OGH 1Ob524/77

OGH1Ob524/7730.3.1977

SZ 50/49

Normen

ABGB §364c
ABGB §830
ABGB §847
ABGB §949
ABGB §364c
ABGB §830
ABGB §847
ABGB §949

 

Spruch:

Auch der Miteigentümer einer Liegenschaft, dessen Anteil mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belastet ist, kann den Anspruch auf Zivilteilung geltend machen; der Erwerber der Liegenschaft hat das Veräußerungs- und Belastungsverbot, auch wenn er nicht dem Personenkreis des § 364c ABGB angehört, zu übernehmen

Dem Miteigentümer einer Liegenschaft, dem sein Anteil vom anderen Miteigentümer geschenkt wurde, steht kein Teilungsanspruch zu, wenn ein Schenkungswiderrufsgrund vorliegt

OGH 30. März 1977, 1 Ob 524/77 (OLG Graz 2 R 138/76; LGZ Graz 17 Cg 83/75)

Text

Die Klägerin begehrt als Hälfteeigentümerin die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft EZ 272 KG G durch Zivilteilung. Sie brachte vor, daß der Beklagte, der Eigentümer der zweiten Liegenschaftshälfte und Verwalter des Hauses sei, sich weigere, Rechnung zu legen und ein leerstehendes Geschäftslokal zu vermieten, so daß ihr namhafte Einnahmen entgingen. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete als Teilungshindernis ein, daß zur Sicherung familiärer Vereinbarungen zugunsten der Maria M, seiner Gattin und Mutter der Klägerin, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ob der streitgegenständlichen Liegenschaft einverleibt sei. Die Klägerin schulde ihm rückständige Betriebskosten. Weiters habe er über 300 000 S für Instandhaltungsarbeiten an der gemeinsamen Liegenschaft aufgewendet. Die Klägerin habe den ihr gehörigen Liegenschaftsanteil von ihm, dem Beklagten, geschenkt erhalten. Diese Schenkung habe er wegen groben Undanks der Klägerin widerrufen. Die derzeit allgemein wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Mangel an finanziellen Mitteln für die von ihm angestrebte Ablöse des Hälfteeigentums der Klägerin begrundeten Unzeit des Teilungsbegehrens. Bei Durchführung der Zivilteilung werde auch ein Reparaturdarlehen in Höhe von 90 000 S zur Rückzahlung fällig. Letztlich bestehe die Möglichkeit einer Realteilung der Liegenschaft.

Das Erstgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens und stellte fest:

Die Streitteile erwarben je zur Hälfte mit Kaufvertrag vom 7. Dezember 1961 die Liegenschaft EZ 272 KG G zum Preis von 60 000 S. Davon stammten 20 000 S von der Klägerin, die diesen Betrag von ihrer Großmutter geschenkt erhalten hatte. Das Haus war im Zeitpunkt des Erwerbes durch die Streitteile in schlechtem Bauzustand. Seitens der Baupolizei war bereits eine Ersatzvornahme angedroht. Zur Bestreitung der vom Beklagten durchzuführenden Reparaturarbeiten wurde ein Hypothekardarlehen von 150 000 S aufgenommen. Zur Hintanhaltung der seitens der Baubehörde drohenden Ersatzvornahme wurde am 30. Juli 1962 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Mutter der Klägerin und Gattin des Beklagten Maria M vereinbart und am 21. August 1962 grundbücherlich einverleibt. Nach Anmerkung der Teilungsklage im Grundbuch übertrug der Beklagte mit dem am 23. April 1976 verbücherten Übergabsvertrag vorn 24. Feber 1976 seine Liegenschaftshälfte der Tochter Johanna Gerhild M. Das für Maria M eingetragene Veräußerungs- und Belastungsverbot wurde hinsichtlich dieser Liegenschaftshälfte gleichzeitig gelöscht. Der Beklagte ist persönlich nicht mehr daran interessiert, die Liegenschaftshälfte der Klägerin zu erwerben. Ihm steht gegen die Klägerin ein Anspruch in Höhe von 150 000 S für Reparaturaufwendungen am Hause nicht zu. Eine Realteilung der Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Stadthaus ist untunlich. Der Beklagte hat zu 23 Cg 228/75 des Landesgerichtes für ZRS Graz das Begehren auf Feststellung des Widerrufs der Schenkung betreffend die Liegenschaftshälfte der Klägerin, an der EZ 272 KG G und auch Einverleibung seines Eigentumsrechts am Hälfteanteil gestellt.

Auf Grund dieses Sachverhaltes verneinte das Erstgericht, daß rechtlich relevante Hindernisse gegen den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft gegeben seien.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteils erhobenen Berufung des Beklagten keine Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50 000 S übersteigt.

Das Berufungsgericht führte aus, es sei für die Entscheidung über das Klagebegehren unerheblich, ob die Klägerin die ihr zugeschriebene Liegenschaftshälfte vom Beklagten geschenkt erhalten habe. Der erst nach Streitanhängigkeit der Teilungsklage erfolgte Widerruf der Schenkung könne gemäß § 234 ZPO den Teilungsanspruch nicht berühren. Es würden deshalb auch jene Feststellungen des erstgerichtlichen Urteiles, welche die Frage betreffen, ob die Klagerin den in ihrem Eigentum stehenden Hälfteanteil geschenkt erhalten hat, vom Berufungsgericht nicht übernommen. Gleiches gelte für die Feststellung des Erstgerichtes, daß dem Beklagten aus den von ihm erbrachten Instandsetzungsarbeiten am Haus gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf den Betrag von 150 000 S nicht zustehe. Eine Prozeßbehauptung in dieser Richtung sei vom Beklagten im Verfahren erster Instanz überhaupt nicht aufgestellt worden. Im übrigen könne aber von den Feststellungen des erstgerichtlichen Urteils als Entscheidungsgrundlage ausgegangen werden. Wenn der Beklagte geltend mache, daß ein mit zirka 100 000 S offenes Reparaturdarlehen im Falle der Bewilligung der Zivilteilung sofort zur Rückzahlung fällig werde, so komme diesem Einwand Berechtigung schon deshalb nicht zu, weil der Beklagte im Verfahren erster Instanz, das für seine Behauptung primär angebotene Beweismittel, die Kreditbedingungen, wieder zurückgenommen habe; andere Verfahrensergebnisse lägen aber nicht vor. Was die derzeitigen allgemein herrschenden wirtschaftlichen Verhältnisse betreffe, so könnten sie Unzeit im Sinne des § 830 ABGB nicht begrunden. Der Mangel entsprechender Mittel auf Seiten des Teilungsbeklagten zum Erwerb der ganzen Liegenschaft begrunde weder einen Nachteil der übrigen noch Unzeit. Im übrigen stehe fest, daß der Beklagte am Erwerb der gesamten Liegenschaft bzw. auch nur der Liegenschaftshälfte der Klägerin ohnehin kein Interesse mehr habe. Das zu Gunsten der Maria M begrundete Belastungs- und Veräußerungsverbot sei im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung nur mehr auf dem Liegenschaftsanteil der Klägerin zugunsten der Verbotsberechtigten einverleibt gewesen; bei dieser Sachlage stehe dieses Verbot dem Teilungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.

Über Revision des Beklagten hob der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was zunächst die Auswirkungen des Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf den erhobenen Teilungsanspruch betrifft, so ist davon auszugehen, daß zunächst beide Liegenschaftshälften zu Gunsten der Maria M mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet waren. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz traf dies nur mehr für den Anteil der Klägerin zu; der Beklagte hatte seinen Anteil während des Verfahrens an seine Tochter Johanna Gerhilde M veräußert, wobei das für Maria M einverleibte Verbot hinsichtlich dieses Liegenschaftsanteils gelöscht wurde. Nun wies schon das Berufungsgericht darauf hin, daß durch die Belastung eines Liegenschaftsanteils mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot dieser ideelle Anteil dem Verkehr entzogen, nicht aber die Gemeinschaft in eine unteilbare verwandelt wird (Klang[2] II, 185; SZ 31/79; SZ 104). Dieser Rechtssatz wurde zunächst für den Fall ausgesprochen, daß ein Miteigentümer, dessen Anteil nicht belastet war, die Teilung der Liegenschaft begehrte. In der Entscheidung SZ 35/104 wurde jedoch ausgesprochen, daß auch jenem Miteigentümer, dessen Anteil mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet war, der Anspruch auf Zivilteilung zusteht. An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten, weil das Belastungs- und Veräußerungsverbot vom Erwerber, auch wenn er nicht dem Personenkreis des § 364c ABGB angehört, zu übernehmen ist (§ 847 ABGB; Klang[2] III, 1133; Heller - Berger - Stix, 2544).

Daß auch die derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die inflationäre Entwicklung nicht ein derartiges Ausmaß erreicht hat, daß einem Teilungsbegehren Unzeit entgegenstunde, hat schon das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OGH zutreffend erkannt; hievon abzugehen besteht umso weniger Anlaß, als in letzter Zeit eine gewisse Beruhigung Platz gegriffen hat. Für die Annahme, daß die Sparkasse das gewährte, auf der Liegenschaft sichergestellte Darlehen bei Durchführung der Zivilteilung fällig stellen und Zahlung begehren werde, bieten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt. Der Beklagte selbst hat auf die Durchführung des zum Beweise seiner Behauptung angebotenen Beweismittels, der Einsichtnahme in die Kreditbedingungen der Sparkasse, verzeichnet. Was letztlich die vom Beklagten behauptete Forderung gegenüber der Klägerin betrifft, die nunmehr mit dem Betrag von 171 000 S beziffert wird, so bildet auch der Umstand, daß die Klägerin nicht "ohne weiteres" in der Lage sein werde, diese behauptete Forderung zu befriedigen, kein Teilungshindernis.

Berechtigung kommt den Revisionsausführungen allerdings insoweit zu, als geltend gemacht wird, daß die Klägerin den Liegenschaftsanteil vom Beklagten geschenkt erhalten habe, diese Schenkung vom Beklagten widerrufen worden sei und demnach bei Stattgebung des diesbezüglich zu 23 Cg 228/75 des Landesgerichtes für ZRS Graz erhobenen Klagebegehrens die Grundlage für den von der Klägerin erhobenen Teilungsanspruch entfiele.

Gemäß § 949 ABGB macht der Undank den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer und gibt selbst dem Erben des Verletzten das Recht zur Widerrufsklage. Schon der (gerechtfertigte) Widerruf gestaltete die Rechtslage dahin, daß der Beschenkte das Geschenk zurückzugeben hat (Stanzl in Klang[2] IV/1, 623). Der Beschenkte ist dann zwar noch formell Eigentümer der geschenkten Sache, aber zur Herausgabe an den Geschenkgeber verpflichtet. Als unredlicher Besitzer haftet, wer nach einem solchen Schenkungswiderruf die geschenkte Sache aus der Hand gibt (JBl. 1973, 206). Bei dieser Sachlage kann aber die Frage, ob der der Liegenschaftsanteil der Klägerin geschenkt wurde und ob Widerrufsgrunde vorliegen, nicht dahingestellt bleiben. Diese Frage ist vielmehr im Teilungsprozeß als Vorfrage zu prüfen. Der Erstrichter hat lediglich festgestellt, daß die Klägerin einen Betrag von 20 000 S zum Kaufpreis der Liegenschaft in Höhe von 60 000 S beigetragen habe. Diese Feststellung wurde aber vom Beklagten in der Berufung bekämpft und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte den gesamten Kaufpreis aus eigenen Mitteln bezahlt und der Klägerin den Liegenschaftsanteil geschenkt habe. Das Berufungsgericht hat die betreffende Feststellung des Erstrichters nicht übernommen und die Prüfung der gegen diese Feststellungen erhobenen Einwendungen als rechtlich unerheblich abgelehnt. Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu den in dieser Richtung erhobenen Einwendungen des Beklagten Stellung zu nehmen sein. Gegebenenfalls wird es sich als erforderlich erweisen, das Verfahren in der Richtung zu ergänzen, ob Widerrufsgrunde vorliegen.

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