Spruch:
Der außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Gegenstand des Rechtsmittels ist die Frage, ob der Sturz des Klägers, eines geübten Schifahrers, am 19.Februar 1994 bei guten Sichtverhältnissen auf dem von zwei Bergstraßen (Querwegen) gequerten, mittelschweren und sehr gut präparierten Trainingshang (breite Waldschneise) und der dadurch ausgelöste Aufprall des Klägers gegen eine etwa 2 m hohe, nicht gepolsterte, ummantelte oder sonst abgesicherte Holzstange (Rundling) des 60 - 70 m langen Fangnetzes, das sich etwa quer zur Pistenlängsachse - bei dessen Rechtskurve - zur Absicherung einer Geländekante hinter dem zweiten (unteren) Querweg befindet und von einem Schifahrer aus mindestens 300 - 400 m Entfernung wahrgenommen werden kann, und die daraus resultierenden Verletzungsfolgen des Klägers auch auf eine schuldhaft rechtswidrige Unterlassung der beklagten Liftbetreiberin und Pisterhalterin im Rahmen der ihr als Nebenverpflichtung aus dem Beförderungsvertrag obliegenden Pistensicherungspflicht zurückzuführen sind.
Der Kläger, der den Hang am Unfallstag bereits drei- oder viermal befahren hatte, und vor seinem Sturz mit einer Geschwindigkeit von 35 - 40 km/h in etwa 5 m breiten Schwüngen befuhr, geriet in Rückenlage. Dabei ging die Bindung seines rechten Schis auf; dieser Schi löste sich. Der Kläger landete etwa 6 m unterhalb des ersten Querwegs mit dem Gesäß auf der Piste, rutschte in der Folge mit etwa 30 km/h etwa 30 m talwärts. Etwa 20 m oberhalb des zweiten Querwegs, 10 m vom rechten und rund 23 m vom linken Pistenrand entfernt, konnte sich der Kläger wieder aufrichten und fuhr mit dem linken Schi talwärts. Im flacheren Teil drehte er den linken Schi nach rechts und rutschte dabei aufrecht mit der linken Körperseite mit etwa 30 km/h gegen eine Verankungsstange des Fangnetzes. Ab dem ersten Sturz etwa 6 m unterhalb des ersten Querwegs legte der Kläger bis zur Endlage rund 70 m in etwa 8,4 Sekunden zurück. Es wäre ihm ohne weiteres - durch Einsetzen der Kante des linken Schis - möglich gewesen, auf dieser Strecke vor dem Erreichen des Flachstücks mit dem Netz anzuhalten. Es war ein Fehler, daß der Kläger nach dem Sturz beim Abrutschen versuchte, wieder aufzustehen und einen weiteren Sturz zu vermeiden.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
a) Die den Pistenhalter treffende Pistensicherungspflicht bedeutet nicht die Verpflichtung, den Skifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, die ihm von der Piste her droht, würde doch eine solche Forderung dem Pistenhalter unerträgliche Lasten aufbürden, die in keinem vertretbaren Verhältnis zum Schutzeffekt stünden; eine vollkommene Verkehrssicherung ist weder auf Skipisten noch sonstwo zu erreichen (4 Ob 531/92 = JBl 1993, 112 = ZVR 1993/97; 6 Ob 661/94 = EFSlg 78.494 ua, je mwN). Der Pistenhalter und seine Leute sind zur Ergreifung entsprechender Schutzmaßnahmen nur dann verpflichtet, wenn den Skifahrern atypische, also solche Gefahren drohen, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewußten Schifahrer unerwartet auftreten oder schwer abwendbar sind (JBl 1993, 112 mwN ua). Dies ist jedenfalls bei Hindernissen der Fall, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann. Nur letzteres käme hier in Frage. Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Verhältnis zwischen Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewußten Pistenbenützers und andererseits durch den Pistenhalter mit den nach der Verkehrsanschauung adäquaten Mitteln maßgebend (ZVR 1989/132 = VersR 1989, 539; 1 Ob 533/91, insoweit nicht veröffentlicht in NRSp 1991/140; 2 Ob 501/93 = SZ 66/16 = ZVR 1993/161 [Pichler] = EvBl 1994/1; JBl 1993, 112 ua).
Skipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechende Felsen, an Steilflanken oder ähnliche Geländeformationen heranführen, sind nach herrschender Auffassung durch geeignete Schutzmaßnahmen zu sichern. Obwohl im alpinen Gelände mit solchen Abbrüchen gerechnet werden muß, sind sie dann zu sichern, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe der Piste befinden, weil sie dort eine außergewöhnliche Gefahrenquelle für Pistenfahrer darstellen. Aus der Tatsache, daß die beklagte Partei an der späteren Unfallstelle des Klägers ein Sicherheitsnetz anbringen ließ, ergibt sich, daß ihr die mögliche Gefahrensituation an dieser Stelle durchaus bewußt war. Bei Befestigungspfosten von Fangzäunen wird eine Ummantelung dann verlangt, wenn das Fangnetz auch dem Schutz von Skifahrern dient, die sich in (rascher) Bewegung befinden, weil die Anbringung eines Fangnetzes an ungesicherten Stehern eine neuerliche Gefahrenquelle für stürzende Skifahrer heraufbeschwört und die Kollision mit einem massiven Widerstand zu erheblichen Verletzungen führen kann (SZ 66/16 [kritisch Pichler in ZVR 1993, 362 ff, weil das Spannungsverhältnis zwischen Eigenverantwortlichkeit des Schifahrers und die Sicherungspflicht des Pistenerhalters angesichts der Tatsache, daß niemand und nichts dem Schifahrer mehr Sicherheit geben könne als er selbst, nicht richtig gelöst sei]; JBl 1993, 112; 4 Ob 1585/95). Ob in diesem, im wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen die beklagte Partei das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich wegen der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen und ist hier auch aus folgenden Erwägungen unerheblich:
b) Nach stRspr (SZ 44/178; SZ 50/73; JBl 1993, 112 uva; RIS-Justiz RS0023429) muß jeder Skifahrer kontrolliert fahren und seine Geschwindigkeit auf die Geländeverhältnisse einrichten. Selbst auf fahrtechnische Fehler zurückzuführende Stürze von Schiläufern sind zwar an sich noch nicht rechtlich vorwerfbar, doch kann dem Schifahrer ein dem Sturz vorausgegangenes vermeidbares Fehlverhalten zur Last fallen, das den Sturz herbeigeführt hat und deshalb als einleitende Fahrlässigkeit zu beurteilen ist. Als solches vermeidbare Fehlverhalten kommt neben überhöhter Geschwindigkeit auch unkontrolliertes Fahren in Betracht (1 Ob 533/91 mwN; 1 Ob 504/93 = EvBl 1993/59; RIS-Justiz RS0023465). Daß das weit überwiegende Verschulden des Beschädigten die Haftung des anderen Teils aufhebt, entspricht stRspr (RIS-Justiz RS0027202). Die Vorinstanzen wiesen das Schadenersatzklagebegehren im wesentlichen deshalb ab, weil der Kläger durch sein falsches Sturz- und nachfolgendes Fahrverhalten gegen das weithin sichtbare Randnetz geprallt sei und dies das typische Bild des unkontrollierten Fahrens iSd FIS-Regel 2 bzw des § 5 POE darstelle. Die zweite Instanz hat damit erkennbar bei der Verschuldensabwägung das Verschulden des Klägers am Zustandekommen des Unfalls als so weit überwiegend beurteilt, daß es auf ein allfälliges Verschulden des Pistenhalters nicht mehr ankommt. Von der bei der Verschuldensabwägung in stRspr anerkannten Ermessensübung ist das Berufungsgericht bei hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht auffällig iS einer im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmenden krassen Fehlbeurteilung abgewichen. Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich damit nicht.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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