1956 zu bestätigen. Da der Beklagte die verlangte Bestätigung nicht erteilt habe, beantrage er, ihn zu ihrer Ausstellung zu verurteilen.
Die beklagte Partei stellte außer Streit, daß sie die mittels eingeschriebenen Briefes vom 18. Dezember 1956 übermittelte Mitteilung der klagenden Partei am 19. Dezember 1956 erhalten habe. Sie wendete aber Unzulässigkeit des Rechtsweges und weiter ein, es handle sich um eine schikanöse Rechtsausübung, weil der Kläger ohnedies ein Postrezepisse besitze.
Das Erstgericht verurteilte zur Ausstellung der Bestätigung. Es hielt den Anspruch gemäß § 23 Abs. 1 letzter Satz PresseG. für begrundet. Über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges enthält der Spruch zwar nichts, wohl aber wird am Ende der Entscheidungsgründe ausgeführt: "Was den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges betrifft, so beinhaltet das Begehren die Ausstellung einer Bestätigung, welches exekutionsfähig ist und mit 5000 S bewertet wurde, so daß die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes gegeben ist." In der Berufung kommt der Beklagte auf seine Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht mehr zurück. Er stellt demgemäß auch nur den Antrag, das Ersturteil in ein klageabweisendes abzuändern, und nicht jenen, die Klage zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sprach aber aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, die beklagte Partei habe in erster Instanz zwar die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges erhoben. Das Erstgericht habe lediglich in den Gründen ausgesprochen, daß eine Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht gegeben sei. Dies werde von der Berufung nicht bekämpft, und auch das Berufungsgericht vermöge eine Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht als gegeben anzusehen. Da nicht angenommen werden könne, daß die im Gesetz verankerte Verpflichtung zur Ausstellung einer Bestätigung über das Einlangen der Aufforderung um Aufnahme einer Entgegnung nach dem Willen des Gesetzgebers undurchsetzbar bleiben solle, sei der Klageanspruch berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 3 Ob 582/29, veröffentlicht nur bei Swoboda, Kommentar zum PresseG., 1. Aufl. S. 70, und in der 2. Aufl. dieses Kommentars, neu bearbeitet von Hartmann, S. 65, ausgeführt, daß die Vollstreckung des Berichtigungsanspruches nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung nicht in das Pressegesetz übernommen wurde, und zieht daraus den Schluß, daß auch hinsichtlich des Begehrens um Bestätigung des Einlangens der Berichtigung keine Ausnahme gelten könne, denn die Bestätigung über das Einlangen der Berichtigung bilde nicht einen selbständigen Anspruch, sondern nur eine Stufe zur Verwirklichung des Berichtigungsanspruches überhaupt, und § 24 PresseG. bestimme, ohne zwischen den einzelnen Stufen zu unterscheiden, daß der Beteiligte "zur Erfüllung seines Verlangens die Hilfe des Gerichtes (§ 33) anrufen könne". Die Bestätigung bilde nur eine Beweiserleichterung für das Strafverfahren, der eine bindende, rechtsgestaltende Bedeutung nach keiner Richtung hin zukomme. Der Berichtigungswerber könne aber im Strafverfahren die Rechtzeitigkeit der Berichtigung auch ohne dieses Beweismittel nachweisen, und ebenso stehe dem Angeklagten der Gegenbeweis der objektiven Unrichtigkeit der erteilten Bestätigung offen. Der Zivilrechtsweg sei daher unzulässig.
Diese Auffassung übernimmt auch Kadecka, das österreichische Presserecht, S. 82.
Die Kritik der zuvor mitgeteilten Entscheidung in den beiden Auflagen von Swoboda vermag der Oberste Gerichtshof nicht als durchschlagend zu erkennen. Daraus, daß der inzwischen durch die Verordnung GBlÖ. Nr. 1291/1939 aufgehobene § 27 PresseG. einen privatrechtlichen Rückforderungsanspruch wegen Zeitungsbestechung vorgesehen hatte, kann nicht abgeleitet werden, daß dem ganz anders gelagerten Verlangen um Aufnahme einer Berichtigung ebenfalls ein privatrechtlicher Anspruch entspricht. Bei einem solchen Verlangen um Bestätigung sind auch nicht erhebliche Interessen des Berichtigungswerbers im Spiel. Er kann vielmehr das Verlangen um Berichtigung unschwer auch durch einen Postaufgabeschein oder in anderer Weise bescheinigen. Jedenfalls reichen die Interessen des Berichtigungswerbers nicht hin, um in systemwidriger Weise hinsichtlich des Verlangens um Bestätigung, das bloß eine Nebenerscheinung des Berichtigungsanspruches darstellt, einen privatrechtlichen Anspruch anzunehmen, während der Berichtigungsanspruch keinen solchen darstellt, zumal die Berichtigung im Exekutionswege nicht erzwungen werden kann. Es entspricht hier besser der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, wenn man sich mit der privatrechtlichen Undurchsetzbarkeit des an sich nicht sehr bedeutungsvollen Verlangens um Bestätigung abfindet.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, von seiner in der zuvor wiedergegebenen Entscheidung dargelegten Auffassung abzugehen.
Nach der eben dargelegten Rechtsauffassung wäre die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen gewesen. Dies ist aber im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, weil eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung des Erstgerichtes über die Rechtswegzulässigkeit (JB. 63 neu = JBl. 1956 S. 126 = EvBl. 1956 Nr. 88) vorliegt. Daß diese Entscheidung nicht im Spruch erfolgt ist, schadet nicht. Die Trennung von Spruch und Gründen ist für Beschlüsse nicht vorgeschrieben (arg. 429 ZPO.). Es genügt, daß der Entscheidungswille des Gerichts eindeutig zum Ausdruck gekommen ist, daß eine ausdrückliche Entscheidung vorliegt. Dies kann aber im gegenständlichen Fall nicht bezweifelt werden. Der Beklagte hat die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges erhoben. Diese Einwendung hat das Erstgericht dadurch erledigt, daß es in den Gründen seines den Klageanspruch sachlich erledigenden Urteils ausdrücklich die Einwendung für unbegrundet erkannt hat. Das Berufungsgericht hat dann, obwohl eine diesbezügliche Rüge oder ein Rekurs nicht erhoben war, auch noch seinerseits ausdrücklich in den Gründen der Berufungsentscheidung ausgesprochen, daß der Rechtsweg zulässig sei. Unter diesen Umständen erachtet sich der Oberste Gerichtshof an die bereits vom Erstgericht in den Gründen seines Urteils getroffene Entscheidung über die Rechtswegzulässigkeit gebunden.
Geht man von dieser Bindung aus, so ergibt sich, daß zwar der Oberste Gerichtshof sachlich über den Klageanspruch entscheiden muß, daß aber - wie bereits ausgeführt - ein privatrechtlicher Anspruch auf Ausstellung der Bestätigung nicht besteht. Die sachliche Entscheidung kann demnach mangels Rechtsbestandes des geltend gemachten privatrechtlichen Anspruchs nur im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens ergehen.
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