OGH 1Ob38/97p

OGH1Ob38/97p25.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Adamovic und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Milena P*****, vertreten durch Dr.Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 183.693,80 s.A, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2.Dezember 1996, GZ 14 R 139/96f-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen gingen nicht von einer Unredlichkeit des Bauführers aus. Bei den Ausführungen des Gerichts erster Instanz zur Frage der Unredlichkeit handelt es sich eindeutig nur um eine Hilfsbegründung, für den Fall, daß man die fahrlässige Unkenntnis des Umstands, daß auf fremdem Grund gebaut wurde, als Unredlichkeit wertete (S 10 des Ersturteils:"selbst wenn..."; S 7 des Urteils der zweiten Instanz:

Verweisung auf Entscheidungsgründe des Erstgerichts gemäß § 500 a ZPO). Der Bauführer ist auch tatsächlich als redlich iSd § 418 ABGB anzusehen, weil er zum Zeitpunkt der Bauführung - ebenso wie die Grundeigentümer - aus plausiblen Gründen über die Eigentumsverhältnisse am verbauten Grund irren durfte und irrte (siehe S 2 und 9 f des Urteils der ersten Instanz; 1 Ob 519/96; vgl 9 Ob 504/95; 7 Ob 610/94; 1 Ob 28/93; 7 Ob 646/92; EvBl 1975/261; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 418).

Es ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erstgerichts nur darauf abzustellen, wie die Rechtsposition der Klägerin gewesen wäre, wäre die Exekutionsbewilligung prompt an die Drittschuldnerin zugestellt worden. Nun wurde die Exekution bereits am 29.10.1991 bewilligt (S 4 des Ersturteils), die angeblich am 22.6.1993 erfolgte Ablösezahlung muß als nachträglicher Vorgang außer Betracht bleiben.

"Außerbücherlicher" Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche iSd 3.Satzes des § 418 ABGB tritt nur ein, wenn der Grundeigentümer vom Bau weiß und ihn - bei redlicher Bauführung - vorwerfbar dennoch nicht untersagt, sich also verschweigt. Das rechtlich entscheidende Moment für den Eigentumserwerb durch den redlichen Bauführer ist die Unredlichkeit des Grundeigentümers, der den Bauführer bauen läßt, obwohl er weiß, daß dieser auf fremdem Grund baut. § 418 3.Satz ABGB ist vor allem als Sanktion gegen ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gedacht, wenn er nämlich in Kenntnis seines eigenen Rechtes zusieht, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechtes Vermögensnachteile zu erwachsen drohen (7 Ob 610/94; 1 Ob 28/93; 7 Ob 646/92; JBl 1989, 582; JBl 1985, 741; JBl 1976, 43; EvBl 1975/261; Pimmer aaO Rz 8; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 418). Nur der unentschuldbare Irrtum des Grundeigentümers über die Eigentumsverhältnisse ist einem wissentlichen Schweigen iSd § 418 ABGB gleichzusetzen (7 Ob 548/79; SZ 39/213; SZ 29/60). In den meisten Fällen wird der Grundeigentümer im Zuge der Bauverhandlung Aufklärung über das Bauvorhaben bekommen oder zumindest erlangen können, sodaß ein Irrtum über die Bauausführung als unentschuldbar angesehen werden müßte. Deckt aber die Bauverhandlung - wie hier - keinerlei Umstände auf, aus denen ein Schluß darauf gezogen werden könnte, daß die Ausführung des Baus Eingriffe in die Rechte des Nachbarn mit sich bringen werde, dann kann von einem unentschuldbaren Irrtum des Nachbarn keine Rede sein (7 Ob 548/79; vgl SZ 39/213; SZ 29/60).

§ 415 ABGB ist bei einer Bauführung auch nicht analog heranzuziehen (SZ 42/108; Spielbüchler aaO RZ 1);die Vorschriften des § 418 ABGB sind Sonderbestimmungen gegenüber jenen des § 415 ABGB (SZ 29/60).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte