Spruch:
Beiden Rekursen wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Bei einem Verkehrsunfall auf der Tauernautobahn am 17.11.1992 traten aus dem Tank des vom Beklagten gehaltenen Fahrzeuges ca. 50 Liter Dieseltreibstoff aus. Durch den Katastrophenschutzreferenten der Bezirkshauptmannschaft Hallein wurde die Klägerin mit der Entsorgung beauftragt, da wegen des starken Regens die Gefahr bestand, das Wasser-Öl-Gemisch könne über einen Sammelschacht in die Salzach gelangen. Für die Durchführung dieser Arbeiten stellte die Klägerin dem Beklagten den der Höhe nach unbestrittenen Klagsbetrag in Rechnung.
Mit ihrer am 11.3.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von S 10.377,40 sA schuldig zu erkennen. Sie sei von der Autobahnmeisterei fernmündlich mit der Entsorgung des Dieselkraftstoffes beauftragt worden, welche zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung unbedingt notwendig gewesen sei. Das Klagebegehren werde auf den Rechtsgrund der Geschäftsführung ohne Auftrag sowie auf § 1042 ABGB iVm § 92 StVO und §§ 30 ff WRG 19959 sowie auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Er habe der Klägerin niemals einen Auftrag erteilt und auch keine Zahlung zugesagt. Er hafte nicht für den Schaden, da ihn am Unfall kein Verschulden treffe. Da ein Auftragsverhältnis vorliege, bestehe kein Anspruch aus dem Titel der Geschäftsführung oder nach § 1042 ABGB.
Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Klägerin ihren Aufwand gemäß § 1042 ABGB ersetzt verlangen könne, da sie die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Verunreinigung von Gewässern gesetzt habe, zu welchen der Beklagte gemäß § 31 Abs.2 WRG verpflichtet gewesen wäre.
Aus Anlaß der Berufung des Beklagten hob das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil und das ihm zugrundeliegende Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Aus dem Klagsvorbringen, wonach die Klägerin im Zuge einer unbedingt notwendigen Sofortmaßnahme zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen von Beamten der Bezirkshauptmannschaft Hallein mit der Entsorgung beauftragt worden sei, ergebe sich, daß die Gerichte zur Entscheidung über dieses Ersatzbegehren nicht berufen seien. Gemäß § 31 Abs.3 WRG habe bei Gefahr im Verzug die Wasserrechtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten unverzüglich durchführen zu lassen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzung habe gemäß §§ 98 Abs.1, 117 Abs.1 WRG die Bezirksverwaltungsbehörde die Kosten im Verwaltungsverfahren vorzuschreiben. Ein derartiger Fall sei gegenständlich gegeben, weshalb für die Geltendmachung des Anspruches der Rechtsweg unzulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Rekurse beider Parteien sind, weil eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs.1 Z 1 ZPO vorliegt, unabhängig von der Höhe des Entscheidungsgegenstandes (2 Ob 51/91; 6 Ob 557/91; 2 Ob 508/91; 3 Ob 44/93) und ohne die Beschränkungen des § 502 Abs.1 ZPO (1 Ob 47/91; EvBl. 1991/62; RZ 1992/1) zulässig. Es kommt ihnen auch Berechtigung zu.
Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptung) maßgebend. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruches an (JBl. 1992, 108; SZ 62/108; SZ 61/88; ecolex 1992, 630; 1 Ob 44/92). Danach richtet sich, ob ein privatrechtlicher Anspruch nach § 1 JN erhoben wird, über den die Zivilgerichte - hier im streitigen Verfahren - zu entscheiden haben (JBl. 1992, 108; SZ 61/88; SZ 58/156; Fasching I 62 f und Lehrbuch2 Rdz 101). Für die Zuordnung von Ansprüchen zum Privatrecht oder zum öffentlichen Recht ist primär die Beteiligung gleichberechtigter oder aber über- und untergeordneter rechtsunterworfener Rechtssubjekte maßgebend (JBl. 1991, 514; JBl. 1985, 240; SZ 51/161; Fasching I 48 und Lehrbuch2 Rdz 100).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 1 Ob 237/71 = RZ 1972, 51, ausgesprochen, daß zur Entscheidung über das Begehren auf Ersatz des Aufwandes, der einem Dritten dadurch entstand, daß er im Auftrag der Wasserrechtsbehörde Arbeiten durchführte, welche die durch einstweilige Verfügung dieser Behörde hiezu Verpflichteten unterließen, die ordentlichen Gerichte berufen sind. Von dieser Rechtsansicht abzugehen, besteht kein Anlaß. Gegenteiliges läßt sich auch nicht aus der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung SZ 59/111 entnehmen. Die dort unter anderem behandelte Frage der Vorschreibung der Kosten einer Ersatzvornahme gemäß § 31 Abs.3 WRG im Verwaltungswege, berührt nämlich die Rechtswegzulässigkeit solange nicht, als die Klägerin ihren Anspruch nicht auf diesen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund stützt, sondern ausdrücklich auf die Bestimmung des § 1042 ABGB. In einem derartigen Falle liegt ein privatrechtlicher Anspruch auch dann vor, wenn die den Beklagten treffende gesetzliche Pflicht öffentlich-rechtlicher Natur war (SZ 59/111; SZ 62/130; Rummel in Rummel2 Rdz 10 zu § 1042). Der in einem derartigen Fall die Rechtswegzulässigkeit verneinenden Entscheidung EvBl. 1987/91 vermag der erkennende Senat aus den dargestellten Gründen nicht beizutreten. Entscheidungsgegenstand ist nicht der gemäß §§ 89, 117 Abs.1 WRG von der Wasserrechtsbehörde zu entscheidende Kostenersatzanspruch gegen den Verpflichteten gemäß § 31 Abs.3 WRG, sondern der bürgerlich-rechtliche Ersatzanspruch des Dritten, der den den Verpflichteten nach der genannten Gesetzesstelle treffenden Aufwand gemacht hat. Ob dieser behauptete bürgerlich-rechtliche Anspruch der Sache nach begründet ist, ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges nicht zu entscheiden (SZ 50/65; 1 Ob 44/92).
Obwohl die Sachverhaltsgrundlage unstrittig ist, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden, da die Bestimmung des § 519 Abs.2 letzter Satz ZPO nicht analog auf den Fall des § 519 Abs.1 Z 1 ZPO anwendbar ist. Anderenfalls würde der Oberste Gerichtshof infolge der hier unbeschränkten Rekurszulässigkeit auch in jenen Rechtsstreitigkeiten Sachentscheidungen fällen, die im Falle des § 519 Abs.1 Z 2 ZPO (in welchen gemäß Abs.2 letzter Satz auch in der Sache selbst entschieden werden könnte), niemals an ihn herangetragen werden könnten.
Es war daher in Stattgebung der Rekurse spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.
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