Spruch:
Im übrigen wird den Revisionen nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.189,97 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.053,63 Umsatzsteuer und S 1.600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Robert P***, der Vater der Streitteile, betrieb seit der Zwischenkriegszeit in Innsbruck, Museumstraße 14, eine Textilhandlung und kaufte aus den Einnahmen das Wohnhaus Innsbruck, Falkstraße 9, und das Geschäftshaus Innsbruck, Museumstraße 14; als Eigentümer der Liegenschaft Falkstraße 9 wurde seine Ehegattin Anneliese P*** verbüchert. Als er und seine Ehegattin im Jahre 1944 in ein Strafverfahren verwickelt wurden und befürchten mußten, daß ihr Vermögen konfisziert werde, entschlossen sich die Eltern der Streitteile, ihr Vermögen den Kindern als Vorwegnahme der Erbfolge zu übertragen. Da die Klägerin damals dazu ausersehen war, das Geschäft zu übernehmen, wurde ihr von Robert P*** das Haus Museumstraße 14 schenkungsweise übertragen, während Anneliese P*** der Beklagten die Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck mit dem Hause Falkstraße 9 schenkungsweise übertrug. Beide Schenkungsverträge wurden am 16.12.1944 errichtet. Auf der der Beklagten übertragenen Liegenschaft im Ausmaß von 1.026 m 2 befand sich ein in den Jahren 1894 und 1895 errichtetes Wohnhaus samt Garage. Im Wohnhaus waren drei Wohnungen vorhanden; die Wohnung im Erdgeschoß wurde von den Eltern der Streitteile bewohnt, jene im ersten Stock von einem Mieter und jene im Dachgeschoß von einer Tante der Streitteile. In der ursprünglichen Bauausführung war der Dachraum nicht ausgebaut, so daß nur die Wohnungen im Erdgeschoß und im ersten Stock vorhanden waren. Im Jahre 1931 wurde eine Garage für ein Auto angebaut. Im Jahre 1933 erfolgte der Ausbau einer Dachbodenwohnung. Die Bauausführung war solide und dem Stil der damaligen Zeit entsprechend. Im Jahre 1944 war im Haus eine Kokszentralheizung eingerichtet worden. Der Vater der Streitteile führte das Textilgeschäft bis zum Jahre 1950 als Einzelkaufmann und in der Folge zusammen mit den Streitteilen als offene Handelsgesellschaft. Die Mutter der Streitteile Anneliese P*** war an diesem Geschäft weder selbständig noch unselbständig beteiligt, arbeitete jedoch im Geschäft mit und konnte über das allgemeine Geschäftskonto Nr. 290, das auf den Namen Robert P*** lautete, verfügen.
Der Ehegatte der Klägerin Dr. Max S*** kaufte nach dem zweiten Weltkrieg ein Grundstück am Wolfgangsee, auf dem er in der Folge ein Wochenendhaus errichten ließ, das auch von den Eltern der Streitteile und der Beklagten und ihrer Familie zu Urlaubszwecken benützt wurde. Erst im Jahre 1968 erhielt die Klägerin das Hälfteeigentum an dieser Liegenschaft eingeräumt. Als Gegenleistung dafür, daß sie das Haus am Wolfgangsee zu Urlaubszwecken benutzen durften, bezahlten die Eltern der Streitteile regelmäßig die Wartungs- und Ausbaukosten des Hauses und des Gartens; sie bestritten auch Aufwendungen für die Anschaffung von Sträuchern und Blumen. Welche Beträge für diese Arbeiten und Aufwendungen bezahlt wurden, kann nicht festgestellt werden. In der Regel beglich die Mutter der Streitteile die angefallenen Rechnungen, teilweise nahm Robert P*** deren Bezahlung vor. Anneliese P*** war sehr großzügig und ließ ihrer Familie, auch der Klägerin und der Beklagten, immer wieder Geldbeträge zukommen, die sie dem allgemeinen Geschäftskonto entnahm. So erhielt die Klägerin als Zuschuß für eine Amerikareise, die sie im Jahre 1961 mit ihrem Ehegatten und der Tochter der Beklagten unternahm, einen Betrag von S 20.000,--, für eine mit der Tochter der Beklagten unternommene Reise zu Tennisturnieren an der Riviera S 25.000,--. Auch diese Geldbeträge wurden dem allgemeinen Geschäftskonto Nr. 290 entnommen und stammten aus den Erträgen des Textilgeschäftes. Im Jahre 1963 begann die Klägerin mit ihrem Ehegatten in der Nähe des Rechenhofes bei Innsbruck ein Haus zu bauen; daß sie hiefür von ihrer Mutter Geld erhalten hätte, kann nicht festgestellt werden. Robert P*** starb am 14.12.1968 unter Hinterlassung eines formell ungültigen Testaments. Der Reinnachlaß von S 2,730.802,48, beinhaltend auch den Wert des Gesellschaftsanteils des Erblassers an der Fa. P*** OHG, wurde der Witwe zu einem Viertel und den Streitteilen zu je drei Achteln eingeantwortet.
Pflichtteilsansprüche, etwa aus dem Titel des Schenkungspflichtteils, wurden nach dem Tod des Robert P*** nicht geltend gemacht.
Im Jänner 1977 entstand zwischen der Klägerin und ihrer Mutter ein Streit, der den Abbruch der Kontakte zur Folge hatte. Die Klägerin verhinderte, daß ihre Mutter oder die Beklagte weiterhin das Haus am Wolfgangsee benützen konnten.
Anneliese P*** starb am 19.4.1979. Sie war zu zwei Zweiunddreißigsteln Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 2575 II KG Gries bei Bozen. Der Nachlaß der Anneliese P*** (Reinnachlaß S 2.210,66) wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 10.3.1980, 3 b A 229/79-32, der Beklagten eingeantwortet.
Mit der zu 5 Cg 210/82 des Erstgerichtes erhobenen Klage begehrt die Klägerin als Nachlaßpflichtteil ein Viertel des Wertes des Liegenschaftsanteils der Erblasserin in Gries bei Bozen im (eingeschränkten) Betrag von S 40.000,--. Mit der zu 5 Cg 209/82 des Erstgerichtes eingebrachten Klage macht die Klägerin einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in der Höhe von S 1,250.000 s.A. geltend. Die der Beklagten am 16.12.1944 geschenkte Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck sei unter Berücksichtigung des Erhaltungszustandes im Jahre 1944 im Jahre 1979 S 5 Mio. wert gewesen. Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin betrage daher S 1,250.000. Das Erstgericht verband beide Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren und wendete ein, die Klägerin sei in ihrem Pflichtteilsanspruch nicht verletzt. Der von ihr angegebene Wert der Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck sei weit überhöht. Die Klägerin müsse sich darüber hinaus Schenkungen im (aufgewerteten) Betrag von S 1,484.429,11 anrechnen lassen. Die Klägerin könne eine Pflichtteilsergänzung auch deshalb nicht begehren, weil sie ihrerseits das Haus Museumstraße 14 vom Vater Robert P*** erhalten habe. Die beiden Schenkungsverträge aus dem Jahre 1944 seien als Einheit zu betrachten; es widerspreche den guten Sitten, wenn die Klägerin nun in Ansehung des Hauses Innsbruck, Falkstraße 9, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend mache, weil die Frage der der Klägerin zugewendeten Schenkung im Verlassenschaftsverfahren nach Robert P*** keine Rolle gespielt habe.
Das Erstgericht sprach aus, daß der zu 5 Cg 209/82 erhobene Anspruch mit S 1,250.000 s.A, bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck und der zu 5 Cg 210/82 geltend gemachte Anspruch mit S 40.000 s.A. zu Recht, eine eingewendete Gegenforderung, die im Revisionsverfahren keine Rolle mehr spielt, hingegen nicht zu Recht bestehe. Die beklagte Partei wurde daher schuldig erkannt, der klagenden Partei den Betrag von S 1,250.000 s.A. bei Exekution in die Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck und S 40.000 s.A. zu bezahlen. Ein Mehrbegehren an Zinsen wurde rechtskräftig abgewiesen. Das Erstgericht stellte fest, der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck, bezogen auf den Ausbauzustand des Hauses und den Abnützungsgrad Ende 1944, ermittelt nach den Grund- und Baukosten und den Marktverhältnissen am 19.4.1979, betrage zumindest S 5 Mio.
In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Klägerin stehe ein Pflichtteil in der Höhe eines Viertels des Nachlaßvermögens zu; nach § 785 ABGB seien bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Die Motive, die zur Schenkung geführt hätten, seien unerheblich. Für einen konkludenten Verzicht der Klägerin gegenüber der Beklagten auf die Geltendmachung des Pflichtteils fehle jeder Anhaltspunkt. Daß es die Beklagte, offenbar mit Rücksicht auf das damals noch bestehende gute Einvernehmen mit der Klägerin, unterlassen habe, nach dem Tod ihres Vaters Pflichtteilsansprüche unter Berücksichtigung der von Robert P*** der Klägerin am 16.12.1944 gemachten Schenkung geltend zu machen, sei kein Grund, die dem Gesetz entsprechende Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch die Klägerin unbillig oder sittenwidrig erscheinen zu lassen. Im Hinblick auf den Wert der der Beklagten zugekommenen Liegenschaften seien beide Klagebegehren gerechtfertigt. Die von der Beklagten geltend gemachten Schenkungen hätten unberücksichtigt zu bleiben, weil sie aus den Einkünften des Vaters der Streitteile bezahlt worden seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den den Klagebegehren stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch des Betrages von S 40.000 s.A. (5 Cg 210/82) und änderte das angefochtene Urteil im übrigen dahin ab, daß es den zu 5 Cg 209/82 erhobenen Anspruch mit S 1,070.896,50 s.A. zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und die Beklagte demgemäß schuldig erkannte, der Klägerin den Betrag von S 1,070.896,50 bei Exekution in die Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck und den Betrag von S 40.000 s.A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von S 179.103,50 s.A. wies es ab. Das Berufungsgericht traf folgende ergänzende Feststellung:
Im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin habe die Liegenschaft EZ 938 KG Innsbruck, ausgehend vom damaligen Abnützungsgrad, jedoch unter Berücksichtigung des im Dezember 1944 bestehenden Ausbauzustandes des auf der Liegenschaft befindlichen Gebäudes (somit ohne Berücksichtigung der zwischen Dezember 1944 und April 1979 vorgenommenen baulichen Veränderungen und Verbesserungen) einen Verkehrswert von S 4,283.586,-- gehabt.
Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit, billigte die Beweiswürdigung des Erstrichters und führte in rechtlicher Hinsicht aus, für die Bewertung einer bei Berechnung des Pflichtteils in Anschlag zu bringenden Schenkung einer Liegenschaft seien gemäß § 794 ABGB die Wertverhältnisse im Zeitpunkt des Empfanges, jedoch unter Berücksichtigung künftiger "Realisierungs- bzw. Verwertungs- und Gewinnchancen" und sonstiger wertändernder Umstände, maßgebend. Die Valorisierung habe unter Bedachtnahme auf die Umstände des besonderen Falls durch Heranziehung einer gleitenden Aufwertungsbasis zu erfolgen. Im Endergebnis führe dies dazu, daß auch unbewegliche Sachen wie bewegliche, also abgestellt auf den Zeitpunkt des Erbfalles, bewertet werden. Als wertändernder Umstand müsse jedoch auch die durch die normale Abnutzung des Gebäudes in den Jahren 1944 bis 1979 verursachte Wertminderung, die in einem prozentuellen Abschlag vom Gebäudewert ihren Ausdruck finde, berücksichtigt werden. Unter Bedachtnahme darauf sei der Verkehrswert der Liegenschaft mit S 4,284.586,-- ermittelt worden. Der der Klägerin zustehende Schenkungspflichtteil betrage demnach S 1,070.896. Auf diesen Schenkungspflichtteil müßte sich die Klägerin gemäß § 787 Abs. 2 ABGB die ihr gemachten Schenkungen anrechnen lassen. Die Schenkungen der Anneliese P*** an die Klägerin stammten jedoch aus den Erträgnissen des Textilgeschäftes des Robert P*** und seien daher nicht mit einer Schmälerung des Vermögens der Anneliese P*** verbunden gewesen. Schon aus diesem Grunde hätten die Schenkungen unberücksichtigt zu bleiben. Das Haus Innsbruck, Museumstraße 14, sei der Klägerin von Robert P*** geschenkt worden und sei daher bei Ermittlung des Pflichtteils nach Anneliese P*** nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, nach dem Tod des Robert P*** gegen die nunmehrige Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch unter Berücksichtigung dieser Schenkung geltend zu machen. Allein daraus, daß sie einen solchen Anspruch nicht erhoben habe, könne nicht abgeleitet werden, daß die Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs durch die Klägerin sittenwidrig sei. Ausreichende Anhaltspunkte für einen gegenseitigen konkludenten Verzicht der Streitteile auf Pflichtteilsergänzungsansprüche seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Ein solcher Verzicht sei auch gar nicht behauptet worden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revisionen der Streitteile sind zum Teil unzulässig, zum Teil nicht gerechtfertigt.
1.) Zur Revision der Beklagten betreffend das Begehren auf Zuspruch von S 40.000 s.A. (5 Cg 210/82 des Erstgerichtes):
Das Verfahren betreffend diesen Anspruch wurde vom Erstgericht mit dem zu 5 Cg 209/82 anhängigen Begehren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluß (JBl. 1984, 554 u.a.). Die Streitwerte sind insbesondere bei Anwendung der Revisionszulässigkeitsbestimmungen der Zdvilprozeßordnung in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 nicht zusammenzurechnen (JBl. 1984, 554; Petrasch, ÖJZ 1983, 173 FN 31). Da das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes bestätigte, ist die Revision unzulässig (§ 502 Abs. 3 ZPO) und zurückzuweisen.
2.) Zu den Revisionen betreffend das zu 5 Cg 209/82 des Erstgerichtes erhobene Begehren:
Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch die Klägerin kann im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als sittenwidrig erkannt werden. Die Beklagte hat nicht behauptet, daß bei Abschluß der Schenkungsverträge ein wechselseitiger Verzicht auf Pflichtteilsansprüche erklärt worden wäre. Hinreichende Anhaltspunkte für einen stillschweigenden Verzicht - der im übrigen, wie schon das Berufungsgericht erkannte, gar nicht behauptet wurde - fehlen. Der bloße Umstand, daß die Beklagte nach dem Tod ihres Vaters eine Berücksichtigung der der Klägerin im Schenkungsweg zugekommenen Vermögenswerte nicht begehrt hat, sei es, weil damals zwischen den Streitteilen noch ein gutes Einvernehmen herrschte, sei es, weil die Beklagte schlicht die Verfügung ihres Vaters "so, wie er sie für richtig hielt", anerkennen wollte, rechtfertigt nicht die Annahme, daß die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch die Klägerin sittenwidrig wäre.
Die Klägerin wendet sich zu Unrecht gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß als wertändernder Umstand auch die durch die normale Abnützung der Liegenschaft in den Jahren 1944 bis 1979 verursachte Wertminderung, die in einem Prozentabschlag vom Gebäudewert ihren Niederschlag findet, zu berücksichtigen sei. Gemäß § 785 Abs. 1 ABGB sind auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlaß mit dem Wert hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 ABGB maßgebend ist. Nach dieser Bestimmung sind unbewegliche Sachen nach dem Zeitpunkt des Empfanges, bewegliche hingegen nach dem Zeitpunkt des Erbanfalls zu bewerten. Die unterschiedliche Behandlung von beweglichen und unbeweglichen Sachen beruht auf der Annahme, daß nur bei beweglichen Sachen eine erhebliche Wertminderung durch Abnützung, die den Ausgleichspflichtigen nicht treffen soll, eintreten kann (Welser in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 794; Koziol-Welser, Grundriß 7 II 328; Weiß in Klang, Komm. 2 III 951). Die Bewertungsregel für Liegenschaften geht von der vielfach unzutreffenden Annahme aus, daß der Wert der Liegenschaften stets gleich bleibt, was insbesondere stabile Geldwertverhältnisse voraussetzt (Weiß in Klang a.a.O. 952; Koziol-Welser, a.a.O. 328). Die Rechtsprechung hat sich daher, wie schon das Berufungsgericht ausführlich darlegte, dazu bekannt, unbewegliche Sachen zwar grundsätzlich mit dem Wert zum Zeitpunkt des Empfanges einzusetzen, jedoch eine Valorisierung vorzunehmen. Es sollen auch im Zeitpunkt des Empfanges unbekannte "Realisierungs- bzw. Verwertungs- und Gewinnchancen" berücksichtigt werden (NZ 1984, 132 = SZ 57/90; JBl. 1975, 208; SZ 35/40), was durch Zugrundelegung des im Verlassenschaftsverfahren festgestellten Schätzwertes (SZ 39/198) bzw. eines Wertes, der sich am Wert ähnlicher, in der Nähe gelegener oder bereits veräußerter Liegenschaften orientiert
(NZ 1984, 132 = SZ 57/90; JBl. 1975, 208), erfolgen soll. Im Ergebnis werden daher von der Rechtsprechung mit Billigung der Lehre auch unbewegliche Sachen wie bewegliche bewertet
(NZ 1984, 132 = SZ 57/90; Welser a.a.O. Rdz 6 zu § 794; Koziol-Welser a.a.O. 328). Bei der Ausmittlung des Schenkungspflichtteils ist nicht danach zu fragen, um welchen Wert das Vermögen des Erblassers durch den Vorempfang seinerzeit vermindert worden ist, sondern danach, welchen Wert die Verlassenschaft besäße, wenn die Verfügung unterblieben wäre (6 Ob 805/82 = SZ 57/7). Es sind daher Wertsteigerungen, die auf die Tätigkeit des Vorempfängers zurückzuführen sind, weder bei beweglichen noch bei unbeweglichen Sachen zu berücksichtigen (Welser a. a.O. Rdz 9 zu § 794), insbesondere solche, die auf Investitionen oder sonstigen Verbesserungen beruhen (JBl. 1975, 208). Es ist aber auch der Ermittlung des Schenkungspflichtteils jener Wert zugrundezulegen, den die Sache bei normalem Verschleiß zum Zeitpunkt des Erbanfalls gehabt hätte (Welser a.a.O. Rdz 11 zu § 794); diese Wertermittlung entspricht dem Grundgedanken des Gesetzes, den Pflichtteilsberechtigten so zu stellen, als wäre die anzurechnende Schenkung Bestandteil des Nachlasses. In der Zwischenzeit gezogene Nutzungen haben außer Betracht zu bleiben (Welser a.a.O. Rdz 10 zu § 794; Weiß a.a.O. 952; Scheffknecht, NZ 1968, 129, 131). Es war daher zutreffend, wenn das Berufungsgericht der Wertermittlung nicht jenen Erhaltungszustand des Hauses zugrundelegte, den es im Jahre 1944 gehabt hat, sondern als wertmindernd auch die normale Abnützung in den Jahren bis zum Erbanfall berücksichtigte. Demzufolge ist der Revision der Klägerin der Erfolg zu versagen. Den in der Revision der Beklagten geltend gemachten Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).
Zu Unrecht bekämpft die Beklagte die auf das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. Wolfgang C*** gegründeten Tatsachenfeststellungen über den Wert der Liegenschaft. Die Anfechtung von Schlußfolgerungen eines Sachverständigengutachtens in tatsächlicher Beziehung und der dabei vom Sachverständigen angewendeten Regeln der Wissenschaft ist in der Regel als Tatsachenurteil der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen, außer der Sachverständige hat gegen zwingende Denkgesetze oder gegen die objektiv überprüfbaren zwingenden Gesetze des sprachlichen Ausdrucks verstoßen und ein solcher Verstoß hatte die Unrichtigkeit des Gutachtens zur Folge (SZ 52/188;
EvBl. 1959/160; EvBl. 1956/258; SZ 22/126; Fasching Komm. IV 336;
Fasching Lehr- und Handbuch Rz 1926). Solche Mängel zeigt die Revision nicht auf. Sie stellt sich in Wahrheit als Bekämpfung der für die berufungsgerichtliche Beweiswürdigung erforderlichen Prämissen und Schlußfolgerungen dar. Schenkungen der Anneliese P*** aus ihrem Vermögen an die Klägerin wurden nicht als erwiesen erachtet, so daß jede Grundlage für eine Berücksichtigung bei der Errechnung des Pflichtteils fehlt. Ob die geschenkte Liegenschaft im Zeitpunkt des Empfanges praktisch wertlos war, weil niemand bereit war, in diesem Stadium des Krieges ein Haus in Innsbruck zu kaufen, kann dahingestellt bleiben, weil die Wertermittlung nicht auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist. Die von der Revisionswerberin geforderte Wertberechnung unter Bedachtnahme auf die Wertverhältnisse im Jahre 1944 würde das von der Rechtsprechung abgelehnte Ergebnis zeitigen, daß die Wertsteigerung ohne Schenkung der Liegenschaft an die Beklagte nach dem Tod der Anneliese P*** auch der Klägerin als Pflichtteilsberechtigten zugute gekommen wäre, wogegen bei Schenkung dieses Vermögens der Vorteil der Beklagten verbliebe, was der Absicht des Gesetzes zuwiderläuft, den Pflichtteilsberechtigten so zu stellen, als wäre die anzurechnende Schenkung Bestandteil des Nachlasses.
Demzufolge ist auch der Revision der Beklagten der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs. 1, 50 ZPO.
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