Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 3.263,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 543,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei kündigte den Beklagten die von diesem im Schloss W*****, gemietete, im zweiten Stock gelegene Wohnung zum 31. Jänner 1988 auf; diese hätten die Wohnung samt Ordination an ihren Sohn Ing. Dieter A***** weitergegeben, der jedoch nicht eintrittsberechtigt sei, weil er zum maßgeblichen Zeitpunkt mit seinen Eltern dort nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt habe.
Die Beklagten erhoben Einwendungen gegen die Aufkündigung. Sie hätten die Mietrechte an den Räumlichkeiten mit Wirkung vom 1. November 1987 an gemäß § 12 Abs 1 MRG an ihren Sohn Ing. Dieter A***** abgetreten und dies dem Vermieter auch ordnungsgemäß angezeigt, so dass sie nicht passiv klagslegitimiert seien. Ihr Sohn sei, obwohl er von 1981 bis 1987 vorwiegend in Wien gewohnt habe, eintrittsberechtigt, weil er sich dort bloß zu Studienzwecken aufgehalten und stets die Absicht gehabt habe, nach Abschluss des Studiums wieder in die Wohnung zurückzukehren, sodass der gemeinsame Haushalt mit den Beklagten nicht beendet worden sei.
Das Erstgericht erklärte die Aufklärung für rechtswirksam und verurteilte die Beklagten zur Räumung und Übergabe des Mietgegenstands an die klagende Partei. Es stellte fest:
Der Zweitbeklagte habe bis zu seinem Ruhestand bis 1. November 1987 in der aufgekündigten Wohnung gewohnt und dort als praktischer Arzt ordiniert. Die Wohnung bestehe einschließlich des Ordinationsraums aus sechs Räumen, die jedoch keine zusammenhängende Einheit bildeten. 1960 hätten die Beklagten mit der Errichtung eines eigenen Hauses in L*****, begonnen, für das Mitte der 70er-Jahre die Benützungsbewilligung erteilt worden sei; seither werde es von ihnen auch tatsächlich benützt. Zur Gänze seien die Beklagten allerdings erst am 1. November 1987 in das Haus übersiedelt. Aber auch schon vorher hätten sich die Beklagten regelmäßig nach Beendigung der Ordination in ihr Haus begeben und seien erst wieder zur Nächtigung in die aufgekündigte Wohnung zurückgekehrt. Diese Wohnung verfüge über keinen Wasseranschluss, sodass dort keine Gelegenheit zum Baden bzw zum Wäschewaschen vorhanden sei. Das Wasser müsse vom Gang geholt werden. Die Beklagten hätten daher, seit das Haus in L***** benützbar sei, dort gebadet und ihre Wäsche gewaschen. Der bei seiner Vernehmung am 25. Mai 1988 bereits 33-jährige Sohn der Beklagten Ing. Dieter A***** habe zunächst den Beruf eines Lithographen erlernt und sei als solcher von 1979 bis 1981 in Z***** beschäftigt gewesen. Von 1981 bis 1984 habe er in Wien die Höhere graphische Bundeslehr- und -versuchsanstalt besucht und den Schulbesuch mit der Reifeprüfung abgeschlossen. Im Herbst 1984 habe er an der Universität Wien Publizistik und Politikwissenschaften belegt, das Studium jedoch gegen Ende des Sommersemesters 1987 abgebrochen. Während seines Studiums habe er keine bedeutenden Prüfungen abgelegt, sondern lediglich einige Seminare besucht. Während seiner Studienzeit sei er bei einer Repro-Anstalt als vollbeschäftigter Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt gewesen, habe seine Arbeitszeit jedoch flexibel gestalten können. Er habe damals ein Untermietzimmer im Ausmaß von etwa 20 m² bewohnt. Im Oktober 1987 sei er wieder zu seinen Eltern zurückgekehrt, weil er in L***** eine geeignete Beschäftigung gefunden habe. Solange der Sohn der Beklagten in Wien gewohnt habe, habe er sich in seiner Freizeit gelegentlich etwa einmal im Monat bei seinen Eltern in der aufgekündigten Wohnung oder im Haus in L***** aufgehalten.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, durch die Abwesenheit des Sohnes in der Zeit von 1981 bis 1987 sei der frühere gemeinsame Haushalt mit den Beklagten aufgehoben worden, weil Ing. Dieter A***** in Wien nicht zu Studienzwecken Aufenthalt genommen habe. Vor allem sei er ab Herbst 1984 einer vollen Beschäftigung nachgegangen und an der Universität Wien offensichtlich nur der Form halber inskribiert gewesen. Deshalb sei seine Eintrittsberechtigung iSd § 12 Abs 1 und des § 14 Abs 3 MRG zu verneinen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands zwar 60.000 S nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Die Beklagten hätten in der Berufungsverhandlung die erstinstanzliche Entscheidung auch mit dem Argument bekämpft, aufgrund der im Akt erliegenden Mietverträge aus dem Jahre 1949 lägen zwei getrennte Mietgegenstände vor, sodass gesondert Aufkündigungen erforderlich gewesen wären. Dem sei zu erwidern, dass diese Tatsache allein nicht ausschließe, dass die Beklagten die Räumlichkeiten später gemeinsam gemietet haben. Da die Erstbeklagte in keinem der schriftlichen Mietverträge genannt sei, müsse ihr auch in der Berufung nicht bestrittenes Mietrecht erst später entstanden sein. Die Beklagten hätten die gemeinsame Miete in erster Instanz im Übrigen auch selbst zugestanden. Die klagende Partei stütze sich ua auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 1 und Abs 2 Z 4 MRG. Danach liege ein wichtiger Kündigungsgrund vor, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen dringend benötigt. Da die Beklagten ein eigenes Wohnbedürfnis ohnehin nicht behaupteten, sei es entscheidend, ob sie die Mietrechte an ihren Sohn gemäß § 12 Abs 1 MRG berechtigterweise abtreten konnten. Bei Bejahung dieser Frage wären die Beklagten nicht mehr Mieter, sodass die Aufkündigung nicht gegen sie hätte gerichtet werden dürfen. Maßgebliche Vorfrage sei das Bestehen oder Nichtbestehen eines Eintrittsrechts des Sohnes der Beklagten; deren Beantwortung hänge davon ab, ob ein gemeinsamer Haushalt bestehe oder neu gegründet worden sei. Diese Frage sei jedoch zu verneinen. Der gemeinsame Haushalt erfordere gemeinsames Wohnen und Wirtschaften, das eine gewisse Zeit hindurch ununterbrochen bestanden habe und auf Dauer berechnet sein müsse. Gemeinsames Wirtschaften setze voraus, dass die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung befriedigt werden. Außerdem müsse der Angehörige seinen Lebensschwerpunkt in der aufgekündigten Wohnung haben. Gewisse nicht allzu lange und nicht von vornherein auf Dauer berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens, wie etwa der Aufenthalt zum Zweck einer Berufsausübung oder eines Studiums, schlössen die Annahme des Fortbestands eines gemeinsamen Haushalts nicht unbedingt aus. Dabei komme es nicht darauf an, ob mit der Rückkehr des Mieters in die Wohnung objektiv nicht mehr zu rechnen sei, sondern ob die Absicht bestanden habe, den gemeinsamen Haushalt nach der Rückkehr wieder fortzusetzen. Ing. Dieter A***** habe in der Zeit von 1979 bis Oktober 1987 auswärts gewohnt, gearbeitet und teilweise auch studiert. Unabhängig davon, ob er nun häufiger, als ob das Erstgericht angenommen habe, bei seinen Eltern übernachtet und ob er stets die Absicht gehegt habe, in den gemeinsamen Haushalt zurückzukehren, wenn er in L***** eine entsprechende Arbeit finden sollte, könne bei einer Dauer von acht Jahren nicht mehr von einer bloß vorübergehenden Abwesenheit vom gemeinsamen Haushalt gesprochen werden; im Hinblick auf die seit 1984 ausgeübte Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden sei ferner der Lebensschwerpunkt des Sohnes der Beklagten in Wien anzunehmen. Ob Ing. Dieter A***** etwa nur mangels geeigneten Arbeitsplatzes in L***** eine Arbeit in Wien habe annehmen müssen, sei nicht erheblich, weil die achtjährige Abwesenheit vom gemeinsamen Haushalt wegen dessen Berufstätigkeit das Zusammenleben allzu lange unterbrochen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.
Mit der Mängel- und der Aktenwidrigkeitsrüge werfen sie, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, keine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auf (§ 510 Abs 3 ZPO).
Soweit die Beklagten auch noch in der Revision ins Treffen führen, es lägen zwei Mietverträge vor, die gesondert hätten aufgekündigt werden müssen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass sie selbst sowohl in der Abtretungsanzeige als auch im Verfahren erster Instanz von einheitlichen Mietrechten, die sie ihrem Sohn abgetreten hätten, und damit auch von einem einheitlichen Mietverhältnis ausgegangen sind.
Die klagende Partei kann ihre Aufkündigung nur auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG stützen (MietSlg 37.416). Danach ist es als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs 3 MRG) dringend benötigt. Da schon der dringende Bedarf der eintrittsberechtigten Personen in naher Zukunft das Kündigungsrecht ausschließt, muss kraft Größenschlusses umso mehr der auf die gänzliche Weitergabe des Mietgegenstands an eintrittsberechtigte Personen mit dringendem Wohnbedürfnis gestützten Aufkündigung die Wirksamkeit versagt bleiben (Würth in Rummel, ABGB § 30 MRG Rz 24).
Da die Beklagten einen eigenen dringenden Bedarf am Mietgegenstand nicht ins Treffen führen, ist es streitentscheidend, ob ihrem Sohn die Rechtsstellung einer eintrittsberechtigten Person zukommt (§ 12 Abs 1 und § 14 Abs 3 MRG). Voraussetzung dieser Rechtsstellung, ist es, dass er Mieter mit den Beklagten zum Zeitpunkt - hier also bei der Abtretung der Mietrechte beim Auszug der Beklagten aus der aufgekündigten Wohnung - im gemeinsamen Haushalt lebte.
Gemeinsamer Haushalt ist gemeinsames, auf Dauer berechnetes Wohnen und Wirtschaften. Der nahe Angehörige muss den Schwerpunkt seiner Lebensführung in der streitverfangenen Wohnung gehabt haben. Gemeinsames Wirtschaften setzt zwar voraus, dass die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung bestritten werden, bei großem Einkommens- bzw Altersunterschieds schließt aber der Umstand, dass ein Teil den gesamten Aufwand für die Haushaltsführung trägt, die Annahme gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht aus. Übernachtet der Eintrittswerber aber bloß gelegentlich in der Wohnung des Mieters, kann kein gemeinsamer Haushalt angenommen werden. Wegen der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten hängt die Beurteilung der Frage, ob der gemeinsame Haushalt zu bejahen ist, immer von den Umständen des Einzelfalls ab (Würth in Rummel, ABGB § 14 MRG Rz 8 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ein bestandener gemeinsamer Haushalt wird nicht schon dadurch beendet, dass das Zusammenleben infolge besonderer Lebensumstände unterbrochen wird, sofern nur diese Unterbrechung nicht allzu lange Zeit dauert. Als solche besondere Umstände werden vor allem auswärtige Studien sowie Krankheits- und Erholungsurlaube angesehen, weil sie nicht die Annahme dauernder Trennung rechtfertigen (Würth aaO Rz 9 mwN).
Da die Beweislast für die Voraussetzungen des Eintrittsrechts jenen treffen, der es für sich in Anspruch nimmt, war es Sache der Beklagten, jene Umstände darzutun, die die Annahme der Eintrittsberechtigung ihres Sohnes rechtfertigen, vor allem, dass er mit ihnen in der aufgekündigten Wohnung im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, als sie diese (Ende Oktober 1987) verließen (MietSlg 37.419 ua). Ing. Dieter A***** hielt sich seit 1979 aber nur mehr besuchsweise in der Wohnung auf, weil er zunächst eine Stellung als Lithograph in Z***** angenommen hatte, sodann von 1981 bis 1984 eine Höhere Lehranstalt in Wien absolvierte und schließlich weitere drei Jahre als vollbeschäftigter Arbeitnehmer in einem graphischen Atelier in Wien tätig war und dort bis zu seiner Rückkehr nach L***** im Oktober 1987 verblieb; nur nebenher hat er auch Lehrveranstaltungen an der Universität Wien belegt, ohne jedoch in diesem Studium erkennbare Fortschritte zu erzielen. Bei dieser Sachlage kann er in der aufgekündigten Wohnung seinen Lebensschwerpunkt nicht mehr dort beibehalten haben. Ging der Sohn der Beklagten vielmehr jahrelang einer Vollzeitbeschäftigung an einem von der aufgekündigten Wohnung etwa 200 km entfernt gelegenen Ort nach, so kann von einer gemeinsamen Bestreitung der täglichen Lebensbedürfnisse ebensowenig die Rede sein wie von einer bloß vorübergehenden Unterbrechung des Zusammenlebens.
Die Vorinstanzen haben dem Sohn der Beklagten das Eintrittsrecht iSd § 12 Abs 1 und § 14 Abs 3 MRG zu Recht nicht zugebilligt, sodass ihm die Beklagten die Mietrechte an der aufgekündigten Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters nicht wirksam abtreten konnten und dieser ihnen das Mietverhältnis aufzukündigen berechtigt war, weil sie den Mietgegenstand - wie sie selbst zugestanden haben - ihrem Sohn ganz weitergegeben haben.
Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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