Normen
ZPO §462
ZPO §482
ZPO §496
ZPO §503 Z2
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4
ZPO §462
ZPO §482
ZPO §496
ZPO §503 Z2
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4
Spruch:
Ein neues Tatsachen- oder Beweisvorbringen ist auch dann unzulässig, wenn das Berufungsgericht die vom Erstrichter aufgenommenen Beweise wiederholt.
Entscheidung vom 13. Juli 1949, 1 Ob 319/49.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Das Berufungsgericht hat in Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles die außereheliche Vaterschaft des Beklagten zu dem am 12. Mai 1947 geborenen Kläger festgestellt und den Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Alimentation von 45 S verurteilt. Dieses Urteil wird vom Beklagten mit Revision zur Gänze angefochten, in der die Revisionsgrunde der Z. 2 bis 4 des § 503 ZPO. geltend gemacht werden.
Die Revision hatte keinen Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:
Soweit die Revision sich zur Darstellung der geltend gemachten Revisionsgrunde auf den Inhalt der Berufungsmitteilung beruft, ist sie unbeachtlich (SZ. XII/212 und 214; XIII/129).
Eine Mängelhaftigkeit des Verfahrens soll darin gelegen sein, daß dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag auf Einvernahme des Zeugen R. über das Datum des gemeinsamen Kinobesuches und damit des letzten Geschlechtsverkehrs nicht stattgegeben worden ist. Da der Revisionswerber in erster Instanz sich auf diesen Zeugen nicht berufen hat, hat das Berufungsgericht diesen Beweisantrag gemäß § 482 Abs. 2 ZPO. abgewiesen. Das gleiche gilt auch von der Abweisung der Einvernahme der erst im Berufungsverfahren namhaft gemachten sachverständigen Zeugen Dr. N. und Dr. K. und von dem in der Berufungsmitteilung gestellten Antrag auf Parteienvernehmung darüber, daß sich die Kindesmutter geäußert habe, Beklagter verdiene schön, er könne schon zahlen.
Die Revision erblickt in der Zurückweisung dieser Beweise eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, weil im Falle der Beweiswiederholung neue Beweisanträge und neue Tatsachen, auch wenn sie in erster Instanz nicht vorgebracht wurden, zulässig seien.
Diese Auffassung ist verfehlt. Die Berufung des österreichischen Rechtes läßt im Berufungsverfahren eine volle neuerliche Überprüfung des Sachverhaltes nicht zu. Die Aufgabe des Berufungsverfahrens ist im Sinne des § 462 ZPO. auf die Überprüfung beschränkt, ob der Erstrichter auf Grund des ihm vorgelegten Sachverhaltes richtig entschieden hat. Das Berufungsgericht kann daher wohl die Beweise wiederholen und ergänzen und dann selbst würdigen, auch abweichend von der ersten Instanz, aber nur die Beweise, die im erstinstanzlichen Verfahren bereits beantragt worden sind und auf Grund der Erkenntnisquellen, die dem Erstrichter bereits zu Gebote standen. Ein neues Tatsachen- oder Beweisvorbringen ist deshalb auch dann unzulässig, wenn das Berufungsgericht die vom Erstrichter aufgenommenen Beweise wiederholt.
Es kann keinen Unterschied begrunden, ob das Berufungsgericht gemäß § 496 Z. 2 ZPO. aufhebt und dem Erstrichter die ergänzende Aufnahme eines bereits in erster Instanz beantragten, aber nicht durchgeführten Beweises aufträgt oder ob es den Beweis selbst durchführt. Da im Falle der Aufhebung nach § 496 Abs. 2 ZPO. im neudurchgeführten Verfahren neue Tatsachen und Beweise nicht zugelassen sind, so muß daraus, wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 9. Juli 1937, ZBl. 1937, Nr. 433, erkannt hat, gefolgert werden, daß Neuerungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn das Berufungsgericht die Beweise selbst ergänzt oder wiederholt. Der Oberste Gerichtshof billigt daher die Rechtsanschauung des Berufungsgerichtes, daß das Novenverbot dem Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweisen in der Berufungsinstanz auch im Falle der Beweiswiederholung entgegensteht. Das Berufungsgericht hat daher das neue Tatsachen- und Beweisvorbringen des Revisionswerbers in der Berufungsmitteilung und bei der Berufungsverhandlung mit Recht nicht berücksichtigt.
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