OGH 1Ob504/84

OGH1Ob504/8422.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Alexander M*****, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert 122.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichtes vom 5. Oktober 1983, GZ 2 R 113/83-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. April 1983, GZ 17 Cg 240/82-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass zugunsten der klagenden Partei die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art auf den in der Natur bestehenden, vom Grundstück 1209/3 Kastralgemeinde Z***** abzweigenden, über die Grundstücke 794/2 und 795/1 der EZ ***** Katastralgemeinde Z***** führenden Weg aufrecht besteht.

Das Feststellungsbegehren und Unterlassungsbegehren wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten aller Instanzen den Betrag von 16.621,16 S (darin enthalten 1.106,50 S Umsatzsteuer und 1.683,33 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist aufgrund des im Zwangsversteigerungsverfahren E 43/75 des Bezirksgerichts Leibnitz am 24. Juni 1977 erfolgten Zuschlags und eines Verschmelzungsvertrags vom 24. Juni 1982 Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde W***** mit den Grundstücken 60/2, 60/3, 60/4, 60/5, 60/6 und 60/7. Voreigentümer (Verpflichteter im Zwangsversteigerungsverfahren) war der Schwager des Beklagten Stefan U*****. Dieser hatte unter anderem die Grundstücke 60/2 bis 7 mit Kaufvertrag vom 19. September 1971 vom Beklagten, Maria M***** und Maria Huberta U***** erworben. Nach Punkt I dieses Vertrags beabsichtigte Stefan U***** zum weiteren Ausbau des Erholungszentrums „W*****-See" auf den Grundstücken 60/2, 60/3 und 60/4 Appartementhäuser, auf dem Grundstück 60/5 ein Kurhotel, auf dem Grundstück 60/7 ein Restaurant und auf dem Grundstück 60/6 ein Hallenbad zu errichten. Die Grundstücke 60/2 bis 7 liegen umgeben von nunmehr im Alleineigentum des Beklagten stehenden Grundstücken und sind nur über diese erreichbar. Laut Punkt VI Z 2 und 3 des Vertrags räumten die Verkäufer für sich und ihre Rechtsnachfolger Stefan U***** und dessen Nachfolgern Eigentum der Grundstücke 60/2 bis 7 ohne weiteres Entgelt auf immerwährende Zeiten als Dienstbarkeit die zu verbüchernden Rechte ein, auf den in der Natur bestehenden, vom öffentlichen Weggrundstück 1209/3 Katastralgemeinde Z***** abzweigenden, über die Grundstücke 794/2 Acker und 795/1 Wiese, beide EZ ***** Katastralgemeinde Z*****, führenden sogenannten Milchweg sowie unter Benützung der über den Gleinzbach Grundstück 851/1 führenden sogenannten Milchwegbrücke auf den in der Natur bestehenden, über die Grundstücke 57 Acker, 60/1 Wiese und 46 Walde Katastralgemeinde W*****, sämtliche in EZ ***** Steiermärkische Landtafel, führenden Weg zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu fahren; auf dem Grundstück 60/1 Katastralgemeinde W***** unter Benützung der dort angelegten Wege und Parkplätze zu gehen, mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, Fahrzeuge abzustellen und den dort angelegten Badestrand einschließlich aller Einrichtungen zu benützen; Stefan U***** bzw dessen Rechtsnachfolger hatten jedoch die sogenannte Milchwegbrücke auf eigene Kosten auszubauen. Stefan U***** als Eigentümer der Grundstücke 60/2 bis 7 übernahm für sich und seine Rechtsnachfolger gegenüber den Verkäufern und deren Nachfolgern im Eigentum der Liegenschaften EZ ***** Steiermärkische Landtafel EZ ***** je Katastralgemeinde W*****, EZ ***** Katastralgemeinde N*****, EZ ***** Katastralgemeinde L*****, EZ ***** und ***** Katastralgemeinde Z***** sowie EZ ***** Katastralgemeinde W***** folgende als Reallast (Prädiallasten) zu verbüchernden Verpflichtungen: „Für jedes einzelne Appartement der auf den Grundstücken 60/2 bis 4 errichteten Häuser sowie des auf dem Grundstück 60/5 errichteten Kurhotels unabhängig von der erfolgten Veräußerung, Vermietung oder jeder anderen Weitergabe derselben, insbesondere auch unabhängig von deren Benützung, am Ersten eines jedes Jahres im vorhinein eine Jahresbadekarte von den Verkäufern bzw deren Nachfolgern im Eigentum an den berechtigten Liegenschaften gegen Entrichtung des jeweils festgesetzten Entgelts zu erwerben; für jeden Gast des auf den Grundstück 60/6 errichteten Hallenbades, der das Grundstück 60/1 als Parkplatz, Liegewiese, Zugang zum W***** See oder zu welchem Zwecke auch immer benützt, von den Verkäufern bzw deren Rechtsnachfolgern im Eigentum der berechtigten Liegenschaften eine Tagesbadekarte gegen Entrichtung des jeweils festgesetzten Preises zu erwerben; für das auf dem Grundstück 60/7 Wiese Katastralgemeinde W***** errichtete Restaurant von der Teichwirtschaft W***** deren gesamten jeweiligen Vorrat an Speisefischen aller Art zum jeweiligen Großhandelsverkaufspreis anzukaufen." Nach Punkt XVI des Vertrags ist das Recht auf Ausübung der oben genannten Dienstbarkeiten für so lange unterbrochen, als vom Käufer oder dessen Rechtsnachfolgern auch nur eine der im Art VIII des Vertrags übernommenen Verpflichtungen gegenüber den Verkäufern oder deren Rechtsnachfolgern nicht erfüllt wird. Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei übernahm die Reallasten laut Punkt VIII bis 3 des Kaufvertrags als Ersteherin ohne Anrechnung auf das Meistbot. Eine Einverleibung der im Punkt VI Z 2 und 3 eingeräumten Dienstbarkeiten erfolgte nur auf dem dienenden Gut EZ ***** Katastralgemeinde Z*****, nicht aber in der EZ ***** der Steiermärkischen Landtafel. Die Abweisung des Grundbuchsgesuchs erfolgte, weil der Umfang der Dienstbarkeit urkundlich nicht nachgewiesen war. In dem im Versteigerungsverfahren E 43/75 eingeholten Schätzungsgutachten wird ausdrücklich beschrieben, dass die Zufahrt zu den Grundstücken 60/2 bis 7 über einen Servitutsweg erfolge und die Dienstbarkeiten (auf beiden dienenden Liegenschaften) einverleibt seien (S 41 des Aktes E 43/75 Bezirksgericht Leibnitz). Der klagenden Partei war der Inhalt des Vertrags vom 19. September 1971 bekannt. Der Beklagte untersagte der klagenden Partei die Ausübung der von ihr behaupteten Dienstbarkeiten ohne nähere Begründung.

Die klagende Partei begehrt die Feststellung, dass die in Punkt VI Z 2 und 3 des Vertrags vom 19. September 1971 näher beschriebenen Dienstbarkeiten aufrecht und ununterbrochen sind und dass der Beklagte schuldig sei, jede Behinderung in der Ausübung dieser Dienstbarkeiten, insbesondere durch Erhebung von privatrechtlichen Einwendungen gegen die Errichtung einer Brücke über den Gleinzbach, zu unterlassen. Bei einer Wasserrechtsverhandlung vom 19. Juni 1979, die wegen Errichtung der Milchwegbrücke über den Gleinzbach abgehalten wurde, habe der Beklagte den Bestand der Dienstbarkeiten bestritten. Der Antrag der klagenden Partei sei zwar aus im Wasserrechtsgesetz liegenden Gründen abgewiesen worden. Die klagende Partei beabsichtige aber, erneut den Antrag auf wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung eines Stegs über den Gleinzbach einzubringen.

Der Beklagte wendete, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ein, dass der klagenden Partei eine Dienstbarkeit an den in der EZ ***** Steiermärkische Landtafel inneliegenden Grundstücken schon deshalb nicht zustehen könne, weil eine Einverleibung der Dienstbarkeit unterblieben sei. Dem Beklagten könne nicht das Recht abgesprochen werden, in einem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde Einwendungen auch privatrechtlicher Natur zu erheben. Über derartige noch nicht bekannte Einwendungen könne ein ordentliches Gericht nicht im vorhinein entscheiden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei habe durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren Eigentum erworben, sodass bezüglich ihrer Rechte und Pflichten der Inhalt der rechtskäftig festgestellten Versteigerungsbedingungen maßgeblich sei. Das Recht auf Ausübung der Dienstbarkeiten stehe daher der klagenden Partei im Umfang der jeweiligen Bedürfnisse der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde W***** uneingeschränkt und vorbehaltlos zu.

Das Berufungsgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden habe, 60.000 S nicht aber 300.000 S übersteige. Die Revision erklärte es gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig. Der klagenden Partei sei als Ersteherin der Inhalt des zwischen ihrem Rechtsvorgänger und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrags vom 19. September 1971 bekannt gewesen. Die in diesem Vertrag vom Beklagten dem Vertragspartner eingeräumten Dienstbarkeitsrechte stellten eine Einheit dar und bänden die Vertragspartner auch insoweit, als sie nicht verdinglicht worden sei. Die Einräumung dieser Dienstbarkeit stehe aber auch im Zusammenhang mit den seinerzeit von Stefan U***** übernommenen Lasten, die auf seiner damals ihm gehörigen Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde W***** verdinglicht worden seien. Diese Lasten seien von der klagenden Partei aufgrund der Versteigerungsbedingungen mitübernommen worden und legten ihr daher Verpflichtungen auf, die zwischen ihrem Rechtsvorgänger und dem Beklagten vereinbart worden seien. Beim Eigentumserwerb im Wege einer Zwangsversteigerung handle es sich um einen im Wesen abgeleiteten Rechtserwerb. Die materiellrechtlichen Bestimmungen über den abgeleiteten Erwerb seien anzuwenden. Die klagende Partei sei infolge Offenkundigkeit des Vertrags in diesen eingetreten, sodass auch der Beklagte an ihn gebunden sei. Würde man den aufrechten Bestand der Dienstbarkeiten, insoweit diese nicht verbüchert, wohl aber durch Vertrag gesichert seien, verneinen, so würde es zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass die klagende Partei wohl verbücherte Pflichten aus dem Vertrag ihres Rechtsvorgängers mit dem Beklagten allenfalls zu erfüllen habe und daher an den Vertrag gebunden sei, während der andere Vertragspartner, der im Vertrag ausdrücklich Rechte auf den Rechtsnachfolger seines Vertragspartners eingeräumt habe, an den von ihm unterzeichneten Vertrag nicht gebunden wäre. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Kaufvertrag seien gemäß § 1089 ABGB subsidiär anzuwenden.

Die Revision des Beklagten ist teilweise berechtigt. Der Revisionsantrag lautet zwar auf Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des gesamten Begehrens. Die mangels entgegengesetzter Feststellung zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die von der klagenden Partei behaupteten Rechte seien von der Errichtung des vorgesehenen Erholungszentrums unabhängig, wird aber in der Revision nicht mehr bekämpft. In diesem Umfang ist der Revision daher der Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Im Übrigen ist die Revision aber im Ergebnis berechtigt. Nach § 481 Abs 1 ABGB kann das dingliche Recht der Dienstbarkeit an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, nur durch die Eintragung in diese erworben werden. Eine Einverleibung der Dienstbarkeit im Lastenblatt der EZ ***** der Steiermärkischen Landtafel unterblieb bisher. Schon aus diesem Grunde kann der klagenden Partei, da das Vorliegen einer offenkundigen Dienstbarkeit weder behauptet noch festgestellt wurde, das Recht der Dienstbarkeit als dingliches Recht in diesem Umfang nicht zustehen (in diesem Sinn schon 5 Ob 74/67). Das Feststellungsbegehren wäre aber auch unbestimmt, da eine urteilsmäßige Beschreibung, welche Grundstücksteile vom behaupteten Wegerecht und dem Recht, Fahrzeuge zu parken, umfasst sein sollen, unterlassen wurde. Von ihrem Rechtsstandpunkt ausgehend hätte die klagende Partei außerdem auf Einverleibung der ihr zustehenden Rechte klagen müssen. Kann durch einen möglichen Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch zur Gänze ausgeschöpft werden, ist das Rechtsschutzziel demnach ident, mangelt es für die Einbringung einer Feststellungsklage an dem erforderlichen Feststellungsinteresse (MietSlg 31.689, 31.687; GesRZ 1980, 37; SZ 48/86; JBl 1976, 607 uva). Auch das gestellte Unterlassungsbegehren erweist sich nur aus dem Feststellungsbegehren ableitbar. Es kann daher allein keinen Bestand haben. Mit der allfälligen Einverleibung der Rechte der klagenden Partei würden dem Beklagten auch diesen Rechten entgegenstehende Einwendungen in einem Wasserrechtsverfahren genommen.

Soweit die gestellten Begehren sich auf jenen Teil der behaupteten Rechte beziehen, die nicht verbüchert wurden, ist der Revision Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen sind dahin abzuändern, dass die gestellten Begehren in diesem Umfang abzuweisen sind. Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO bzw § 50 ZPO. Dem Umfang nach obsiegte die klagende Partei nur mit einem Drittel. Ihr sind daher 1/3 der Kosten zum Ersatz aufzulegen. Die Anzeige der Vertretungsbestellung ON 2 diente nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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