OGH 1Ob509/89

OGH1Ob509/8918.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Kodek und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma S*** I*** Gesellschaft mbH, Graz, Geidorfplatz 2, vertreten durch Dr. Franz Kodolitsch, Dr. Nikolaus Kodolitsch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Firma K*** Videokassetten Gesellschaft bmH, Graz, Plüddemanngasse 15, vertreten durch DDr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 144.000 s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 23. Juni 1988, GZ 4 a R 106/88-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Jänner 1988, GZ 8 Cg 25/86-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Geschäftsführer der klagenden Partei Gerd S*** nahm im Sommer 1985 mit der beklagten Partei Kontakte zwecks Übernahme der von der Firma Z*** TV - Fernsehgeräte Handelsgesellschaft mbH (im folgenden: Firma Z*** TV) inngehabten Geschäftsräumlichkeiten in Graz, Volksgartenstraße 4 - 6, auf. Eigentümer dieser Häuser ist die Bürgerspitalstiftung. Friedrich Z*** war von 1971 bis Ende November 1984 Hauptmieter der von der Firma Z*** TV benützten Geschäftsräumlichkeiten. Am 1. Dezember 1984 verzichtete er zugunsten seines Sohnes Andreas Z*** auf seine Hauptmietrechte. Die Bürgerspitalstiftung schloß am 17. Dezember 1984 mit Andreas Z*** einen Hauptmietvertrag ab. Nach Punkt VII dieses Vertrages ist es Andreas Z*** ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis der Vermieterin verwehrt, eine Untervermietung oder Überlassung der Räume an andere vorzunehmen. Es kam in der Folge zu Vertragsgesprächen zwischen der beklagten Partei und Friedrich Z***. Friedrich Z*** wies darauf hin, er sei Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeiten, die Firma Z*** TV sei nur Untermieterin. Die beklagte Partei ließ ihre ursprüngliche Absicht, die gesamten Geschäftsräumlichkeiten zu übernehmen, in der Folge fallen. Es wurde von ihr nur mehr die Miete eines Teiles der Räumlichkeiten erwogen und darüber verhandelt. Der beklagten Partei wurde von der klagenden Partei mitgeteilt, daß ein entsprechender Vertragsentwurf beim Rechtsanwalt zur Unterzeichnung bereit liege. Im Vertrauen auf die Angaben Friedrich Z*** wurde zwischen der Firma Z*** TV als Bestandnehmerin der Räumlichkeiten Graz, Volksgartenstraße 4 - 6, und der beklagten Partei unter Beitritt des Friedrich Z*** und des Prokuristen der beklagten Partei Roman P*** am 27. September 1985 ein Mietvertrag abgeschlossen.

Nach Abschluß des Mietvertrages ersuchte Friedrich Z*** die beklagte Partei, daß die Miete nicht an die Firma Z*** TV, sondern auf ein Konto seines Sohnes Andreas Z*** überwiesen werden solle. Dies nahm die beklagte Partei zur Kenntnis. Andreas Z*** hat niemals um die Zustimmung zur Untervermietung der Geschäftsräumlichkeiten bei der Vermieterin angesucht. Eine solche Zustimmung ist auch nicht erfolgt. Über das Vermögen der Firma Z*** TV wurde am 20. Jänner 1987 der Konkurs eröffnet. Der Masseverwalter Dr. Armin H*** ist der Auffassung, daß die Firma Z*** TV nicht Untermieterin des Andreas Z*** war noch ist. Die Hauseigentümerin hat erst einige Wochen vor der Tagsatzung vom 5. Juni 1987, bei der die Verhandlung in erster Instanz geschlossen wurde, von der erfolgten Untervermietung Kenntnis erlangt und ist "eben dabei, daraus Konsequenzen zu ziehen", das heißt wegen dieses Vertragsbruches gerichtliche Schritte einzuleiten.

Die klagende Partei begehrt den Zuspruch der Vermittlungsgebühr von S 144.000 s.A. Der Bestandvertrag vom 27. September 1985 sei über ihre Vermittlung und Verdienstlichkeit abgeschlossen worden. Obwohl eine Vermittlungsprovision von sechs Bruttomonatsentgelten und nicht, wie die beklagte Partei behaupte, von S 30.000 vereinbart worden sei, begehre die klagende Partei als Provision die ihr auf Grund der Immobilienmaklerverordnung jedenfalls zustehenden drei Bruttomonatsentgelte. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei die Firma Z*** TV Bestandnehmerin gewesen. Es sei niemals der Eindruck erweckt worden, die Firma Z*** TV wäre Hauptbestandnehmerin gewesen. Der klagenden Partei sei von einem Untermietverbot nichts bekannt gewesen.

Die beklagte Partei wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, es sei ein Pauschalhonorar von S 30.000 vereinbart worden; die klagende Partei sei aber nicht verdienstlich geworden, weil zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 27. September 1985 weder der Firma Z*** TV noch Friedrich Z*** Bestandrechte zugestanden seien. Es bestehe kein Mietvertrag zwischen Andreas Z*** und der Firma Z*** TV. Es sei der beklagten Partei verschwiegen worden, daß Andreas Z*** und nicht die Firma Z*** TV Hauptmieterin der Geschäftsräumlichkeiten sei. Die beklagte Partei sei auch nicht über das bestehende Verbot des Unterbestandes aufgeklärt worden. Zum Abschluß des Mietvertrages vom 27. September 1985 sei es nur deshalb gekommen, weil die klagende Partei die beklagte Partei über diese Umstände im unklaren gelassen und dadurch in Irrtum geführt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens statt. Es stellte fest: Die Firma Z*** TV sei Untermieterin der Geschäftsräumlichkeiten. Es könne nicht festgestellt werden, daß zwischen den Streitteilen eine Pauschalprovision in der Höhe von S 30.000 vereinbart worden sei. In den Wintermonaten erreiche die monatliche Miete einschließlich Umsatzbeteiligung die vereinbarte Höchstgrenze von S 48.000 inklusive Umsatzsteuer. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe die klagende Partei nicht gewußt, daß Friedrich Z*** keine Bestandrechte zugestanden seien.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, im Gewerbe der Immobilienmakler lasse im Zweifel schon die Nachweisung der Gelegenheit zum Geschäftsabschluß den Provisionsanspruch des Vermittlers entstehen. Seine Tätigkeit müsse aber verdienstlich gewesen sein, also zum Abschluß des Geschäftes geführt haben. Der Bestandvertrag vom 27. September 1985 sei über Vermittlung der klagenden Partei zustandegekommen, so daß ihr Provisionsanspruch begründet sei. Wenn auch Friedrich Z*** fälschlich behauptet habe, er sei Hauptbestandnehmer, so könne dies die Verdienstlichkeit der klagenden Partei nicht berühren. Bemessungsgrundlage für die Provision sei der Bruttobestandzins, also der Hauptmietzins samt der anfallenden Umsatzsteuer, den Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und sonstigen Zuschlägen. Da die beklagte Partei im Dezember 1985 einen Bruttobestandzins von S 48.000 an Andreas Z*** überwiesen habe, sei der eingeklagte Provisionsanspruch auch der Höhe nach berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren, ohne auf die die Höhe der Provisionsforderung bekämpfenden Rüge der beklagten Partei einzugehen, abwies. Die Revision erklärte es nicht für zulässig. Die Vertragspartnerin der beklagten Partei, die Firma Z*** TV, habe entgegen dem mit der Hauseigentümerin vereinbarten Untervermietungsverbot die Geschäftsräume selbst als Untermieterin benützt. Sie habe daher der beklagten Partei die Räumlichkeiten auch bloß in Untermiete geben können. Eine weitere Untervermietung durch den Untermieter sei an sich zulässig. Der Bestandvertrag vom 27. September 1985 könne aber von der beklagten Partei wegen der feststehenden Irreführung durch den Geschäftsführer der Firma Z*** TV, der sich selbst zu Unrecht als Hauptmieter ausgegeben habe, mit Erfolg angefochten werden. Die Vernichtung des vermittelten Rechtsgeschäftes hänge also von der beklagten Partei selbst ab. Unter diesen Umständen wäre es grob unbillig, wenn das nicht auch dem Vermittler entgegengehalten werden könne. Es müsse daher als Grundsatz gelten, daß in einem solchen Fall keine Provision zustehe. Unterlasse der Geschäftsherr die Anfechtung des vermittelten Bestandvertrages, weil der vermittelte Geschäftspartner inzwischen in Konkurs geraten sei und die Rückabwicklung mehr Nachteil als Vorteile bringen würde, so könne er gleichwohl dem Vermittler den Mangel entgegenhalten und brauche nicht auch noch die Provision zu bezahlen. Eine Ausnahme wäre allerdings dort zu machen, wo trotz des Vertragsmangels für den Geschäftsherrn eine dem Vermittlungsziel entsprechende Situation hergestellt erschiene. Ausschlaggebend wäre hiebei der Gedanke der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit. Ein möglicherweise zwischen Andreas Z*** und der beklagten Partei abgeschlossener Bestandvertrag wäre aber nicht auf die Verdienstlichkeit der klagenden Partei zurückzuführen. Die Rechtslage der beklagten Partei als Untermieterin sei auch dadurch gefährdet, daß die Untervermietung an sie entgegen einem bestehenden Untervermietungsverbot erfolgt sei. Die beklagte Partei könne daher auf Betreiben der Hauseigentümerin, die gegen sie jederzeit mit Eigentumsklage gemäß § 366 ABGB vorgehen könne, zur Räumung verhalten werden.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Der von der klagenden Partei vermittelte Bestandvertrag, somit ein Dauerschuldverhältnis, kam zustande. Die beklagte Partei benützt auch seit 15. November 1985 die ihr von der Firma Z*** TV in Bestand gegebenen Räumlichkeiten. Der im Konkurs der Firma Z*** TV bestellte Masseverwalter hat die Gültigkeit des abgeschlossenen Geschäftes aus welchen Gründen auch immer nicht bekämpft. Da der Unterbestandzins an Andreas Z*** bezahlt wird, kann auch dieser jedenfalls die Gültigkeit des Unterbestandvertrages nicht wirksam bestreiten. Es wurde auch der Bestandvertrag vom 27. September 1985 von der beklagten Partei weder wegen Irrtums angefochten noch aus diesem Grund mit sofortiger Wirkung zur Auflösung gebracht. Verträge, die durch List oder Irreführung zustandekamen, bleiben, wenn sie nicht angefochten werden, aufrecht (JBl. 1982, 36 mwN; Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 6 zu § 870; Rummel, ABGB, Rz 19 zu § 871). Ist das vermittelte Geschäft allerdings wegen Bestehens von Willensmängeln erfolgreich angefochten worden, entfällt der Provisionsanspruch; eine bereits bezahlte Provision kann rückgefordert werden (HS 11.714; MietSlg. 32.579; HS 4520/58; GlUNF 897; Jabornegg, HVG 247; vgl. für die einhellige deutsche Lehre Schlegelberger-Schröder5, Rz 9 zu § 87 HGB; Brüggemann in GroßkommHGB4, Rz 9 zu § 87; Schwerdtner in Münchener Kommentar2, Rz 121 zu § 652 BGB). Die Verdienstlichkeit eines derart fehlerhaft abgeschlossenen und in der Folge, sei es rückwirkend sei es mit dem Zeitpunkt der Auflösungserklärung, wieder aufgelösten Rechtsgeschäftes ist auf jeden Fall zu verneinen. Selbst die einvernehmliche Auflösung des Vertrages beseitigt dann den Provisionsanspruch, wenn sie aus Gründen erfolgt, die zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums berechtigt hätten (vgl. Schwerdtner aaO, Rz 122 zu § 652 BGB; ders. Maklerrecht3 97;

Dyckerhoff, Das Recht des Immobilienmaklers9 19;

Schlegelberger-Schröder aaO Rz 10 zu § 87 HGB). Die klagende Partei, die sich bei der Beurteilung der Verdienstlichkeit ihrer Tätigkeit das Verhalten des von ihr vermittelten Geschäftspartners zurechnen lassen muß, hätte dann in beiden Fällen nicht verdienstlich gehandelt.

Die beklagte Partei, die allein den Vertrag wegen Irrtums anfechten oder mit sofortiger Wirkung auflösen kann, machte bisher von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch. Es ist daher zu prüfen, ob eine bloße Anfechtungslage (Berechtigung zur sofortigen Vertragsauflösung wegen Irreführung) die Provisionspflicht beseitigt. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage bisher nur in der nicht veröffentlichten Entscheidung 1 Ob 194/54 Stellung genommen. Einem Provisionsanspruch wurde damals die Nichtigkeit des vermittelten Geschäftes entgegengehalten. Der Oberste Gerichtshof hielt diese Einwendung nicht für beachtlich. Solange das nichtige Geschäft nicht für nichtig erklärt und es in seinen Rechtswirkungen behoben sei, könne sich der Provisionspflichtige dem Vermittler gegenüber nicht auf die Nichtigkeit des Geschäftes berufen und damit seine Zahlungspflicht ablehnen. Eine andere Auffassung würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, daß der zur Provisionszahlung Verpflichtete, der seine Zahlungspflicht ablehne, die Vorteile des nichtigen Geschäftes trotzdem behalten könne. In der deutschen Lehre ist diese Frage umstritten. Reichel, Mäklerprovision 27, vertritt die Auffassung, daß während des Laufes der Anfechtungsfrist dem Auftraggeber gegen den Provisionsanspruch des Maklers eine aufschiebende Einrede nach Analogie zu § 770 Abs. 1 BGB, der dem Bürgen gestattet, die Befriedigung des Gläubigers so lange zu verwehren, als dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das der Verbindlichkeit des Bürgen zugrundeliegende Rechtsgeschäft anzufechten, zu gewähren ist (vgl. ders, Schuldmitübernahme 351 f). Schmidt-Rimpler in Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts V/1, 118, Brüggemann aaO Rz 9 und Schlegelberger-Schröder aaO Rz 9 folgen der Rechtsansicht Reichels, daß bei Anfechtbarkeit des vermittelten Geschäftes in analoger Anwendung des § 770 Abs. 1 BGB dem Provisionspflichtigen eine aufschiebende Einrede gewährt werden soll. Schmidt-Rimpler aaO FN 23 schränkt aber die Befreiung von der Provisionspflicht bei Unterlassung der Anfechtung des Geschäftes auf den Fall ein, daß das vermittelte Geschäft nicht als zweckerreichend angesehen werden könne (vgl. MDR 1969, 307 LG Köln). Schwerdtner im Münchener Kommentar2, Rz 121 zu § 652 BGB, sowie in Maklerrecht3 92 lehnt die Möglichkeit der analogen Anwendung der Vorschrift des § 770 BGB auf den Fall der Anfechtungslage ab. Nach ihm beseitigt nur die tatsächliche und erfolgreiche Ausübung des Anfechtungsrechtes den Provisionsanspruch. Dyckerhoff aaO nimmt eine vermittelnde Stellung ein. Die dilatorische Einwendung soll dem Provisionspflichtigen erst und nur dann zustehen, wenn ein Rechtsstreit über die Anfechtung anhängig ist.

Die in § 770 Abs. 1 BGB normierte Einwendung des Bürgen hat auch in die österreichische Rechtslehre Eingang gefunden. Danach soll dem Bürgen diese rechtshemmende Einwendung so lange zustehen, als der Hauptschuldner den Vertrag anfechten kann (Ohmeyer-Klang2 VI 216;

Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil1, 150; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1351; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 1352;

weitergehend Ehrenzweig2, II/1, 111; diese Frage offen lassend Faistenberger-Barta-Eccher in Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil2, 271). Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Stellung des Bürgen und der des Auftraggebers eines von einem Immobilienmakler vermittelten Geschäftes besteht aber darin, daß der Bürge keine oder nur geringe Einflußmöglichkeiten auf die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Hauptschuldners hat, im Falle des Begehrens des Provisionsanspruches es aber einzig am in Irrtum geführten Auftraggeber liegt, ob er von seiner Anfechtungsbefugnis Gebrauch macht. Die beklagte Partei behauptete, von dem ihr von der klagenden Partei vermittelten Geschäftspartner bei Abschluß des Vertrages in Irrtum geführt worden zu sein. Sie hat aber bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz (5. Juni 1987) weder von der von ihr behaupteten Anfechtungsmöglichkeit (auch nicht durch sofortige Vertragsauflösung) Gebrauch gemacht noch erklärt, daß sie in der ihr noch zur Verfügung stehenden Anfechtungsfrist von ihrem Recht Gebrauch machen wolle. Es muß aber von demjenigen, der auf Zahlung der Provision in Anspruch genommen wird, verlangt werden, daß er sich, wie es das deutsche Recht grundsätzlich verlangt (§ 121 Abs. 1 BGB), ehestens darüber erklärt, ob er eine Anfechtung des vermittelten Geschäftes vorzunehmen beabsichtigt. Er kann aber nicht die Anfechtung aus diesem Grund unterlassen, den Vertrag aufrechterhalten, alle Vorteile des Vertrages für sich in Anspruch nehmen und trotzdem keine Provision bezahlen. Der beklagten Partei, die die Vermittlung von Geschäftsräumlichkeiten wünschte, stehen diese von der klagenden Partei vermittelten Geschäftsräumlichkeiten seit Jahren zur Verfügung und werden von ihr in der Absicht, geschäftliche Gewinne zu erzielen, auch genutzt. Wenn Reichel aaO und Jabornegg, HVG 248, Fälle erwähnen, in denen ungeachtet des Unterbleibens der Anfechtung die Provisionspflicht zu verneinen sei, so ist, wie sich aus dem von Reichel aaO angeführten Beispiel deutlich ergibt, an Fälle gedacht, in denen die Anfechtung wegen Aussichtslosigkeit einer sinnvollen Rückabwicklung unterlassen wurde. Diese Erwägungen sind daher auf Fälle, in denen der Auftraggeber alle von ihm angestrebten Vorteile lukrierte, nicht anwendbar. Jabornegg, HVG 248, vertritt zwar auch die Auffassung, daß dann, wenn die Vernichtung des vermittelten Rechtsgeschäftes vom Geschäftsherrn abhängt und der Mangel auf Seite des vermittelten Dritten liegt, es grob unbillig wäre, wenn das nicht auch dem Vermittler entgegengehalten werden könnte; als Grundsatz müsse daher gelten, daß in solchen Fällen keine Provision zusteht. Was er damit aber meint, ergibt sich aus seinen folgenden Ausführungen. So hält er einen Grundstückskauf dennoch für provisionspflichtig, wenn dieser zwar wegen listiger Irreführung über die Beschaffenheit des Grundstückes angefochten werden könnte, die Anfechtung aber unterbleibt, weil sich der Käufer entschließt, das Grundstück dennoch zu behalten und gegen den Verkäufer nur nach § 874 ABGB Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Nichts anderes kann für einen Untermieter gelten, der den Untermietgegenstand weiter benützt, daraus Gewinne erzielt und von sich aus nicht daran denkt, den Vertrag anzufechten oder zu beenden.

Dem steht auch nicht das weitere vom Berufungsgericht verwendete, auf Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 366, und Koziol-Welser8 II 87 gestützte Argument entgegen, die beklagte Partei könnte über Betreiben der Hauseigentümerin wegen des bestehenden Unterbestandverbotes zur Räumung verhalten werden. Die einhellige Rechtsprechung (MietSlg. 34.043, 31.038, 29.045 uva) und die überwiegende Lehre (Würth in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 1098; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 11 zu § 366; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 95 zu § 1098) gibt dem Hauseigentümer aber nur das Recht, seinen vertragswidrig handelnden Vertragspartner mit Unterlassungsklage zu belangen (MietSlg. 36.271, 31.342, 30.129; EvBl. 1975/289 uva), nicht aber direkt gegen dessen Vertragspartner vorzugehen; die Ausübung seiner Rechte wird bei voller Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes noch durch § 11 Abs. 1 MRG beschränkt, wonach der Vermieter sich auf ein vertragliches Verbot zur Untervermietung nur dann berufen kann, wenn ein wichtiger, in der Folge demonstrativ aufgezählter Grund gegen die vereinbarte Untervermietung vorliegt. Die bloße Absicht des Hauseigentümers, aus dem Vertragsbruch "Konsequenzen zu ziehen", reicht dann aber nicht aus, die Verdienstlichkeit der Tätigkeit der klagenden Partei zu bestreiten. Ob dann, wenn der Hauseigentümer mit seiner Auffassung dennoch durchdringen sollte, ein Rückforderungsanspruch (zum Teil oder zur Gänze) bestünde, ist derzeit nicht zu beurteilen.

Der Revision ist Folge zu geben. Da das Berufungsgericht die die Höhe der Provisionsforderung betreffende Tatsachenrüge nicht behandelte, ist sein Urteil gemäß § 510 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur vollständigen Erledigung der Berufung der beklagten Partei zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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