OGH 1Ob309/99v

OGH1Ob309/99v23.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Georg K*****, vertreten durch Dr. Wolfhard Zimmermann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 46.486 S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S), über den "ordentlichen und außerordentlichen" Revisionsrekurs" der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. August 1999, GZ 14 R 126/99v-89, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Juni 1999, GZ 31 Cg 29/93z-86, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den anwaltlich nicht gefertigten Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens zurück, weil im Gerichtshofverfahren Anträge mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein müssten. Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen, wiederum anwaltlich nicht gefertigten Rekurs des Klägers zurück. Ein Verbesserungsverfahren sei nicht einzuleiten, weil sich aus dem gesamten Vorbringen des Klägers ergebe, dass er die gesetzlichen Bestimmungen über die Anwaltspflicht durchaus kenne, aber diese Regelungen ablehne und daher absichtlich seine Schriftsätze und Rechtsmittel ohne anwaltliche Fertigung einbringe. Die zweite Instanz sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Kläger stellt in seinem auch an den Obersten Gerichtshof gerichteten und beim Erstgericht rechtzeitig eingebrachten, abermals anwaltlich nicht gefertigten "ordentlichen und außerordentlichen" Revisionsrekurs den Antrag, den zweitinstanzlichen Beschluss ersatzlos aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die direkte Vorlage des Revisionsrekurses durch das Erstgericht an den Obersten Gerichtshof widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO idFd WGN 1997 (in der Folge ZPO nF) ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des Abs 2a iVm § 508 Abs 3 ZPO nF

S übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann allerdings die Partei gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 1 ZPO nF einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; in diesem Antrag sind die Gründe anzuführen, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Ein solcher Antrag ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO nF beim Gericht erster Instanz binnen vierzehn Tagen ab Zustellung der Rekursentscheidung einzubringen.

Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht, allerdings nicht ausdrücklich ausgeführt, warum er den Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachte. Dem ausdrücklichen Antrag ist auch nicht zu entnehmen, daß er sich an das Rekursgericht iSd § 508 Abs 1 iVm § 528 Abs 1a ZPO nF richte. Im Hinblick auf diese Rechtslage wäre der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, zumal ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO nF gemäß § 521a Abs 2 iVm § 507b Abs 2 ZPO nF dem Rekursgericht vorzulegen ist. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als "außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO) und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Sollte das Erstgericht der Meinung sein, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben, weil es dem Rechtsmittelschriftsatz an einem Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO mangelte. Dasselbe gilt für die Gründe des Zulassungsantrags gemäß § 508 Abs 1 ZPO. Sollte der Revisionsrekurswerber die Verbesserung des Schriftsatzes verweigern, wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 1a ZPO).

Soweit sich das Rechtsmittel auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg richtet, fehlt es dem Obersten Gerichtshof gleichfalls an einer Entscheidungskompetenz.

Demnach ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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