Spruch:
Der vom Prozeßgericht für eine abwesende Partei bestellte Prozeßkurator ist berechtigt, gegen seine Bestellung im eigenen Namen ein Rechtsmittel zu ergreifen.
Entscheidung vom 10. November 1948, 1 Ob 372/48.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Prozeßgericht bestellte im Zuge des Ehescheidungsverfahrens August H. gegen Josefine H. für den derzeit im Ausland wohnhaften Kläger den Rechtsanwalt Dr. W. zum Prozeßkurator. Der von Dr. W. gegen diese Bestellung im eigenen Namen eingebrachte Rekurs wurde vom Rekursgericht als unzulässig verworfen.
Das Rekursgericht führt aus, Dr. W. habe im eigenen Namen gegen seine Bestellung Rekurs erhoben; daraus sei zu schließen, daß er sich persönlich durch den angefochtenen Beschluß beschwert erachtet; dieser Standpunkt würde im Verfahren außer Streitsachen nach § 9 AußstrG. gerechtfertigt erscheinen, insofern derjenige, der sich durch eine Verfügung der ersten Instanz beschwert erachtet, Vorstellung oder Rekurs erheben kann; diese Bestimmung könne jedoch auf das hier in Frage stehende Streitverfahren nicht ausgedehnt werden. Der vom Gericht bestellt Abwesenheitskurator könne sich gegen seine Bestellung namens der Partei aus sachlichen Gründen bekämpft; dies folge aus der Analogie zwischen dem Abwesenheitskurator und dem gemäß § 64, Z. 3 ZPO. für eine arme Partei bestellten Rechtsanwalt, welch letzterer gemäß Art. XXXIII des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung nur um seine Enthebung ansuchen könne, wenn die ihm übertragenen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig oder aussichtslos erscheine, dem aber nicht ein Rekurs gegen seine Bestellung eingeräumt sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs Dr. W. Folge und trug dem Rekursgericht auf, in der Sache zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:
Im übrigen vermag der Oberste Gerichtshof dem Standpunkte des Rekursgerichtes, daß der Abwesenheitskurator seine Bestellung nicht im eigenen Namen mit einem Rechtsmittel anfechten könne, nicht beizupflichten. Der Fall der Bestellung eines Abwesenheitskurators nach der Zivilprozeßordnung ist ein Spezialfall einer allgemeinen Abwesenheitskuratel nach bürgerlichem Recht. Es handelt sich hier um eine Sondervorschrift zur Bestellung von Kuratoren ausschließlich zum Zwecke der Führung eines bestimmten Prozesses für eine bestimmte abwesende Person. Der Abwesenheitskurator haftet aber, wie bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 21. Februar 1907, Nr. 2052 (GlUNF. 3707) zum Ausdrucke kommt, auch im eigenen Namen für Kosten, wenn ihm an dem nichtigen Verfahren als ungesetzlich bestellten Vertreter ein Verschulden zugerechnet werden kann. Schon diese Haltung läßt es geboten erscheinen, daß dem Kurator auch für seine Person ein Rechtsmittel an die Hand gegeben werde, sich gegen seine Bestellung und die dadurch bedingte, ihm aufgebürdete Haftung zur Wehr setzen.
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