Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 27.6.1985, S 26/85, wurde über das Vermögen der Firma ***** A***** Gesellschaft mbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) der Konkurs eröffnet.
Die Gemeinschuldnerin hatte im Jahre 1982 von der H***** Gesellschaft mbH (im folgenden: Firma Hans H*****) den Auftrag zur Errichtung eines Mehlsilos erhalten. Aus diesem Anlaß erlegte die Firma Hans H***** bei der Gemeinschuldnerin eine Bankgarantie der beklagten Partei über S 1 Mill. Nachdem ein ungetreuer (aber offensichtlich vertretungsbefugter) Angestellter der Gemeinschuldnerin den in der Bankgarantie genannten Betrag von S 1 Mill über die S*****-Bank ausgezahlt erhalten, ihn aber nicht der Gemeinschuldnerin zukommen hatte lassen, vereinbarte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit der Firma Hans H*****, daß er letztere bei einer Inanspruchnahme aus der Bankgarantie schad- und klaglos halten und die persönliche Haftung für den Betrag von S 1 Mill. übernehmen werde. Zur Sicherstellung akzeptierte die Gemeinschuldnerin zwei von der Firma Hans H***** am 1.2.1984 ausgestellte, auf sie gezogene Wechsel in der Höhe von je S 500.000 mit Fälligkeitstagen 31.5.1984 und 31.8.1984. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und seine Gattin übernahmen die Wechselbürgschaft für die Akzeptantin. Die Firma Hans H***** eskontierte die Wechsel bei der beklagten Partei, mit dem Eskonterlös wurde die Forderung der S*****-Bank aus der Inanspruchnahme der Bankgarantie abgedeckt. Anläßlich der Diskontierung eröffnete die beklagte Partei das auf die Namen der Gemeinschuldnerin und der Firma Hans H***** lautende Wechselevidenzkonto *****. Die Gemeinschuldnerin leistete im Jahr 1984 auf dieses Konto eine Zahlung von S 300.000.
Exekutionsschritte gegen die Gemeinschuldnerin auf Grund von Wechselzahlungsaufträgen blieben in der Folge erfolglos.
Am 18.4.1985 stellten die Gemeinschuldnerin und die Firma Hans H***** einvernehmlich fest, daß der Gemeinschuldnerin aus der Endabrechnung des Baues des Mehlsilos noch ein Betrag von S 355.675,45 zustehe. Vereinbart wurde, daß dieser Betrag vom Konto der Firma Hans H***** bei der beklagten Partei auf das genannte Wechselevidenzkonto umgebucht werden sollte. Damit sollte auch die gegen die Firma Hans H***** aus der Diskontierung des Wechsels bestehende Forderung der beklagten Partei verringert werden.
Mit Schreiben vom 4.1.1985 teilte der Masseverwalter der Firma Hans H***** mit, daß er die Einräumung einer Zahlungsmöglichkeit der noch offenen Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Firma Hans H***** über ein Konto der beklagten Partei widerrufe. Er forderte die Firma Hans H***** auf, den offenen Forderungsbetrag bis spätestens 15.7.1985 ausschließlich auf das Massekonto zu überweisen. Mit Schreiben vom 6.11.1985 teilte die beklagte Partei der Firma Hans H***** mit, daß sie einvernehmlich vom Konto der Firma Hans H***** S 355.675,45 auf das Konto ***** gebucht habe. Diese Umbuchung erfolgte über Auftrag der Firma Hans H***** im Herbst 1985. Mit Schriftsatz vom 12.12.1985 schränkte daraufhin die beklagte Partei ihre Forderungsanmeldung im Konkurs der Gemeinschuldnerin auf Grund des offenen Wechselevidenzkontos von S 750.202,20 auf S 394.526,75 ein. Die Gemeinschuldnerin unterhielt weiters bei der beklagten Partei das Baukonto *****. Mit Versäumungsurteil des Erstgerichtes vom 11.6.1985, 1 Cg 208/84, wurde die Gemeinschuldnerin schuldig erkannt, wegen Überziehung dieses Kontos den Betrag von S 678.985,67 an die beklagte Partei zu bezahlen. Die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin trat spätestens mit 30.6.1982 ein.
Der klagende Masseverwalter begehrt mit der von ihm als "Anfechtungsklage gemäß §§ 30 und 31 KO" bezeichneten, am 27.6.1986 eingebrachten Klage den Ausspruch, daß die an die beklagte Partei von der Firma Hans H***** auf das von der beklagten Partei für die Gemeinschuldnerin errichtete Wechselkonto geleistete Zahlung von S 355.675,45 gegenüber den Gläubigern der Gemeinschuldnerin unwirksam sei; die beklagte Partei sei schuldig, dem klagenden Masseverwalter den Betrag von S 355.675,45 samt Anhang zu bezahlen. Er brachte vor, am Tag der Eröffnung des Konkurses hätten auf dem Wechselevidenzkonto S 750.202,20 ausgehaftet. Die Firma Hans H***** habe damals der Gemeinschuldnerin den Betrag von S 355.675,45 geschuldet. Dadurch, daß der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit dem Geschäftsführer der Firma Hans H***** am 18.4.1985 somit nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und nach dem Antrage auf Konkurseröffnung vom 18.3.1985 vereinbart habe, die Forderung der Gemeinschuldnerin von S 355.675,45 durch die Firma Hans H***** an die beklagte Partei zu bezahlen, und diese Zahlung im Herbst 1985 auf dem Konto ***** (Wechselkonto) eingegangen sei, sei die beklagte Partei vor den anderen Gläubigern begünstigt worden; sie habe auf Grund der für die übrigen Gläubiger nachteiligen Vereinbarung vom 18.4.1985 Befriedigung erlangt, obwohl ihr die Zahlungsunfähigkeit bzw die Konkurseröffnung bekannt gewesen seien oder bekannt hätten sein müssen. Durch die Überweisung des Betrages von S 355.675,45 auf das Wechselevidenzkonto habe die Firma Hans H***** jene Forderung beglichen, die der Gemeinschuldnerin zustehe. Die Überweisung unterliege mangels Vorliegens einer rechtswirksamen Kompensation der Anfechtung gemäß §§ 30 und 31 KO. Befriedigungstauglichkeit sei gegeben.
Die beklagte Partei wendete ein, die Firma Hans H***** sei niemals von ihr aus der Wechselverpflichtung (auf Grund der Diskontierung) entlassen worden. Die Firma Hans H***** habe durch die Überweisung des Klagsbetrages auf das auf die Gemeinschuldnerin lautende Rückwechselkonto wirksam und unanfechtbar kompensiert und zwar in einer nicht der Anfechtung unterliegenden Art und Weise. Gemäß § 19 KO sei nämlich die Aufrechnung mit einer Forderung, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar gewesen sei, zulässig und hiemit unanfechtbar. Es sei auch die Firma Hans H***** nicht erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden, da die Forderung gegen die Gemeinschuldnerin bereits beträchtliche Zeit vor der Konkurseröffnung erworben worden sei. Da die Schuld der Gemeinschuldnerin gegenüber der Firma Hans H***** aus einer Zeit stamme, zu der für die Firma Hans H***** eine Zahlungsunfähigkeit überhaupt nicht erkennbar gewesen sei, sei sie berechtigt, mit ihrer Rückgriffsforderung gegen die Gemeinschuldnerin gegen eine Forderung derselben selbst dann aufzurechnen, wenn die Zahlung für die Gemeinschuldnerin, aus der die Gegenforderung entstanden sei, nach der Konkurseröffnung erfolgt sei. Die durch die Firma Hans H***** durchgeführte Kompensation durch Zahlung des Klagsbetrages auf das Rückwechselkonto der Gemeinschuldnerin bei der beklagten Partei, zu deren Zurückweisung sie aus rechtlichen Gründen nicht berechtigt gewesen wäre, habe die Beklagte Partei weder im Sinn des § 30 KO begünstigt noch sei eine Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit berechtigt.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1989 brachte der klagende Masseverwalter ergänzend vor, sollte eine Aufrechnung vorliegen, sei diese gemäß § 20 KO unzulässig, weil eine Forderung der Masse aufgerechnet worden sei. Mit der Bezahlung einer Forderung der Gemeinschuldnerin sei die beklagte Partei nach der Konkurseröffnung Schuldnerin der Konkursmasse geworden. "Für den Fall, daß das gegenständliche Begehren in der Form eines Leistungsbegehrens zu stellen wäre, werde darauf hingewiesen, daß dieses Leistungsbegehren im derzeitigen Urteilsbegehren bereits enthalten" sei.
Die beklagte Partei erwiderte, dieses neue Vorbringen stelle eine Klagsänderung dar, gegen die sie sich ausspreche.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Durch die Umbuchung des Betrages von S 355.675,45 sei eine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO erreicht worden. Durch diese Rechtshandlung sei die beklagte Partei vor den anderen Gläubigern begünstigt worden, da diese anderen Gläubiger Befriedigung nur im Rahmen eines Konkursverfahrens erhalten können, während die beklagte Partei die Abdeckung jenes Teiles ihrer Gesamtforderung durch die Umbuchung des Betrages erlangt habe. Es lägen daher auch die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 KO vor, da angenommen werden müsse, daß der beklagten Partei zum Zeitpunkt der Umbuchung die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen sei, zumindest aber aus den Umständen hätte bekannt sein müssen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge. Es änderte das angefochtene Urteil als Teilurteil dahin ab, daß das Rechtsgestaltungsbegehren abgewiesen wurde. Im Umfang des Leistungsbegehrens und der Kostenentscheidung hob es das Urteil des Erstgerichtes auf und wies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien. Aus dem gesamten Vorbringen des Klägers, insbesondere aus seinem ausdrücklich gestellten Rechtsgestaltungsbegehren, ergebe sich unzweifelhaft, daß er nur die im Herbst 1985, also nach der Konkurseröffnung geleistete Zahlung angefochten habe. Wie sich schon aus dem klaren Wortlaut des § 27 KO ergebe, könnten nur jene das Vermögen des Gemeinschuldners betreffenden Rechtshandlungen nach den §§ 27 ff KO angefochten und den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden seien. Wenn hingegen nach Konkurseröffnung eine Schuld an den Gemeinschuldner bezahlt werde, das Geleistete nicht der Konkursmasse zugewendet worden sei und dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Konkurseröffnung zumindest hätte bekannt sein müssen, dann werde er durch diese Zahlung nicht von seiner Schuld befreit (§ 3 Abs 2 KO). Damit im Zusammehhang stehe die die Zulässigkeit einer Aufrechnung regelnde Bestimmung des § 20 KO. Wegen dieser Spezialnormen, die den Zeitraum nach Konkurseröffnung erfaßten, bedürfe es nicht der analogen Ausdehnung der Anwendung der §§ 27 ff KO auf den vorliegenden Fall. Das Rechtsgestaltungsbegehren sei daher abzuweisen. Der Klagserzählung könne nur Anfechtung als Klagsgrund entnommen werden. Wenn der Kläger in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1989 einen neuen Klagsgrund geltend gemacht habe, handle es sich um eine Klagsänderung im Sinn des § 235 Abs 1 ZPO. Da die beklagte Partei über die geänderte Klage nicht verhandelt, sondern sich gegen diese Klagsänderung unverzüglich ausgesprochen habe, werde das Erstgericht gemäß § 235 Abs 3 ZPO auszusprechen haben, ob es diese Klagsänderung zulasse oder nicht. Werde die Klagsänderung rechtskräftig nicht zugelassen, sei auch das Leistungsbegehren der Klage abzuweisen. Andernfalls sei über das auf einen anderen Klagsgrund gestützte Leistungsbegehren (meritorisch) zu entscheiden.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision des klagenden Masseverwalters und die Rekurse beider Streitteile.
Sämtliche Rechtsmittel sind nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach dem klaren Wortlaut des § 27 KO können nur Rechtshandlungen, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden sind und das Vermögen des Gemeinschuldners betreffen, nach den Bestimmungen des 2.Abschnittes der Konkursordnung angefochten und den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden (EvBl 1985/91; 6 Ob 564/80; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 13, 49; Bartsch-Heil3 Insolvenzrecht Rz 253; Heil, Insolvenzrecht Rz 122). Rechtshandlungen, die nach Konkurseröffnung gesetzt wurden, bedürfen nicht der Anfechtung, weil sie regelmäßig an der Konkursverstrickung der Masse abprallen (EvBl 1985/91; Petschek-Reimer-Schiemer 307). Ein Anfechtungsbedürfnis fehlt, wenn die Konkursinteressen schon unmittelbar kraft Gesetzes Schutz finden (Rosmarin in GH 1904, 401). Die klagende Partei kann auch nicht das Vorliegen einer Gesetzeslücke als primäre Voraussetzung ergänzender Rechtsfindung durch analoge Anwendung der §§ 27 ff KO aufzeigen: Entweder wurde die Firma Hans H***** durch die Zahlung auf das Wechselevidenzkonto gemäß § 3 Abs 2 KO nicht von ihrer Schuld befreit oder verweigert die beklagte Partei zu Unrecht die Herausgabe des zugunsten der Masse bei ihr eingezahlten Betrages.
Der Revision ist nicht Folge zu geben.
Was den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes betrifft, bekämpft der klagende Masseverwalter die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes im wesentlichen damit, daß eine Klagsänderung nicht vorgelegen sei, bzw sie nicht erst in der Tagsatzung vom 10.1.1989, sondern bereits mit vorbereitendem Schriftsatz vom 15.9.1986, gegen den die beklagte Partei nur sachliche Einwendungen erhoben habe, erfolgt sei, so daß es einer Beschlußfassung über die Zulässigkeit der Klagsänderung nicht bedürfe; die beklagte Partei wiederum ist der Meinung, daß auch in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1989 ein weiterer Klagsgrund nicht geltend gemacht worden sei, so daß mangels Vorliegens eines Anfechtungsgrundes bereits jetzt das gesamte Klagebegehren abzuweisen wäre.
Beiden Ansichten kann nicht gefolgt werden. Wenn auch nach gefestigter Rechtsprechung das Begehren der Anfechtungsklage, um schlüssig zu sein, neben dem Leistungsbegehren nicht auch noch ein weiteres Rechtsgestaltungsbegehren enthalten muß (ÖBA 1991, 215; ÖBA 1988, 1129; SZ 59/216 ua), so stellen Anfechtungsklagen, selbst wenn allein die Rückzahlung der Leistung in die Konkursmasse begehrt wird, Rechtsgestaltungsklagen dar (ÖBA 1988, 1120; SZ 54/153 mwN; MietSlg 33.795; vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1111). Wird anstelle der auf Grund von durchgeführter Rechtsgestaltung begehrten Leistung Zahlung ohne vorzunehmende gerichtliche Rechtsgestaltung begehrt, liegt eine Klagsänderung von einer Rechtsgestaltungsklage in eine bloße Leistungsklage vor (vgl Fasching III 116). Der klagende Masseverwalter hat bis zur mündlichen Verhandlung vom 10.1.1989 in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise Leistung nach richterlicher Rechtsgestaltung begehrt. Die Klage wurde auch ausdrücklich als "Anfechtungsklage gem. §§ 30 und 31 KO" bezeichnet. Erst in dieser Verhandlung erstattete er ein Vorbringen, wonach von der beklagten Partei nach Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen unzulässig gewesen seien, so daß die beklagte Partei ihm das zu leisten habe, was ihr auf Grund dieser unwirksamen Rechtshandlungen zugekommen sei. Damit wurde aber ein weiterer, bisher nicht geltend gemachter Rechtsgrund in das Verfahren eingeführt. Da die beklagte Partei gegen diese Klagsänderung sofort Einwendungen erhoben hatte, wird das Erstgericht vorerst gemäß § 235 Abs 3 ZPO über die Zulässigkeit der vom beklagten Masseverwalter vorgenommenen Klagsänderung zu entscheiden haben.
Die Rekurse erweisen sich als unberechtigt.
Die Kostenentscheidungen gründen sich auf §§ 50, 52 bzw 392 Abs 2 ZPO.
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