European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1969:0010OB00308.680.0109.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.193,85 ATS bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht hat das Klagebegehren des Inhalts: a) gegenüber dem Beklagten festzustellen, dass jener Punkt des am 21. März 1949 vor dem Notar in St. Veit an der Glan errichteten Übergabsvertrags, in dem sich die Klägerin über Verlangen des Übergebers Benedikt S***** verpflichtete, die von ihr übernommen Liegenschaft EZ ***** KG ***** dem – damals noch minderjährigen – Beklagten entweder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen zu hinterlassen und über diese Liegenschaft nicht in anderer Weise zu verfügen aufgehoben und rechtsunwirksam sei, und b) den Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der beschriebenen, im Lastenblatt (OZ 6) der Liegenschaft EZ ***** KG ***** angemerkten Eigentumsbeschränkung einzuwilligen, abgewiesen. Es ist dabei von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgegangen: In dem am 21. März 1949 vor dem Notar in St. Veit an der Glan errichteten Übergabsvertrag heiße es einleitend, dass zur Vertragserrichtung Benedikt S*****, dessen Tochter Auguste F***** sowie deren Ehemann Franz F***** als Vater und gesetzlicher Vertreter des mj Benedikt F***** erschienen seien. Punkt 1.) des Vertrags weise darauf hin, dass Benedikt S***** als Alleineigentümer der R*****‑Liegenschaft in St. Leonhard, EZ ***** der KG *****, mit der im Abhandlungsübereinkommen vom 12. Dezember 1947 (richtig wohl 12. November 1947, siehe Beilage ./A), A 8/45 des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan, übernommenen verpflichtet sei, diese Liegenschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen einem seiner Kinder Friedrich, Julius, Benedikt, Amalia, verehelichte K*****, Auguste, verehelichte F***** und Christine, verehelichte K*****, zu Bedingungen ins Eigentum zu überlassen, bei denen der Übernehmer wohl bestehen könne; im Sinne dieser Verpflichtung, so heiße es in dem angeführten Vertragspunkt weiter, übergebe Benedikt S***** diese Liegenschaft samt Zubehör seiner Tochter Auguste F***** um den vereinbarten Übernahmspreis von 30.000 ATS. Nach dem Punkt 2.) des Übergabsvertrags habe sich die nunmehrige Klägerin über Verlangen des Übergebers Benedikt S***** verpflichtet, die übernommene Liegenschaft ihrem mj Sohn Benedikt F***** – nunmehrigen Beklagten – entweder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen zu „hinterlassen“ und über diese Liegenschaft nicht in anderer Weise zu verfügen; Franz F***** habe als Vater und gesetzlicher Vertreter des genannten Minderjährigen diese rechtsgeschäftliche Erklärung der Übernehmerin der Liegenschaft angenommen. Aufgrund des Übergabsvertrags vom 21. März 1949 sei das Eigentumsrecht der Klägerin an der beschriebene Liegenschaft einverleibt und zugleich im Lastenblatt dessen Beschränkung durch die im Punkt 2.) dieses Vertrags festgehaltene Abrede angemerkt worden.
In rechtlicher Hinsicht trat das Erstgericht der Auffassung der Klägerin entgegen, die sich auf die Eigentumsbeschränkung beziehende Anmerkung beruht auf einer von den Parteien dieses Rechtsstreits anlässlich des Abschlusses des Übergabsvertrags getroffenen unentgeltlichen Vereinbarung. Punkt 2.) des Übergabsvertrags sei vielmehr als ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) zu beurteilen. Die Klägerin könne demzufolge eine Aufhebung dieses Vertragspunkts gegen den Willen des Beklagten auch dann nicht erwirken, wenn die Richtigkeit ihrer als Klagegrund vorgebrachten Prozessbehauptung erweisbar wäre, dass sie bei Vertragsabschluss von unerfüllt gebliebenen Hoffnungen und Erwartungen hinsichtlich der Eignung des Beklagten zur späteren Bewirtschaftung der Übergabsliegenschaft ausgegangen sei.
Die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Berufung der Klägerin blieb erfolglos.
Gegen das bestätigende Urteil des Berufungsgerichts, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstands 15.000 ATS übersteigt (§ 500 Abs 2 ZPO), richtet sich die vorliegende Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung (§ 503 Z 2–4 ZPO) geltend machende Revision der Klägerin mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern, allenfalls es aufzuheben und die Streitsache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerin hat bereits im Berufungsverfahren – allerdings nicht im Rahmen der Bekämpfung/der Beweiswürdigung, sondern unter der irrigen Bezeichnung eines Verfahrensverstoßes – die Ablehnung der beantragten Vernehmung der Parteien durch das Erstgericht gerügt. Wenn sie nunmehr in dem Unterbleiben dieser Beweisführung im berufungsgerichtlichen Verfahren einen Mangel iSd § 503 Z 3 ZPO aufzuzeigen zu können glaubt, entgeht ihr erneut, dass die Beurteilung der Frage, ob die Ergebnisse der beschlossenen und durchgeführten Beweisaufnahmen die Heranziehung weiterer Erkenntnismöglichkeiten entbehrlich machen, einen Akt der Beweiswürdigung darstellt. Da im Revisionsverfahren zufolge der Regelung des § 503 ZPO die Bekämpfung der Beweiswürdigung ausgeschlossen ist, kann diese Rüge nicht zielführend sein.
Eine auch als Verfahrensverstoß zu rügende Aktenwidrigkeit soll darin gelegen sein, dass das Berufungsgericht die Auffassung des Erstgerichts über den fehlenden Beweiswert der Zeugenaussage Franz F*****s geteilt und mit dem Hinweis, die mangelnde Beweiskraft dieser Aussage erhelle auch daraus, dass der genannte Zeuge am Prozessausgang interessiert und dem Beklagten nicht wohlgesinnt sei, eine „vollständige Beweiswürdigung“ vorgenommen habe. Zu einer solchen Beweiswürdigung sei aber – so führt die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang weiter aus – das Berufungsgericht deshalb nicht berechtigt gewesen, weil es mangels einer Beweiswiederholung von diesem Zeugen keinen persönlichen Eindruck habe gewinnen können.
Mit diesem Revisionsvorbringen wird deutlich, dass die Rechtsmittelwerberin nicht nur das Wesen der Anfechtungsgründe nach § 503 Z 2 und 3 ZPO verkennt, sondern auch die im § 488 ZPO enthaltenen allgemeinen Grundregeln über das Beweisverfahren vor dem Berufungsgericht vernachlässigt, nach denen eine Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht nur dann notwendig ist, wenn die erstinstanzlichen Feststellungen oder die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung bekämpft werden und das Berufungsgericht aufgrund der Berufungsausführungen Bedenken gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts hegt (SZ VI 13; ÖRZ 1935 S 19). Die nunmehr als aktenwidrig gerügten Hinweise des Berufungsgerichts, die im Rahmen der Erledigung der Beweisrüge der Klägerin erfolgten, dienten allein dem Zweck, die Überzeugung des Berufungsgerichts von der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstrichters zu begründen. Daraus erhellt, dass auch dieser Angriff der Revisionswerberin in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen gerichtet und deshalb zum Scheitern verurteilt ist.
Was aber die Rechtsrüge anlangt, so hat das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben, dass es sich bei einem Vertrag betreffend die Übergabe einer bäuerlichen Wirtschaft um ein Rechtsgeschäft eigener Art handelt, mit dem diese Vermögensmasse vom Übergeber in der Absicht, die Erbfolge vorwegzunehmen und eine lebzeitige Vermögensabhandlung herbeizuführen, einem Familienangehörigen als Übernehmer abgetreten wird; ein derartiger, erb‑ und familienrechtliche Elemente enthaltender Übergabsvertrag kann nicht in seine verschiedenartigen Bestandteile aufgelöst werden, er ist vielmehr rechtlich als eine Einheit zu betrachten (vgl Gschnitzer in Klang 2 IV/1 S 237 und die dort enthaltenden Literatur‑ und Judikaturhinweise).
Die im vorliegenden Fall von den vertragschließenden Parteien gewählte Formulierung, derzufolge der Übergeber der Liegenschaft, Benedikt S*****, von der Übernehmerin, der nunmehrigen Klägerin verlangt hat, die Landwirtschaft seinem Enkelkind Benedikt F***** entweder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen zu hinterlassen und hierüber nicht in anderer Weise zu verfügen, kann sinnvoll nur so verstanden werden, dass der genannte Übergeber damit die Besitznachfolge bindend geregelt wissen wollte. Die Annahme dieser Forderung des Übergebers durch die Klägerin erfolgte im Rahmen des zwischen Benedikt S***** und Augusta F***** (Klägerin) geschlossenen Übergabsvertrags. Der durch diese Vereinbarung begünstigte Beklagte war an diesem Rechtsgeschäft nur mittelbar und zwar insoweit beteiligt, als von seinem gesetzlichen Vertreter unverzüglich die bindende Erklärung abgegeben wurde, das solcherart erworbene Besitznachfolgerecht nicht zurückweisen, es vielmehr behalten zu wollen. Die von der nunmehrigen Klägerin gegenüber dem Übergeber eingegangene Verpflichtung, die Übergabsliegenschaft seinerzeit dem Beklagten zu hinterlassen, stellt – wie das Berufungsgericht richtig erkannte – einen sogenannten „echten“ Vertrag zugunsten Dritter dar (Gschnitzer in Klang 2 IV/1 S 226, 240 f).
Das vom Beklagten erworbene Besitznachfolgerecht wurzelt in dem zwischen dem Übergeber als Versprechensempfänger und der Klägerin als der Versprechenden geschlossenen Vertrag. Rücktritts‑, Wandlungs‑, Widerrufs‑ und Anfechtungsrechte stehen daher nur diesen beiden Kontrahenten zu; diese, das Schuldverhältnis umgestaltende Rechte könnte also die Klägerin als Versprechensgeberin nur gegen den Versprechensempfänger, nicht aber gegen den begünstigten Beklagten verfolgen (Gschnitzer in Klang 2 IV/1 S 227, 243).
Entgegen den Revisionsausführungen ist daher in der rechtlichen Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass die nach Vertragsabschluss (angeblich) offenbar gewordene mangelnde Eignung des Beklagten zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs dem Klagebegehren ebensowenig zum Erfolg verhelfen könnte, wie dessen (angeblich) hervorgekommenen Charaktermängel, eine Fehlbeurteilung nicht zu erkennen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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