OGH 1Ob522/86

OGH1Ob522/8619.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Hertha D***, Hausfrau, Wien 13., Wattmanngasse 5/4, vertreten durch Dr.Romeo Nowak, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Kurt D***, Firmengesellschafter, Wien 14., Mauerbachstraße 52/7, vertreten durch Dr.Otto Schuhmeister, Rechtsanwalt in Schwechat, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 31.Oktober 1985, GZ 47 R 400/85-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 4.April 1985, GZ 3 F 5/85-20, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die am 23. März 1940 geschlossene Ehe der Parteien hat das Landesgericht für ZRS Wien mit Urteil vom 2. November 1983 gemäß § 55 Abs. 1 und 3 EheG geschieden und ausgesprochen, daß der Antragsgegner die Zerrüttung allein verschuldet habe. Der Ehe entstammen zwei volljährige, bereits verheiratete Töchter. Die Antragstellerin begehrte unter anderem die Zuweisung der Ehewohnung und eine Ausgleichszahlung von einer Million Schilling, wogegen der Antragsgegner vorbrachte, er habe bereits alles zur Übertragung der Hauptmietrechte an der Ehewohnung an die Antragstellerin Erforderliche veranlaßt, und die Abweisung des weiteren Begehrens beantragte.

Das Erstgericht übertrug die Hauptmietrechte des Antragsgegners an der Ehewohnung (Wien 13., Wattmanngasse 5/4) an die Antragstellerin, verfügte, daß bestimmte Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände im Eigentum des Antragsgegners verbleiben, verpflichtete die Antragstellerin zur Herausgabe dieser Gegenstände an den Antragsgegner, überließ die gesamte übrige Einrichtung der Ehewohnung der Antragstellerin und sprach - ohne das Begehren auf Leistung der Ausgleichszahlung ausdrücklich abzuweisen - aus, daß die Rechte und Pflichten der Parteien betreffend das sonstige eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unverändert bleiben. Es stellte fest, der Antragsgegner sei 1951 in das Unternehmen seines Vaters als Angestellter eingetreten und habe als solcher bis 1969 ein Gehalt bezogen. Nach dem Tod seines Vaters sei dessen Unternehmen in eine hiezu gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingebracht worden, an deren Stammkapital der Antragsgegner zu 16 % beteiligt sei; er sei auch einer ihrer Geschäftsführer. Die Antragstellerin sei während der Ehe nie berufstätig gewesen und habe sich ausschließlich der Haushaltsführung und der Betreuung der beiden Töchter gewidmet. Der Antragsgegner habe seit 1960 - mit einer zweijährigen Unterbrechung bis Ende 1973 - ehebrecherische Beziehungen zu Christine M*** unterhalten; er habe diese schließlich am 11.Jänner 1984 geheiratet. Im September 1977 sei der Antragsgegner aus der Ehewohnung ausgezogen; seither sei die eheliche Gemeinschaft aufgehoben gewesen. Seit seinem Auszug leiste er der Antragstellerin Unterhalt, der sich infolge Wertsicherung von anfangs monatlich 15.000 S auf derzeit monatlich mehr als 20.000 S erhöht habe. 1973 habe der Antragsgegner seiner älteren Tochter Susanne ein Heiratsgut von insgesamt 400.000 S gegeben; seiner jüngeren Tochter Ursula habe er 1977 und 1978 ein Heiratsgut von zusammen 460.000 S gewährt. 1977 habe der Antragsgegner der Antragstellerin einen gebrauchten PKW im Wert von 30.000 S gekauft; er selbst habe stets Firmenwagen benützt. Seiner nunmehrigen Ehegattin habe er in den Jahren von 1975 bis 1977 keine nennenswerten Zuwendungen gemacht. Die Ehewohnung sei 1953 bezogen worden; sie sei etwa 120 m 2 groß und im Laufe der Zeit vollständig eingerichtet und mit einer Gasetagenheizung ausgestattet worden. Hauptmieter sei der Antragsgegner; derzeit betrage der monatliche Mietzins zwischen 1500 S und 2000 S. Die zum Erwerb der Wohnung erforderlich gewesene Investitionsablöse von 45.000 S habe der Vaters des Antragsgegners aufgebracht. Nach dem Auszug habe der Antragsgegner der Antragstellerin eine Erklärung ausgestellt, mit welcher sie die Übertragung der Hauptmietrechte an sie erwirken hätte können; sie habe aber von der Erklärung keinen Gebrauch gemacht. Beim Auszug habe der Antragsgegner einige Zier- und Gebrauchsgegenstände, mit welchen er persönliche Erinnerungen verbunden habe, aus der Wohnung mitgenommen; einige solche Gegenstände habe ihm die Antragstellerin über sein Ersuchen später auch noch ausgefolgt. Diese Gegenstände habe er teils während der Ehe gekauft, zum Großteil habe er sie jedoch geerbt oder sie seien ihm von Dritten geschenkt worden. Einen 1965 erworbenen Bungalow habe der Antragsgegner 1979 um 650.000 S verkauft und der Antragstellerin den halben Erlös ausgefolgt. Während der Ehe seien auch Ersparnisse in Form von Bausparverträgen, Lebensversicherungen, Wertpapieren und Sparbüchern angesammelt worden. Hieraus habe er das Heiratsgut für seine ältere Tochter aufgebracht. Bei Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft habe der Antragsgegner noch über Ersparnisse verfügt, deren Einlösung einen Gesamtbetrag von etwa 510.000 S erbracht habe. Davon habe er das Heiratsgut an seine jüngere Tochter bestritten. In einer kleinen eisernen Handkassa habe er neben Sparbüchern auch noch einige Gold- und Silbermünzen verwahrt, die er zum größeren Teil geerbt oder von Dritten geschenkt erhalten habe. Weiteres eheliches Gebrauchsvermögen und sonstige eheliche Ersparnisse hätten nicht festgestellt werden können. In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, der schuldlos geschiedenen Antragstellerin sei außer der Ehewohnung auch der Großteil des ehelichen Gebrauchsvermögens verblieben. Die dem Antragsgegner überlassenen Gegenstände unterlägen mit wenigen Ausnahmen nicht der nachehelichen Aufteilung, weil sie ihm vererbt oder von Dritten geschenkt worden seien. Die restlichen Gegenstände hätten nur einen geringen Verkehrswert. Bei dem Bungalow sei die Aufteilung bereits vorweggenommen worden, so daß es insoweit keiner weiteren Verfügung bedürfe. Nach Leistung des Heiratsguts an die jüngere Tochter seien dem Antragsgegner Ersparnisse von etwa 30.000 S sowie die erwähnten Gold- und Silbermünzen verblieben; dem stehe gegenüber, daß der Antragsgegner der Antragstellerin einen PKW gekauft habe. Die begehrte Ausgleichszahlung sei durch nichts begründet, zumal der Antragstellerin ohnehin die Wohnung und nahezu das gesamte Inventar überlassen worden seien. Leistungen des Antragsgegners an seine jetzige Frau könnten nicht in Anschlag gebracht werden, weil er dieser in dem vom § 91 Abs. 1 EheG. umschriebenen Zeitraum keine Zuwendungen gemacht habe. Der Unternehmensanteil des Antragsgegners bleibe bei der Aufteilung außer Betracht, weil er nicht bloß eine Wertanlage darstelle. Das Rekursgericht bestätigt diesen Beschluß und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Der Antragsgegner habe den Hauptteil seiner Ersparnisse für das Heiratsgut an seine beiden Töchter verwendet, so daß nicht gesagt werden könne, er habe die ehelichen Ersparnisse in einer der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widersprechenden Weise verringert. Dieser Wert sei deshalb nicht in die Aufteilung einzubeziehen. Der Auffassung der Antragstellerin, die Zuweisung der Ehewohnung und des größten Teils des Hausrats an sie dürfe bei der Beurteilung, ob ihr eine Ausgleichszahlung gebühre, nicht berücksichtigt werden, sei entgegenzuhalten, daß nach § 94 Abs. 1 EheG eine Ausgleichszahlung nur auferlegt werden dürfe, soweit eine Aufteilung nach den §§ 81 ff. EheG nicht erzielt werden könne. Da der Antragstellerin ohnehin mehr als die Hälfte des ehelichen Gebrauchsvermögens zugewiesen worden sei, fehlten die Voraussetzungen für die begehrte Ausgleichszahlung.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens ist nur mehr das Begehren der Antragstellerin auf Leistung einer Ausgleichszahlung, das sie nunmehr auf einem Betrag von 500.000 S eingeschränkt hat. Da die Vorinstanzen die Ehewohnung und den größten Teil des übrigen Gebrauchsvermögens der Antragstellerin zugewiesen haben und der überwiegende Teil der dem Antragsgegner davon vorbehaltenen Gegenstände gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG der nachehelichen Aufteilung nicht unterliegt, kann sich das noch strittige Begehren nur auf die während der ehelichen Lebensgemeinschaft angesammelten Ersparnisse der Parteien beziehen.

Da nur jene ehelichen Ersparnisse, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben, in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen sind (§ 81 Abs. 1 und 3 EheG), ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Aufhebung der Lebensgemeinschaft für die Beurteilung von Vermögen als eheliche Ersparnisse entscheidend (SZ 54/149 mwN uva). Der Antragsgegner verfügte zu diesem Zeitpunkt tatsächlich über Wertpapiere, eine Lebensversicherung, einen Bausparvertrag und über Sparbücher, deren Realisierung einen Betrag von insgesamt etwas mehr als einer halben Million Schilling ergab. Außer einigen Gold- und Silbermünzen konnten keine weiteren Ersparnisse festgestellt werden. Die von der Antragstellerin mit dem Hinweis auf das derzeitige Einkommen des Antragsgegners vorgebrachten Zweifel an der Sachverhaltsgrundlage sind nicht zu beachten, weil die Bekämpfung der Feststellungen in dritter Instanz ausgeschlossen ist (§ 232 Abs. 2 AußStrG). Da nur benachteiligende Verfügungen während der letzten zwei Jahre vor der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zugunsten des anderen Ehegatten in Anschlag zu bringen sind (§ 91 Abs. 1 EheG), scheiden die festgestellten Zuwendungen an die nunmehrige Ehegattin des Antragsgegners sowie das Heiratsgut für die ältere Tochter von der Einbeziehung der diesen Verfügungen entsprechenden Werte in die Aufteilung aus, da die Bestellung des Heiratsguts 1973 erfolgte und die Zuwendungen an Christine M*** im zu berücksichtigenden Zeitraum kein nennenswertes Ausmaß erreichten. Für die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Annahme, der Antragsgegner habe angesichts seines Einkommens und des von Christine M*** trotz ihres geringen Gehalts getriebenen Aufwandes in diesem Zeitraum weit höhere Ausgaben getätigt, finden sich in den Feststellungen der Vorinstanzen keine Anhaltspunkte. Hiezu hat die Antragstellerin auch keine konkreten Behauptungen aufgestellt. Die bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandenen Ersparnisse sind nahezu zur Gänze durch das etwa gleich hohe Heiratsgut für die jüngere Tochter der Parteien aufgezehrt worden. Es sind zwar auch das Vermögen verringernde Verfügungen nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bei der Aufteilung zu berücksichtigen (EFSlg. 43.795, 41.415 u.a.), doch darf nicht übersehen werden, daß der Antragsgegner gemäß § 1220 ABGB zur Bestellung des Heiratsgutes verpflichtet war. Die Antragstellerin bestreitet diese Verpflichtung auch nicht und wendet sich auch nicht gegen das Ausmaß der als Heiratsgut zugewendeten Barbeträge, sondern führt lediglich ins Treffen, daß der Antragsgegner diese Aufwendungen aus seinem Einkommen bzw. aus "persönlich angesparten bzw. anzusparenden Beträgen" bestreiten hätte müssen. Gerade letzteres hat der Antragsgegner auch getan, weil die Ersparnisse, derentwegen die Antragstellerin offenbar eine Ausgleichszahlung begehrt, ausschließlich von seinem Einkommen bzw. der dadurch ermöglichten Spartätigkeit herrührten. Soweit die Antragstellerin vorbringt, bei Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft wären weitere Ersparnisse möglich gewesen, die zur Bestellung des Heiratsgutes herangezogen hätten werden können, übersieht sie einerseits, daß die Eheschließung der jüngeren Tochter und die Heiratsgutbestellung aus diesem Anlaß mit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zeitlich zusammenfielen, zum andern sind - sofern nicht § 91 Abs. 1 zweiter Satz EheG eingreift - nur jene Ersparnisse in die Aufteilung einzubeziehen, die in diesem Zeitpunkt noch vorhanden sind.

Da der ausreichend alimentierten Antragstellerin ohnedies der überwiegende Teil der in die Aufteilung einzubeziehenden Vermögenswerte, die nun ihr Alleineigentum werden, zugewiesen wurde, denen - nach Bestellung des Heiratsgutes für die jüngere Tochter - letztlich nur die verbliebenen ehelichen Ersparnisse von etwa 50.000 S gegenüberstehen, und in die Aufteilung auch keine Fehlbeträge infolge benachteiligender Verfügungen einzubeziehen sind, ist die Antragstellerin durch die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse auch aus dem Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 83 Abs. 1 EheG) nicht beschwert; ihrem Revisionsrekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Da diese nach Billigkeit zu treffen ist und deshalb die Wertansätze und der Erfolg nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind (EFSlg. 42.490), ist zwar der Mißerfolg des Rechtsmittels in Rechnung zu stellen, gleichzeitig aber auch zu berücksichtigen, daß der Antragsgegner als der wirtschaftlich bei weitem leistungsfähigere Teil von der Tragung der Verfahrenskosten viel geringer getroffen wird. Diesen Grundsätzen erscheint die Aufhebung der Kosten angemessen.

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