OGH 1Ob512/87

OGH1Ob512/8718.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr.Horst E***, Facharzt für Gynäkologie, Linz, Wienerstraße 6, vertreten durch Dr.Wilfried Werbik, Rechtsanwalt in Steyr, wider die Antragsgegnerin Felicitas E***, Hausfrau, Linz, Kuefsteinerstraße 22, vertreten durch Dr.Erich Wöhrle, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurse des Antragstellers und der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 21.Oktober 1986, GZ. 13 R 306/86-152, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 30.Jänner 1986, GZ. 21 F 40/80-137 teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß Punkt V) des Beschlusses des Erstgerichtes wie folgt zu lauten hat:

"Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin bei Exekution eine Ausgleichszahlung von S 1,500.000 samt 4 % Zinsen ab Rechtskraft des Beschlusses, hievon den Betrag von S 1,000.000 binnen vier Wochen, den Restbetrag von S 500.000 in 20 Monatsraten a S 25.000,-- jeweils am Ersten eines jeden Monates, beginnend mit 1. Juni 1987 mit Terminsverlust bei fünftägigem Respiro, zu bezahlen." Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin an Kosten des Rekursverfahrens den Betrag von S 29.277,60 (darin enthalten S 2.661,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Streitteile heirateten am 18.November 1966. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder, Ulf, geboren am 29.April 1967, und der mj. Ralf, geboren am 28.März 1970. Beide Kinder befinden sich bei der Antragsgegnerin. Bis zum Jahre 1969 befand sich die Ehewohnung in Dornbirn. Der Antragsteller war Medizinstudent. Der Lebensunterhalt wurde aus einem von der Antragsgegnerin betriebenen Modesalon und aus Zuwendungen der Eltern der Streitteile bestritten. Im Jahre 1969 trat der Antragsteller eine Stelle als Assistenzarzt in Chur, Schweiz, an. Die Antragsgegnerin gab anläßlich der Übersiedlung nach Chur ihre Beschäftigung auf. Sie führte von da an den Haushalt und erzog die Kinder. Seit 1971 befinden sich die Streitteile in Linz. Der Antragsteller war vorerst an der Landesfrauenklinik als Assistenzarzt tätig, seit 1977 ist er selbständiger Facharzt. Die Antragsgegnerin übernahm neben der Haushaltsführung die buchalterischen Arbeiten in der Ordination des Antragstellers. Die eheliche Lebensgemeinschaft wurde am 25.November 1979 aufgelöst. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. April 1980, 8 Cg 309/79, aus dem Verschulden des Antragstellers rechtskräftig geschieden. Die Ehewohnung befand sich in dem im Alleineigentum des Antragstellers stehenden Haus Linz, Kuefsteinerstraße 22.

Der Antragsteller beantragt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse derart, daß ihm das Alleineigentum an der Liegenschaft Linz, Kuefsteinerstraße 22, samt Garagenund Weganteil gegen Übernahme der Anschaffungsdarlehen verbleibe. Die Antragsgegnerin solle an der seinerzeitigen Ehewohnung ein Benützungsrecht nicht eingeräumt werden. Eine Einräumung von Mietrechten zugunsten der Antragsgegnerin wäre untunlich, weil diese nicht in der Lage wäre, den angemessenen Nettomietzins von monatlich rund S 7.370 zuzüglich Betriebskosten von rund S 4.200 monatlich zu leisten. Die Gesamtwohnfläche betrage 190 m 2 und stehe zu dem Wohnbedürfnis der Antragsgegnerin und der Kinder in einer gänzlich unangemessenen Relation. Der Antragsteller erklärte sich bereit, eine vom Gericht festzusetzende Ausgleichszahlung (deren Höhe er später mit S 300.000 angab) an die Antragsgegnerin zu leisten und ihr durch eine angemessene Räumungsfrist entgegenzukommen. Der Beitrag der Antragsgegnerin zur Schaffung des gemeinsamen ehelichen Gebrauchsvermögens sei weitaus geringer als sein eigener. Ein Aufteilungsschlüssel von 1:1 würde nicht der Billigkeit entsprechen. Was die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens betrifft, gab der Antragsteller vorerst nur eine Reihe von Gegenständen an, die seiner Ansicht nach nicht der Aufteilung unterlägen. Später brachte er vor, er lege nur Wert auf eine Aufteilung der in dem Schätzungsprotokoll enthaltenen Gegenstände zuzüglich des PKWs Mazda der Antragsgegnerin, von denen er die Zuweisung der in Beilage zu ON 129 angeführten beantragte. Die Antragsgegnerin ging von einem Aufteilungsschlüssel von 1:1 aus. Ihr Interesse, in der gesamten bisherigen Ehewohnung zu bleiben, überwiege das des Antragstellers. Sie wäre bei Erhalt einer Ausgleichszahlung finanziell in der Lage, die Betriebskosten der Ehewohnung zu tragen. Der Mietwert der Wohnung könne nicht über den monatlichen Rückzahlungsraten liegen. Da ihr an der Wohnung wertmäßig ein 50 %iger Anteil zustehe, werde sie in der Lage sein, einen vom Gericht festzusetzenden Mietwert jederzeit bezahlen zu können. Es werde auch zu berücksichtigen sein, daß diese Wohnung auch von den beiden ehelichen Kindern mitbenützt werde. Der Aufteilung unterlägen auch drei Sparbücher mit einem Einlagestand von S 1,717.128,40. Davon und von den vorhandenen Wertpapieren und Bausparbriefen stünde ihr die Hälfte zu. Bei Bestimmung der Ausgleichszahlung werde darauf Rücksicht genommen werden müssen, daß die Schätzung der Liegenschaft und der Fahrnisse im Jahre 1981 erfolgt sei, sodaß wegen der seit diesem Zeitpunkt eingetretenen Geldentwertung die Beträge mit jährlich 5 % aufzuwerten seien. Was die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens betrifft, ging die Antragsgegnerin davon aus, daß die gesamte Einrichtung der Ehewohnung, wie sie von ihr in Beilage zu ON 2 aufgezählt wurde, eheliches Gebrauchsvermögen darstelle und der Aufteilung zu unterziehen sei. Insbesondere wären ihr von den gemeinsam angeschafften Gegenständen jene zuzuweisen, die sie wie die Einbaumöbel zur Aufrechterhaltung der Wohngemeinschaft mit den Kindern benötige. Später (ON 81) legte die Antragsgegnerin eine bei weitem kürzere Liste jener Gegenstände vor, die ihrer Meinung nach als eheliches Gebrauchsvermögen aufzuteilen seien.

Das Erstgericht sprach aus, das Liegenschaftsvermögen habe im Alleineigentum des Antragstellers zu bleiben, der alle offenen Kredite und sonstigen Verbindlichkeiten zur alleinigen Rückzahlung zu übernehmen habe. Eine die Ehewohnung betreffende Anordnung zugunsten der Antragsgegnerin im Sinn des § 87 Abs.1 EheG traf es nicht. Die Antragsgegnerin habe vielmehr die Ehewohnung binnen 18 Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses zu räumen. Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nahm es derart vor, daß es vorerst (S.15 des Beschlusses) eine Reihe von Gegenständen anführte, die als Eigentum der Antragsgegnerin nicht der Aufteilung unterlägen. Es übertrug dann sämtlichen in der Ehewohnung befindlichen Hausrat (d.s., wie sich aus der Berechnung der Ausgleichszahlung ergibt, die im Verfahren vom Sachverständigen geschätzten restlichen Fahrnisse) sowie die Ersparnisse des Antragstellers und der Antragsgegnerin ins Eigentum des Antragstellers. Gebrauchsvermögen, das sich nicht mehr in der Ehewohnung befindet, wurde derart aufgeteilt, daß jeder Teil die Sachen zugewiesen erhält, die schon jetzt in seinem Besitz sind. Den Antragsteller erkannte es schuldig, der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 1,140.000 zuzüglich 4 % Zinsen ab 1.Dezember 1979 zu leisten, hievon S 570.000 binnen vier Wochen, den Restbetrag in Monatsraten zu S 20.000. Es könne nicht festgestellt und abgegrenzt werden, welche Gegenstände als Hausrat und welche als solche des ausschließlichen persönlichen Bedarfes eines jeden Ehegatten angeschafft bzw. durch Zuwendungen von dritter Seite eingebracht worden seien. Die ausgeschiedenen Gegenstände hätten einen Wert von S 93.000. Das Wohnbedürfnis des Antragstellers an der Ehewohnung überwiege. Er werde auch eher in der Lage sein, die mit dem Haus im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Betriebskosten zu tragen. Dem Wohnbedürfnis der Antragsgegnerin werde dadurch Rechnung getragen, daß ihr eine nicht unerhebliche Ausgleichszahlung zugesprochen und eine Räumungsfrist von 18 Monaten eingeräumt werde. Dann sei es aber auch zweckmäßig, die Einrichtungsgegenstände und den sonstigen Hausrat in der seinerzeitigen Ehewohnung zu belassen. Diese seien daher dem Antragsteller zuzusprechen. Die Beiträge der Streitteile zur Ansammlung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse seien gleichwertig. Die Antragsgegnerin habe zu Beginn der Ehe einen überwiegenden Beitrag geleistet, sie habe dann den Haushalt geführt und die Pflege und Erziehung der beiden Kinder übernommen, schließlich habe sie in der Ordination des Antragstellers mitgearbeitet. Zum Zeitpunkt der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (25.November 1979) habe der Wert der Liegenschaft und Liegenschaftsanteile S 2,138.700, der Sparguthaben und Wertpapiere S 1,453.633 und der Wert des aufgeteilten Gebrauchsvermögens S 619.600 betragen. Davon seien vom Antragsteller zur Alleinzahlung zu übernehmende Schulden von S 1,932.798,12 abzuziehen, es verlbeibe daher ein Aktivvermögen von rund S 2,280.000. Dem Antragsteller sei eine Ausgleichszahlung von S 1,140.000 aufzuerlegen. Eine Verzinsung des Betrages sei zuzuerkennen, weil die Höhe der vom Antragsteller zu leistenden Ausgleichszahlung auf den Zeitpunkt vom 25.November 1979 abgestellt errechnet sei und der Antragsgegnerin dadurch ein gewisses Äquivalent zur Wertsteigerung der aktiven Vermögenswerte einerseits und der gewährten Ratenzahlung andererseits geschaffen werde.

Diesen Beschluß bekämpften beide Teile mit Rekurs. Der Antragsteller strebte die Verkürzung der Räumungsfrist auf sechs Monate und die Herabsetzung der Ausgleichszahlung auf S 300.000

sowie den Wegfall der Verzinsung, die Antragsgegnerin die Zuweisung der Ehewohnung an sie, die Erhöhung der Ausgleichszahlung auf S 1,735.287 zuzüglich eines Ausgleiches für den Verlust der inneren Kaufkraft, die Bezahlung dieses Betrages binnen 14 Tagen und die Zuweisung der von ihr in Beilage zu ON 2 als ihr Eigentum bezeichneten Gegenstände an sie und als Eigentum der Kinder bezeichneten Gegenstände an diese an.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht, dem des Antragstellers teilweise Folge. Den Beginn des Zinsenlaufes für die Ausgleichszahlung setzte es mit 30. Jänner 1986 fest. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000 übersteige; den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Die Bekämpfung der vom Erstgericht angenommenen Tatsachengrundlage durch die Antragsgegnerin sei nicht berechtigt. Das Erstgericht sei auch zutreffend vom überwiegenden Wohnbedürfnis des Antragstellers ausgegangen. Wegen des Grundgedanken des Gesetzes, daß zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten zwischen den Ehegatten nach Möglichkeit eine umfassende Trennung ihrer vermögensrechtlichen Bereiche vorgenommen werden solle, werde nur ausnahmsweise, wenn also eine billige Aufteilung anders nicht erzielt werden könne, der Frau ein Benützungsrecht an der dem Mann eigentümlichen Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befinde, eingeräumt werden können. Ein Wertverlust der Kaufkraft des Geldes könne nicht abgegolten werden. Auch das im Scheidungsverfahren festgestellte Alleinverschulden des Antragstellers könne nicht berücksichtigt werden. Wohl schließe § 83 Abs.1 EheG, der die maßgeblichen Kriterien für die Billigkeitsentscheidungen nur beispielsweise aufzähle, die Berücksichtigung eines Verschuldens an der Auflösung der Ehe nicht geradezu aus. Dieses bilde aber nur dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam gewesen sei. Das im Scheidungsverfahren ausgesprochene Alleinverschulden eines Ehegatten könne lediglich bei der Einräumung gewisser Optionsmöglichkeiten an den unschuldigen Teil Relevanz besitzen. Dem Antragsteller sei zu erwidern, daß grundsätzlich die Beiträge der Parteien in einer Ehe, in der der Mann allein verdiene und die Frau den Haushalt versorge und die Kinder betreue, gegeneinander aufgewogen werden. Bei Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung komme es nicht nur auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse, auf das Wohl der Kinder und auf die zu berücksichtigenden Schulden, sondern auch darauf an, dem vormaligen Ehegatten den Beginn eines neuen Lebensabschnittes tunlichst zu erleichtern. Es sei daher anzustreben, die Folgen einer Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln. Da dem Antragsteller die Ehewohnung überlassen werde, entspräche es dem Gebot der Billigkeit, durch eine Geldzahlung die Antragsgegnerin bei der Beschaffung einer neuen Wohnung zu unterstützen. Das Erstgericht habe die Höhe der Ausgleichszahlung richtig ermittelt. Eine sofortige Bezahlung des gesamten Betrages oder eine andere als die dem Antragsteller auferlegte Ratenzahlung wäre ihm nur durch Aufnahme eines Kredites möglich, einen monatlichen Betrag von S 20.000 könne er aber leisten. Durch die Bezahlung der Hälfte des Betrages binnen vier Wochen habe die Antragsgegnerin ausreichendes Startkapital zur Schaffung einer unabhängigen wirtschaftlichen Existenz zur Verfügung. Die Räumungsfrist sei großzügig mit 1 1/2 Jahren zu bemessen, damit es der Antragsgegnerin möglich sei, in dieser Zeit eine Wohnung zu finden. Da das Gesetz aber eine Verzinsung von Ausgleichszahlungen nicht vorsehe, könne eine solche erst mit Fälligkeit des Betrages zuerkannt werden. Der Beginn des Zinsenlaufes für die Ausgleichszahlung sei daher mit 30.Jänner 1986 festzusetzen. Was die Zuweisung des ehelichen Gebrauchsvermögens betreffe, stelle die Antragsgegnerin lediglich auf das jeweilige Alleineigentum ab, behaupte aber nicht, daß die von ihr angesprochenen Gegenstände nicht dem gemeinsamen Gebrauch gedient hätten.

Beide Teile erheben Revisionsrekurs. Der Antragsteller will die Verkürzung der Räumungsfrist auf sechs Monate und die Herabsetzung der in drei gleichen Raten zu bezahlenden Ausgleichszahlung auf S 300.000 ohne Zuspruch von Zinsen, die Antragsgegnerin die Zuweisung der von ihr als ihr und der Kinder Eigentum behaupteten Gegenstände an sie, die Zuweisung der Ehewohnung gegen Leistung einer monatlichen Miete, die Erhöhung der Ausgleichszahlung auf S 1,735.287, verzinst ab 25.November 1979, zuzüglich einer Werterhöhung dieses Betrages um 33 %, zahlbar binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses, erreichen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind teilweise berechtigt.

Gemäß § 232 Abs.2 AußStrG kann der Rekurs gegen Entscheidungen des Rekursgerichtes über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nur darauf gegründet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Soweit die Antragsgegnerin die von den Vorinstanzen festgestellten Tatsachengrundlagen mit den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit bekämpft, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, auf diese Ausführungen einzugehen.

Die Antragsgegnerin strebt wie schon im gesamten Verfahren die Begründung eines Mietverhältnisses an der ehelichen Wohnung (d.i. am ganzen Haus Kuefsteinerstraße 22 samt Garagen- und Weganteilen) an. Gemäß § 87 Abs.1 EheG kann das Gericht für die Ehewohnung unter anderem die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses zugunsten eines Ehegatten anordnen. Dem Gebot der Billigkeit entspricht es, bei der Regelung des Rechtsverhälntisses an der Ehewohnung die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die jedem Ehegatten zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses zur Verfügung stehen (EFSlg.46.372, 43.774; RZ 1983/16); sie soll daher jenem überlassen werden, der darauf mehr angewiesen ist (EFSlg.38.878). Es entspricht auch der Billigkeit, dem an der Auflösung der Ehe schuldlosen Teil gewisse Optionsmöglichkeiten einzuräumen (JBl.1983, 489; SZ 55/45);

es soll vermieden werden, daß der Schuldlose infolge der durch das ehewidrige Verhalten des anderen ausgelösten Aufteilung in unzumutbare wirtschaftliche Schwierigekeiten kommt (EFSlg.46.365;

JBl.1983,489); dabei ist auch auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen (EFSlg.46.371). Obwohl diese Aufteilungsgrundsätze für die Antragsgegnerin zu sprechen scheinen, würde im konkreten Fall die Anordnung eines Mietverhältnisses zugunsten der Antragsgegnerin nicht den gesetzlichen Aufteilungsgrundsätzen entsprechen: Die Antragsgegnerin wäre ohne eine von ihr nicht angestrebte Minderung der dem Antragsteller aufzuerlegenden Ausgleichszahlung weder wirtschaftlich in der Lage, einen angemessenen Mietzins zu bezahlen, noch könnte ihr aufgrund der von ihr gestellten Rekursanträge die zur Benützung der Wohnung wesentlich notwendigen Einrichtungsgegenstände wie Küche, Einbaumöbel und dgl., ohne die die Zuerkennung eines Mietrechtes, von der Vernichtung von Werten abgesehen, wenig sinnvoll erschiene, zugesprochen werden. Nach den Angaben der Antragsgegnerin im Revisionsrekurs bezieht sie vom Antragsteller einen monatlichen Unterhalt von S 10.000. Bei der Ertragswertberechnung wurde vom Sachverständigen ein angemessener Nettomietzins von rund S 7.370 monatlich angenommen, wozu noch die (vom Antragsteller mit S 4.200 behaupteten) Betriebskosten kämen. Ginge man aber, wie die Antragsgegnerin in erster Instanz, davon aus, daß bei Einräumung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses an der Ehewohnung ihr Anteil an der Schaffung des Hauses entsprechend zu berücksichtigen wäre, somit der Mietzins nur mit der Hälfte der sonst angemessenen Höhe festzusetzen wäre, verminderte sich dadurch allein schon rechnungsmäßig die ihr zuzuerkennende Ausgleichszahlung, das, wie die von ihr gestellten Rekursanträge zeigen, von ihr überhaupt nicht angestrebt wird. Eine Begründung von Mietrechten zugunsten der Antragsgegnerin kommt daher nicht in Betracht.

Zulässige Rechtsausführungen zur Aufteilung des sonstigen ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse enthalten die Rekursausführungen der Antragsgegnerin nicht. Die Vorinstanzen gingen bei der Tatsachengrundlage offenbar davon aus, daß der Antragsgegnerin nicht nur der Beweis nicht gelungen wäre, auf die von ihr beanspruchten Gegenstände seien die Vorschriften des § 82 Abs.1 Z 1 und 2 EheG anzuwenden, sie trafen auch keine Feststellungen - in dieser Richtung brachte die Antragsgegnerin auch nichts vor -, aus denen das Eigentum der beiden Kinder ableitbar wäre, hätten sie doch sonst auf die Vorschrift des § 86 Abs.2 EheG Bedacht genommen. Die Antragsgegnerin geht in ihrem Rechtsmittel auch selbst davon aus, daß die von ihr für die Kinder reklamierten Gegenstände in die Aufteilungsmasse fielen, beantragt sie doch die Zuteilung dieser Gegenstände an sie.

Da eine billige Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff EheG somit nicht zu erzielen ist, hat, was dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht strittig ist, das Gericht gemäß § 94 Abs.1 EheG dem Antragsteller eine an die Antragsgegnerin zu leistende billige Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Im Revisionsrekursverfahren ist noch der Beitrag der Antragsgegnerin zur Schaffung der Aufteilungsmasse und die Höhe, Verzinsung und Art der Entrichtung der Ausgleichszahlung strittig.

Nach § 83 Abs.2 EheG ist als Beitrag zur Anschaffung auch die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten. Nach ständiger Rechtsprechung greift selbst dann eine Aufteilung im gleichen Verhältnis Platz, wenn nur ein Teil als Alleinverdiener erwerbstätig ist, der andere aber den Haushalt führt und für die Kinder sorgt (EvBl.1986/112; EFSlg.43.773, 41.384; SZ 55/45 ua; Schwind, Eherecht 2 322; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu §§ 83, 84 EheG). Wenn die Antragsgegnerin nicht nur den Haushalt führte und die ehelichen Kinder betreute, sondern zeitweise auch berufstätig war, ist dem Antragsteller nicht darin zu folgen, daß der Antragsgegnerin nur 15 bis 20 % der Aufteilungsmasse zustünden. Die Aufteilung hat vielmehr, wie es die Antragsgegnerin beantragte, gleichteilig zu erfolgen. Die Höhe der Ausgleichszahlung selbst ist nach billigem Ermessen festzusetzen. Gerade dem an der Scheidung schuldlosen Teil soll der Beginn eines neuen Lebensabschnittes tunlichst erleichtert werden, der bisherige konkrete Standard seiner Lebensverhältnisse soll keine Einbuße erleiden (vgl. EFSlg.46.399); die Erfordernisse der zukünftigen Lebensführung der Antragsgegnerin sind daher bei der Bestimmung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen (EFSlg.46.402). Verzugszinsen für Ausgleichszahlungen sind allerdings bis zur Rechtskraft der die Ausgleichszahlung bestimmenden Entscheidung nicht zuzuerkennen (JBl.1981, 429). Der vorliegende Fall ist durch eine besonders lange Verfahrensdauer gekennzeichnet. Daß zwischen der Schätzung und dem Schluß der Verhandlung erster Instanz Wertänderungen im Aufteilungsgut ohne Zutun der Parteien eingetreten wären, stellten die Vorinstanzen nicht fest. Es ist daher rein rechnerisch von den von den Vorinstanzen ermittelten Beträgen auszugehen. Bei Ausmittlung der Ausgleichszahlung darf aber nicht übersehen werden, daß die Antragsgegnerin überhaupt kein eheliches Gebrauchsvermögen erhält und daher gezwungen sein wird, die gesamte Einrichtung der von ihr zu besorgenden neuen Wohnung zu erwerben. Im Hinblick auf die Gestaltung des Preisniveaus wird dies nur zu deutlich höheren Preisen als zum Zeitpunkt der Scheidung möglich sein. Da Sinn der Ausgleichszahlung die Erhaltung des konkreten Lebenszuschnittes ist, sind daher bei Ausmessung der Ausgleichszahlung auch die höheren Wiederbeschaffungskosten aufgrund langer Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Dies führt zu einer billigen Erhöhung der Ausgleichszahlung über den sich rein rechnerisch ergebenden Betrag. Berücksichtigt man die von der Antragsgegnerin aufzubringenden Mittel für die Beschaffung einer neuen Wohnung und der gesamten neuen Einrichtung, erscheint eine Ausgleichszahlung in der Höhe von 1,500.000 S angemessen. Die Zahlung dieses Betrages ist dem Antragsteller auch zumutbar, war er doch zum Aufteilungsstichtag über ein zu 7 3/4 % verzinsliches Wertpapierdepot als eheliches Ersparnis im Nominale von S 1,100.000 verfügungsberechtigt. Da er schon von Verfahrensbeginn an damit rechnen mußte, er werde eine billige Ausgleichszahlung zu leisten haben, ist ihm die Bezahlung eines Betrages von S 1,000.000 binnen vier Wochen aufzuerlegen. Mit diesem Betrag müßte es der Antragsgegnerin möglich sein, eine ihrem bisherigen Lebensstandard entsprechende Wohnmöglichkeit innerhalb der Räumungsfrist zu finden, die sie dann mit den restlichen, monatlich zu zahlenden Beträgen auszustatten in der Lage sein wird. Da diese Beträge ohnedies zu verzinsen sind, kommt eine darüber hinausgehende Wertsicherung nicht in Betracht. Diese laufenden Zahlungen erscheinen dem Antragsteller aufgrund seiner Einkommensverhältnisse und der Tatsache, daß er weiterhin eine Wohnung mit 190 m 2 für angemessen findet, auch zumutbar. Eine vom Antragsteller beantragte Herabsetzung der Räumungsfrist auf sechs Monate erscheint nicht billig, muß doch die Antragsgegnerin innerhalb der Räumungsfrist nicht nur in der Lage sein, für sich und ihre Kinder nicht nur eine angemessene Wohnmöglichkeit zu finden, sondern die Wohnung auch vollsätndig neu zu möblieren. Die Ausgleichszahlung ist daher in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin auf den Betrag von S 1,500.000 zu erhöhen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG. Da mit Ausnahme eines zu vernachlässigenden Erfolges bei Beginn des Zinsenlaufes die Antragsgegnerin teilweise obsiegte, erscheint es billig, ihr die Kosten der Abwehr des Revisionsrekurses des Antragstellers und die Kosten ihres Rekurses auf Basis des ersiegten Betrages zuzuerkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte