Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin brachte vor, der Beklagten auf deren Bestellung zu verschiedenen Zeitpunkten Mischbeton verkauft und geliefert zu haben, wofür jeweils einzelne Rechnungen ausgestellt worden seien. Es handle sich um verschiedene Bestellungen, die einzelnen Rechnungsbeträge überstiegen den Betrag von S 50.000,-- nicht. Daraus wurde schon in der Klage die Schlußfolgerung gezogen, daß die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stünden.
Die Beklagte wendete zwar den Mangel der örtlichen Zuständigkeit des von der Klägerin ursprünglich angerufenen Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien ein, die sachliche Zuständigkeit eines Bezirksgerichtes wurde hingegen nicht bekämpft; zu den Angaben der Klägerin, daß die sich aus verschiedenen Bestellungen ergebenden Rechnungsbeträge jeweils S 50.000,-- nicht übersteigen, wurde kein Vorbringen erstattet. Die Höhe der Klagsforderung wurde außer Streit gestellt (AS 19), ihr Bestand - auch dem Grunde nach - ist im Revisionsverfahren nicht strittig. Die Beklagte wendete gegen die Klagsforderungen compensando eine Gegenforderung im Betrage von S 244.475,20 ein, die daraus resultiere, daß die Klägerin der Beklagten an eine Baustrelle in T***** Estrichbeton minderer als bestellter Qualität geliefert habe, so daß sich der Estrich nicht habe glätten lassen, weshalb die Auftraggeberin der Beklagten den ihr zustehenden Rechnungsbetrag gekürzt habe (AS 17, 279). Die in der Klage angeführten Rechnungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Beton minderer Qualität, hinsichtlich dessen die Gegenforderung erhoben wurde (AS 24).
Das Erstgericht erkannte die Forderung der Klägerin mit S 209.742,20 als zu Recht bestehend, die zur Aufrechnung eingewendete Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehend. Es erkannte daher die Beklagte schuldig, der Klägerin S 209.742,20 sA zu bezahlen.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß es bezüglich der von der Beklagten eingewendeten Gegenforderung aussprach, diese bestehe „bis zur Höhe der Klagsforderung“ nicht zu Recht. Es sprach aus, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei. Die in der Klage geltend gemachten Forderungen stünden nicht in tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang, weshalb sie auch nicht im Sinne des § 55 Abs. 1 Z 1 JN zusammenzurechnen seien. Die Bestimmung des § 55 Abs. 1 JN sei auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gemäß § 55 Abs. 4 (richtig: Abs. 5) JN maßgeblich, woraus sich die absolute Unzulässigkeit einer Revision gemäß § 502 Abs. 2 ZPO ergebe.
Rechtliche Beurteilung
Die als „außerordentliche“ bezeichnete Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
Die Revisionswerberin vertritt die Ansicht, es sei bei der Frage über die Zulässigkeit einer Revision nicht auf die einzelnen Rechnungssummen abzustellen, sondern auf den Klagsbetrag als solchen, insbesondere dann, wenn eine dauernde Geschäftsverbindung bestehe und offene Gesamtsalden klagsweise geltend gemacht werden.
Gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Das ist dann der Fall, wenn die einzelnen Ansprüche voneinander abhängig sind, sodaß keiner für sich allein existieren kann, oder wenn sie aus einer gemeinsamen Tatsache oder aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden sind. Für den rechtlichen Zusammenhang gilt dabei als Kriterium, daß die Ansprüche aus einer Gesetzesstelle abgeleitet werden und miteinander in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Eine Zusammenrechnung findet jedoch nicht statt, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches Schicksal haben kann oder wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den mehreren Ansprüchen nicht besteht (SZ 56/186; SZ 45/117; SZ 24/335; MietSlg. 34.768; 8 Ob 1657, 1658/91 uva).
Bei Beurteilung der Frage, ob zwischen mehreren Forderungen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht, ist immer vom Vorbringen des Klägers auszugehen (7 O 570/85; 7 Ob 668/84). Dem maßgeblichen Klagsvorbringen ist nicht zu entnehmen, daß den gesondert erteilten, mehreren Aufträgen etwa ein Gesamtvertrag zugrundegelegen wäre. Derartiges hat auch die Beklagte nie behauptet, vielmehr hat sie dem Vorbringen der Klägerin, die einzelnen Rechnungsbeträge, die S 50.000,-- jeweils nicht übersteigen, gründeten sich auf verschiedene Bestellungen, nicht widersprochen. Wenn aufgrund verschiedener Aufträge im wesentlichen gleichartige Leistungen (hier: Lieferung von Beton) zu erbringen sind, begründet dies weder einen tatsächlichen, noch einen rechtlichen Zusammenhang (7 O 668/84; 1 Ob 592/80; 7 Ob 1511/87; 3 Ob 533/76 ua). Selbst der Umstand, daß die Streitteile allenfalls in ständiger Geschäftsverbindung gestanden sind, würde zur Annahme eines rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhanges nicht ausreichen, weil sich die Forderungen auf verschiedene, zwischen den Streitteilen abgeschlossene Rechtsgeschäfte gründen (1 Ob 695/82; vgl. 2 Ob 529/91; 4 Ob 25/93; 7 Ob 16/89; SZ 61/70; SZ 43/185; 1 Ob 592/80; WBl. 1992, 335). Jeder der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche ist sohin in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht als selbständig anzusehen (8 Ob 1657, 1658/91).
Gemäß § 55 Abs. 5 JN ist § 55 Abs. 1 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit ist für jedes Begehren getrennt zu beurteilen. Dies gilt auch für die seit der WGN 1989 bestehende Rechtslage, mit der sinngemäß zum Jud.56 neu bewußt zurückgekehrt wurde (SZ 64/88; JBl. 1993, 399; SZ 63/188; vgl. SZ 47/13; 3 Ob 80/91).
Die einzelnen, in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehenden Forderungen der Klägerin erreichen jeweils nicht den im § 502 Abs. 2 ZPO genannten Betrag von S 50.000,- -. Allerdings hat die Beklagte eine über dieser Revisionsgrenze liegende Gegenforderung eingewendet. Sie hat sie aber nicht mittels Widerklage oder Zwischenfeststellungsantrag, sondern nur aufrechnungsweise geltend gemacht. Daher hat das Urteil des Berufungsgerichtes nur bis zur Höhe des der Klägerin in jedem Einzelfall jeweils zugesprochenen Betrags, gegen welchen aufgerechnet werden soll, Rechtskraft erlangt. Über den darüber hinausgehenden Betrag der Gegenforderung liegt keine rechtskräftige Entscheidung vor. Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichtes war nur die Frage, ob die einzelnen, jeweils unter S 50.000,-- gelegenen Klagsforderungen zu Recht bestehen, wobei der einredeweisen Geltendmachung der Gegenforderung nur insofern Bedeutung zukam, als für den Fall des Zurechtbestehens der Klagsforderungen und der Gegenforderung sich die Ansprüche der Klägerin auf Bezahlung der Klagsforderungen um den Betrag der Gegenforderung vermindert hätten. Trotz der eingewendeten Gegenforderung liegt der Wert des Entscheidungsgegenstandes unter der im § 502 Abs. 2 ZPO genannten Revisionsgrenze, sodaß der Ausspruch des Berufungsgerichtes, die Revision sei jedenfalls unzulässig, frei von Rechtsirrtum ist (EvBl. 1959/59).
Die Revision ist zurückzuweisen.
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