European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00049.22W.0323.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.314,26 EUR (darin 385,71 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger erlitt bei von der Beklagten – einem maltesischen Unternehmen ohne Konzession nach dem österreichischen GSpG – über deren Website veranstalteten Online‑Glücksspielen, zu 90 % Online‑Pokerspiele, zwischen Mai 2013 und Oktober 2020 Verluste in Höhe des eingeklagten Betrags.
[2] Die Vorinstanzen gaben dem (unter anderem) auf Bereicherungsrecht gestützten Klagebegehren statt. Das österreichische Glücksspielmonopol sei nicht unionsrechtswidrig. Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession sei damit verbotenes Glücksspiel, was die Möglichkeit zur bereicherungsrechtlichen Rückforderung erlittener Spielverluste eröffne. Die Passivlegitimation der Beklagten als Bereicherungsschuldnerin sei zu bejahen, weil sie die Ausspielung organisiert habe. Zudem sei die Beklagte für den Schadenersatzanspruch des Klägers wegen seiner Verluste beim Pokerspiel passivlegitimiert, habe sie doch gegen das GSpG verstoßen, das ein Schutzgesetz gerade zugunsten der Spieler sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil „zur Frage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines (verbotenen) Online-Pokerspiels“ keine „gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung“ vorliege.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[4] 1. Die Revisionswerberin argumentiert im Wesentlichen, dass der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, wer bei einem Online‑Pokerspiel als Vertragspartner des Spielers und daher als Bereicherungsschuldner anzusehen sei, und für einen Schadenersatzanspruch ihr Verhalten nicht kausal für den geltend gemachten Schaden des Klägers sei. Beide Fragen habe das Berufungsgericht unrichtig beantwortet.
[5] 2. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (vgl RIS‑Justiz RS0112769 [T9]; RS0112921). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]).
[6] 3. Der Oberste Gerichtshof hat in der ebenfalls die beklagte Partei betreffenden Entscheidung vom 2. 2. 2022 zu 6 Ob 229/21a zu den von der Revisionswerberin aufgeworfenen Fragen ausführlich Stellung genommen und diese zusammengefasst wie folgt beantwortet:
[7] 3.1. Die Passivlegitimation der Beklagten (und damit ihre Eigenschaft als Bereicherungsschuldnerin) ergebe sich schon daraus, dass sie als Spielorganisatorin Empfängerin der Leistung des Klägers gewesen sei. Die wiederkehrenden Geldüberweisungen des Klägers auf ein Konto der Beklagten hätten zu ihrer unmittelbaren Bereicherung geführt. Von einer (Vorab‑)Zahlung zur Abwicklung eines allfälligen, im Zeitpunkt der Einzahlung noch gar nicht abgeschlossenen Glücksvertrags mit einem künftigen Mitspieler könne keine Rede sein. Die Rolle der Beklagten gehe insofern über jene einer bloßen „Abwicklungstreuhänderin“ hinaus, als der Nutzer vorweg eine Einzahlung auf ein Konto der Beklagten tätigen müsse, um „Spielguthaben“ zu erwerben und in dessen Umfang an den von der Beklagten (rechtswidrig) angebotenen Online‑Glücksspielen teilnehmen zu können.
[8] 3.2. Im Übrigen komme dem auf Rückforderung der erlittenen Spielverluste gerichteten Klagebegehren aufgrund des rechtswidrigen (ohne Konzession nach dem GSpG erfolgten) Angebots der Glücksspiele auch insoweit Berechtigung zu, als dieses auf Schadenersatz gestützt wurde. Das Verhalten der Beklagten sei für den eingetretenen Schaden kausal gewesen, hätte doch der Kläger bei Unterbleiben des verbotenen Glücksspiels den Schaden nicht erlitten.
[9] 4. Der erkennende Senat schließt sich – ebenso wie bereits der 4. Senat zu 4 Ob 229/21m sowie der 2. Senat zu 2 Ob 17/22x – diesen Ausführungen an. Die Revision der Beklagten ist mit den in den beiden genannten Parallelverfahren erhobenen Rechtsmitteln inhaltlich identisch und enthält keine zusätzlichen, nicht bereits zu 6 Ob 229/21a behandelten Argumente.
[10] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO. Der Kläger hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen.
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