Normen
EheG §82 Abs1 Z3
EheG §91 Abs2
EheG §94 Abs1
EheG §82 Abs1 Z3
EheG §91 Abs2
EheG §94 Abs1
Spruch:
Unternehmen jeder Größe sind vom nachehelichen Aufteilungsverfahren ausgenommen, auch ein Heurigen- und Buschenschank
Ist eine Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse nicht vorzunehmen, weil Unternehmen nicht der Aufteilung unterliegen und andere Werte nicht vorhanden sind, ist es auch ausgeschlossen, dem Unternehmer eine Ausgleichszahlung an den anderen Ehegatten aufzuerlegen
OGH 25. 1. 1984, 1 Ob 501/84 (LGZ Wien 44 R 117/83; BG Favoriten 2 F 14/82)
Text
Die Streitteile haben am 6. 9. 1971 die Ehe geschlossen, die mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. 6. 1981, 10 Cg 19/81, aus dem beiderseitigen gleichteiligen Verschulden der Streitteile geschieden wurde. Der Antragsgegner übernahm im Jahre 1972 von seinen Eltern einen Heurigen- und Buschenschankbetrieb in Wien 10., A-Straße 103, in Pacht; seit zirka 1975 führte er den Betrieb als Eigenunternehmer. Die Antragstellerin arbeitete zu Beginn der Ehe in ihrem erlernten Beruf als Schneiderin und half zeitweise im Heurigenbetrieb aus. Seit 1973 arbeitete sie zur Gänze im Betrieb ihres Gatten. Bis 1974 war der Betrieb nur zwei bis drei Monate im Jahr geöffnet; nach Erhalt einer entsprechenden Konzession im Jahre 1974 war der Betrieb jeweils von Mitte Jänner bis Anfang September täglich mit Ausnahme von Mittwoch von 15 Uhr nachmittags bis Mitternacht geöffnet. Die Antragstellerin war während der ganzen Betriebsdauer im Unternehmen tätig und bereitete und verkaufte vor allem Speisen; gelegentlich half sie beim Servieren und beim Weinausschank aus. Die finanzielle Gebarung oblag überwiegend der Antragstellerin, die auch den ehelichen Haushalt besorgte. Sie beendete ihre Mitarbeit im Betrieb im Jahre 1980, nachdem die Ehe in eine Krise geraten war. Während der Zeit ihrer Mitarbeit wurden verschiedene Gebrauchsgegenstände für den Betrieb angeschafft. Der Unterhalt der Ehegatten wurde aus den Betriebseinnahmen gedeckt. Mit den Betriebserträgnissen wurden auch verschiedene Investitionen in der Ehewohnung durchgeführt. Die Ehewohnung verblieb nach Scheidung der Ehe der Antragstellerin.
Die Antragstellerin begehrt den Betrag von 500 000 S; ihr Begehren stützte sie sowohl auf die §§ 81 ff. EheG als auch auf § 98 ABGB. Der Betrieb des Antragsgegners sei kein Unternehmen iS des § 82 EheG, weil weder der Umfang des Betriebes noch der erforderliche Personaleinsatz ein Ausmaß erreichte, daß von einem Unternehmen gesprochen werden könne. Im Hinblick auf die von ihr getätigten Investitionen sei eine Ausgleichszahlung in der Höhe des geforderten Betrages angemessen.
Der Antragsgegner machte geltend, daß schon nach dem Vorbringen der Antragstellerin der aus dem Gewerbebetrieb erzielte Gewinn im Unternehmen investiert worden sei. Das Unternehmen selbst unterliege nicht der Aufteilung. Soweit der Anspruch auf § 98 ABGB gegrundet werde, werde Verjährung geltend gemacht.
Der Erstrichter wies den Antrag, soweit er auf die §§ 81 ff. ABGB gegrundet wurde, zurück, im übrigen wies er den Antrag ab. Er sprach aus, daß die Kosten gegenseitig aufgehoben werden. Der vom Antragsgegner geführte Betrieb sei als Unternehmen anzusehen, das gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliege. Das Begehren auf Abgeltung der Mitwirkung der Antragstellerin im Erwerb des Antragsgegners sei zum überwiegenden Teil verjährt, im übrigen aber nicht gerechtfertigt, weil die mit Wissen und Einverständnis der Antragstellerin erfolgte Reinvestierung der Unternehmenserträge als konkludenter Verzicht auf eine Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb zu qualifizieren sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin und dem im Kostenpunkt erhobenen Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es bestätigte den angefochtenen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Antrag auf Aufteilung der ehelichen Ersparnisse nicht zurück-, sondern abgewiesen wird. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteigt. Das Rekursgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters, daß der vom Antragsteller geführte Heurigenbetrieb als Unternehmen gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen sei. Die Kostenentscheidung des Erstrichters entspreche der Billigkeit.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge und wies den Revisionsrekurs des Antragsgegners zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Antragstellerin führt aus, es sei unbestritten, daß jeder Betrieb zu einem selbständigen Erwerb auch ein Unternehmen sei, es sei jedoch nicht Sinn des § 82 Abs. 1 Z 3 EheG, auch Kleinbetriebe von der Aufteilung auszunehmen. Der Unternehmensbegriff des § 82 EheG unterliege anderen Kriterien, er sei, wie sich insbesondere aus dem Bericht des Justizausschusses ergebe, auf Großbetriebe, Fabriken und größere gewerbliche Unternehmungen einzuschränken. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG unterliegen der Aufteilung nicht Sachen, die zu einem Unternehmen gehören oder (Z 4) Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Schwind, Kommentar zum österreichischen Eherecht 316, vertritt den Standpunkt, daß nach dem Gesetz nur Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, von der Verteilung ausgeschlossen seien, nicht aber das Unternehmen selbst. Unternehmen seien in gewissen Fällen den ehelichen Ersparnissen zuzuordnen. Der Bericht des Justizausschusses lasse zwar erkennen, daß auch Unternehmen von der Aufteilung ausgenommen seien, doch werde ersichtlich auf große oder zumindest größere Unternehmen abgestellt; Kleinstunternehmen seien ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt, weil der Erlös daraus regelmäßig der Altersversorgung des Ehepaares diene. Solche Unternehmen fielen daher im Gegensatz zur Auffassung des Justizausschusses unter die ehelichen Ersparnisse und damit unter die Aufteilung. Diese Auffassung ist in der Literatur, soweit ersichtlich, vereinzelt geblieben. § 82 Abs. 1 Z 3 EheG wird sonst einhellig dahin verstanden, daß Unternehmen nicht der Aufteilung unterliegen; nach der Unternehmensgröße wird nicht differenziert (vgl. Koziol-Welser, Grundriß[6] II 192; Honsell in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform, 173; Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht, 67 f.; Bydlinski, Zur Neuordnung des Ehegüterrechts, Schwind-FS 40; Gschnitzer-Faistenberger, Familienrecht[2] 54; Wilhelm, RdW 1983, 2, vgl. auch FN 10). Es ist schon dem Ausgangspunkt der Überlegungen Schwinds nicht zu folgen. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß zwar Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht aber das Unternehmen selbst von der Aufteilung ausgenommen sei. Wird der Sachbegriff des § 82 EheG auch unkörperliche Sachen umfassend verstanden (vgl. Honsell aaO), so sind damit ohnehin sämtliche Unternehmenswerte erfaßt. Wohl deutet die für die Herausnahme des Unternehmens in den Materialien (JA 916 BlgNR 14. GP, 14) gegebene Begründung, es solle damit einer Gefährdung der Betriebe und insbesondere der Arbeitsplätze vorgebeugt werden, darauf hin, daß in erster Linie an größere Betriebe gedacht war, weil bei diesen der Sicherung der Arbeitsplätze besondere Bedeutung zukommt, doch kann unter der Sicherung des Arbeitsplatzes auch die Sicherung der Erwerbsgelegenheit des den Betrieb weiterführenden Ehegatten verstanden werden. Nach den Ausführungen des Justizausschusses kann kein Zweifel bestehen, daß die Herausnahme aller Unternehmen aus der Aufteilung beabsichtigt war. Es trifft auch nicht zu, daß, wie Schwind meint, nur Kleinbetriebe zur Veräußerung bestimmt sind, weil sich die Ehegatten mit deren Veräußerung eine Altersversorgung schaffen wollen; ebensolche Erwägungen können auch bei der Veräußerung von größeren Unternehmen eine Rolle spielen. Darüber hinaus kommt es für den Begriff der Ersparnis auf die subjektive Absicht der Ehegatten nicht entscheidend an (vgl. JBl. 1983, 488; vgl. auch Wilhelm, aaO 6). Für eine Differenzierung zwischen größeren Unternehmen, die von der Aufteilung ausgenommen sind, und Kleinbetrieben, die der Aufteilung unterliegen, bietet das Gesetz keine Handhabe. Auch der vom Antragsgegner betriebene Heurigen- und Buschenschank stellt damit als selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit (vgl. HS 8060, 6070, 5057) ein Unternehmen dar, das gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliegt. Damit entfällt aber auch die Grundlage für die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung.
Der OGH hat in der Entscheidung JBl. 1983, 316 zum Ausdruck gebracht, daß es, wenn eheliche Errungenschaft - wozu auch der Ertrag aus einem Unternehmen gehört - in Werten angelegt wird, die als zum Unternehmen gehörig der Aufteilung entzogen sind, der Billigkeit entsprechen kann, dem anderen Ehegatten einen größeren Anteil an vorhandenen und der Aufteilung unterliegenden Ersparnissen zuzuerkennen. Durch erhöhte Zuweisung aus der "Restmasse" wird dem Gedanken Rechnung getragen, daß das Unternehmen und die in ihm gebundenen Werte, insbesondere also auch reinvestierte Gewinne, zwar der Aufteilung entzogen sind und damit vom Aufteilungsverfahren nicht berührt werden sollen, es aber dem Billigkeitsgebot des § 83 Abs. 1 EheG widersprechen kann, wenn nicht ein Ausgleich durch erhöhte Zuweisung anderer vorhandener und aufzuteilender Werte gewährt wird. Wilhelm hat aaO 6 die Rechtsansicht vertreten, daß auch ohne "Restmasse" dem Unternehmer eine Ausgleichszahlung auferlegt werden könne; gemäß § 94 Abs. 1 ABGB sei Geldausgleich immer dann zu leisten, wenn eine Aufteilung nicht erzielt werden kann; die Ausgleichszahlung sei nur in einer Höhe festzusetzen, die dem Unternehmen ohne Gefahr für seinen Bestand entnommen werden kann. Diese Rechtsansicht findet im Gesetz jedoch keine Deckung. Nach dem Bericht des Justizausschusses, aaO 19, soll durch die Ausgleichszahlung ein billiger Ausgleich zwischen den Ehegatten in jenen Fällen ermöglicht werden, in denen dies durch Zuteilung von Gegenständen des Gebrauchsvermögens bzw. ehelicher Ersparnisse nicht möglich ist. Der Richter habe gleichsam nach der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einen Schlußstrich zu ziehen und zu prüfen, ob die Aufteilung im gesamten gesehen billig ist. Eine allenfalls noch bestehende Unbilligkeit habe das Gericht durch eine Ausgleichszahlung auszugleichen. Der Ausgleichszahlung kommt demnach die Funktion zu, anders nicht zu beseitigende Unbilligkeiten bei Zuteilung des aufzuteilenden Vermögens auszugleichen, sie stellt aber keinen Ersatz für den Mangel aufzuteilenden Vermögens dar. Im vorliegenden Fall liegt aber keine Aufteilungsmasse vor; das Unternehmen ist als solches der Aufteilung entzogen, andere aufzuteilende Sachen sind nicht vorhanden. Ist eine Aufteilung mangels Vorliegens ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse nicht vorzunehmen, kommt auch die Auferlegung einer Ausgleichszahlung, die nur verbleibende Härten bei Durchführung der Aufteilung mildern soll, nicht in Betracht. Insbesondere Ausgleichszahlungen aus dem der Aufteilung entzogenen Unternehmen sieht das Gesetz nicht vor.
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist unzulässig. Gemäß § 232 Abs. 2 AußStrG kann der Revisionsrekurs nur darauf gegrundet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Daher ist nur die materiell-rechtliche Beurteilung der Sachentscheidung, nicht aber auch die damit verbundene Kostenentscheidung (selbständig) anfechtbar. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, daß der OGH von der Überprüfung von Kostenentscheidungen befreit sein soll (JBl. 1981, 429).
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