Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.835,37 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.748,67
Umsatzsteuer und S 3.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Grundstück Nr. 37/3 KG Neumarkt-Markt. Dieses Grundstück liegt nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der beklagten Partei in der Widmungskategorie 'erweitertes Wohnbaugebiet'. Der Erstkläger betreibt auf dieser Liegenschaft seit 1958 eine Champignonzucht. über Ansuchen der Kläger führte die beklagte Partei am 20. November 1974
eine Bauverhandlung für die Errichtung einer Halle für diese Champignonzucht auf dem genannten Grundstück durch. Nach den eingereichten Plänen sollte die Halle eine Ausdehnung von ca. 50 x 40 m haben, in Fertigteilbauweise errichtet werden und eine lichte Raumhöhe an der Traufe von 7 m und an der Kuppel von 10 m aufweisen. Der kleinste Abstand zur Nachbargrundgrenze der Theresia E wurde mit 15 m festgehalten. Mit Bescheid vom 3. Februar 1975 erteilte der Bürgermeister der beklagten Partei den Klägern die gemäß § 9
Sbg BaupolG erforderliche Baubewilligung für den Neubau einer Doppelhalle für die Champignonzucht auf dem Grundstück 37/3 KG Neumarkt-Markt nach Maßgabe der Verhandlungsschrift vom 20. November 1974 und der in dieser Verhandlungsschrift bezeichneten und eingereichten Pläne und Baubeschreibung.
Der Bescheid stützte sich auf das anstandslose Verhandlungsergebnis, sodaß eine Begründung gemäß § 58 Abs. 2 AVG entfallen dürfe. In der Verhandlungsschrift wurde unter dem Punkt 'Sachverhalt' unter anderem festgestellt, daß das streitgegenständliche Grundstück laut Flächenwidmungsplan im Bauland liege und das Bauvorhaben dieser Widmung entspreche. Gemäß § 2 Abs. 3 Sbg.Bebauungsgrundlagengesetz 1968 sei ein Bebauungsplan nicht erforderlich und auch eine Bauplatzerklärung nicht notwendig, weil das Grundstück bereits bebaut sei.
In der Folge errichteten die Kläger die Halle bewilligungsgemäß mit der Ausnahme, daß an einer Stelle der Nachbarabstand zur Anrainerin Theresia E nicht 15 m, sondern etwa 40 cm weniger beträgt. Auf Grund von Anrainerbeschwerden besichtigte der Bürgermeister der beklagten Partei am 16. Juli 1975 den bereits errichteten Rohbau der Doppelhalle und stellte dabei fest, daß der Nachbarabstand zur Anrainerliegenschaft Theresia E unterschritten wurde. Auf Grund dessen verfügte er gemäß § 16 Abs. 1 Sbg BaupolG die sofortige Einstellung des Baues mit der Begründung, daß die Baubewilligung infolge Unterschreitung des Nachbarabstandes nicht eingehalten worden sei und dadurch die betroffene Anrainerin Theresia E gemäß § 7 Abs. 1 Sbg BaupolG Parteistellung erhalten habe.
Am 12. August 1975 richteten die Kläger an den Bürgermeister der beklagten Partei das Ansuchen um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 Abs. 3 Sbg Raumordnungsgesetz (F) 1968 für die Errichtung einer Doppelhalle.
Mit Schreiben vom 1. März 1976 forderte das Amt der Salzburger Landesregierung als Aufsichtsbehörde den Bürgermeister der beklagten Partei auf, die verfahrene Rechtslage bezüglich der erteilten Baubewilligung einer Lösung zuzuführen. Am 22. März 1977 richtete die Anrainerin Theresia E ebenfalls an den Bürgermeister ein Schreiben, in dem sie um Schritte zur Sanierung des gegebenen Zustandes ersuchte. Da offenbar weitere Maßnahmen nicht erfolgten, erließ das Amt der Salzburger Landesregierung am 24. Jänner 1978 einen Bescheid, mit dem gemäß § 19 Abs. 4 iVm § 24 Abs. 9 Sbg F 1977 die erteilte Baubewilligung für nichtig erklärt wurde.
Begründet wurde dieser Bescheid wie folgt: Auf Grund des bei Erteilung der Baubewilligung in Kraft gestandenen Raumordnungsgesetzes 1968 könnten Bewilligungen von Hochbauten nur innerhalb des Baulandes und nur wenn solche Maßnahmen der Widmung entsprächen erteilt werden. Aufgabe der Baubehörde im Bewilligungsverfahren sei es daher, zu prüfen, ob die beantragte bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung entspreche. Der rechtskräftige Flächenwidmungsplan der beklagten Partei weise für das Grundstück Nr. 37/3 KG Neumarkt-Markt 'erweitertes Wohnbaugebiet' im Sinne des § 14 Abs. 1 lit. b F 1968 aus. Flächen dieser Widmungskategorie seien nach § 14 Abs. 1 lit. b Z 2 F 1968 nur für solche Betriebe bestimmt, die keine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung zu verursachen geeignet seien und sich der Eigenart des Wohnbaugebietes entsprechend in die Umgebung einordnen ließen. Die Baubehörde hätte demnach prüfen müssen, ob das Bauvorhaben der Kläger diesen Erfordernissen entspreche. Sie habe sich auf die bloße Feststellung, daß der Bauplatz im Bauland liege und das Bauvorhaben der Widmung entspreche, beschränkt und sei auf die spezielle Widmungskategorie mit keinem Wort eingegangen. Da der Flächenwidmungsplan der beklagten Partei an Bauland reines und erweitertes Wohnbaugebiet sowie gemischtes Baugebiet aufweise, wäre eine präzise Untersuchung geboten gewesen, ob die geplante Doppelhalle den Kriterien des erweiterten Wohnbaugebietes gerecht würde. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Raumordnungsfragen gehe klar hervor, daß sich das Bauvorhaben wegen seiner der Eigenart des Wohnbaugebietes widersprechenden Dimensionierung nicht in die Umgebung einordnen lasse. Allein schon aus diesem Grund stehe die vom Bürgermeister der beklagten Partei erlassene Baubewilligung vom 3. Februar 1975 mit den Bestimmungen über die Wirkung des Flächenwidmungsplanes in Widerspruch und leide daher gemäß § 19 Abs. 4 F 1968 an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. Da eine Nichtigerklärung durch die Gemeindevertretung der beklagten Partei als der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde bislang nicht erfolgt sei, und nichtige Bewilligungen im Sinne des Raumordnungsgesetzes 1968 auch nichtig im Sinne des Raumordnungsgesetzes 1977 blieben, sei das Amt der Salzburger Landesregierung in Ausübung des Aufsichtsrechtes zur Nichtigerklärung befugt.
Am 24. Jänner 1978 richteten die Kläger an die beklagte Partei ein nachträgliches Ansuchen um Genehmigung des Abstandes des Bauwerkes zur Grenze von 14,64 m an Stelle von 15 m. Bei einer am 25. Juli 1978 durchgeführten Besprechung wurde eine Lösungsmöglichkeit gesucht. Es kam jedoch keine verbindliche Lösung zustande. Der Vertreter der Anrainerin Theresia E erklärte, eine Zustimmung zum eingebrachten Ausnahmeansuchen nicht zu geben.
Am 10. Mai 1979 stellten die Kläger an das Amt der Salzburger Landesregierung einen Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides, mit dem die Baubewilligung gemäß § 68 Abs. 4 lit. a AVG für nichtig erklärt worden war.
Sie begründeten diesen Antrag im wesentlichen damit, daß nach den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes 1968 und nach § 68 Abs. 4 AVG die Landesregierung nicht die in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber dem Bürgermeister der beklagten Partei gewesen sei. Dies sei vielmehr die Gemeindevertretung der beklagten Partei. Mit Schreiben vom 25. Juli 1980 wies das Amt der Salzburger Landesregierung die beklagte Partei neuerlich darauf hin, daß die Baubewilligung rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei und trug dem Bürgermeister der beklagten Partei gemäß § 70 Sbg GdO auf, innerhalb von vier Wochen ab Erhalt des Schreibens einen Beseitigungsauftrag gemäß § 16 Abs. 3 Sbg BaupolG für das auf dem Grundstück 37/3 KG Neumarkt-Markt errichtete Objekt zu verfügen, widrigenfalls von der Aufsichtsbehörde selbst gemäß § 70 Sbg GdO die Beseitigung des unrechtmäßigen Zustandes verfügt werden würfe.
Die Kläger begehren die Feststellung der Amtshaftung der beklagten Partei für alle Schäden, die ihnen durch die Bewilligung des Neubaus einer Halle für Champignonzucht ohne Prüfung der übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan dadurch entstehen, daß dieser Bescheid von der Oberbehörde als nichtig aufgehoben wurde, sodaß nun ein Demolierungsbescheid drohe.
Bei der Erlassung des rechtswidrigen Bescheides habe der Bürgermeister in Vollziehung der Gesetze im eigenen Wirkungsbereich der beklagten Gemeinde gehandelt. Er habe bei der Erlassung des Baubescheides die Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes 1968 vollkommen außer acht gelassen. Den Klägern als juristischen Laien sei die Nichtigkeit des Baubescheides weder bekannt noch ersichtlich gewesen. Für den Fall der bereits angedrohten Demolierung müßten die Baukosten der Halle in Höhe von S 2,760.000,-- zur Gänze als verloren angesehen werden. Außerdem müsse mit mindestens S 400.000,-
Demolierungskosten gerechnet werden. Ein weiterer Schaden von mindestens S 500.000,-- drohe den Klägern infolge der unvermeidlichen Betriebsunterbrechung.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Auflagen im Baubewilligungsbescheid seien von den Klägern nicht eingehalten worden, da sie näher als 15 m an die Grenze zur Nachbarin Theresia E herangebaut hätten. Der Baubewilligungsbescheid vom 3. Februar 1975 sei nicht rechtswidrig erlassen worden, weil das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück gemäß dem Flächenwidmungsplan im Bauland und zwar im erweiterten Wohngebiet liege. Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Kläger gegen den Aufhebungsbeschluß nicht Folge.
Zur Begründung dieser Entscheidungen wird auf den in SZ 55/81 = JBl. 1983, 326 veröffentlichten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 2. Juni 1982, 1 Ob 24/81, verwiesen werden.
Im zweiten Rechtsgang brachten die Kläger ergänzend vor, sie hätten gegen den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 24. Jänner 1978
deshalb keine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde erhoben, weil ihnen sowohl ein Rechtsanwalt, als auch die beklagte Partei erklärt habe, daß eine solche Beschwerde aussichtslos sei. Inzwischen habe der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren betreffend die Versagung der Genehmigung einer Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 F 1977 erkannt, daß der seinerzeitige Nichtigerklärungsbescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung inhaltlich und formell mängelfrei sei. Die Beschwerde der Kläger wäre daher erfolglos geblieben. Die beklagte Partei brachte ergänzend vor, die Kläger treffe an den Schäden, die durch eine Demolierung des Bauwerkes entstehen könnten, ein Mitverschulden von mindestens 3/4 Anteilen, weil sie die von der beklagten Partei ab 8. August 1975 verfügte Baueinstellungsaufträge mißachtet und ständig weitergebaut hätten.
Die Kläger erwiderten, daß die Aufträge zur Baueinstellung nur auf der Nichteinhaltung des Mindestabstandes beruhten. Die Demolierung drohe unabhängig von der Einhaltung dieses Abstandes. Das Erstgericht gab der Klage insoweit statt, als es feststellte, daß die beklagte Partei für alle Schäden an verlorenen Kosten der Errichtung der Doppelhalle, an Kosten der Demolierung sowie am Gewinnentgang aus der Betriebsunterbrechung während der Dauer der Demolierung ersatzpflichtig sei, soweit solche Schäden aus Baumaßnahmen vor der Zustellung des Bescheides der beklagten Partei vom 8. August 1975 erwuchsen. Das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung für Schäden aus Baumaßnahmen nach diesem Zeitpunkt wies das Erstgericht ab.
Das Erstgericht traf folgende ergänzende Feststellungen:
Nach Zustellung des Bescheides des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 24. Jänner 1978, mit dem die Baubewilligung vom 3. Februar 1975 für nichtig erklärt worden sei, hätten die Kläger den Rat eines Rechtsanwaltes eingeholt. Dieser habe erklärt, daß eine Beschwerde gegen den Bescheid aussichtslos und daher zu unterlassen sei. Weder die Kläger noch die beklagte Partei hätten eine Beschwerde erhoben.
Am 20. Februar 1981 habe die Gemeindevertretung der beklagten Partei über das am 12. August 1975 gestellte Ansuchen der Kläger auf nachträgliche Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 F 1968 entschieden.
Die Ausnahmegenehmigung sei gemäß § 19 Abs. 3 F 1977 erteilt worden. Das Amt der Salzburger Landesregierung habe mit Bescheid vom 12. Juni 1981 die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt. Eine dagegen erhobene Beschwerde der beklagten Partei an den Verwaltungsgerichtshof sei erfolglos geblieben. Dieser habe mit Erkenntnis vom 16. Juni 1983 festgestellt, daß das Amt der Salzburger Landesregierung den Versagungstatbestand des § 17 Abs. 3 a F 1977 zu Recht angenommen habe, weil eine Bedachtnahme auf die gegebenen Strukturverhältnisse fehle.
Das Erstgericht war der Ansicht, der Bürgermeister der beklagten Partei hätte bei Erteilung der rechtswidrigen Baubewilligung vom 3. Februar 1975 auch im Interesse der Kläger darauf Bedacht nehmen müssen, daß dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Die Ansicht, daß sich eine Halle mit den Ausmaßen von 40 x 50 m und einer Höhe von 10 m der Eigenart des Wohngebietes entsprechend in die Umgebung einordnen lasse, sei unvertretbar. Wie der Verwaltungsgerichtshof festgestellt habe, sei eine krasse Verletzung von Grundsätzen der Raumordnung erfolgt. Die beklagte Partei habe zumindest ein leichtes Verschulden zu vertreten. Die Kläger seien dem Rate eines Rechtsanwaltes gefolgt, eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zu unterlassen. Im Lauf des weiteren Verfahrens habe sich herausgestellt, daß eine solche Beschwerde tatsächlich zwecklos gewesen wäre. Den Klägern sei somit kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2
AHG anzulasten. Die beklagte Partei hafte daher für die Schäden, die den Klägern durch die Demolierung der im Vertrauen auf die Erteilung der Baubewilligung errichteten Halle drohten. Für die Baumaßnahmen, die die Kläger nach Wirksamwerden des Baueinstellungsbeschlusses vom 8. August 1975
rechtswidrig vorgenommen hätten, gebühre ihnen jedoch kein Ersatz. Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Die zweite Instanz sprach aus, daß der von der Stattgebung der Berufung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige, der von der Bestätigung des Ersturteiles betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision auch hinsichtlich dieses Teiles des Streitgegenstandes gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Das Berufungsgericht hielt die Rechtssache im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens für spruchreif, da den Klägern der Nachweis der schuldlosen Unterlassung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht gelungen sei.
Die Kläger hätten schon durch ihren Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides, mit dem das Amt der Salzburger Landesregierung die Baubewilligung als nichtig aufgehoben habe, zu erkennen gegeben, daß sie ein Rechtsmittel doch nicht für gänzlich aussichtslos hielten. Der nicht näher begründete, ihrer Sphäre zuzurechnende Rat des Anwaltes könne die Kläger nicht entlasten, weil eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung auch dann vorliege, wenn sie die vorgeschriebene Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für zwecklos erachtet hätten. Eine Amtshaftung könne nur bestehen, wenn der Schaden durch ein Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr abgewendet werden kann, weil er schon entstanden sei, ehe die Rechtsbehelfe ergriffen werden konnten oder wenn solche nicht zur Verfügung stünden. Das Wort 'können' im § 2 Abs. 2 AHG bedeute nur, daß ein Rechtsbehelf bestanden habe, der seiner Art nach abstrakt die Möglichkeit geboten habe, den Schaden noch zu verhindern; dagegen sei im Amtshaftungsprozeß die Beweisführung, daß ein nicht ergriffenes Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof keinen Erfolg gebracht hätte, nicht zulässig. Aus diesem Grunde könne das im Laufe des Verfahrens ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juni 1983 die Kläger nicht entlasten. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde der beklagten Partei gegen die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung einer Ausnahmebewilligung durch die Salzburger Landesregierung entschieden.
Nur den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses sei zu entnehmen, daß der seinerzeitigen Baubewilligung der Versagungstatbestand des § 17 Abs. 3
lit. a F 1977 entgegengestanden sei. Wenn es dem Amtshaftungsgericht infolge des Grundsatzes der Gewaltentrennung verwehrt sei, lediglich an Hand von Verwaltungsgerichtshofsentscheidungen, die gleichgelagerte Fälle betreffen, über die Rechtswidrigkeit eines Bescheides abzusprechen, könne es den Klägern im konkreten Fall nicht zugebilligt werden, an Hand der Entscheidungsgründe eines anderen Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses, das über Beschwerde der beklagten Partei gegen einen anderen Bescheid der Oberbehörde ergangen sei, die Aussichtslosigkeit der unterlassenen Beschwerde darzutun.
Da schon der Teil des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht abändernd entschied, mit einem S 300.000,-- übersteigenden Betrag bewertet wurde (und damit der Wert des gesamten Streitgegenstandes noch höher liegt), ist die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Kläger auch gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung ohne die Beschränkungen der §§ 502 Abs. 4 Z 1, 503 Abs. 2 ZPO zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützte Revision der Kläger ist jedoch nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof ist bei Entscheidung des vorliegenden Rechtsmittels an die Rechtsansicht, die er in derselben Sache in seinem aufhebenden Beschluß vom 2. Juni 1982, 1 Ob 24/81 (SZ 55/81 = JBl. 1983, 326), ausgesprochen hat, gebunden (SZ 24/139 uva.). Diese Bindung fiele nur dann weg, wenn eine rechtserhebliche önderung des zu beurteilenden Sachverhaltes (oder eine önderung der Rechtslage) eingetreten wäre (RZ 1977/15 uva.), was aber nicht der Fall ist. In diesem Aufhebungsbeschluß hat der erkennende Senat unter eingehender Darstellung des Gesetzwerdungsvorganges und der bisherigen Lehre und Judikatur insbesondere ausgesprochen, daß ein Amtshaftungsanspruch nur bestehen könne, wenn der Schaden durch ein Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr abgewendet werden könne, weil er schon entstanden sei, ehe diese Rechtsbehelfe ergriffen werden konnten, oder wenn solche nicht zur Verfügung standen. Amtshaftung habe nur einzutreten, wenn das von den Gesetzen primär zur Verfügung gestellte Sicherheitsnetz nicht ausreiche oder ausreichen könnte, den Schaden noch zu verhindern. Die vorherige erfolglose Ergreifung der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe oder die Aussichtslosigkeit, daß diese Rechtsbehelfe den Schaden noch (rechtzeitig) abwenden hätten können, sei also anspruchsbegründendes Element für die Amtshaftung. Das Wort 'können' im § 2 Abs. 2 AHG bedeute nur, daß ein Rechtsbehelf bestanden habe, der seiner Art nach abstrakt die Möglichkeit geboten habe, den Schaden noch zu verhindern. Das Gericht habe bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 AHG keine Untersuchung darüber vorzunehmen, ob und welchen Erfolg das Rechtsmittel oder die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof haben konnte. Es könne nicht Aufgabe des Amtshaftungsprozesses sein, den potentiellen Erfolg eines nicht erhobenen Rechtsmittels nachzuvollziehen. Gerade für Bescheide von Verwaltungsbehörden ergebe sich die gegenteilige Ansicht des Gesetzes deutlich aus § 11 Abs. 1
AHG, dessen Einführung mit dem verfassungsgesetzlichen Grundsatz der Gewaltentrennung begründet worden sei.
Ein solcher - dem Gerichte verwehrter - hypothetischer Nachvollzug der Erfolgsaussichten der von den Klägern unterlassenen Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde läge aber vor, wenn der Oberste Gerichtshof die in den Entscheidungsgründen eines anderen - wenn auch zum Teil denselben Sachverhalt betreffenden - Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ausgesprochene Rechtsansicht (- nämlich, daß die Salzburger Landesregierung im Verfahren wegen Versagung einer Ausnahmebewilligung den Versagungstatbestand des § 17 Abs. 3 a F 1977 zutreffend angenommen habe -) zur nachträglichen Beurteilung der Frage heranzöge, daß die Beschwerde der Kläger gegen den Nichtigerklärungsbescheid der Salzburger Landesregierung vom 24. Jänner 1978
erfolglos gewesen wäre. Mit dem hypothetischen Nachvollzug der Erfolgsaussichten dieser Beschwerde würde gleichzeitig die Frage beurteilt, ob der Bescheid der beklagten Partei am 3. Februar 1975 wegen Verletzungen von Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968 rechtswidrig war. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit gerade jenes verwaltungsbehördlichen Bescheides, auf den die Kläger ihre Amtshaftung stützen, ist aber, wenn das Gericht den Bescheid für rechtswidrig hält, ausschließlich dem Verwaltungsgerichtshof in dem in § 11 Abs. 1 AHG geregelten Verfahren vorbehalten.
Die Frage der Erfolgsaussichten einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde ist vom Gericht nur insofern zu beurteilen, als davon die Frage abhängt, ob dem Betroffenen die Unterlassung eines Rechtsmittels oder der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde als Verschulden (im Sinne einer Sorglosigkeit im Umgang mit seinen eigenen Rechtsgütern) anzurechnen ist. Nur auf die Lösung dieser Frage bezogen sich die den Vorinstanzen im ersten Rechtsgang erteilten Aufträge zur Verfahrensergänzung. Dazu wurde schon im zitierten Aufhebungsbeschluß ausgesprochen, daß in der Unterlassung der im § 2 Abs. 2 AHG ausdrücklich genannten Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde in aller Regel ein Verschulden zu erblicken sein werde; insbesondere werde eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung nicht schon dann zu verneinen sein, wenn die Kläger die durch § 2 Abs. 2 AHG vorgeschriebene Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde für nicht zielführend oder selbst für zwecklos erachtet hätten, weil sie den anzufechtenden Bescheid der Oberbehörde für richtig hielten. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ist den Klägern der Nachweis der schuldlosen Unterlassung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht gelungen. Gewiß kann vom Geschädigten nicht verlangt werden, ohne jede Rücksicht auf Erfolgsmöglichkeiten alle in Betracht kommenden Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 'durchzuexerzieren'. Dem Betroffenen ist aber zuzumuten, sich nach Zustellung eines Bescheides, dessen Rechtskraft ihm Schaden zufügen muß, fachlich beraten zu lassen und nach entsprechender fachlicher Beratung, deren Ergebnis er sich, da es in seiner Sphäre erfolgt, auch zurechnen lassen muß, alle nicht von vornherein aussichtslosen Rechtsmittel zu ergreifen. Als Fall unverschuldeter Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels kommt freilich nicht nur die auf Behördenfehlern beruhende (im Aufhebungsbeschluß nur beispielsweise genannte) falsche Rechts(mittel)belehrung (JBl. 1957, 321) in Betracht. Die Erhebung eines Rechtsmittels wird dem Betroffenen (in Fällen, in denen er seinen Amtshaftungsanspruch aus dem Vertrauen in die Richtigkeit eines erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides ableitet) insbesondere dann unzumutbar sein, wenn die erste Instanz eine im Gesetz völlig klar geregelte Vorschrift übersehen hat und dieser Fehler von der Oberbehörde aufgegriffen wurde. Im Bereich des Baurechts wäre hier etwa an Fälle zu denken, in denen die Baubehörde Vorschriften über Mindestabstände von Gebäuden übersehen hat. In solchen Fällen kann dann vom Betroffenen nicht verlangt werden, den Bescheid der Oberbehörde, der mit dem Gesetz eindeutig in Einklang steht, zu bekämpfen. Darüberhinaus wird dem Betroffenen die Ergreifung eines Rechtsmittels, insbesondere einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde auch dann unzumutbar sein, wenn ein gleichgelagertes, jede Erfolgsaussicht ausschließendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Für die Beurteilung, ob dem Betroffenen wegen einer solchen Sachlage die Erhebung eines Rechtsmittels oder einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde unzumutbar war, kann es aber naturgemäß nur auf den im Zeitpunkte der Prüfung der Rechtsmittelaussichten gegebenen (bzw. erreichbaren) Wissensstand ankommen.
Eine nachträgliche Beweisführung (insbesondere durch später ergangene Erkenntnisse), daß die Unterlassung der zumutbaren Rechtsmittelerhebung ohne Auswirkungen geblieben sei, kommt nicht in Betracht.
Im vorliegenden Fall war es den Klägern nicht unzumutbar, die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zu erheben. Wie der Erstkläger als Partei angab, soll der von ihm damals zu Rate gezogene Anwalt gesagt haben, er (der Erstkläger) solle gegen den Bescheid nichts unternehmen, 'denn gegen E komme er doch nicht durch'. Daß der Anwalt der Kläger die Rechtslage eingehend geprüft und danach die Beschwerde für aussichtslos gehalten habe, ist nicht hervorgekommen. Der anzufechtende Bescheid der Oberbehörde gründete sich auch nicht auf Vorschriften, die so klar und eindeutig waren, daß eine andere als die von der Oberbehörde gefällte Entscheidung von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre. Vielmehr waren diffizile Fragen des Salzburger Raumordnungsrechtes zu klären und hiebei auch unbestimmte Gesetzesbegriffe auszulegen, wie etwa die Frage, ob sich der Betrieb des Beklagten der Eigenschaft des Wohngebietes entsprechend in die Umgebung einordnen lasse (§ 12 Abs. 1 Z 1 lit. c und Z 2 F 1977) und ob bei der Beurteilung dieses Charakters auf bereits bestehende (nach § 12 Abs. 1 Z 2 lit. d F 1977 jedenfalls zulässige) Bauten für Erziehungszwecke (Schulen) mit großem Bauvolumen Bedacht zu nehmen sei. Nach dem maßgebenden Wissensstand zur Zeit des Laufes der Beschwerdefrist war daher die Aussichtslosigkeit einer Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof keinesfalls evident.
Berücksichtigt man, was für die Kläger mit der Nichtigerklärung der rechtskräftig erteilten Baubewilligung durch die Oberbehörde auf dem Spiele stand (drohender Abbruch eines Gebäudes im Werte von mehreren Millionen Schillingen), so war es ihnen auch im Hinblick auf das Kostenrisiko zumutbar, den Versuch zu unternehmen, den Schaden durch Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof abzuwenden. Dazu kommt, daß ihr nachmaliger Anwalt offenbar selbst Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Oberbehörde hegte, da er für sie sonst kaum einen Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides der Oberbehörde gestellt hätte. Haben aber die Kläger selbst einen solchen (außergewöhnlichen) Rechtsbehelf ergriffen, war es ihnen umso eher zumutbar, das vom Gesetz ausdrücklich verlangte, wesentlich näherliegende Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zu ergreifen. Das Berufungsgericht hat daher das Begehren der Kläger zutreffend zur Gänze abgewiesen. Auf die Ausführungen der Revisionswerber gegen die Erwägungen, aus denen schon das Erstgericht mit einer Teilabweisung der Amtshaftungsklage vorging, ist daher nicht einzugehen.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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