Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.
Text
Begründung
Der Vater der Minderjährigen wurde am 6.1.1993 in Ausübung seines Dienstes als Sicherheitswachebeamter getötet. Der Bundesminister für Inneres hat der Witwe und den beiden Minderjährigen mit Erlaß vom 2.4.1993 gemäß § 7 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes (BGBl 1992/177 - WHG) eine einmalige Geldleistung von 1 Mio S zur ungeteilten Hand ausbezahlt und die Anweisung dieses Betrags auf das von der Witwe genannte Konto angeordnet.
Das Erstgericht trug der Witwe als Mutter der beiden Minderjährigen auf, für sie Beträge von je S 333.333,33 zuzüglich 6 % Zinsen ab dem „Auszahlungstag“ binnen 14 Tagen mündelsicher anzulegen und dem Gericht die mündelsichere Anlage nachzuweisen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der angewiesene Betrag stehe den Hinterbliebenen nach Kopfteilen zu, weil im Gesetz keine davon abweichende Regelung über die Aufteilung der ausgelobten Hilfeleistung unter diesen getroffen sei.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß (unter Ausschaltung des Zinsenausspruchs) und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, das Pflegschaftsgericht sei zur amtswegigen Wahrnehmung der Ansprüche der Pflegebefohlenen gegen die zur Verwaltung ihres Vermögens berufene Mutter verpflichtet und habe daher im Verfahren außer Streitsachen darüber abzusprechen, wie der vom Bundesminister für Inneres ausdrücklich als Hilfeleistung für die Mutter und deren beiden Kinder gemäß § 7 WHG gewidmete Betrag von 1 Mio S zu verwenden sei. Es habe dabei die zur Sicherung des Vermögens der Minderjährigen erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und Geld nach § 149 Abs 1 ABGB mündelsicher anzulegen. Da die Mutter den gesamten Betrag für sich beanspruchte, sei das Erstgericht darüber zu entscheiden berufen gewesen, wie die erfolgte Zahlung unter den Hinterbliebenen aufzuteilen und über die Anteile der Kinder zu verfügen sei. Nach § 3 Abs 2 WHG seien die Hinterbliebenen eines Wachebediensteten, für die dieser zu sorgen hatte, Begünstigte, wenn ihnen durch dessen Tod der Unterhalt entgangen sei. Diese Voraussetzung treffe auf die Witwe ebenso wie auf die Kinder zu. Daß den Hinterbliebenen jeweils Versorgungsansprüche nach dem Pensionsgesetz und dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz zuerkannt wurden, ändere nichts daran, daß die Unterhaltsleistungen des Vaters durch dessen Tod weggefallen seien. Das WHG setze zwar für Hilfeleistungen an Hinterbliebene den Unterhaltsentgang voraus, keiner seiner Bestimmungen sei indessen zu entnehmen, daß die Hilfeleistung als Abgeltung konkreter Unterhaltsansprüche anzusehen sei. Durch die Anweisung zur ungeteilten Hand sei eine gemeinschaftliche Berechtigung im Sinne des § 888 ABGB entstanden; die Forderung sei nach den Grundsätzen der Eigentumsgemeinschaft zu teilen. Da den Hinterbliebenen die Geldsumme aufgrund einer im Gesetz angeordneten Auslobung zugekommen sei, bestehe kein besonderes Verhältnis, nach dem die gemeinschaftliche Forderung aufgeteilt werden könne. Nach dem auch für solche Forderungen maßgeblichen Grundsatz des § 839 ABGB seien die Anteile aller Berechtigten im Zweifel gleich groß, so daß der Witwe und deren beiden Kinder jeweils ein Drittel der Hilfeleistung des Bundes zustehe. Soweit die Mutter hilfsweise die Erlassung einer Anordnung begehre, daß die Anteile der Kinder für deren laufenden Unterhalt zu verwenden seien, berücksichtige sie nicht, daß die einmalige Hilfeleistung nicht als Unterhaltsersatz anzusehen sei. Die Hilfeleistung falle in das Vermögen der Begünstigten, ohne daß ihre Verwendung durch gesetzliche Auflagen auf Unterhaltsbedürfnisse eingeschränkt wäre.
Der dagegen von der Mutter erhobene Revisionsrekurs ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Gericht zweiter Instanz bejahte die Kognition des Außerstreitrichters zur Erlassung von Aufträgen zur Sicherung des Eigentums der Minderjährigen an den gesetzlichen Vertreter und berief sich dabei auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1989/32; JBl 1985, 53; SZ 50/17 ua), nach der der Rechtsweg für Ansprüche gegen den gesetzlichen Vertreter auf Ausfolgung des von diesem vorenthaltenen Vermögens des Minderjährigen unzulässig sei, weil solches Verhalten der Mißachtung der mit der Vermögensverwaltung durch den gesetzlichen Vertreter verbundenen Pflichten gleichkomme und das Pflegschaftsgericht deshalb allein dazu aufgerufen sei, die zur Sicherung des Vermögens des Minderjährigen erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Das Rekursgericht hat dabei jedoch übersehen, daß nach den allen diesen einschlägigen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalten die Rechte des Minderjährigen gar nicht strittig waren, so daß der gesetzliche Vertreter keine sein Verhalten rechtfertigenden Befugnisse ins Treffen führen konnte.
Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist dagegen anders gelagert: Der Ehemann der Rechtsmittelwerberin bzw Vater der Minderjährigen ist in Ausübung seines Dienstes als Sicherheitswachebeamter Opfer eines Verbrechens geworden und wurde dabei getötet. Nach § 4 Abs 2 des Bundesgesetzes über besondere Hilfeleistungen an Wachebedienstete des Bundes und deren Hinterbliebene (WHG) hat der Bund die in einer einmaligen Geldleistung von 1 Mio S (§ 7 Abs 1 WHG) und der vorläufigen Übernahme von Ansprüchen (§§ 9 ff WHG) bestehenden besonderen Hilfeleistungen an Hinterbliebene zu erbringen, wenn der Wachebedienstete - wie auch hier - einen Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 WHG erleidet und der Unfall den Tod des Wachebediensteten zur Folge hatte (§ 4 Abs 2 WHG). Mehreren Hinterbliebenen - das sind im Sinne dieses Gesetzes der Ehegatte und die Kinder, für die der Wachebedienstete zu sorgen hatte, wenn ihnen durch den Tod der Unterhalt entgangen ist (§ 3 Abs 2 WHG) - ist die einmalige Geldleistung zur ungeteilten Hand auszuzahlen (§ 7 Abs 2 WHG).
Tatsächlich zahlte der Bundesminister für Inneres die den Hinterbliebenen gebührende einmalige Geldleistung von 1 Mio S zwar der Witwe und den beiden Kindern zur ungeteilten Hand aus, überwies den Betrag jedoch der Witwe auf das von ihr bezeichnete Konto. Die durch den Tod des Ehegatten bzw Vaters kraft Gesetzes (§ 7 Abs 2 WHG) entstandene Gesamtforderung der Hinterbliebenen hat der Bund durch Überweisung des geschuldeten Betrags an die Witwe als einen der drei Gesamtgläubiger erfüllt. Ob und wieweit der Gesamtgläubiger, der Zahlung erhalten hat, den übrigen Gesamtgläubigern ausgleichspflichtig ist, muß § 895 ABGB zufolge aus den besonderen rechtlichen Verhältnissen zwischen ihnen bestimmt werden; besteht kein solches Verhältnis, so entfällt - anders als bei Zahlung durch einen Gesamtschuldner (§ 896 ABGB) und auch abweichend von der entsprechenden Regelung über die Ausgleichspflicht des Gesamtgläubigers gemäß § 430 BGB - die Ausgleichspflicht jenes Mitgläubigers, der die Zahlung erhalten hat (Gamerith in Rummel, ABGB2 § 895 Rz 1; Mayrhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht3 AT 110 mwN in FN 23). Dieses besondere Verhältnis kann nur in dem Gesetz, das die Gesamtforderung der Hinterbliebenen statuiert, und insbesondere im Zweck der gesetzlichen Zuwendung gesucht werden, also im Ausgleich für den den Hinterbliebenen durch den Tod des Wachebeamten entgangenen Unterhalt (§ 3 Abs 2 WHG; vgl auch AB, 415 BlgNR, 18.GP, 1). Bei dieser Rechtslage ist es Sache der übrigen Gesamtgläubiger, jene Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen, aus welchen die Pflicht des Gesamtgläubigers, der die Zahlung empfangen hat, zum Ausgleich und deren Umfang abzuleiten ist.
Solche Streitigkeiten über den internen Ausgleich zwischen mehreren Gläubigern gehören auf den streitigen Rechtsweg (für den soweit vergleichbaren Fall der Herausgabe eines verhältnismäßigen Anteils der von einem Miteigentümer gezogenen Nutzungen an die übrigen Miteigentümer SZ 39/165). Die Witwe steht aber auch noch in ihrem Rechtsmittel auf dem Standpunkt, die ihr ausbezahlte Geldleistung stehe allein ihr zu, so daß sie daher ihren Kindern gegenüber zum internen Ausgleich nicht verpflichtet sei.
Das Erstgericht hat die Mutter in der Auffassung, daß den beiden Kindern an der Hilfeleistung des Bundes Kopfteile zustünden, in amtswegiger Wahrnehmung der pflegschaftsgerichtlichen Kognition zur Sicherstellung der Rechte der beiden Minderjährigen an diesem Betrag verhalten, hat dabei aber übersehen, daß noch gar nicht feststeht, inwieweit die Mutter den Kindern zur Ausfolgung von Teilen der Geldsumme als Mündelvermögen verpflichtet ist. Das Pflegschaftsgericht hat demnach Vorkehrungen zur Sicherung von Mündelvermögen getroffen, ohne daß in der hiefür vorgesehenen Verfahrensart - im Rechtsstreit - geklärt ist, ob es sich dabei überhaupt um Mündelvermögen und nicht doch um Vermögen der Mutter handelt bzw in welchem Verhältnis die Geldleistung den Kindern und der Mutter zufällt.
Solche pflegschaftsgerichtliche Sicherungsvorkehrungen waren bei der gegenwärtigen Sachlage zumindest verfrüht; sie könnten erst dann geboten sein, wenn die Mutter die Erfüllung ihrer aufgrund einer mit ihren - durch Kollisionskuratoren zu vertretenden - Kindern erzielten Einigung bestehen oder aufgrund eines von diesen im Rechtsstreit erwirkten Urteils festgestellten Verpflichtung, entsprechende Anteile an der Geldleistung an sie herauszugeben, verweigern oder wenigstens verzögern würde.
Da die amtswegige Beschlußfassung des Erstgerichtes einer ausreichenden Rechtsgrundlage entbehrt, sind die Beschlüsse der Vorinstanzen in Stattgebung des Revisionsrekurses der Mutter ersatzlos aufzuheben.
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