OGH 1Ob40/89 (1Ob41/89)

OGH1Ob40/89 (1Ob41/89)15.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in den ver undenen Rechtssachen der klagenden Parteien

1. Univ.Doz. Dr. Friedbert K***, Facharzt, Bachgasse 21, 6060 Absam, und 2. Wilfried G***, Kaufmann, Breitweg 8-10, 6060 Hall in Tirol, beide vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ö*** S*** AG,

Wirerstraße 10, 4820 Bad Ischl, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 87.257,73 bzw. S 125.685,02 jeweils s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. Mai 1989, GZ 6 R 56, 57/89-34, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 21. Dezember 1988, GZ 1 Cg 48/88-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die Kosten des Revisionsverfahrens, und zwar der Erstkläger S 3.898,80 (darin S 649,80 Umsatzsteuer) und der Zweitkläger S 5.615,10 (darin S 935,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Seit Jahrhunderten speiste der Salzbergbach den Hacklteich (Grundstück 2359 KG Absam), der zur Geschiebeabsonderung angelegt und von der beklagten Partei gewartet wurde; die Wartungskosten trug nach uraltem Recht die Stadtgemeinde Hall in Tirol zu einem Drittel. Der Teich sollte verhindern, daß das vom Salzbergbach mitbeförderte Geschiebe weitergeschleppt werde und an den am Unterlauf betriebenen Anlagen Schäden verursache.

Vom Hacklteich an teilte sich das Wasser des Salzbergbaches:

Einer der beiden Ausflüsse war der Weißenbach, der andere - Bergbach genannt - war durch eine Wehranlage gesichert. Dieser floß durch das Frauental zur Wasserteilhütte, in welcher die Wassermenge im Verhältnis von etwa 2 : 1 in den Amtsbach (auch Absamer- oder Mühlbach) und den Baubach (auch Berg- oder Stadtbach genannt) geteilt wurde.

Am Weißenbach wird ungefähr seit 1910 von der Stadtgemeinde Hall in Tirol ein E-Werk betrieben. Von dieser Anlage führt eine Rohrleitung - der "Unterwasserkanal" - zur Wasserteilhütte, so daß der Amts- und der Baubach einerseits durch den Zufluß über das Frauental und andererseits durch den Unterwasserkanal gespeist wurden.

Kam in wasserarmen Monaten durch den Unterwasserkanal weniger Wasser, wurde der Wasserteilhütte über das Frauental zusätzliches Wasser zugeführt, indem das Wehr geöffnet wurde. Das geschah vor allem dann, wenn infolge Instandsetzungsarbeiten am E-Werk durch den Unterwasserkanal kein Wasser zufloß. Durch dieses Wasserzufuhrsystem war das ganze Jahr über für den Amts- und den Baubach genügend Wasser vorhanden.

Wie aus der Wasserbuchpost 865 des Wasserbuches der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hervorgeht, wurde auf Grund eines Auszuges aus EZ 635 II KG Absam im Wasserbuch das Recht des Ärars, Salinenverwaltung in Hall i.T., eingetragen, aus dem Salzbergbach (im Unterlauf Weißenbach genannt) die salinenärarischen Bäche, und zwar den Absamerbach (Amts- oder Mühlbach) und den Bergbach (Bau- oder Stadtbach) mit der ihnen zustehenden Wassermenge zu versorgen. Als Anlage bzw Liegenschaften, mit welchen dieses Wasserrecht verbunden ist, sind dort der Hacklteich auf dem Grundstück 2359 und die Wasserteilhütte auf dem Grundstück 2356 (je EZ 635 II KG Absam) angeführt. Der Salzbergbach ist nach dieser Eintragung Privatgewässer des Ärars, Salinenverwaltung in Hall i.T.; hiezu wird dort auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.1.1912, Zl. 413 (= VwSlg 8682/A) Bezug genommen.

Aus dem der Eintragung zugrundegelegten, von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (Wasserbuchdienst) hergestellten Auszug ergibt sich, daß der Amts- und der Baubach salinenärarische Bäche waren. Das Bett des Amtsbaches erstreckte sich auf die Grundstücke 2342, 2343, 2345, 2346, 2347, 2348/1, 1348/3, 2349, 2356, je EZ 635 II KG Absam sowie auf die Grundstücke 1100 und 1101, je EZ 446 II KG Hall i.T., das des Baubaches auf die Grundstücke 2352 und 2355, je EZ 635 II KG Absam. Als Belastungen waren in COZ 19 und 20 der EZ 635 II KG Absam im Rang vom Tage der Eröffnung des Grundbuches an unbeschadet eines nachzuweisenden besseren Ranges, und zwar in COZ 19 auf dem Grundstück 2349 auf Grund Ersitzung die Dienstbarkeit der Benutzung des gesamten Bachwassers zum Betrieb des berechtigten Werkes zugunsten des jeweiligen Eigentümers der W*** auf Grundstück 144, EZ 425 II KG Absam, und in COZ 20 auf dem Grundstück 2356 auf Grund Ersitzung die Dienstbarkeit der Benutzung des gesamten Bachwassers zum Betrieb des berechtigten Werkes zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Grundstücke 146 und 147, je EZ 401 II KG Absam einverleibt. Diese Dienstbarkeiten finden sich jetzt unter COZ 18 und 19 im Lastenblatt der EZ 635 II KG Absam, deren Eigentümerin die beklagte Partei ist. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehören u.a. die Grundstücke 2349, 2356/1 und 2356/4 je Gewässer (Bach). Die Dienstbarkeit COZ 19 (früher COZ 20) ist nunmehr zugunsten des Grundstückes 146 allein einverleibt; belastetes Grundstück ist 2356/1.

Der Erstkläger ist Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 425 II KG Absam mit dem Grundstück 144; auf diesem Grundstück betreibt er ein Kraftwerk.

Schon seit dem vorigen Jahrhundert war die I***

S*** H*** UND R***, später die H*** UND

R*** Gesellschaft mb.H., Eigentümerin von unterhalb der Wasserteilhütte am Amtsbach gelegenen Grundstücken, auf welchen sie eine Spinnereifabrik betrieb. Mit Kaufvertrag vom 29.1.1890 kaufte sie von der Gemeinde Absam die Wasserrechte des gesamten Mühlbaches (Amtsbaches) von der damaligen Einlaßstelle ihrer Spinnerei bis hinauf zu jener Stelle, die 17 m unterhalb der Wasserteilhütte liegt. Mit Überlassung dieser Wasserkraft wurde ihr das Recht zur ausschließlichen Benützung der ganzen Wassermenge des Mühlbaches (Amtsbaches) auf der vorbeschriebenen Strecke eingeräumt. Die Wasserrechte wurden ihr ins Eigentum übertragen. Die Gemeinde Absam leistete Gewähr, daß auf das verkaufte Wasserrecht von keiner Seite Ansprüche erhoben werden. Unter Wasserbuchpost 685 findet sich als Urkunde 1 ein an die I*** S*** H*** UND R*** gerichtetes

Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28.10.1893, Zl 21316, womit jener die Bewilligung erteilt wurde, die für den Betrieb ihrer Fabrik in Absam bereits bestehende Druckrohrleitung in der Weise zu vergrößern bzw zu verlängern, daß der Einlauf bis 17 m unterhalb der Wasserteilhütte verlegt werde und von dort nach Bedarf das gesamte Wasser des Amtsbaches in ein 43 m langes, 1 m breites und 0,8 m hohes hölzernes Ringrohr bis zum Sammelkasten geleitet und von dort aus der Druckrohrleitung bis zum damals bestandenen Einlaß geführt und hier an die bereits bestehende Druckrohrleitung angeschlossen werden dürfe. Diese wasserrechtliche Bewilligung wurde der Gesellschaft u.a. unter der Auflage erteilt, die Zu- und Ableitung des Betriebswassers der Turbine derart zu regulieren, daß "die unterhalb befindlichen Wasserwerksbesitzer keinen Grund zur Klage haben", also "der Abfluß aus der Fabrik stets ein gleichmäßiger" sein müsse. Punkt 5 dieses Schreibens lautet:

"Zum Zwecke der Ablösung der vom k.k. Salinenärar an dem Amtsbach geltend gemachten Besitz- bzw Hoheitsrechte, soweit sie das gegenständliche Projekt respektive die in Rede stehende Bachstufe betreffen, hat die gesuchstellende Firma an das genannte Ärar den einmaligen Betrag von 50 Gulden ...zu leisten. Dieses bereits bei der am 20.6.1893 stattgehabten Verhandlung zustandegekommene Übereinkommen ist mittlerweile durch den Erlaß des k.k. Finanzministeriums vom 21.10.1893, Zl 39669, ....genehmigt worden......"

Die P*** Handels- und Produktionsgesellschaft

m. b.H. & Co KG in Absam (kurz Firma P*** - bei den Vorinstanzen noch drittklagende Partei) kaufte von der H*** UND R*** Gesellschaft m.b.H. am 21.12.1983

das Grundstück 146 KG Absam, mit dessen Eigentum das Recht des Wasserbezuges vom Amtsbach verbunden ist. Auf dem Grundstück 146 wird die Kraftwerksanlage betrieben. Diese Anlage und sämtliche Wasserrechte wurden, soweit sie überhaupt sonderrechtsfähig sind, vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H*** UND R*** Gesellschaft

m. b.H. mit Vertrag vom 4.2.1985 dem Erstkläger (und Hubert K***) zu (je) 24,5 %, dem Zweitkläger zu 41 % und der Firma P*** zu 10 % verkauft. Mit Vertrag vom selben Tag räumte die Firma P*** dem Erst- und dem Zweitkläger sowie Hubert K*** das immerwährende Bestandrecht

für deren Kraftwerksanlage auf dem Grundstück 146 ein; gleichzeitig wurde das mit diesem Grundstück verbundene Wasserbezugsrecht unter die Kläger, Hubert K*** und die Firma P*** im Verhältnis der vorgenannten Hundertsätze aufgeteilt. Im Kaufvertrag vom 4.2.1985 ist weiters festgehalten, daß das mit dem Grundstück 146 verbundene Wasserbenützungsrecht gemäß § 22 WRG mit der Anlage verbunden

werden und deshalb ein entsprechender Antrag an den Landeshauptmann von Tirol gestellt werden sollte. Diesem Antrag wurde von der Wasserrechtsbehörde auch stattgegeben, so daß die wasserrechtliche Bewilligung nunmehr mit der Anlage selbst verbunden ist.

Da die beklagte Partei beabsichtigte, den Salzbergabbau in Hall i.T. einzustellen, benötigte sie die ihr

zustehenden Wasserrechte nicht mehr weiter. Mit ihrer am 23.3.1967 an die Wasserrechtsbehörde gerichteten Eingabe verzichtete sie deshalb auf ihre Wasserrechte an den bis dahin in ihrem Eigentum stehenden Bächen. Die Wasserrechtsbehörde leitete darauf das Verfahren wegen Zurücklegung

von Wasserrechten zur Prüfung der Frage, ob der beklagten klagten Partei letztmalige Vorkehrungen im Sinne des § 29 WRG vorzuschreiben seien, ein. Noch im Jahre 1971, also während des wasserrechtlichen Verfahrens, ließ die beklagte Partei den Hacklteich schleifen und das natürliche Gerinne wiederherstellen, was zur Folge hatte, daß

seither vom Salzbergbach kein Wasser mehr in das Frauental fließt. In den wasserarmen Monaten gelangt deshalb seit der Schleifung des Hacklteiches insgesamt weniger Wasser in die Wasserteilhütte als zuvor; bei Stillstand des E-Werks am Weißenbach kommt auch über den Unterwasserkanal kein Wasser, so daß die Kläger dann in ihren Anlagen keinen Strom erzeugen können. Infolge Schleifung des Hacklteiches gräbt sich das Wildwassergerinne des Salzbergbaches außerdem stets tiefer in das Bachbett ein. An sich

wäre es technisch möglich gewesen, das Wehr des Hacklteichs einige 100 m bergwärts zu verlegen, um so den Zufluß in das Frauental zu sichern.

Im wasserrechtlichen Verfahren erließ der Landeshauptmann von Tirol am 22.1.1970 einen Bescheid, mit welchem

die Schleifung des Hacklteiches mit der Begründung, die angrenzenden Siedlungen seien durch Wasseraustritte noch unmittelbarer als früher gefährdet, angeordnet wurde; dagegen wurden Verfügungen über den Wasserzufluß ins Frauental nicht getroffen. Berufungen anderer Personen als der Kläger blieben erfolglos; dagegen hoben der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Berufungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dessen Inhalts und diese den Bescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz auf.

Erst nachdem die Wasserrechtsbehörde am 28.5.1979 einen neuen Bescheid erlassen hatte, beteiligten sich die von ihrem Obmann, dem Erstkläger, vertretene Wassergenossenschaft Amtsbach und Ing. Josef G***, der Vater des Zweitklägers, am weiteren Verfahren. Nur letzterer und Juliane L*** bekämpften diesen Bescheid sowie den

bestätigenden Bescheid der Berufungsbehörde mit dem Ziel, den Zufluß durch das Frauental aufrechtzuerhalten. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof schloß sich die vom

Erstkläger als Obmann vertretene Wassergenossenschaft Amtsbach den Anträgen Ing. Josef G*** und Juliane

L*** an. Deren Beschwerden gab der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht Folge. Soweit die Beschwerdeführer

ihre Ansprüche in bezug auf das Gerinne im Frauental auch auf ein Vertragsverhältnis zwischen ihnen und der beklagten Partei stützten, habe die Wasserrechtsbehörde - so der Verwaltungsgerichtshof - bei Anwendung des § 29 WRG über derartige zivilrechtliche Forderungen nicht abzusprechen. Den Beschwerdeführern bleibe es überlassen, solche Forderungen im ordentlichen Rechtsweg durchzusetzen. Aus § 29 WRG könne bei Ausfall des E-Werks Hall kein Anspruch auf Wasserzufuhr über das Frauental abgeleitet werden, weil es sich dabei weder um die Nachholung einer versäumten Instandhaltung wasserbaulicher Anlagen noch um die Beseitigung vorhandener Anlagen, die den Beschwerdeführern Schaden zufügen könnten, handle.

In keiner der vorgelegten Urkunde wird die Wassermenge, die den Wasserberechtigten zur Nutzung zur Verfügung zu stehen hat, ziffernmäßig näher quantifiziert.

Der Erst- und der Zweitkläger begehren mit ihren

getrennt eingebrachten, jedoch zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 87.257,73 bzw S 125.685,02 je s.A. Durch die Schleifung des Hacklteiches stehe ihren Wasserkraftanlagen insgesamt eine geringere Wassermenge zur Verfügung, so daß sie weniger Strom erzeugen könnten als bisher. Diese Maßnahme stelle einen

rechtswidrigen Eingriff in die Dienstbarkeit der Wasserbenützung dar; diese Servitut sei einerseits ersessen, andererseits auch im Grundbuch eingetragen. Ferner habe sich

die beklagte Partei der Rechtsvorgängerin der Kläger gegenüber auch vertraglich zur Bereitstellung des Wassers über einen Zufluß aus dem Frauental verpflichtet. Die beklagte Partei habe aber Maßnahmen, durch die den Klägern trotz Schleifung des Hacklteiches das gesamte Bachwasser gesichert geblieben wäre, unterlassen. Die Kläger hätten zwar versucht, ihre Ansprüche im Wasserrechtsverfahren durchzusetzen, seien dort aber auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden.

Die beklagte Partei bestritt die Aktivlegitimation der Kläger und wendete ferner ein, sie habe nicht rechtswidrig gehandelt, weil sie den Hacklteich infolge behördlicher Anordnung zum Schutz der Anrainer habe schleifen müssen. Von der Wasserrechtsbehörde seien hier auch keine letztmaligen Vorkehrungen gemäß § 29 WRG vorgeschrieben worden.

Die Kläger hätten als Mitglieder der Wassergenossenschaft Amtsbach auch persönlich auf alle Ansprüche gegen die beklagte Partei konkludent verzichtet, weil die Wassergenossenschaft im Vertrag, mit dem ihr die beklagte Partei verschiedene Grundstücke verkauft habe, auf alle Forderungen

der Genossenschaft bzw ihrer Mitglieder verzichtet habe. Den Klägern stehe kein grundbücherlich sichergestelltes Recht auf den Wasserbezug in bestimmtem Umfang zu. Sollte ein solches Recht je bestanden haben, wäre es infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage wegen wesentlich geänderter

Verhältnisse erloschen. Allfällige Schadenersatzansprüche seien verjährt; überdies habe die beklagte Partei die Freiheit von der Dienstbarkeit ersessen.

Das Erstgericht wies das Begehren der Kläger ab. Nur der Erstkläger könne sich auf eine Dienstbarkeit der Wasserbenützung berufen. Der Zweitkläger vermöge sich auf sein Miteigentum an der Kraftwerksanlage auf dem Grundstück 146 KG Absam, mit welcher die wasserrechtliche Benützungsbewilligung verbunden sei, nicht berufen, weil diese von einer Dienstbarkeit der Wasserbenützung streng zu trennen sei. Dem Erstkläger stehe hingegen das dingliche Recht auf Wasserbenützung zu, über deren Ausmaß jedoch gestritten werde. Eine Dienstbarkeit könne auch im Wege der Freiheitsersitzung eingeschränkt werden. Da die beklagte Partei bloß zur Duldung der Wassernutzung

verpflichtet sei, sei das Recht des Erstklägers als Servitut zu beurteilen. Die Verjährung nach § 1488 ABGB setze die Widersetzung des Verpflichteten und die Unterlassung der Rechtsverfolgung durch den Berechtigten während dreier Jahre voraus. Durch die Schleifung des Hacklteiches sei die Ausübung der Dienstbarkeit infolge eines Verhaltens der beklagten Partei insoweit unmöglich gemacht worden. Der Erstkläger bzw seine Rechtsvorgänger hätten hievon gewußt, dennoch aber ihre Kraftwerksanlagen mit der verminderten Wassermenge weiterbetrieben. Er habe sich auch

bis 1979 weder am Verwaltungsverfahren beteiligt noch sonstige Schritte zur Wahrung seiner Rechte unternommen, weshalb der Fristenlauf im Sinne des § 1488 ABGB nicht gehemmt worden sei. Die Dienstbarkeit sei deshalb seit 1975 auf jenen Umfang eingeschränkt, in welchem sie derzeit ausgeübt werde. Mit der Ersitzung der Freiheit von der Servitut sei auch der obligatorische Anspruch erloschen; nach Ablauf einer Verjährungszeit könne auf einen noch nicht verjährten Titel nicht mehr zurückgegriffen werden. Jedenfalls seit 1976 könne daher von einem rechtswidrigen Eingriff in die Rechtsstellung der Kläger nicht mehr gesprochen werden, weshalb die geltend gemachten Schadenersatzansprüche zu verneinen seien.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und sprach aus, daß die Revision in beiden verbundenen Verfahren nicht zulässig sei. Kennzeichnend für die Dienstbarkeit sei, daß sie den Eigentümer der Sache nicht zu einem bestimmten Tun, sondern bloß zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichte, wogegen der Reallastberechtigte vom Grundeigentümer ein positives Tun fordern könne. Auch die Dienstbarkeit könne reallastähnliche Elemente aufweisen, doch dürfe die Verpflichtung zu positiver Leistung

nicht Hauptinhalt des Rechtes sein. Die Kläger behaupteten selbst, die Dienstbarkeit der Benützung des gesamten Bachwassers zu haben. Ein solches Recht habe keine Leistungspflicht der beklagten Partei zum Gegenstand, sondern bloß die Pflicht zur Duldung der Wasserbenützung, so daß die Bestimmung des § 1488 ABGB Anwendung finde. Die Servitut bezeichne nicht das Grundstück 2359 KG Absam (also den Hacklteich) als dienendes Gut, sondern nur den Amtsbach selbst betreffende Grundstücke. Auch die vom Erstgericht festgestellten Verträge bezögen sich lediglich auf das gesamte Bachwasser ab der Wasserteilhütte und nicht auch auf den Hacklteich und den Zufluß über das Frauental. Schon deshalb bestünden erhebliche Bedenken, ob aus der Schleifung des Hacklteichs von den Klägern Schadenersatzansprüche abgeleitet werden könnten. Darüber hinaus wäre

ein solcher Anspruch durch Freiheitsersitzung gemäß § 1488 ABGB erloschen. Dabei sei auf den Gang des Verwaltungsverfahrens nicht weiter einzugehen, zumal die Kläger das Recht, soviel Wasser zu benützen, als ihnen vor der Schleifung des Hacklteichs zur Verfügung stand, auf einen privatrechtlichen Titel stützten; derartige Ansprüche könnten unabhängig vom Verwaltungsverfahren bei den Gerichten geltend gemacht werden. Das Wasserrechtsgesetz sehe keine sukzessive Kompetenz dahin vor, daß die privatrechtlichen Ansprüche erst nach erfolglosem Verwaltungsverfahren vor Gericht durchgesetzt werden könnten. Die Bestimmung des § 29 WRG diene dazu, das mit der konsenslos gewordenen Anlage verbundene Risiko entweder durch Entfernung oder durch gänzliche oder teilweise Erhaltung der Anlage auszuschalten. Grundsätzlich sei der ehemalige Betreiber der Wasserbenutzungsanlage verpflichtet, die Anlage nach Erlöschen seines Wasserbenutzungsrechtes zu beseitigen. Dagegen sei in einem solchen Verfahren nicht die Frage zu klären, ob der früher Wasserberechtigte Unterliegern gegenüber zur Erhaltung seiner Anlage aus privaten

Rechtstiteln verpflichtet sei. Die Kläger könnten sich schon deshalb nicht darauf berufen, daß im Wasserrechtsverfahren ohnedies der nun von ihnen behauptete Umfang der Dienstbarkeit geltend gemacht worden sei. Im übrigen hätten die Rechtsvorgänger der Kläger bis 1976 bei der Verwaltungsbehörde darauf abzielende Anträge nicht gestellt.

Rechtsverfolgung im Sinne des § 1488 ABGB bedeute nur die gerichtliche Geltendmachung. Den Klägern könne auch nicht dahin gefolgt werden, sie hätten ihr Wasserrecht nicht ausgeübt, so daß ein der Widersetzlichkeit gleichkommendes Verhalten der beklagten Partei gar nicht in Betracht komme; sie hätten nämlich nicht behauptet, daß sie bzw ihre Rechtsvorgänger während der dreijährigen Frist des § 1488 ABGB ihre Wasserbenutzungsanlagen überhaupt nicht betrieben hätten. Somit habe die beklagte Partei für den Fall, daß den Klägern die behauptete Wassernutzung überhaupt zugestanden sei, im Wege der Freiheitsersitzung gemäß § 1488 ABGB eine Einschränkung der Benützungsrechte auf den gegenwärtigen Umfang erwirkt. Dem Erstgericht sei auch darin zu folgen, daß die obligatorischen Titel für die behauptete Dienstbarkeit keine über die Freiheitsersitzung der Dienstbarkeit hinausreichende Wirkung haben

könnten, weil sich das Rechtsinstitut der Freiheitsersitzung sonst erübrige. Bei diesem Ergebnis könne es unerörtert bleiben, ob dem Zweitkläger ein von ihm selbst

durchsetzbares Recht aus der bloß obligatorischen Weitergabe der Rechte aus der Dienstbarkeit zustehe; bei einer Dienstbarkeit des Gebrauches wäre jedenfalls eine Weitergabe der Ausübung nach oder durch Bestandverträge nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Klägern erhobene außerordentliche Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst ist festzuhalten, daß sich der Zweitkläger auf eine Dienstbarkeit zur Benützung des Bachwassers - etwa wie der Erstkläger als Miteigentümer des Grundstückes 144 KG Absam - nicht berufen kann. Er ist weder Eigentümer einer Liegenschaft oder eines Grundstückes, mit welchen solche Rechte verbunden wären, noch

kann er sich auf eine persönliche Dienstbarkeit dieses Inhaltes berufen. Allein deswegen, daß ihm die Firma P*** neben anderen Bestandnehmern das immerwährende

Bestandrecht u.a. an der mit dem Eigentum ihres Grundstückes 146 KG Absam verbundenen Dienstbarkeit eingeräumt hat (vgl Beilage Q), kommt ihm noch nicht die Rechtsstellung eines Servitutsberechtigten zu; im übrigen wäre für ihn selbst bei Bejahung einer solchen Rechtsstellung - wie im folgenden darzulegen sein wird - nichts gewonnen.

Die Kläger machen erneut geltend, das Recht zur Benützung des gesamten Bachwassers für Betriebszwecke

sei - wenngleich als Dienstbarkeit intabuliert - Reallastberechtigung.

Dazu ist ihnen mit den Vorinstanzen entgegenzuhalten, daß nicht die von ihnen ins Treffen geführte "Zurverfügungstellung" (ON 35 S. 15), sondern die "Benützung" des gesamten Bachwassers Gegenstand des einverleibten Rechtes und damit - jedenfalls in der Hauptsache -

- nicht ein positives Tun des Verpflichteten, sondern bloß die Duldung von Handlungen des Berechtigten Inhalt der Servitut ist; ein solches Verhalten ist typischer Inhalt der Dienstbarkeit. Am Wesen des Rechtes als Dienstbarkeit ändert sich auch nichts, wenn der Belastete zu gewissen positiven Leistungen verhalten ist, soweit diese nur nicht Hauptinhalt des Rechtes, sondern bloß Mittel zum Zweck sind. Ist eine solche Pflicht zum positiven Tun Nebenpflicht, enthält die Dienstbarkeit eben auch Elemente der Reallast, ohne eine solche zu sein. Solche Nebenpflichten (etwa Erhaltungspflichten) können auch rechtsgeschäftlich begründet werden (§§ 482 f ABGB; Petrasch in Rummel, ABGB, § 482 Rz 1 mwN). Selbst wenn daher die beklagte Partei zur Erhaltung gewisser Anlagen verpflichtet wäre, änderte dies nichts daran, daß das Recht zur Benützung des gesamten Bachwassers für Betriebszwecke insgesamt als Dienstbarkeit zu beurteilen ist.

Soweit sich die Kläger auf die Dienstbarkeit der Benützung des Bachwassers für Betriebszwecke berufen, hat die beklagte Partei die Verjährung dieses Rechtes eingewendet. Gemäß § 1488 ABGB verjährt das Recht der Dienstbarkeit durch Nichtgebrauch, wenn sich der Verpflichtete der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat. Die im § 1488 ABGB geregelte Freiheitsersitzung ist nach Lehre (Schubert in Rummel, ABGB, und Mader in Schwimann, ABGB, jeweils § 1488 Rz 1; Klang in Klang2 VI 631) und Rechtsprechung (NZ 1986, 188; SZ 48/74 uva) den Verjährungsregeln unterworfen; der Lauf der dreijährigen Frist setzt damit schon dann ein, wenn ein Hindernis errichtet wird, das die Ausübung der Servitut für den Berechtigten wahrnehmbar unmöglich macht oder wenigstens einschränkt (SZ 58/98 uva; Schubert aaO Rz 2; Mader aaO Rz 4; Welser in JBl 1983, 17; Iro in JBl 1982, 35). Die beklagte Partei hat, noch bevor der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22.1.1970, der diese Maßnahme angeordnet hatte, in Rechtskraft erwachsen hätten können, schon im Jahre 1971 den Hacklteich schleifen und das natürliche Gerinne des Salzbergbaches wiederherstellen lassen, was zur Folge hatte, daß seither vom Salzbergbach kein Wasser mehr durch das Frauental der Wasserteilhütte zufließt. Eine solche noch nicht rechtskräftig angeordnete und daher aus eigenem Willensentschluß gesetzte Maßnahme war zweifellos eine Widersetzung im Sinne des § 1488 ABGB und demnach der von der Revision vermißte "autonome Entscheidungsprozeß" des Servitutsverpflichteten. Durch diese offenkundige und daher für die Kläger ohne weiteres wahrnehmbare Vorkehrung wurde es den Klägern unmöglich gemacht, jene Bachwassermenge zu benützen, die ihnen vor dieser Maßnahme für Betriebszwecke zur Verfügung gestanden war. Die Kläger leiten ihre Schadenersatzansprüche gerade aus der infolge Schleifung des Hacklteichs entstandenen Verringerung des Gesamtwasserzuflusses zu ihren Kraftwerksanlagen ab und verlangen somit den Ersatz jenes Schadens, den sie infolge des damit behaupteten Eingriffs in ihre Dienstbarkeit auf Benützung der gesamten Bachwassermenge (bzw des behaupteten Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei zur Zuleitung der gesamten bei Vertragsabschluß zur Verfügung gestandenen Wassermenge) erlitten haben. Die Kläger machen diese Schadenersatzansprüche jeweils für den Zeitraum vom 14.12.1984 bis 31.5.1987 geltend. Da die Dienstbarkeiten der Benützung des gesamten Bachwassers für betriebliche Zwecke, soweit sie den Klägern überhaupt zustehen, durch die spätestens Ende 1974 eingetretene Freiheitsersitzung auf jenen Umfang eingeschränkt wurden, in welchem die Kläger das Bachwasser seither benutzen können, war der Zustand, der von der beklagten Partei durch die die Verringerung der Wasserzufuhr auslösenden Vorkehrungen herbeigeführt wurde, während des fraglichen Zeitraumes nicht mehr rechtswidrig, so daß die auf schuldhafte Eingriffe in die Dienstbarkeiten gestützten Ersatzansprüche zu verneinen sind.

Auch der Standpunkt, durch die Beteiligung der Rechtsvorgänger der Kläger am wasserrechtlichen Verfahren, deren Ziel ebenfalls die Wiederherstellung des Hacklteiches gewesen sei, sei die Verjährung im Sinne des § 1497 ABGB unterbrochen worden, ist nicht stichhältig. Da die Freiheitsersitzung Verjährung ist, wird der Rechtsverlust nur durch gerichtliche Geltendmachung des von der Verjährung bedrohten Rechtes gehindert, nicht aber auch schon durch die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens, es sei denn, dies wäre im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben (RZ 1983/8 mwN; Mader aaO Rz 7). Derartige gesetzliche Vorschriften bestehen aber nicht. Auch das von der Wasserrechtsbehörde zur Klärung, ob und inwieweit der bisher Berechtigte bei Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten letztmalige Vorkehrungen zu treffen habe, gemäß § 29 WRG durchzuführende

Verfahren dient anderen Zielen als der Durchsetzung der Duldung privatrechtlich begründeter Dienstbarkeiten, so daß weder dessen Einleitung noch die Beteiligung der Dienstbarkeitsberechtigten an solchen Verfahren privatrechtliche Wirkungen zur Folge haben könnte; im übrigen

hat sich auch keiner der Kläger am wasserrechtlichen Verfahren beteiligt. Die Intervention seines Vaters könnte

dem Zweitkläger nur zugerechnet werden, wenn er dessen Rechtsvorgänger wäre; auch der Vater des Zweitklägers hat sich am wasserrechtlichen Verfahren aber ohnehin erst ab Mitte 1979, demnach also bereits lange nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1488 ABGB, beteiligt. Das in der Revision hervorgehobene bewußte Zuwarten bis zum Ausgang des Wasserrechtsverfahrens war, selbst wenn es von einer Wasserrechtsbehörde gewünscht worden wäre, zur Wahrung der privatrechtlichen Interessen der Kläger nicht geeignet.

Schon in erster Instanz haben sich die Kläger jedoch nicht bloß auf Servitutseingriffe, sondern auch auf Verstöße der beklagten Partei gegen vertragliche Bindungen

berufen. Titel der Dienstbarkeiten sei die Ersitzung; daneben sei die beklagte Partei aber auch auf Grund des Vertrages vom 20.6.1893 verpflichtet, den Klägern - ebenso

wie früher deren Rechtsvorgängern - jene Wassermenge zu überlassen, die diesen infolge der Aufstauung des Salzbergbaches im Hacklteich und den hiedurch ermöglichten regulierbaren Zufluß über das Frauental stets zum Betrieb ihrer Kraftwerksanlagen zur Verfügung standen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die I***

S*** H*** UND R*** mit dem im Erkenntnis

der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28.10.1893, Zl. 21.316, beurkundeten Übereinkommen vom 20.6.1893 lediglich zwecks Ablösung der von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei am Amtsbach geltend gemachten

"Besitz- und Hoheitsrechte", soweit sie sich auf die vom wasserrechtlichen Gesuch betroffene Bachstrecke bezogen, zur Zahlung einer einmaligen Entschädigung von 50 Gulden an das k.k. Salinenärar verpflichtete. Hingegen kann diesem Übereinkommen - jedenfalls soweit es im Prozeß dargetan wurde - nicht auch die Einräumung privatrechtlicher Nutzungsrechte am Amtsbach und erst recht nicht die von den Klägern behauptete Verpflichtung der beklagten Partei entnommen werden. Auf diese Abmachung können sich die Kläger zur Begründung ihrer Schadenersatzansprüche somit nicht mit Erfolg stützen. Auf die Frage, ob die Kläger sich auf die erwähnte Vereinbarung überhaupt berufen könnten, muß dann nicht eingegangen werden.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Da es sich um verbundene Rechtssachen handelt, hat der Erstkläger für 40,98 % und der Zweitkläger für 59,02 % der richtig verzeichneten Kosten der beklagten Partei aufzukommen.

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